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Regelwerk; BGI / DGUV-I

BGI 505-30 / DGUV Information 213-530 - Von den Berufsgenossenschaften anerkannte Analysenverfahren zur Feststellung der Konzentrationen krebserzeugender Arbeitsstoffe in der Luft in Arbeitsbereichen - Verfahren zur Bestimmung der Massenanteile von Chrysotilasbest und Amphibolasbesten
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI)
(bisherige ZH 1/120.30)

(Ausgabe 03/1991aufgehoben)



 

Erprobtes und von den Berufsgenossenschaften anerkanntes, diskontinuierliches Verfahren zur Bestimmung von Asbest-Massenanteilen in Feinstäuben.

Probenahme mit Vorabscheider für Feinstäube und Abscheidung auf einem Partikelfilter, Infrarotspektrometrie, Phasenkontrastmikroskopie,

"ASBEST-MASSE" (Ausgabe: März 1991).

(Dieses Verfahren ersetzt das Verfahren zur Bestimmung von Chrysotilasbest und anderen Asbestarten, Ausgabe August 1985).

Dieses Verfahren ist auch geeignet zur Bestimmung der Asbestmassenanteile in Materialproben.

Unter Asbest versteht man eine Gruppe anorganischer natürlich vorkommender kristalliner Silikate, die in Form von Fasern bzw. Faserbündeln auftreten. Im einzelnen handelt es sich um den Serpentinasbest Chrysotil und um die Gruppe der Amphibolasbeste mit den Asbestarten Anthophyllit, Amosit, Tremolit, Aktinolith, Krokydolith. Technische Bedeutung haben bisher praktisch nur Chrysotil, Amosit und Krokydolith erlangt, wovon allein der Chrysotilasbest ca. 95 % aller in der Bundesrepublik Deutschland eingesetzten Asbeste ausmacht. Dies spiegelt sich auch in den Auswertungen von Feinstaubproben an Arbeitsplätzen in der obertägigen Industrie wieder, wobei von allen Asbesten in ca. 96 % der Fälle nur Chrysotilasbest auftrat [ 8].

Seit Beginn des Jahres 1990 sind die Grenzwerte für Asbest nach Maßgabe der Massenkonzentration außer Kraft gesetzt worden. Nunmehr orientieren sich die Grenzwertbetrachtungen ausschließlich an der Asbestfaseranzahlkonzentration [ 1], [ 9], [ 11], [ 12]. Obwohl die gravimetrischen Asbestfeinstaubkonzentrationsbestimmungen nicht mehr zur Beurteilung von Arbeitsplätzen herangezogen werden können, ist es doch möglich, einen Anhaltspunkt z.B. über die Wirksamkeit staubtechnischer Maßnahmen zu erhalten, wenn frühere Messungen vor 1990 nur gravimetrisch erfolgten. Deshalb sind diese Verfahren analog der Fassung von 1985 nochmals aufgeführt.

Nach Anhang II der Gefahrstoffverordnung hängt bei Materialproben die Zuordnung zu den Gruppen I, II, III jedoch von dem Massengehalt des Asbestes ab [ 13]. Somit besteht also ein Bedarf an Analysenverfahren, die diese Forderung bezüglich des Massengehaltes erfüllen können.

Die infrarotspektroskopische Analyse erlaubt eine direkte quantitative Massenanteilbestimmung von Asbest im Feinstaub bzw. nach entsprechender Aufarbeitung in Materialproben [ 7]. Die Bestimmungsgrenze für Chrysotilasbest beträgt absolut 20 µg bei einem Massenanteil von 2 % Chrysotilasbest und 1 mg Analysengut. Die Bestimmungsgrenze für die Amphibolasbeste Krokydolith und Amosit beträgt absolut 50 µg bei einem Massenanteil von 5 % Amphibolasbest und 1 mg Analysengut.

Bei Einsatz von Fourier-Transform-Infrarotspektrometrie (FT-IR) läßt sich z.B. durch mehrfache Spektrenüberlagerung die Bestimmungsgrenze in der Praxis etwa um den Faktor 2 absenken.

Neben der gravimetrischen Asbestbestimmung mittels infrarotspektrometrischen Verfahren kommt dem phasenkontrastmikroskopischen Asbestgehaltabschätzungsverfahren eine entscheidende Bedeutung zu. Liegen die Asbestgehalte unter den infrarotspektrometrisch vorgegebenen Bestimmungsgrenzen, dann läßt sich auch bei Asbestgehalten unter 1 % anhand einer phasenkontrastmikroskopischen Faseridentifizierung das Vorhandensein der einzelnen Asbestarten feststellen. Bei Asbestgehalten von > 1 % ist anhand morphologischer Kriterien und optischer Fasereigenschaften, wie z.B. Brechungsindex, Doppelbrechung, eine Identifizierung und Gehaltsabschätzung der einzelnen Asbestarten möglich. Unter optimalen Kontrastverhältnissen beträgt die Sichtbarkeitsgrenze 0,2 bis 0,3 µm für den Faserdurchmesser. Bei Fasern von > 1 µm Durchmesser ist durch die Wahl spezieller Einbettungsmedien anhand auftretender Farbeffekte eine Identifizierung gewährleistet [ 5].

Geht man davon aus, dass im industriellen Bereich überwiegend nur Chrysotilasbest eingesetzt wurde, dann erlaubt das infrarotspektrometrische Verfahren in Kombination mit der Phasenkontrastmikroskopie zumindest eine sichere Zuordnung zur Gruppe I, also die Einstufung von Materialproben mit Chrysotilasbestgehalten> 2 Gew.-% [ 13].

Probenahme mit Vorabscheider für Feinstäube und Abscheidung auf einem Partikelfilter, Infrarotspektrometrie, Phasenkontrastmikroskopie

Meßprinzip: Mit Hilfe eines Probenahmegerätes mit Vorabscheider wird ein definiertes Luftvolumen bei konstantem Luftdurchsatz durch ein Partikelfilter gesaugt. Der im Feinstaub enthaltene Chrysotilasbest wird nach Entfernen des Filtermaterials infrarotspektrometrisch bestimmt. Bei feinteiligen Materialproben ist eine direkte Untersuchung möglich, bei kompakten Proben eine Zerkleinerung erforderlich.
Technische Daten
Bestimmungsgrenze:  
infrarotspektrometrisch:
absolut 20 µg Chrysotilasbestfeinstaub bei einem Massenanteil von 2 % und 1 mg Analysengut (bei FT-IR 10 µg entsprechend einem Massenanteil von 1 %).
phasenkontrastmikroskopisch:
Chrysotil- und Amphibolasbeste sind noch unterhalb eines Massenanteiles von 1 % Asbest im Analysengut nachweisbar.
Selektivität:  
infrarotspektrometrisch:
Die Selektivität ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Störungen bzw. Verwechslungen mit dicht benachbarten Banden können bei Anwesenheit von z.B. Kaolinit, Glimmern, Talk, Amphibolasbesten, Serpentin, auftreten.
phasenkontrastmikroskopisch:
Fasern mit Durchmessern > 1 µm sind hinsichtlich der verschiedenen Asbestarten identifizierbar.

An Fasern < 1 µm Durchmesser ist eine Unterscheidung zwischen Chrysotil- und Amphibolasbesten möglich.

Vorteile:  
infrarotspektrometrisch:
Selektive Bestimmung des Asbest-Massenanteils möglich.
phasenkontrastmikroskopisch:
Selektive Bestimmung des Asbests möglich, geringer Zeitaufwand, gute Nachweisempfindlichkeit.
Nachteile:  
infrarotspektrometrisch:
Erheblicher apparativer Aufwand. Selektivität ist in jedem Einzelfall zu überprüfen.
phasenkontrastmikroskopisch:
Auch unter optimalen Kontrastverhältnissen sind Asbestfasern unter 0,2 bis 0,3 µm Durchmesser nicht mehr nachweisbar. Massenanteile können nur geschätzt werden.
Apparativer Aufwand:  
Probenahme und Probenaufbereitung:
Probenahmegeräte mit Vorabscheider für Feinstaub mit konstantem Luftvolumenstrom,
Partikelfilter,
insbesondere bei kompakten Materialproben:
Einsatz von Diamantmörsern zur Zerkleinerung und von Achatmörsern zur Feinaufmahlung.
infrarotspektrometrisch:
Grundausrüstung für die Infrarotspektrometrie
(Wellenzahlbereich 250-4000 cm-1),
Kaltveraschungsanlage oder Kühlzentrifuge, Presswerkzeuge zur Herstellung von KBr-Presslingen.
phasenkontrastmikroskopisch:
Transmissions-Lichtmikroskop mit Phasenkontrasteinrichtung.


Ausführliche Verfahrensbeschreibung

1 Zusammenfassung

Dieses Verfahren erlaubt eine direkte quantitative Massenanteilbestimmung von Asbest im Feinstaub bzw. nach entsprechender Aufbereitung in Materialproben.

Mit Hilfe eines Probenahmegerätes mit Feinstaubvorabscheider wird ein definiertes Luftvolumen bei konstantem Luftvolumenstrom durch Partikelfilter gesaugt. Der im abgeschiedenen Feinstaub enthaltene Chrysotilasbest wird nach Entfernen des Filtermaterials infrarotspektrometrisch bestimmt.

Die absolute Bestimmungsgrenze beträgt 20 µg für Chrysotilasbest und 50 µg für die Amphibolasbeste Krokydolith und Amosit. Dies entspricht Massenanteilen von 2 % Chrysotilasbest sowie 5 % Amphibolasbest bei 1 mg Analysengut. Bei Einsatz der FT-IRSpektrometrie kann die Bestimmungsgrenze halbiert werden.

Phasenkontrastmikroskopisch sind Chrysotil- und Amphibolasbeste noch unterhalb eines Massenanteiles von 1 % im Analysengut nachweisbar.

2 Geräte, Chemikalien und Minerale

2.1 Geräte

Für die Probenahme: Staubsammelgerät:

Geeignet sind Probenahmegeräte, die ein Abscheidesystem aufweisen, das in seiner Wirkung der theoretischen Trennfunktion eines Sedimentationsabscheiders entspricht, der Teilchen mit einem aerodynamischen Durchmesser von 5 µm zu 50 % abscheidet (Johannesburger Konvention, 1959) [ 1].

Es sind Luftbegrenzungsdüsen (kritische Düsen) bzw. Pumpen einzusetzen, deren Förderleistung hinreichend unabhängig vom Druckabfall am Filter ist oder deren Förderleistung bei steigendem Filterwiderstand automatisch nachreguliert wird [ 2], [ 3].

Membranfilter:

8 µm Porenweite, sie dürfen gegenüber dem Testaerosol Paraffinölnebel einen Durchlassgrad von höchstens 0,5 % haben [ 4].

Für die Probenaufbereitung und analytische Bestimmung:

Infrarotspektrometrie

Infrarotspektrometer mit Registrier- und/oder Auswerteeinheit:

Handelsübliches Gerät (250-4000 cm-1).

Zusatzgeräte:

Vor dem Gebrauch sind die Glasgeräte, Presswerkzeuge, Edelstahlbecher mit destilliertem Wasser und anschließend mit Ethanol zu spülen. Insbesondere bei kompakten Materialproben: Einsatz von Diamantmörsern zur Zerkleinerung und von Achatmörsern zur Feinaufmahlung.

Phasenkontrastmikroskopie

Transmissions-Lichtmikroskop: Handelsübliches Gerät.

Zusatzeinrichtungen:

2.2 Chemikalien und Minerale

Chrysotilasbest, Krokydolithasbest, Amositasbest als Standardasbeste, Aceton p.a.,
Kaliumbromid für Spektroskopie,
Ethanol,
Glasfaserfilter, bindemittelfrei, 9 mm Durchmesser,
Membranfilter, 8 µm Porenweite.

Einbettungsflüssigkeiten für Phasenkontrastmikroskopie:

Glycerintriacetat (Triacetin),
Ethylcinnamat (Zimtsäureethylester),
Zimtaldehyd
1-Chlornaphthalin
Diiodmethan.

3 Probenahme

Mit Hilfe einer Pumpe wird ein definiertes Luftvolumen durch ein Partikelfilter gesaugt, das sich hinter dem Vorabscheider befindet.

4 Probenaufbereitung

4.1 Probenaufbereitung von Filterproben

Vor Beginn der Analyse ist die Masse des Feinstaubes auf dem Filter zu bestimmen [ 2].

Für die Probenaufbereitung kann entweder das gesamte Filter oder ein Teil des Filters verwendet werden, sofern das Filter belegt ist. Es stehen die Kaltveraschung (Abschnitt 4.1.1) und als Alternative die Zentrifugenmethode (Abschnitt 4.1.2) zur Verfügung.

4.1.1 Kaltveraschung

Für die Plasma-Kaltveraschung wird das beaufschlagte Filter in eine geeignete Veraschungsschale mit Kaliumbromid als Bodensatz aufgelegt. Dabei soll pro 1 mg Feinstaub 150 mg Kaliumbromid eingesetzt werden.

Nach der Veraschung wird das Gemenge in einer Schwingmühle homogenisiert. Diese Methode hat den Vorteil, dass durch Wegfall des veraschbaren Anteiles eine Anreicherung des Asbestes stattfindet und Substanzen wie z.B. Ruße, die eine höhere Eigenabsorption des Kaliumbromidpresslings bewirken, entfernt werden.

4.1.2 Zentrifugenmethode

Bei der Zentrifugenmethode werden aus dem beaufschlagten Membranfilter (z.B. VC-25 F-Membranfilter) so viele Ausschnitte bekannter Flächen ausgestanzt, dass insgesamt eine Feinstaubmasse von etwa 4 mg erreicht ist. Die Ausschnitte werden in einen Zentrifugenbecher überführt und mit 60 ml Aceton versetzt. Im Verlaufe von ca. 10 Stunden geht das Membranfilter (Cellulosenitrat) in Lösung. Nach 10-minütigem Abzentrifugieren bei 13000 Umdrehungen/Minute (g-Zahl: 1 * 104 bis 3 * 104) hat sich der Staub praktisch vollständig am Boden des Zentrifugenbechers niedergeschlagen.

Anschließend wird die überstehende klare Flüssigkeit über ein Glasrohr mit eingeschmolzener Fritte und aufgelegtem Glasfaserfilter (9 mm Durchmesser) mit Hilfe einer Wasserstrahlpumpe abgesaugt. Der verbliebene Bodensatz wird mit einigen ml Aceton aufgerührt und quantitativ unter mehrmaligem Nachwaschen mit Aceton auf das Glasfaserfilter überführt. Eine direkte Übertragung ohne Zwischenschaltung der Zentrifuge würde zu außerordentlich langen Filtrationszeiten führen.

Nach Verflüchtigung des Acetons wird das beaufschlagte Glasfaserfilter zu etwa 600 mg bei 60 °C getrocknetem Kaliumbromid gegeben.

4.2 Probenaufbereitung von Materialproben

Bei kompakten Materialproben empfiehlt sich eine Vorzerkleinerung im Diamantmörser auf Korngrößen unter 1 mm Durchmesser und anschließende Feinmahlung im Achatmörser. Dabei soll die Mahldauer in der Regel weniger als 5 Minuten betragen. Bei sehr feinteiligen Materialien etwa im Bereich von Feinstäuben kann auf eine Zerkleinerung verzichtet werden. 4 mg des Analysengutes werden mit 600 mg vorgetrocknetem Kaliumbromid versetzt.

4.3 Herstellung des Kaliumbromidpresslings

Das nach der Kaltveraschung bzw. Zentrifugenmethode oder bei Materialproben erhaltene Gemenge wird in verschließbare Edelstahlzylinder überführt und mit Hilfe einer Schwingmühle ca. 10 Minuten lang homogenisiert. Aus dem Zylinder werden 150 mg des homogenen Gemenges entnommen und in das Presswerkzeug überführt. Im entlüfteten Pressraum wird der transparente Pressling bei einem Druck von 12,5 MPa hergestellt. Er dient dann als Präparat für die infrarotspektrometrische Analyse.

5 Analytische Bestimmung

5.1 Infrarotspektrometrie

Chrysotilasbest

Für die infrarotspektrometrische Bestimmung von Chrysotilasbest wird die stark ausgeprägte charakteristische Doppelbande bei 3660 bzw. 3700 cm-1, zur quantitativen Analyse herangezogen. Die Auswertung erfolgt anhand der stärksten Bande bei 3700 cm-1, im Bereich der OH-Valenzschwingung.

Für Extinktionen bis 1,4 gilt im Bereich von 0 bis 1,3 mg Chrysotilasbest pro 150 mg Kaliumbromid das Lambert-Beersche Gesetz.

Krokydolith und Amosit

Da es sich bei diesen Asbestarten um Mischkristalle handelt, die eine wechselnde chemische Zusammensetzung je nach Lagerstätte aufweisen können, sind Lage- und Intensitätsunterschiede der einzelnen Banden nicht auszuschließen. Außerdem sind die Spektren von Amosit und Krokydolith sehr ähnlich. Dies bedeutet, dass bei Proben mit Störkomponenten eine Unterscheidung zwischen Amosit und Krokydolith im Bereich der Bestimmungsgrenzen problematisch ist. Eine Hilfe bietet die rechnergestützte Infrarotspektrometrie mit Spektrensubtraktion. Hierbei werden Spektren der zu untersuchenden Proben durch Abzug von Standardspektren mit definierten Asbesteinwaagen kompensiert. Dabei ist die Störanfälligkeit wesentlich herabgesetzt. Bei den Amphibolasbesten Amosit und Krokydolith wird zweckmäßigerweise das IR-Spektrum zwischen 4000 und 250 cm-1, aufgenommen. Im Bereich zwischen 800 und 600 cm-1 treten normalerweise wenig Störungen auf, so dass in diesem Gebiet vorzugsweise eine Auswertung möglich ist [ 6]. Daneben hat sich in der Praxis auch ein direkter Vergleich der auszuwertenden Spektren mit einer bei zunehmender Asbesteinwaage übereinandergezeichneten Schar von Standardspektren als schnelle, auch ohne Rechner durchführbare Methode bewährt [ 6].

Auch die FT-IR-Spektrometrie bietet die Möglichkeit einer Spektrensubtraktion. Hierbei wird das Absorptionsspektrum des Analysengutes mit dem Referenzspektrum der zu ermittelnden Asbestart verglichen. Die charakteristischen Asbestbanden werden im Referenzspektrum kontinuierlich so weit nivelliert, bis die Differenz zu den entsprechenden Banden im Spektrum des Analysengutes gegen Null geht, also eine vollständige Kompensation erfolgt ist. Aus dem Faktor in Kompensationsstellung und der bekannten Asbestmasse in der Referenzprobe ergibt sich die Asbestmasse im Analysengut. Diese Methode lässt sich insbesondere bei Spektrenüberlagerung durch Fremdsubstanzen heranziehen [ 11].

5.2 Phasenkontrastmikroskopie

Für die phasenkontrastmikroskopische Gehaltsabschätzung wird ein kleiner Teil des Analysengutes mit einer Lanzette auf einen Objektträger überführt, mit 1 bis 2 Tropfen der Einbettungsflüssigkeit überdeckt, die Suspension durch mehrmaliges Rühren homogenisiert und mit einem Deckglas abgedeckt. Anschließend ist das Präparat mikroskopisch daraufhin zu kontrollieren, ob die einzelnen Partikel deutlich voneinander getrennt und Überlappungen nahezu ausgeschlossen sind. Im Falle zu hoher Partikelkonzentration in der Suspension ist ein neues Präparat herzustellen.

Gehaltsabschätzung

Zur Gehaltsabschätzung betrachtet man etwa 100 verschiedene Gesichtsfelder, wobei die Gehalte entsprechend den zweidimensionalen sichtbaren Faserflächen zu den entsprechenden nichtfaserförmigen Partikelflächen in Relation gesetzt werden. Als Einbettungsflüssigkeit hat sich Glycerintriacetat (nD20 = 1,43) wegen des hohen Kontrastes bewährt. Für Feinstaubproben mit Chrysotilasbestmassenanteilen von 2 bis 70 % ergab sich zwischen den Ergebnissen aus phasenkontrastmikroskopischer Abschätzung und dem infrarotspektrometrischen Verfahren eine gute Übereinstimmung [ 5].

Identifizierung

Als Einbettungsflüssigkeit haben sich zur Identifizierung von Chrysotilasbest Ethylcinnamat (Brechungsindex nD20 = 1,560), zur Identifikation von Krokydolith und Amosit eine Mischung aus Zimtaldehyd und Diiodmethan (nD20 = 1,691) bewährt. Zur Unterscheidung von Krokydolith und Amosit werden die maximale Doppelbrechung (bei Amosit etwa 10mal höher als bei Krokydolith) sowie die Brechungsindices in polarisiertem Licht herangezogen (maximaler Brechungsindex für Amosit nur bei der Schwingungsrichtung des polarisierten Lichtes etwa parallel zur Faserlängsachse; für Krokydolith senkrecht zur Faserlängsachse).

Insbesondere bei der Abschätzung des Amphibolasbestgehaltes ist entscheidend, dass die Varietäten Amosit und Krokydolith ausnahmslos als dünne, nadelförmige Spieße auftreten, während Chrysotilasbest in der Regel gewundene, flexible Faserformen aufweist. Anhand dieses wichtigen morphologischen Merkmales können sich bereits Hinweise auf das Vorhandensein von Chrysotil- bzw. Amphibolasbest ergeben.

6 Aufstellen der Kalibrierkurve

Man stellt Kalibriermischungen z.B. von 0; 0,1; 0,2; ...; 1,3 mg Chrysotilasbest/150 mg Kaliumbromid unter vorheriger Beigabe von nichtbeaufschlagtem Filtermaterial im Falle von Luftproben her. Bei Materialproben entfällt der Zusatz von Membranfiltern. Die gesamte Aufarbeitung erfolgt nach den in Abschnitt 4 genannten Anweisungen. Durch Auftragen der ermittelten Extinktionen über den zugehörigen Chrysotilasbestmassen wird die Kalibrierkurve erstellt.

7 Berechnen des Analysenergebnisses

Aus der Extinktion des KBr-Presslings (Abschnitt 4.3) wird mit Hilfe der Kalibrierkurve die Chrysotilasbestmasse ma bestimmt. Sollte die analysierte Masse nicht der gesamten Masse des Filterstaubes entsprechen, so ist anteilig umzurechnen.

Die Chrysotilasbestfeinstaub-Konzentration ca der Probeluft in mg/m3 errechnet sich aus:

(1)

Es bedeuten:

ca = Massenkonzentration des Chrysotilasbestfeinstaubes in der Probeluft in mg/m3,
ma = aus der Kalibrierkurve ermittelte Masse an Chrysotilasbestfeinstaub in mg,
V = Probeluftvolumen in m3.

Im Falle von Materialproben lässt sich Chrysotilasbest ebenfalls aus der Extinktion und der über die Kalibrierung ermittelten Chrysotilasbestmasse (ma) in Relation der eingesetzten Masse des Analysengutes im Kaliumbromidpressling (m) wie folgt berechnen:

(2)

Es bedeuten:

A = Massenanteil des Chrysotilasbestes in %,
ma = aus der Kalibrierkurve ermittelte Masse an Chrysotilasbest in mg,
m = Masse des Analysengutes in mg im Kaliumbromidpreßling.

8 Beurteilung des Verfahrens

8.1 Präzision

Wegen der unterschiedlichen Zusammensetzung und sonstiger unterschiedlicher Eigenschaften der zu analysierenden Proben und infolge der Verwendung unterschiedlicher Asbeste - hinsichtlich Lagerstätte, Verunreinigungen - ist eine allgemein gültige Aussage über die Präzision des Gesamtverfahrens nicht möglich.

Bei einem Vergleich der Extinktionen von acht verschiedenen Chrysotilasbesten aus unterschiedlichen Lagerstätten (Südafrika, Kanada, UdSSR), wobei die relativ höchste Extinktion mit 1,0 bewertet wurde, ergaben sich Extinktionen im Bereich von 0,8-1,0 [ 7].

8.2 Bestimmungsgrenze

Die Bestimmungsgrenze hängt außer von der Qualität der verwendeten Materialien (Chemikalien) von der Geräteausstattung, dem Gerätezustand und von Störkomponenten in der Probe ab. Für das IR-spektrometrische Verfahren beträgt unter günstigen Bedingungen die absolute Bestimmungsgrenze 20 µg (FT-IR: 10 µg) Chrysotilasbest bzw. 50 µg (FT-IR: 20 µg) Amphibolasbest. Dies entspricht beim Einsatz von 1 mg Analysengut einem Massenanteil von 2 % (FT-IR: 1 %) Chrysotilasbest bzw. 5 % (FT-IR: 2-3 %) Amphibolasbest. Phasenkontrastmikroskopisch sind Asbeste noch unterhalb eines Massenanteiles von 1 % nachweisbar.

Bei Filterproben (Probeluftvolumen 1 m3) liegt nach dem infrarotspektrometrischen Verfahren die relative Bestimmungsgrenze für Chrysotilasbest bei 0,02 mg/m3(FT-IR: 0,01 mg/m3) (z.B. bei Verwendung des Probenahmegerätes MPG II). Für das Probenahmegerät VC 25 F beträgt sie 0,04 mg/m3(FT-IR: 0,02 mg/m3), da nach diesem Verfahren nur die Hälfte des Feinstaubes für die Analyse zur Verfügung steht.

8.3 Selektivität

Störungen bzw. Verwechslungen mit dicht benachbarten Banden können bei Anwesenheit von z.B. Kaolinit, Glimmern, Talk, Amphibolasbesten, Serpentin auftreten.

Insbesondere bei niedrigen Chrysotilasbestgehalten, bei denen sich Störungen stärker auswirken können, erlaubt die phasenkontrastmikroskopische Überprüfung eine Identifizierung der genannten Störkomponenten, wobei der infrarotspektrometrisch ermittelte Chrysotilasbestgehalt gegebenenfalls zu korrigieren ist. Dieses Verfahren hat sich vorzugsweise dann bewährt, wenn die Asbestgehalte im Bereich der infrarotspektrometrischen Bestimmungsgrenzen liegen.

9 Hersteller

Probenahmegerät mit Vorabscheider:

z.B. VC 25 F
Ströhlein GmbH & Co, Kaarst,
MPG II,
Wazau, Berlin;

Infrarotspektrometer:

z.B. Beckman Instruments GmbH, München,
Bodenseewerk Perkin Elmer GmbH, Überlingen,
Philips GmbH, Kassel
Nicolet Instruments GmbH, Offenbach/Main;
Die genannten Firmen bieten auch Pressen, Presswerkzeuge, Pumpen und Schwingmühlen zur Herstellung der KBr-Presslinge an

Diamantmörser, Achatmörser:

z.B. über Laborbedarfshandel;

Plasma-Veraschungsgerät (Kaltveraschung):

z.B. Nanotech, Grafrath;

Kühlzentrifuge:

z.B. Heraeus Christ GmbH, Osterode/Harz;

Transmissions-Lichtmikroskop einschließlich Zusatzeinrichtung für Phasenkontrastmikroskopie:

z.B. Leitz, Wetzlar,
Carl Zeiss, Oberkochen;

Einbettungsflüssigkeiten für mikroskopische Streupräparate:

z.B. Merck, Darmstadt;

Objektträger, Deckgläser:

z.B. Menzel, Braunschweig.

10 Literatur

[ 1] Technische Regeln für Gefahrstoffe, TRGS 900, "MAK-Werte 1990". Carl Heymanns Verlag KG, Köln (Best.-Nr. ZH 1/401);
[ 2] Coenen, W.: Feinstaubmessungen mit dem VC 15. Neuere Untersuchungen und praktische Erfahrungen. Staub-Reinhaltung Luft 35 (1975), S. 452-458;
[ 3] Breuer, H. D. und E. Bruckmann: Neues gravimetrisches Staubsammelgerät zur Messung des atembaren Feinstaubes nach den MAK-Werten. Der Kompass 84 (1974), S. 96-102;
[ 4] VDI-Richtlinie 2265 Feststellung der Staubsituation am Arbeitsplatz zur gewerbehygienischen Beurteilung;
[ 5] Heidermanns, G.: Methoden zur Identifikation und quantitativen Analyse von Asbest bei Anwendung der Technischen Richtkonzentrationen für Asbest. STF Report Nr.2 (1978), Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitssicherheit des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften e.V., Sankt Augustin;
[ 6] Rödelsperger, K., I. Sieben, H. -J. Woitowitz: Rechnergestützte, IR-spektographische Differentialanalyse von chrysotil-, amosit- und krokydolithhaltigen Feinstaubproben von Baustellenarbeitsplätzen mit Asbestzementverarbeitung. In "Bericht über die 21. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin e.V., Berlin, 13. bis 16. Mai 1981". Gentner Verlag, Stuttgart (als Sonderdruck aus dem Jahresbericht 1981);
[ 7] Heidermanns, G.: Asbestgehaltsbestimmung durch optische, chemische, röntgenographische und infrarotspektrometrische Analysenverfahren. Staub-Reinhaltung Luft 33 (1973) Nr. 2, S. 66-70;
[ 8] Coenen, W., H. Schenk: Asbeststaub an Arbeitsplätzen - Eine Analyse der Meßergebnisse aus den Jahren 1981/82. BIA-Report 3/84, Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitssicherheit des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften e.V., Sankt Augustin;
[ 9] Referenzmethode zur Bestimmung der Asbestfaserkonzentration im Schwebestaub am Arbeitsplatz durch Lichtmikroskopie (Membran-Filter-Methode). AIAGesundheits- und Sicherheitsveröffentlichung, RTM 1, Deutsche Fassung: Juli 1982;
[ 10] Günzler, H., H. Böck: IR-Spektroskopie. überarb. Aufl. 1983. Verlag Chemie, Weinheim.
[ 11] Verfahren zur Bestimmung von lungengängigen Fasern (Lichtmikroskopisches Verfahren). Carl Heymanns Verlag KG, Köln (Best.-Nr. ZH 1/120.31);
[ 12] Verfahren zur getrennten Bestimmung von lungengängigen Asbestfasern und anderen anorganischen Fasern (Rasterelektronenmikroskopisches Verfahren). Carl Heymanns Verlag KG, Köln (Best. -Nr. ZH 1/120.46);
[ 13] Verordnung über gefährliche Stoffe ( Gefahrstoffverordnung) vom 26. August 1986 (BGBl. I, S. 1470) in der Fassung vom 23. April 1990 (BGBl. I, S. 790), 4. Auflage. Carl Heymanns Verlag KG, Köln (Best.-Nr. ZH 1/220).


ENDE  

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