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BGI/GUV-I 8592 / DGUV Information 204-030 - Ersthelfer im öffentlichen Dienst
Berufsgenossenschaftliche Information für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI/GUV-I)
(Ausgabe 05/2011aufgehoben)
In der Bundesrepublik werden jährlich ca. 2 Millionen Personen in Erster Hilfe ausgebildet. Davon werden ca. 1 Million durch die Unfallversicherungsträger ausgebildet.
Die Erste-Hilfe-Ausbildung findet vor dem Hintergrund statt, dass in der Bundesrepublik Deutschland jährlich annähernd 9 Mio. Menschen verletzt werden. Am häufigsten sind Unfälle in der Schule und im Berufsleben, der Anteil beträgt ca. 35 %. Im häuslichen Bereich liegt der Anteil bei ca. 30 %, in der Freizeit bei ca. 28 %. Die Verkehrsunfälle sind mit ca. 6 % beteiligt, dies sind die Unfälle mit den schwersten Folgen.
Man unterscheidet im Wesentlichen zwei Rechtskreise im Erste-Hilfe-Bereich, aus denen sich Pflichten zur Leistung von Erster Hilfe bei Unglücksfällen ergeben können.
Im Allgemeinen (z.B. Haushalt, Straßenverkehr, Freizeit, Betrieb) gilt nach § 323c Strafgesetzbuch (StGB):
"Wer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche Gefahr und Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."
Insofern besteht eine gesetzliche Pflicht zur Erste-Hilfe-Leistung für alle. Der Gesetzgeber verlangt nicht die Gefährdung des eigenen Lebens. Die Teilnahme an einer Erste-Hilfe-Ausbildung ist teilweise vorgeschrieben (z.B. für den Führerschein der Kurs "Lebensrettende Sofortmaßnahmen"), erfolgt ansonsten aber größtenteils auf freiwilliger Basis.
Bei einem Notfall, z.B. einem Unfall, einer lebensbedrohlichen akuten Erkrankung oder Vergiftung, erwarten wir alle von unseren Mitmenschen Hilfe. Wir sollten diese, nicht nur um unserer moralischen und ethischen Verpflichtung nachzukommen, auch selbst beherrschen. Insbesondere, um unsere eigene Unsicherheit zu überwinden und vom hilflosen und ängstlichen Zuschauer zum aktiven Helfenden zu werden.
Am Arbeitsplatz verpflichtet § 10 des Arbeitsschutzgesetzes ( ArbSchG)den Arbeitgeber zu einer geeigneten Organisation von Erste-Hilfe- und sonstigen Notfallmaßnahmen, einschließlich der Bereitstellung von sächlichen Mitteln.
Diese Verpflichtung ist in Verbindung mit den anderen Grundpflichten des Arbeitgebers zu sehen (Zweiter Abschnitt ArbSchG - Pflichten des Arbeitgebers), auf Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung im Betrieb eine funktionierende Erste-Hilfe-Organisation zu schaffen.
Weitere Regelungen sind auch in der Arbeitsstättenverordnung ( ArbStättV) und den Arbeitsstättenrichtlinien bzw. Arbeitsstättenregeln ( ASR) enthalten. Hier sind insbesondere die Anforderungen an Erste-Hilfe-Räume sowie Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe geregelt. § 21 Abs. 1 SGB VII verpflichtet den Unternehmer, Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren durchzuführen sowie eine wirksame Erste Hilfe sicherzustellen.
Weiterhin ist im § 21 Abs. 3 SGB VII geregelt, dass Versicherte (Beschäftigte) alle Maßnahmen für eine wirksame Erste Hilfe unterstützen müssen und die entsprechenden Anweisungen des Unternehmers zu befolgen haben. Der Unternehmer hat für die erforderliche Anzahl sowie Aus- und Fortbildung der Ersthelfer zu sorgen.
Durch § 15 Abs. 1 Nr. 5 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes - SGB VII werden die gesetzlichen Unfallversicherungsträger ermächtigt, als autonomes Recht Unfallverhütungsvorschriften ( UVV) zur Sicherstellung einer wirksamen Ersten Hilfe durch den Unternehmer zu erlassen. Dies ist flächendeckend durch den Erlass der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1) erfolgt. Diese verpflichtet den Unternehmer noch konkreter, klare betriebliche Strukturen im Erste-Hilfe-Bereich zu schaffen. Die Aus- und Fortbildung der Personen, die mit der Ersten Hilfe betraut sind, regelt § 26 BGV/GUV-V A1.
Anmerkung: Auszüge aus Gesetzestexten siehe Anhang
Betrachtet man den Ablauf eines Notfalls, der sich ganz allgemein durch einen Unfall, eine Vergiftung oder eine akute Erkrankung ergeben kann, entwickelt sich ohne sofortiges Eingreifen unter Umständen eine lebensbedrohliche Situation. Deshalb stehen am Anfang der Ersten Hilfe die Sofortmaßnahmen.
Diese sind: Eigensicherung, Absichern der Unfallstelle, Abwenden zusätzlicher Gefahren und lebensrettende Maßnahmen. Alle weiteren erforderlichen Tätigkeiten greifen wie eine Kette ineinander.
Das Absetzen des Notrufs (Anforderung fachlicher Hilfe), kommt vor den weiteren Maßnahmen der Ersten Hilfe (Wundversorgung und psychische Betreuung). Die zwei ersten Glieder der Kette fallen dem Ersthelfer zu.
Der Rettungsdienst übernimmt den Betroffenen, versorgt ihn, ggf. gemeinsam mit einem Notarzt oder einer Notärztin, und führt den sachgerechten Transport ins Krankenhaus durch. Dort erfolgt die weitere Behandlung.
Jeder Laie, auch ohne Erste-Hilfe-Ausbildung, sollte sich diese Reihenfolge einprägen, denn nur wenn jedes Glied der Kette schnellstmöglich in das nächste eingreift, ist der Erfolg der Rettung gesichert.
Ein Unfall (z.B. kleine Wunde) kann auch mit der Erstversorgung durch den Ersthelfer abgeschlossen werden und ggf. der Arztbesuch durch den Betroffenen selbst erfolgen. Damit kann die Rettungskette auch vorzeitig enden.
Wie bereits ausgeführt ist die Sicherstellung einer wirksamen Ersten Hilfe im Betrieb Aufgabe des Unternehmers (§ 24 Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" [BGV/GUV-V A1]). Die Aufgabe kann auf nachgeordnete Führungskräfte (z.B. Behördenleiter) oder Vorgesetzte übertragen werden. Zur Sicherstellung der Ersten Hilfe müssen nicht nur eine ausreichende Anzahl von Ersthelfern (§ 26 BGV/GUV-V A1) zur Verfügung stehen, sondern auch die notwendigen Mittel und Einrichtungen und Gerätschaften (§ 25 BGV/GUV-V A1).
Zum Ersthelfer kann jeder bestellt werden, der die erforderliche Ausbildung bei einer so genannten ermächtigten Stelle besitzt, sofern keine persönlichen Gründe entgegenstehen, wie z.B. bei körperlicher Behinderung oder psychischen Krankheiten. Nach der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1) gibt es sogar eine Verpflichtung sich ausbilden zu lassen. Der Ersthelfer muss bereit sein, in regelmäßigen Abständen sein in der Grundausbildung erworbenes Wissen im Erste-Hilfe-Training aufzufrischen und zu vertiefen.
Die Grundausbildung dauert 8, das Erste-Hilfe-Training 4 Doppelstunden. Die Inhalte sind bundesweit einheitlich festgelegt.
Zu den Aufgaben des Ersthelfers gehören:
Dies betrifft vor allem seine psychische und physische Belastbarkeit. Dem Betroffenen muss er Mut zusprechen können. Den Ersthelfern können durch den Unternehmer auch weitere Aufgaben übertragen werden, z.B. die Überprüfung des Erste-Hilfe-Materials, der Meldeeinrichtungen und der Rettungsgeräte. Die Erste-Hilfe-Leistung ist im Verbandbuch zu dokumentieren, damit bei Spätfolgen eines Unfalls der Nachweis für Versicherungsansprüche an den gesetzlichen Unfallversicherungsträger sichergestellt ist. Die Unfallanzeige ersetzt die Eintragung in das Verbandbuch. Von besonderer Wichtigkeit ist auch die Zusammenarbeit mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder der Betriebsärztin und dem Personal-/Betriebsrat.
Der Ersthelfer in allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen
Nach § 10 Arbeitsschutzgesetz muss nicht nur für das Lehrpersonal, sondern auch für Schülerinnen und Schüler (Anwesenheit anderer Personen) eine wirksame Erste Hilfe sichergestellt werden. Dies ergibt sich auch aus § 21 (2) SGB VII. Danach ist der Schulhoheitsträger verpflichtet, im Benehmen mit dem zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger Regelungen zur Ersten Hilfe zu treffen.
In der Regel ist dem Schulleiter die Verantwortung für die Organisation der Ersten Hilfe zu übertragen. Hierzu zählen die sachlichen (Meldeeinrichtungen, "Erste-Hilfe-Raum", Erste-Hilfe-Material) und die personellen Voraussetzungen (Anzahl und Ausbildung von Ersthelfern). Die Sachkosten trägt der Sachkostenträger der Schule (Städte, Gemeinden usw.).
Anzustreben ist, dass alle Lehrkräfte als Ersthelfer ausgebildet werden, insbesondere diejenigen, die schulische Veranstaltungen durchführen, Lehrkräfte des Faches Sport und der naturwissenschaftlichen Fächer sowie Lehrkräfte der praktischen Ausbildung in Berufsschulen.
Die Ausbildungsinhalte und -dauer (zielgruppenorientiert) sowie die Kostenübernahme für die Aus- und Fortbildung werden in Absprache zwischen den zuständigen Unfallversicherungsträgern und dem Dienstherrn bzw. Arbeitgeber ggf. auch dem verantwortlichen Organisator geregelt.
Schutz und Stellung des Ersthelfers
Rechtliche Stellung des Ersthelfers
Unfallversicherungsschutz
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 13a Unfallversicherungs- Einordnungsgesetz (SGB VII) gehören Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher Gefahr für seine Gesundheit retten, zum gesetzlich versicherten Personenkreis. Dies gilt auch für Personen, die an Ausbildungsveranstaltungen von Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen teilnehmen (§ 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII).
Für Beschäftigte, die auf Veranlassung des Unternehmers an einem Erste-Hilfe-Lehrgang teilnehmen oder als Ersthelfer tätig werden, leitet sich der Unfallversicherungsschutz aus ihrem Beschäftigungsverhältnis ab (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII).
Die Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung trägt der Unternehmer. Die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung erfolgen auf Antrag oder der Unfall wird von Amts wegen verfolgt.
Sachschäden (z.B. Reinigung der Kleidung) trägt der Verletzte oder in Ausnahmefällen der Unfallversicherungsträger auf Antrag, gegebenenfalls auch die Haftpflichtversicherung des Unternehmers.
Rechtliche Stellung des Ersthelfers
Der Ersthelfer ist wie jeder Bürger und jede Bürgerin verpflichtet, Erste Hilfe zu leisten. Führt er die Hilfeleistung mit der gebotenen Sorgfalt durch, d.h. entsprechend seinen Kenntnissen, Fähigkeiten und den sonstigen Umständen, kann sich ein Ersthelfer grundsätzlich nicht strafbar machen. Er bleibt selbst dann straffrei, wenn ihm ein Fehler unterlaufen sollte, da er Hilfe leistete, um andere zu retten.
Zivilrechtlich kann der Ersthelfer grundsätzlich auch nicht zum Schadensersatz herangezogen werden, es sei denn, er handelt grob fahrlässig oder vorsätzlich. Dies kann bei sachgemäßer Ausbildung ausgeschlossen werden.
Im betrieblichen Bereich besteht sogar ein Haftungsprivileg, wonach eine Haftung nur bei Vorsatz möglich ist. Bei grober Fahrlässigkeit ist Regressnahme durch den Unfallversicherungsträger denkbar, was in der Regel aber ausgeschlossen werden kann. Auch arbeits- oder disziplinarrechtliche Maßnahmen können in der Regel ausgeschlossen werden.
Weitere Informationen sind in der Broschüre "Rechtsfragen bei Erster-Hilfe-Leistung" (weitere DGUV-Medien, Best.Nr. 10167) enthalten, Bezugsquelle siehe Literatur.
Anhang - Gesetzestexte
Auszug aus dem Arbeitsschutzgesetz ( ArbSchG)
§ 10 Erste Hilfe und sonstige Notfallmaßnahmen
Auszug aus dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG - SGB VII)
§ 15 Unfallverhütungsvorschriften
§ 21 Verantwortung des Unternehmers, Mitwirkung der Versicherten
§ 23 Aus- und Fortbildung
Auszug aus der Unfallverhütungsvorschrift Grundsätze der Prävention (BGV/GUV-V A1)
§ 24 Allgemeine Pflichten des Unternehmers
Gesetze, Verordnungen
Bezugsquelle:
Buchhandel und Internet: z.B.
www.gesetze-im-internet.de
Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG)
G. v. 30.10.2008 BGBl. I S. 2130 (Nr. 50), 2010 I S. 252; zuletzt geändert durch Artikel 6a G. v. 05.08.2010 BGBl. I S. 1127; Geltung ab 05.11.2008, abweichend siehe Artikel 13
Gesetz zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie und weiterer Arbeitsschutzrichtlinien vom 7. August 1996, Artikel 1: Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit
(Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG)
BGBl. I S. 1246
Strafgesetzbuch ( StGB)
Vorschriften, Regeln und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
Bezugsquelle:
Bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger, oder unter www.dguv.de/publikationen
Unfallverhütungsvorschriften
"Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1),
Informationen
Anleitung zur Ersten Hilfe (BGI/GUV-I 503)
"Erste Hilfe im Betrieb" (BGI/GUV-I 509)
Aushang: "Ersten Hilfe" (BGI/GUV-I 510-1)
"Verbandbuch" (kartoniert DIN A5) (GUV-I 511-1)
"Erste Hilfe bei erhöhter Einwirkung ionisierender Strahlung" (BGI/GUV-I 668)
"Erste Hilfe an Schulen" (GUV-SI 8065)
"Erste Hilfe in Kindertageseinrichtungen" (GUV-SI 8066)
"Der Sicherheitsbeauftragte" (GUV-I 8503)
"Informationen für die Erste Hilfe bei Einwirken gefährlicher chemischer Stoffe" (GUV-I 8504)
Aufkleber "Erste Hilfe" (10 x 10 cm), (GUV-I 8577)
"Organisation des Arbeitsschutzes" (GUV-I 8631)
Aufkleber "Erste-Hilfe-Schränke"(15 x 6 cm) (GUV-I 8580) - Hinweis auf Eintrag in Verbandbuch nach Rechtsfragen bei Erster-Hilfe-Leistung durch Ersthelfer (weitere DGUV-Medien, Best.Nr. 10167)
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