Für einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk, Bau und Planung

MobF - Mobilfunk-Erlass - Baurechtliche Beurteilung von Mobilfunkanlagen
- Nordrhein-Westfalen -

Vom 10.10.2002
(MBl. NRW. vom 31.01.2003 S. 149; 05.04.2005 S. 435aufgehoben)
Gl.-Nr.: 2311



Der Mobilfunk benötigt neben zentralen Vermittlungsstellen eine Vielzahl von Basisstationen (Sende- und Empfangsanlagen), die wabenförmig über das Bundesgebiet verteilt sind. Die Basisstationen sind in den alten Bundesländern regelmäßig über Kabel miteinander vernetzt. In den verbleibenden Fällen erfolgt die Verbindung über Richtfunkantennen, die in der Regel in unmittelbarer Nähe zur Funkantenne der Basisstation aufgestellt sind. Zentrale Vermittlungsstellen, Basisstationen sowie ggf. Richtfunkantennen sind infrastrukturelle Voraussetzungen für einen Mobilfunkbetrieb.

Nach der Versteigerung der UMTS-Lizenzen (Universal Mobile Telecommunication Systems) ist mit der Errichtung einer Vielzahl neuer Mobilfunkanlagen zu rechnen. Die Lizenznehmer sind dabei verpflichtet, für das Angebot von UMTS-Mobilfunk-Dienstleistungen einen Versorgungsgrad der Bevölkerung von mindestens 25 % bis zum 31.12.2003 und von mindestens 50 % bis zum 31.12.2005 herzustellen. Eine Mehrfachnutzung von Anlagenstandorten ist oftmals technisch möglich.

Die Netzbetreiber haben im Rahmen einer mit den kommunalen Spitzenverbänden am 5. Juli 2001 getroffenen Vereinbarung zugesagt, aufgrund der großen Anzahl von Antennenstandorten - zur Wahrung städtebaulicher Belange - die möglichst optimale Nutzung von vorhandenen und zukünftigen Antennenstandorten anzustreben. Mit dem Ziel Standortentscheidungen soweit rechtlich und tatsächlich möglich, einvernehmlich zu treffen, bieten sie den Kommunen darüber hinaus an, sie über ihre Pläne für den Bau neuer Sendeanlagen in Kenntnis zu setzen. Durch umfassende Information der Bürgerinnen und Bürger kann die erforderliche Transparenz geschaffen werden, um die Akzeptanz der für die Erfüllung des öffentlichen Versorgungsauftrags notwendigen Mobilfunkanlagen zu erhöhen.

1. Verfahren

1.1 Baugenehmigung

Nach § 63 Abs. 1 BauO NRW bedürfen die Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Abbruch baulicher Anlagen - vorbehaltlich der Sonderregelungen der §§ 65 bis 67, 79 und 80 BauO NRW - einer Baugenehmigung. Die Vorschrift des § 65 Abs. 1 Nr. 18 BauO NRW (Genehmigungsfreistellung für Parabolantennenanlagen mit Reflektorschalen bis zu einem Durchmesser von 1,20 m und bis zu einer Höhe von 10 m) bezieht sich nur auf solche Antennenanlagen, die ohne weitere Änderungen oder Nutzungsänderungen des bestehenden Gebäudes für sich funktionsfähig und bestimmungsgemäß nutzbar sind, wie es etwa bei Antennenanlagen für den Fernsehempfang in den bestehenden Aufenthaltsräumen des Gebäudes oder für andere Zwecke, die ohne weiteres in den bestehenden Aufenthaltsräumen ausgeübt werden können (z.B. private Nutzung eines im Wohngebäude wohnenden Funkamateurs), der Fall ist (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 02.07.2002 - 7 B 924/02).

Wird eine Mobilfunkanlage nebst Technikanlagen auf oder an einem Wohngebäude angebracht, handelt es sich dabei um eine baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung des betreffenden Gebäudes. Denn hierdurch wird die Nutzung des Wohngebäudes dahin geändert, dass dieses nunmehr zugleich auch gewerblichen Zwecken, nämlich dem Betrieb einer Sende- und Empfangsanlage für den Mobilfunk, dient. Dabei ist es für die Frage der Genehmigungspflicht einer Mobilfunkanlage in NRW unerheblich, ob der Mobilfunkbetreiber sich für eine sog. "Indoor-Lösung" (technische Einrichtungen werden im Gebäude selbst untergebracht und lediglich die Antennen auf dem Dach) entscheidet, oder ob er eine sog. "Outdoor-Lösung" wählt, bei der alle Elemente auf bzw. an dem Gebäude neu angebracht werden (OVG NRW, Beschl. v. 02.07.2002 - 7 B 924/02).

Wird eine Mobilfunkanlage auf oder an einem bisher bereits gewerblich genutzten Gebäude angebracht, kommt es für die Frage, ob das betreffende Gebäude in rechtlich relevanter Weise geändert oder nutzungsgeändert wird, auf einen Vergleich zwischen der bisherigen und der geänderten Ausgestaltung bzw. Funktion der baulichen Anlage an. Denn nach der Rechtsprechung liegt eine die Genehmigungspflicht auslösende Nutzungsänderung vor, wenn sich die neue Nutzung von der bisherigen dergestalt unterscheidet, dass sie anderen oder weitergehenden Anforderungen bauordnungs- oder bauplanungsrechtlicher Art unterworfen ist oder sein kann (vgl. OVG NRW, Urt. v. 15.08.1995 - 11 a 850/92, BRS 57 Nr. 258; VGH Hessen, Beschl. v. 19.12.2000 - 4 TG 3639/00, NVwZ -RR 2001, 429), z.B.

1.2 Bestehende Mobilfunkanlagen

In der Regel haben die Bauaufsichtsbehörden keinen Anlass, ohne Baugenehmigung errichtete Anlagen zu überprüfen. Ein solcher Anlass kann sich aber z.B. aufgrund von Nachbarbeschwerden ergeben. In einem solchen Fall ist zunächst zu prüfen, ob die bauliche Anlage auch materiell baurechtswidrig ist (vgl. Nrn. 3.3 bis 3.5). Bis zum Abschluss der baurechtlichen Prüfung sollen Anlagen, für die eine Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) vorliegt, geduldet werden.

Wenn Mobilfunkanlagen (auch auf Gebäuden) allgemein zulässig und daher genehmigungsfähig sind (z.B. in Gewerbe- und Industriegebieten), ist ein bauaufsichtliches Einschreiten nicht erforderlich. Bei Anlagen in Wohngebieten ist zu prüfen, ob eine Befreiung oder eine Ausnahme in Betracht kommt (vgl. Nrn. 3.3.1.2, 3.3.1.3 und 3.4.2 Abs. 4).

Wenn das Vorhaben materiell baurechtswidrig ist (weil z.B. eine Befreiung in einem reinen Wohngebiet nicht erteilt werden kann), ist eine Beseitigungsverfügung zu erlassen (unabhängig davon, ob eine Standortbescheinigung vorgelegt wurde).

1.3 Immissionsschutzrechtliche Zulässigkeit

Die Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 15.03.1974 (Bundesgesetzblatt I, S. 721) bzw. der 26. BImSchV (26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über elektromagnetische Felder - vom 16.12.1996, Bundesgesetzblatt I, S. 1966) wird durch die Standortbescheinigung bestätigt. Auf der Grundlage des § 6 der Telekommunikations-Zulassungsverordnung vom 20.08.1997 (Bundesgesetzblatt I, S. 2117) erteilt die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) eine Standortbescheinigung, die die Sicherheitsabstände von Wohn- und Aufenthaltsbereichen unter Anwendung der Grenzwerte der 26.BImSchV festlegt. Die immissionsschutzrechtlichen Aspekte sind nach der Rechtsprechung bei Einhaltung der Grenzwerte der 26.BImSchV abgeklärt (BVerwG, Beschl. v. 09.02.1996, NUR 1996, 513; VGH Kassel, Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 2000, 694; BVerfG, Beschl. v. 28.02.2002 - 1 BvR 1676/01 - NJW 2002, 1638). Für die immissionsschutzrechtliche Überwachung sind die staatlichen Umweltämter zuständig.

2 Bauordnungsrechtliche Zulässigkeit

Mobilfunkmasten müssen Abstandflächen einhalten, soweit von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen (§ 6 Abs. 10 Satz 1 BauO NRW). Nach Nr. 6.10 der VV BauO NRW gehen - unabhängig von ihrer Höhe - von Metallgittermasten mit einer Basisabmessung von nicht mehr als 1,5 m x 1,5 m und Metallrohr- und Betonrundmasten mit einem Basisdurchmesser von nicht mehr als 1 m, auch auf einem Fundament von nicht mehr als 1 m Höhe, keine Wirkungen wie von Gebäuden aus.

Sofern Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen, ergibt sich nach der Rechtsprechung des OVG NRW bei Betonmasten eine kreisrunde Abstandfläche (Beschl. v. 28.02.2001 - 7 B 214/01 -). Bei Gittermasten mit quadratischem Grundriss hält das OVG NRW das Schmalseitenprivileg im Sinne des § 6 Abs. 6 BauO NRW vor zwei Seiten für anwendbar (vgl. Beschl. v. 10.02.1999, - 7 B 974/88 - BauR 1999, 1172), nicht jedoch für runde Betonmasten.

3 Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit

3.1 Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB

Eine bauplanungsrechtliche Beurteilung von Mobilfunkanlagen ist dann erforderlich, wenn es sich um ein Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB handelt. Voraussetzung dafür ist, dass die Anlage ein Mindestmaß an bodenrechtlicher Relevanz aufweist, d.h., die in § 1 Abs. 5 BauGB genannten Belange in einer Weise berührt, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit verbindlich regelnden Bauleitplanung hervorzurufen (BVerwGE 44, S. 59, 61). Für Mobilfunkanlagen sind damit ihre Auswirkungen auf die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 5 Nr. 4 BauGB) sowie auf die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze (§ 1 Abs. 5 Nr. 5 BauGB) von maßgeblicher Bedeutung. Im Hinblick auf mögliche Auswirkungen ist beispielsweise zu berücksichtigen, ob der Standort exponiert oder weniger exponiert ist oder ob die Anlage die städtebauliche Ordnung durch Störung des Ortsbildes beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.12.1992, BauR 2000, 1848). Dass keine Auswirkungen auf die in § 1 Abs. 5 Nr. 1 BauGB genannten gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse vorliegen, kann aus der Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde (s. unten) geschlossen werden.

Die Erscheinungsformen von Sendeanlagen sind vielfältig, wobei städtebauliche Auswirkungen von Mobilfunkanlagen in der Regel durch ihre Größe hervorgerufen werden. Ein unterer Grenzwert ist in der Rechtsprechung bislang noch nicht festgelegt worden. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber bei einer drehbaren Amateurfunkantenne in einer Höhe von 5,5 m mit einem Drehradius von 5,2 m das Vorliegen einer baulichen Anlage ohne nähere Erörterung vorausgesetzt (Beschl. v. 23.06.1993 - 4 B 7/93, in Buchholz 12 § 14 BauNVO Nr. 8). Der VGH Kassel hat eine 7,60 m hohe Sendefunkanlage auf dem Flachdach eines ca. 11 m hohen Gebäudes als städtebaulich relevant angesehen (Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 2000, 694).

Handelt es sich um ein Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB, ist in den Fällen der §§ 31, 33 bis 35 BauGB das gemeindliche Einvernehmen erforderlich (§ 36 Abs. 1 BauGB).

Im Übrigen sind die bauplanungsrechtlichen Anforderungen der §§ 30 ff. BauGB auch bei Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB, die genehmigungsfrei sind, einzuhalten (§ 65 Abs. 4 BauO NRW).

3.2 Gewerbebetrieb i.S.d. BauNVO

Zentrale Vermittlungsstellen, Basisstationen sowie ggf. Richtfunkantennen sind Bestandteile eines gewerblich genutzten Mobilfunknetzes und bauplanungsrechtlich als gewerbliche Nutzung zu beurteilen. Damit stellen Mobilfunkanlagen im System der BauNVO nicht störende Gewerbebetriebe dar.

3.3 Hauptanlage i.S.d. BauNVO

Im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Prüfung ist zu unterscheiden zwischen einer Anlage, die selbständig auf dem Erdboden errichtet wird und einer solchen, die mit einem Gebäude verbunden ist. Eine Mobilfunkanlage, die auf bzw. an einem Gebäude angebracht wird, ist mit dem Gebäude als Hauptanlage zu beurteilen. Denn in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ist bei Nutzungsänderungen ebenso wie bei der Änderung baulicher Anlagen nicht allein die veränderte Nutzung auf ihre städtebauliche Zulässigkeit zu prüfen. Vielmehr ist "das Gebäude mit der beabsichtigten neuen Nutzung in den Blick zu nehmen" (BVerwG, Urt. v. 11.11.1988 in BRS 48 Nr. 58).

3.3.1 Zulässigkeit von Mobilfunkanlagen als Hauptanlagen im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes (§ 30 Abs. 1 BauGB)

Enthält der Bebauungsplan spezifische Festsetzungen für Mobilfunkanlagen, so bestimmt sich deren Zulässigkeit nach den Festsetzungen des Bebauungsplans.

3.3.1.1 Zulässigkeit im besonderen Wohn-, Dorf-, Misch-, Kern-, Gewerbe- und Industriegebiet

Als gewerbliche Nutzung sind Mobilfunkanlagen im besonderen Wohngebiet (§ 4a BauNVO), im Dorfgebiet (§ 5 BauNVO), im Mischgebiet (§ 6 BauNVO), im Kerngebiet (§ 7 BauNVO), im Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO) und im Industriegebiet (§ 9 BauNVO) allgemein zulässig. Das Einvernehmen der Gemeinde ist nicht erforderlich.

3.3.1.2 Zulässigkeit im Kleinsiedlungsgebiet und im allgemeinen Wohngebiet

In Kleinsiedlungsgebieten (§ 2 BauNVO) und allgemeinen Wohngebieten (§ 4 BauNVO) sind Mobilfunkanlagen nur als Ausnahme zulässig. Das gemeindliche Einvernehmen ist erforderlich.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Erteilung der Ausnahme sind die städtebaulichen Erfordernisse, wie z.B. die Einpassung der Anlage in die Gebietsstruktur und die Vermeidung einer Beeinträchtigung des Ortsbildes (vgl. die Vereinbarung mit den Kommunalen Spitzenverbänden v. 5. Juli 2001) zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen sind auch die Erfordernisse einer flächendeckenden Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen (Art. 87f Abs. 1 GG) als Belang des Fernmeldewesens i.S.d. § 1 Abs. 5 Nr. 8 BauGB. Insofern ist zu prüfen, ob der Netzbetreiber zur Schließung von Versorgungslücken auf einen Standort im Kleinsiedlungs- bzw. allgemeinen Wohngebiet angewiesen ist.

3.3.1.3 Zulässigkeit im reinen Wohngebiet

Eine Mobilfunkanlage ist im reinen Wohngebiet (§ 3 BauNVO) nur unter den Voraussetzungen einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB genehmigungsfähig. Wenn der Netzbetreiber auf ein bestimmtes Grundstück aus funkwellentechnischen Gründen angewiesen ist, kommt der Befreiungstatbestand des § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB in Betracht. Eine Befreiung kann danach zugelassen werden, wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit sie erfordern. Hiervon kann jedoch in der Regel nur ausgegangen werden, wenn es vernünftigerweise geboten ist, mit Hilfe der Befreiung das Vorhaben an der vorgesehenen Stelle zu verwirklichen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, wobei es auch auf - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Fragen der Zumutbarkeit und Wirtschaftlichkeit ankommen kann (vgl. BVerwG; Urt. v. 09.06.1978, BVerwGE 56, 71). Erforderlich ist, dass der Netzbetreiber entsprechende Unterlagen vorlegt, aus denen sich die Erforderlichkeit des betreffenden Standorts ergibt.

Darüber hinaus ist eine Würdigung der betroffenen Nachbarinteressen erforderlich.

3.3.2 Zulässigkeit von Mobilfunkanlagen als Hauptanlagen im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB

3.3.2.1 gemäß § 34 Abs. 1 BauGB

Mobilfunkanlagen sind zulässig, wenn sie sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücke, die überbaut werden sollen, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen und die Erschließung gesichert ist. Hinsichtlich des Merkmales "Einfügen" gelten die für § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen allgemeinen Grundsätze. Das Gebot der Rücksichtnahme ist zu beachten. Das Einvernehmen der Gemeinde muss eingeholt werden. Die Gemeinde darf ihr Einvernehmen nur aus den maßgeblichen planungsrechtlichen Gründen verweigern (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Ein Ermessensspielraum der Gemeinde besteht daher bei diesen gebundenen Zulässigkeitstatbeständen nicht.

3.3.2.2 gemäß § 34 Abs. 2 BauGB

Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung, richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach den Vorschriften zu den einzelnen Baugebieten (§§ 2 bis 11 BauNVO).

3.4 Nebenanlage i.S.d. BauNVO

3.4.1. Nebenanlage i.S.d. § 14 Abs. 1 BauNVO

Handelt es sich um eine selbständige, d.h. mit dem Erdboden verbundene Anlage, kann es sich um eine Nebenanlage i.S.d. BauNVO handeln. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 01.11.1999, BauR 2000, 703 ff.) liegt bei einer Mobilfunkanlage der für eine Nebenanlage im Sinne des § 14 Abs. 1 BauNVO erforderliche Funktionszusammenhang ("funktionale Zu- oder Unterordnung") vor, wenn die Anlage ausschließlich der Versorgung des betreffenden Baugebiets dient. Der Nachweis ist vom Netzbetreiber durch eine graphische Darstellung des Versorgungsgebietes (Plot) zu erbringen. Der Umstand, dass sie - was bei Telefongesprächen die Regel ist - die Verbindung zu Fernsprechteilnehmern auch außerhalb der Baugebiete ermöglicht, stellt ihre Funktion als Nebenanlage nicht in Frage. Darüber hinaus muss sich die Anlage auch größenmäßig unterordnen. Für die maximal zulässige Größe als Nebenanlage gibt § 14 BauNVO keine eindeutigen Vorgaben. Grenzen können sich aber ergeben aus der Größe der Baugrundstücke und den Maßfestsetzungen nach den §§ 16 ff. BauNVO. Der VGH Bayern (Beschl. v. 08.07.1997, NVwZ 1998) hat inseiner Entscheidung im Hinblick auf die Gesamtheit der städtischen Baugebiete als auch auf das konkrete Mischgebiet, in dem die Anlage errichtet wurde, einen Antennenträger von 50 m Höhe noch als optisch untergeordnet angesehen, weil die Höhe des Trägers fernmeldetechnisch bedingt und daher nicht ungewöhnlich sei. Das OVG NRW (Urt. v. 14.03.1991, NVwZ 1992, 497) hat bei einem 90 m hohen Fernmeldeturm die größenmäßige Unterordnung im Hinblick auf die Größe der Häuser in der Umgebung verneint.

Mobilfunkanlagen als Nebenanlagen i.S.d. § 14 BauNVO können - vorbehaltlich bauordnungsrechtlicher Vorschriften - auch außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen errichtet werden, sofern der Bebauungsplan keine abweichenden Festsetzungen enthält, § 23 Abs. 5 BauNVO.

3.4.2 Nebenanlage i.S.v. § 14 Abs. 2 BauNVO

Soweit Mobilfunksendeanlagen einen baugebietsübergreifenden Sendebereich haben (Regelfall), können sie Nebenanlagen im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO sein (vgl. VGH Bayern, Beschl. v. 08.07.1997, NVwZ 1998, S. 419, a.A. VGH Hessen, Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 2000, 694). Denn Absatz 2 soll generell die Unterbringung bestimmter Nebenanlagen in allen Baugebieten ermöglichen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie für das konkrete Baugebiet keine oder nur begrenzte Aufgaben erfüllen oder umgekehrt eine Vollversorgung gewährleisten. Der Begriff "Nebenanlage" ist bei Mobilfunkanlagen so zu verstehen, dass diese Anlagen grundsätzlich dezentraler, untergeordneter Bestandteil eines übergreifenden Versorgungssystems sind.

Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 BauNVO setzt ebenfalls eine räumlich-gegenständliche Unterordnung voraus (vgl. hierzu Nr. 3.4.1).

Da Mobilfunkanlagen im besonderen Wohn-, Dorf-, Misch-, Kern-, Gewerbe- und Industriegebiet sogar als gewerbliche Hauptanlagen allgemein zulässig sind, muss dies erst recht für Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 2 BauNVO gelten. Nach Sinn und Zweck soll § 14 BauNVO die Zulässigkeit von Nebenanlagen gegenüber Hauptanlagen nicht einschränken, sondern insbesondere bei Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO eine zusätzliche Genehmigungsmöglichkeit schaffen.

In reinen und allgemeinen Wohngebieten sowie in Kleinsiedlungsgebieten können Nebenanlagen i.S.d. § 14 Abs. 2 BauNVO nur als Ausnahme im Einvernehmen mit der Gemeinde zugelassen werden (vgl. Nr. 3.3.1.2).

Mobilfunkanlagen als Nebenanlagen können - vorbehaltlich bauordnungsrechtlicher Vorschriften - auch außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen errichtet werden, sofern der Bebauungsplan keine abweichenden Festsetzungen enthält.

3.5 Mobilfunkanlagen im Außenbereich (§ 35 BauGB)

Die Errichtung von Mobilfunkanlagen im Außenbereich ist gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB bauplanungsrechtlich privilegiert. Es kann dahinstehen, ob die Anlage als Vorhaben der Telekommunikation (erste Alternative) oder aber als Bestandteil eines ortsgebundenen gewerblichen Betriebes (zweite Alternative) beurteilt wird. Die planungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen bei beiden Alternativen sind identisch, insbesondere muss für beide Arten von Anlagen Ortsgebundenheit vorliegen (BVerwG, Urt. v. 21.01.1977, DVBl. 1977, 526). Sofern nur durch den gewählten Standort eines vollständige Abdeckung des betroffenen Gebiets (= Sicherstellung des Versorgungsauftrags) erreicht werden kann, ist der spezifische Standortbezug in der Regel zu bejahen, "wobei allerdings eine kleinliche Prüfung nicht angebracht ist" (VGH B.-W., Urt. v. 28.04.1998 - 8 S 2713/97 - BRS 60 Nr. 135). Auch hier ist das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich, darf allerdings nur aus den in § 35 BauGB genannten planungsrechtlichen Gründen versagt werden. Soweit im Flächennutzungsplan hierfür durch Darstellungen eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist und über Erläuterungsbericht andere Standorte ausgeschlossen worden sind, sind die Anlagen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur innerhalb der Ausweisungen zulässig. Dies setzt voraus, dass die entsprechenden Darstellungen im Flächennutzungsplans unter Berücksichtigung der technischen Restriktionen eines Mobilfunknetzes und der Versorgungsaufgabe der Betreiber erfolgt sind (siehe auch Nr. 4.1).

3.6 Einvernehmen der Gemeinde

In den Fällen, in denen das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich ist, darf dieses nur aus den Gründen der Vorschrift versagt werden, nach der sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Anlage beurteilt (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Durch das kommunalaufsichtliche Verfahren nach den §§ 119 und 120 Gemeindeordnung NRW ist gewährleistet, dass rechtswidrige Entscheidungen der Gemeinde beanstandet, aufgehoben und ggf. ersetzt werden können.

3.7 Belange von Natur und Landschaft sowie des Waldes

Hinsichtlich der Beachtung der Belange von Natur und Landschaft sowie des Waldes wird auf die Abschnitte 3 und 4 des Einführungserlasses zum Bau- und Raumordnungsgesetz verwiesen (Gem. RdErl. v. 03.03.1998 - SMBl. NRW 2311). Bei privilegierten Vorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB ist im Rahmen einer naturschutzrechtlichen Abwägung gem. § 4 Abs. 5 LG zu berücksichtigen, dass das Baugesetzbuch diesen Vorhaben dort eine besondere Rangstellung einräumt.

4 Planerische Steuerung von Mobilfunkanlagen

4.1 Flächennutzungsplan

Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB können die Gemeinden im Flächennutzungsplan Konzentrationsflächen für Mobilfunkanlagen - analog zur Steuerung der Windenergieanlagen - darstellen. Dabei sind nach § 1 Abs. 5 Nr. 8 BauGB u. a. die Belange des Post- und Fernmeldewesens zu berücksichtigen und in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einzubeziehen. Eine Mobilfunkabdeckung gehört heute zur grundlegenden Infrastrukturausstattung des Gemeindegebietes. Die Flächen sind daher so zu legen, dass eine Netzabdeckung gewährleistet ist und die Mobilfunkbetreiber ihren Versorgungsauftrag erfüllen können.

4.2 Bebauungsplan

Im Rahmen von Bebauungsplänen können die Gemeinden die Zulässigkeit von Mobilfunkanlagen regeln sowie die einzelnen Standorte für Mobilfunkanlagen festsetzen. Soweit Mobilfunkanlagen in den Baugebieten nach der Baunutzungsverordnung allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind, kann über Festsetzungen nach § 1 BauNVO (planerische Feinsteuerung) die Zulässigkeit geändert werden. Dabei sind die jeweiligen Voraussetzungen (Wahrung der Zweckbestimmung des Baugebiets, ggf. Rechtfertigung durch besondere städtebauliche Gründe) zu beachten. Die planerische Feinsteuerung unterliegt den in Nr. 4.1 dargestellten rechtlichen Anforderungen, d. h. im Rahmen der Abwägung sind die Belange des Post- und Fernmeldewesens zu berücksichtigen und eine flächendeckende Versorgung ist sicherzustellen.

4.3 Gestaltungssatzungen

Nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 BauO NRW können Gemeinden durch Satzung die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zur Durchführung baugestalterischer Absichten erlassen. Die Ermächtigung bezieht sich grundsätzlich auf das "Wie" der baulichen Anlage, nicht auf das "Ob". Ein genereller Ausschluss auf der Grundlage einer Gestaltungssatzung im Sinne von § 86 BauO NRW scheidet daher aus. Unter Berücksichtigung der konkreten Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebietes kommt in Betracht, Mobilfunkanlagen hinsichtlich Zahl, Größe und Anbringungsart zu beschränken. Mittels Gestaltungssatzungen können Betreiber nicht gezwungen werden, ihre Antennen auf denselben Masten zu errichten.

ENDE

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 19.12.2023)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion