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Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I

DGUV Information 208-045 - Fördertechnik in Hochregallägern - Störungsbeseitigung in Regalanlagen
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information

(Ausgabe 04/2016aufgehoben)



Zur aktuellen Fassung

Ursachen für Störungen in Hochregallägern

Trotz Konturen- und Qualitätskontrolle kann es beim Einsatz von Regalbediengeräten zu Störungen kommen, weil Paletten nicht ordnungsgemäß aufgenommen und transportiert wurden oder die Last vom Lastaufnahmemittel abgerutscht ist. Zu Störungen kann es auch kommen, wenn sich die Ladung auf den Paletten, z.B. beim Beschleunigen oder Bremsen, verschiebt (siehe Abbildung 1). Dies passiert insbesondere dann, wenn die palettierte Ladeeinheit ungenügend gesichert ist. Störungen treten ebenfalls auf, wenn sich Teile von beschädigten Paletten (siehe Abbildungen 2 und 3) mit Regalteilen verhaken, was zum Absturz der Last in das Regal führen kann. Auch können Beschädigungen an der Palette dazu führen, dass die Last nicht mehr aufgenommen werden kann.

Abb. 1 Verschobene Ladung bei unzureichender Stretchsicherung

In diesen Fällen muss zur Störungsbeseitigung möglicherweise das Lastaufnahmemittel des Regalbediengerätes betreten oder in das Regal eingestiegen werden. Damit dies ohne Gefährdung von Personen erfolgen kann, muss auf der Basis der Betriebsanleitung des Regalbediengerätes ein Konzept zur Störungsbeseitigung erarbeitet werden. Dieses Konzept muss in Form einer Betriebsanweisung den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekannt gemacht werden.

Abb. 2 Defekte Palette

Abb. 3 Abgestürzte Palette im Regal

Diese Informationsschrift soll hierbei helfen. Es wird angesprochen, wie die Ursachen für die Störungen vermieden werden können. Sind diese dennoch aufgetreten, sollen Wege aufgezeigt werden, wie die Störungsstellen sicher erreicht werden können und wie vor Ort vorgegangen werden soll. Ebenso werden Hinweise zur sachgerechten Benutzung persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz gegeben und welche Regeln im Falle eines Auffangens durch die persönliche Schutzausrüstung zu beachten sind.

Sachgerechte Benutzung von persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz

Zur Befestigung persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz ist eine tragfähige und stabile Anschlagmöglichkeit an der Kabine des Regalflurförderzeuges bzw. an den Regalen selbst oder am Gebäude erforderlich (siehe auch "Einsteigen in Regale"). Das Anschlagen kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen, z.B.:

Abb. 4 Sicherung über Kopf an der Regalkonstruktion über Bandschlinge und y-Seil)

Abb. 5 Anschlagpunkt am Regalbediengerät

Abb. 6 Anschlagverbindungselement

Bandschlingen und Anschlagverbindungselemente (Sicherungshaken) werden in verschiedenen Ausführungen angeboten. Die Anschlagpunkte sollten möglichst weit oberhalb der zu sichernden Person angeordnet werden, um große Fallwege sowie ein übermäßiges Pendeln bzw. Umschlagen einer stürzenden Person zu verhindern.

Damit man beim Umsteigen vom Regalbediengerät oder von dessen Lastaufnahmemittel in das Regal nicht ungesichert ist, ist es notwendig, sich mit zwei Sicherungsseilen von einem Anschlagpunkt zum nächsten "vorzuarbeiten". Dies ist z.B. dann erforderlich, wenn Ware von einer beschädigten Palette auf eine Nachbarpalette umgesetzt werden muss. Dazu wird üblicherweise neben der beschädigten eine leere Palette im Regal platziert. Dann steigt eine Person ins Regal ein, um die Ware umzusetzen. Bezüglich der Anwendung und der Auswahl von PSa gegen Absturz siehe DGUV Regel 112-198 "Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz".

Zugang zum Lastaufnahmemittel von Regalbediengeräten

In der Regel ist es möglich, vom Lastaufnahmemittel des Regalbediengerätes aus die Störung zu beseitigen. Der Zugang zum Lastaufnahmemittel ist dabei - je nach Bauart - des Regalbediengerätes auf verschiedene Arten möglich, z.B.:

Abb. 7 Übergang vom Notsteuerstand zum Lastaufnahmemittel des Regalbediengerätes

Abb. 8 Zugang zum Lastaufnahmemittel über Steigleiter mit Steigschutzeinrichtung

Abb. 9 Notsteuerstand auf dem Lastaufnahmemittel

Abb. 10 Absturz zur Gasse hin (aus der Bildebene heraus) konstruktiv verhindert

Idealerweise ist das Lastaufnahmemittel begehbar ausgeführt und mit einer Absturzsicherung zur Regalgasse hin versehen (siehe Abbildungen 10 und 11).

Abb. 11 Lastaufnahmemittel begehbar ausgeführt

Abb. 12 Sichern am Anschlagpunkt im Notsteuerstand vor dem Lösen des Auffanggerätes

Das Öffnen der Tür, um den Steuerstand zu verlassen, bzw. der Aufstieg über die Steigleiter darf nur erfolgen, wenn man gegen Absturz gesichert ist. Vor dem Lösen des Auffanggerätes von der Steigschutzeinrichtung (Schiene, Drahtseil) an der Leiter, um den Steuerstand oder das Lastaufnahmemittel betreten zu können, muss man sich anderweitig sichern, z.B. mittels y-Seil mit Falldämpfer oder mittels Twin-Höhensicherungsgerät. Hierbei sind Anschlagpunkte im Steuerstand oder auf der Lastaufnahmemittelseite zu verwenden (siehe Abbildungen 12 und 13).

Abb. 13 Sichern am Anschlagpunkt auf der Lastaufnahmemittel-Seite vor dem Lösen der Sicherung im Steuerstand

Einsteigen in Regale

Bei der Störungsbeseitigung kann es vorkommen, dass vom Lastaufnahmemittel aus ins Regal eingestiegen werden muss. Um im Regal eine sichere Standfläche zu schaffen, können Aluminiumschienen (Einlegeböden) benutzt werden, die z.B. in der Kabine des Regalbediengerätes mitgeführt und bei Bedarf in das Regal eingelegt werden (siehe Abbildung 14). Die Störungsbeseitigung kann aber auch von einer Leerplatte auf dem benachbarten Lagerplatz aus erfolgen. Hierbei kann es erforderlich sein, sich z.B. über Bandschlingen oder Anschlagverbindungselementen an Teilen des Regals zu sichern, insbesondere dann, wenn zwei Paletten hintereinander eingelagert werden. Beim Anschlagen an Teilen des Regals ist darauf zu achten, dass diese ausreichend stabil sind. An welchen Stellen des Regals ein Anschlagen möglich ist, muss daher im Vorfeld in Abstimmung mit dem Hersteller des Regals geklärt werden. Dabei ist zu beachten, dass bei einem Auffangvorgang eine Kraft von bis zu 6 kN in die Konstruktion eingeleitet werden kann.

Abb. 14 Einlegen der Schiene in das Regal

Zur Störungsbeseitigung in sogenannten Kanallägern, in denen Regalbediengeräte mit Hilfe von Satellitenfahrzeugen mehrere Paletten hintereinander einlagern, können sogenannte "Einfahrwagen" verwendet werden, mit denen eine Person zur Durchführung von Entstörungsarbeiten in das Regal einfährt. Der Einfahrwagen bewegt sich dabei in den Führungsschienen des Satellitenfahrzeuges. Idealerweise wird der Einfahrwagen auf dem Lastaufnahmemittel ständig mitgeführt und kann im Bedarfsfall einfach abgenommen werden (siehe Abbildung 15).

Abb. 15 Einfahrwagen auf dem Lastaufnahmemittel mitgeführt

Abb. 16 Positionieren des Einfahrwagens

Die Störungsbeseitigung kann dann wie folgt durchgeführt werden:

Vor dem Beginn der Arbeiten ist sicherzustellen, dass alle Regalbediengeräte, von denen eine Gefahr während der Störungsbeseitigung ausgehen kann (z.B. Regalbediengeräte bzw. Satelliten aus den Nachbargassen), abgeschaltet und gegen Wiedereinschalten gesichert sind.

Abb. 17 Sichern am Einfahrwagen

Abb. 18 Lösen des Y-Seiles

Abb. 19 Einfahrt in den Kanal

Abb. 20 Aus gesicherter Position heraus - Anschlagen über Kopf

Abb. 21 Mit Höhensicherungsgerät über Kopf gesichert

Betreten von Stichbahnen

Zur Störungsbeseitigung müssen häufig auch die sogenannten Stichbahnen (Schnittstellen zwischen Regalbediengerät und Fördertechnik) betreten werden. Da dort die Paletten vom Regalbediengerät zum Einlagern aufgenommen bzw. nach dem Auslagern abgesetzt werden, besteht an diesen Stellen eine erhöhte Störanfälligkeit (verdrehte Paletten, Folienmaterial ragt in Lichtschranken, verrutschte Ladung). Der Zugang zu den Stichbahnen ist - je nach Konzeption der Anlage - z.B. über das Regalbediengerät oder über Zugangsbühnen an der Stirnseite der Anlage möglich.

Hochgelegene Stichbahnen sind in der Regel ausgeflurt. Dadurch entsteht eine sichere Standfläche, von der aus die Arbeiten leicht durchgeführt werden können. Im Bereich von Stichbahnen müssen Personen sowohl gegen Absturz in die Regalgasse (z.B. durch Rückhaltesystem) als auch gegen Quetsch- und Schergefahren durch das Regalbediengerät bzw. durch den Stetigförderer einschließlich Last geschützt werden (siehe Abbildung 22).

Der Zugang zum Gefahrbereich an der Übergabestelle darf nur im abgeschalteten Zustand des Regalbediengerätes erfolgen.

Abb. 22 Störungsbeseitigung an einer Stichbahn

Rettung von Personen

Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Beschäftigte und andere Personen bei einem Unfall oder bei einem Notfall unverzüglich gerettet und ärztlich versorgt werden können (§ 11 Abs. 2 der Betriebssicherheitsverordnung).

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den oben beschriebenen Tätigkeiten um gefährliche Arbeiten handelt. Wenn z.B. nach einem Sturz eine Person im Auffanggurt hängt, so muss sichergestellt sein, dass dies kurzfristig bemerkt wird. Dies kann z.B. durch das Abstellen einer zweiten Person erfolgen, die denjenigen, der im Einsatz ist, überwacht oder durch den Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen (siehe auch DGUV Regel 112-139 "Einsatz von Personen-Notsignal-Anlagen").

Durch längeres bewegungsloses Hängen kann die Blutzirkulation stark beeinträchtigt werden, sodass eine unverzügliche Rettung notwendig ist, möglichst innerhalb von 20 Minuten. Für die Rettung muss daher ein Konzept erarbeitet werden, in dem die Vorgehensweise genau beschrieben ist (siehe z.B. auch DGUV Regel 112-199 "Retten aus Höhen und Tiefen mit persönlichen Absturzschutzausrüstungen"). Die Rettung muss in regelmäßigen Abständen geübt werden, erforderlichenfalls gemeinsam mit dem Hersteller der Persönlichen Schutzausrüstung (siehe Abbildung 23).

Abb. 23 Nachgestellter Rettungsvorgang

Eignung, Unterweisung und praktische Übungen

Das Beseitigen von Störungen im Hochregallager ist mit vielerlei Gefahren verbunden. Hierzu sollten nur geeignete und unterwiesene Personen eingesetzt werden, die ausdrücklich damit zu beauftragen sind. Damit die Sicherheit gewährleistet ist, müssen die zur Durchführung der mit der Störungsbeseitigung verbundenen Arbeiten regelmäßig geübt werden.

Dies sollte unter Anleitung und Aufsicht einer fachkundigen Person geschehen, die weiß, wie vorzugehen und was zu beachten ist. Ebenso sollte die Eignung der zur Störungsbeseitigung eingesetzten Personen entsprechend der DGUV Information 240-410 "Handlungsanleitung für arbeitsmedizinische Untersuchungen nach dem DGUV Grundsatz G 41 (Arbeiten mit Absturzgefahr)" nachgewiesen werden (hierzu siehe auch DGUV Information 250-010 "Eignungsuntersuchungen in der betrieblichen Praxis").

Im Übrigen sind die für entsprechende Arbeiten in Frage kommenden Personen vor Aufnahme der Tätigkeit in der Anlage und darüber hinaus regelmäßig - mindestens jedoch einmal jährlich - über die besonderen Gefahren bei Arbeiten zur Störungsbeseitigung und die Vorgehensweise zur Abwendung dieser Gefahren zu unterweisen. Dabei sind auch Dinge wie das Rettungskonzept und der Gebrauch der persönlichen Schutzausrüstungen und deren ordnungsgemäße Aufbewahrung sowie das Erkennen von Schäden an der Schutzausrüstung anzusprechen und praktisch zu üben. Wichtige Hinweise hierzu enthalten unter anderem die Betriebsanleitung für das Regalbediengerät und die Gebrauchsanleitungen der persönlichen Schutzausrüstungen.

Weitere Informationen hierzu sind im DGUV Grundsatz 312-001 "Anforderungen an Ausbildende und Ausbildungsstätten zur Durchführung von Unterweisungen mit praktischen Übungen bei Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz und Rettungsausrüstungen" enthalten.

Zusammenfassung

Sind in einer Anlage Störungen aufgetreten, werden in dieser Information Wege aufgezeigt, wie die Störungsstellen sicher erreicht werden können und wie die Personensicherung vor Ort vorgenommen werden sollte. Ebenso werden Hinweise zur sachgerechten Benutzung persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz gegeben und welche Regeln im Falle eines Auffangens durch die persönliche Schutzausrüstung zu beachten sind. Mit der Beachtung der in dieser Information gegebenen Hinweise soll die Störungsbeseitigung in einer Hochregalanlage mit mehr Sicherheit möglich sein.

Rechtsgrundlagen

Gesetze, Verordnungen

Bezugsquelle:
Buchhandel und Internet:
z.B. www.gesetzeim-internet.de

Vorschriften, Regeln und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Bezugsquelle:
Bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger und unter www.dguv.de/publikationen

Regeln

Informationen

Grundsätze


ENDE

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