umwelt-online: Mittelspannungsrichtlinie 2008 - Technische Richtlinie Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz (3)

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B Erläuterungen

B.1 Zu Kapitel 2.3 Zulässige Spannungsänderung

Bei nur einem Verknüpfungspunkt lässt sich die ergebende Spannungsänderung am einfachsten mit Hilfe des Kurzschluss-Leistungs-Verhältnisses kkl abschätzen:

kkl = SkV / ∑ SAmax ( B.1-1)

wobei SkV die Netzkurzschlussleistung am Verknüpfungspunkt ist und ∑ SAmax die Summe der maximalen Scheinleistungen aller an diesem Verknüpfungspunkt angeschlossenen und/oder geplanten Erzeugungsanlagen.

Im Fall eines einzigen Verknüpfungspunktes in einem Netz wird die Bedingung für die Spannungsänderung immer eingehalten, wenn das Kurzschluss-Leistungs-Verhältnis nachstehenden Grenzwert nicht unterschreitet:

kkl> 50 ( B.1-2)

Wenn die Netzimpedanz stark induktiv ist, fällt die Abschätzung mit Hilfe des Faktors kkl zu konservativ aus, d. h. die Einspeisescheinleistung wird stärker begrenzt, als es zur Einhaltung der Spannungsänderung erforderlich ist. In einem solchen Fall sollte eine Rechnung auf der Basis der komplexen Netzimpedanz mit ihrem Phasenwinkel ψkV durchgeführt werden, die ein wesentlich genaueres Ergebnis als die Rechnung mit Hilfe der Leistungen allein liefert, allerdings auch immer noch eine Näherung darstellt.

Δ uaV = [SAmax * cos (ψkV + Φ )] / SkV ( B.1-3)

wobei cp der Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung der Erzeugungsanlage bei der maximalen Scheinleistung SAmax ist. Ergibt sich für den cos (ψkV +(p) ein Wert kleiner als 0,1,

so sollte er zur Berücksichtigung der in dieser Rechnung enthaltenen Unsicherheiten mit 0,1 abgeschätzt werden. Zur Festlegung des Vorzeichens für den Phasenwinkel wird auf die Erläuterung zum Zählpfeilsystem in Anhang B.5 verwiesen. Im Fall von Windenergieanlagen gibt die Erläuterung in Anhang B.1.1 nähere Hinweise.

Nach dem in der Richtlinie angewendeten Verbraucherzählpfeilsystem ist der Phasenwinkel Φ der Erzeugungsanlage bei Wirkleistungseinspeisung (-P) bei Bezug induktiver Blindleistung mit positivem und bei Bezug kapazitiver Blindleistung mit negativem Vorzeichen einzusetzen. Die Netzimpedanz mit dem dazugehörigen Netzimpedanzwinkel ψkV wird dabei stets als induktiv vorausgesetzt.

Die Toleranzen der Betriebsspannung im Niederspannungsnetz sind in den Normen DIN IEC 60038 und EN 50160 zwingend vorgeschrieben. Die Nennspannung beträgt europaweit 400 V zwischen den Außenleitern entsprechend 230 V zwischen dem Außen- und Neutralleiter oder Erde. Die Toleranzgrenze der Betriebsspannung beträgt ± 10 % Un.

Eine Erweiterung des zulässigen Bereiches des Verschiebungsfaktors cos Φ kann in Zusammenarbeit mit dem Netzbetreiber unter Berücksichtigung folgender Randbedingungen festgelegt werden:

Die zulässige positive Spannungsänderung ergibt sich aus der Differenz der positiven Toleranz der Niederspannung von 230 V +10 % und der höchsten ermittelten Spannung im Niederspannungsnetz (in der Regel bei Schwachlast, evtl. mit Einspeisung).

Die zulässige negative Spannungsänderung ergibt sich aus der Differenz der negativen Toleranz der Niederspannung von 230 V - 10 % und der niedrigsten ermittelten Spannung im Niederspannungsnetz (in der Regel bei Starklast, evtl. ohne Einspeisung).

Abhängig von der Höhe der Erzeugungsleistung ergibt sich daraus der einstellbare Bereich für den Verschiebungsfaktor.

Die im Niederspannungsnetz vorhandenen Spannungsverhältnisse sind in Bild B.1 schematisch dargestellt. Bei Starklast wird dem am weitesten entfernten Verbraucher die niedrigste Betriebsspannung zur Verfügung gestellt. Sie ist aufgrund der Spannungsfälle auf den Leitungen umso niedriger, je weiter der Verbraucher von dem Umspannwerk entfernt ist. Bei Schwachlast entfallen diese Spannungsfälle und die Betriebsspannung ist im gesamten Netz weitgehend konstant.

Der Netzbetreiber wird bemüht sein, die Betriebsspannung des Mittelspannungsnetzes und die Stufenstellung der Netztransformatoren so zu wählen, dass die Betriebsspannung der am weitesten entfernten Kundenanlage noch oberhalb der unteren Toleranzgrenze liegt und die Mehrzahl der näher an dem Umspannwerk liegenden Kundenanlagen eine nicht zu weit oberhalb der Nennspannung liegende Betriebsspannung erfährt.

Bild B.1: Schematische Darstellung der Spannungsverhältnisse für den Verbraucher im Niederspannungsnetz

Un NS: Nennspannung des Niederspannungsnetzes (400 V: Leiter-Leiter; entsprechend 230 V Leiter-Neutral)

Hinzu kommt, dass die Regelung der Netztransformatoren in Stufen erfolgt und die Mittelspannung an der Sammelschiene innerhalb einer Stufung (in der Regel zwischen 1 % und 1,5 %) schwanken kann. Es ergibt sich somit der in Bild B.1 gezeigte schattierte Bereich, in dem die Betriebsspannung der angeschlossenen Verbraucher abhängig von Last und Ort liegen kann.

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