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Strahlen

Srahlenschutz des Patienten bei CT-Untersuchungen des Schädels (Gantrykippung)
- Empfehlung der Strahlenschutzkommission -

Vom 14. April 2011
(BAnz. Nr. 168 vom 09.11.2011 S. 3947)



1 Einleitung

Bisher wurden Katarakte der Augenlinse als deterministisches Strahlenrisiko mit einer angenommenen Schwellendosis von ca. 2 Gy bei kurzzeitiger Strahlenexposition angesehen. Dies schlägt sich in einem Grenzwert von 150 mSv/a bei beruflicher Exposition nieder.

Neue Erkenntnisse (SSK 2009) lassen jedoch vermuten, dass, wenn überhaupt, eine deutlich geringere Schwellendosis anzunehmen ist und ein Risiko für Kataraktbildung bereits unter 100 mSv besteht. Aus diesem Grund muss der Augenlinse als Organ mit hoher Strahlenempfindlichkeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. In den Leitlinien der Bundesärztekammer (BÄK 2007) wird der Strahlenschutz der Augenlinse durch Gantrykippung und angepassten Scanbereich gefordert: "Wenn immer möglich, sollten unmittelbar benachbarte strahlenempfindliche Organe, z.B. Augenlinsen bei einem CCT, nicht direkt bestrahlt werden. Bei Spiralscans ist die Verlängerung des Scanbereichs ("Overranging") mit einzurechnen, insbesondere bei Mehrschichtgeräten mit 16 und mehr gleichzeitig erfassten Schichten. Fehlende Kippmöglichkeit der Gantry mancher Geräte beim CCT ist zu berücksichtigen, was durch leichte Kopfbeugung kompensiert werden kann." (BÄK 2007).

Dieser Punkt der Leitlinien der BÄK wird von den ärztlichen Stellen der Bundesländer im Rahmen der Qualitätssicherung regelmäßig überprüft ( § 17 RöV).

2 Hintergrund

Die CT-Untersuchung des Gehirnschädels (craniale Computertomographie (CCT)) stellt in den meisten Kliniken/Praxen die am häufigsten durchgeführte Schnittbilddiagnostik dar. Als primäres Untersuchungsverfahren bei cerebralen Notfällen (z.B. Hirndruck, Trauma, Ischämie, Blutung) liegt ihr Anteil an allen CT-Untersuchungen je nach Versorgungsschwerpunkt der Röntgeneinrichtung zwischen 30 % und 80 %. Mit lokalen Gewebedosen von ca. 50 mGy (diagnostischer Referenzwert CTDIVol = 65 mGy (BfS 2010)) ist sie zugleich die CT-Untersuchung mit den höchsten lokalen Dosen.

Durch die Entwicklung neuer Multizeilen-Spiral-CT-Scanner mit breiten Detektor-Arrays liegt die Augenlinse durch Overranging und Overbeaming zunehmend im Bereich der direkten Strahlenexposition. Einige neue CT-Scanner (z.B. Dual-Source-Scanner, Scanner mit Zeilenzahl > 200, PET-CT) bieten keine Möglichkeit mehr, die Gantry zu kippen.

Während die Exposition der Linse im angrenzenden Streustrahlungsbereich etwa 10 % im Vergleich zur Exposition im Scanbereich beträgt, führen Schutzmaßnahmen, wie aufgelegte Protektoren oder eine partielle ventrale Strahlaustastung, nur zu einer Dosisreduktion von ca. 50 % (Keil et al. 2008).

Hochkontrast-CT-Untersuchungen, die unter Einschluss der Orbita durchgeführt werden, wie z.B. CT der Nasennebenhöhlen bei Sinusitis, werden mit deutlich niedrigeren Dosiswerten durchgeführt (diagnostischer Referenzwert CTDIVol = 9 mGy (BfS 2010)).

Zu bedenken ist weiterhin, dass Navigationssysteme beim Einsatz von Linsen-Protektoren mit dem CT-Datensatz auf Grund der Bildartefakte im Nahfeld der Protektoren nicht arbeiten können. Die Oberfläche der Haut kann nicht korrekt erkannt werden. Als Folge wird teilweise eine zusätzliche CT-Untersuchung für die intraoperative Navigation angefertigt.

3 Empfehlungen

Die Strahlenschutzkommission empfiehlt den Anwendern von CT-Untersuchungen:

  1. Untersuchungen des Gehirnschädels sollten gemäß den Leitlinien der BÄK immer mit gekippter Gantry oder durch eine entsprechende Kopflagerung so durchgeführt werden, dass die Linse nicht primär exponiert wird.
  2. Bei Verfügbarkeit mehrerer CT-Scanner sollte organisatorisch geregelt sein, dass Untersuchungen des Gehirnschädels an Geräten mit verfügbarer Gantry-Kippung durchgeführt werden.
  3. Durch eine Minimierung des Overranging mittels angepasster Reduktion von Kollimation und Pitch unter Beibehaltung des mAs-Produktes sollte die Dosis der Augenlinse bei Spiral-Technik reduziert werden.
  4. Insbesondere bei Geräten, die das Overranging nicht minimieren können, sollte geprüft werden, ob Scan-Protokolle ohne Spiraltechnik (sequentielle Schichten) eingesetzt werden können.
  5. Das Bedienpersonal des CT soll die Patienten bei Schädeluntersuchungen auffordern, während des Scans zu den Füßen zu schauen (Abstand der Linse zum Scanbereich).
  6. Lässt es sich nicht vermeiden, dass die Augenlinsen im Scanbereich liegen, sollte durch aufgelegte Protektoren und/oder durch ventrale Strahlaustastung bzw. durch andere geeignete Maßnahmen, die einen gleichwertigen Schutz der Augenlinse gewährleisten, die Linsenexposition reduziert werden.
  7. Das Bedienpersonal des CT muss nachweislich in die Maßnahmen zur Reduktion der Strahlenexposition der Augenlinsen eingewiesen sein. Insbesondere die Bedeutung von Overranging / Overbeaming und diesbezüglich mögliche Dosisreduktionsmaßnahmen müssen vermittelt werden.
  8. Zum Erreichen der o.g. Maßnahmen müssen die speziellen Schutzmaßnahmen der Augenlinse in die existierenden Arbeitsanweisungen aufgenommen werden.

Die Strahlenschutzkommission empfiehlt den Herstellern von CT-Geräten:

  1. Es sollen technische Möglichkeiten zur Vermeidung des Overranging zur Verfügung gestellt werden.
  2. Spiral-CT-Scanner sollen zusätzlich zum Scanbereich den exponierten Bereich inklusive Overranging und Overbeaming anzeigen.

Literatur

BÄK 2007 Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Computertomographie, gemäß Beschluss des Vorstandes der Bundesärztekammer vom 23. November 2007, http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/LeitCT2007Korr-1.pdf
BfS 2010 Bundesamt für Strahlenschutz (BfS): Bekanntmachung der aktualisierten diagnostischen Referenzwerte für diagnostische und interventionelle Röntgenuntersuchungen vom 22. Juni 2010, http://www.bfs.de/de/ion/medizin/referenzwerte02.pdf
Keil et al. 2008

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