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Zusammenhangswahrscheinlichkeit für strahlenbedingte Krebs- und Leukämieerkrankungen
Empfehlung der Strahlenschutzkommission
Vom 24. September 2015
(BAnz AT 26.11.2015 B3)
Verabschiedet in der 275. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 21. April 2015
1 Ausgangslage
Der Zusammenhang zwischen der Einwirkung ionisierender Strahlung und der Erkrankung an Krebs oder Leukämie ist durch zahlreiche epidemiologische Studien belegt. Durch ionisierende Strahlung induzierte Krebserkrankungen lassen sich allerdings bisher weder im klinischen Erscheinungsbild noch in histologischen, zytologischen oder molekularen Parametern von spontanen Erkrankungen unterscheiden. Strahlenbedingte zusätzliche Krebshäufigkeiten wurden daher nur mit statistischen Methoden an relativ großen Personengruppen festgestellt. Die Abschätzung im Einzelfall ist schwierig und kann nur unter Zugrundelegung der persönlichen Daten (Dauer und Höhe der Strahleneinwirkung, Alter bei Exposition, Alter bei der Diagnose) mit Hilfe statistischer Methoden vorgenommen werden. Dieses Verfahren spielt z.B. im Berufskrankheitenrecht eine große Rolle. Einzelheiten für die Fälle ionisierender Strahlung sind in der wissenschaftlichen Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen" (BMAS 2011) geregelt. Dort wird festgelegt, dass "der positive Wahrscheinlichkeitsbeweis der Verursachung bei alleiniger beruflicher Exposition gegenüber ionisierender Strahlung in der Regel vorliegt, wenn die Zusammenhangswahrscheinlichkeit > 50 % beträgt." Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die Beurteilung der Strahleneinwirkung gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit einem Strahlenbiologen/-physiker/-epidemiologen erfolgen solle.
Die SSK hat sich mehrmals mit der angesprochenen Fragestellung befasst. In einer Stellungnahme vom 22. Juni 1995 (SSK 1995) empfahl sie, zur Vereinheitlichung der gutachterlichen Tätigkeit auf die von der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung erstellten "Strahlenepidemiologischen Tabellen" (Chmelevsky et al. 1995) zurückzugreifen. Sie beruhten vor allem auf den zur damaligen Zeit verfügbaren Mortalitätsdaten der Atombombenüberlebenden von Hiroshima und Nagasaki. In der Zwischenzeit hat sich die Situation verändert. Es liegen nun Erhebungen über die Inzidenz von Krebserkrankungen und Leukämien bei den Atombombenüberlebenden von Hiroshima und Nagasaki vor. In den USa wurde ein interaktives Programm zur Ermittlung der Verursachungswahrscheinlichkeit entwickelt, das im Internet zur Verfügung steht (NIOSH-IREP 2015). Es ist allerdings auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten und kann wegen unterschiedlicher Krebsinzidenzraten nicht ohne Weiteres auf die deutsche Situation übertragen werden. Aus diesem Grunde regte die SSK im Jahr 2006 eine grundlegende Überarbeitung der Tabellen (SSK 2006) an, wobei sie unter anderem im Einzelnen empfahl:
(3) Bei der Neufassung der Tabellen ist von den an der RERF 1 bzw. am NCI 2 erarbeiteten Analysen der Inzidenzdaten der Atombombenüberlebenden auszugehen, soweit sich nicht im Rahmen anderer Forschungsarbeiten zeigt, dass diese Analysen nicht adäquat sind.
(4) Im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsauftrags sollen mögliche Vorgehensweisen zur Lösung zentraler Einzelfragen ausgearbeitet und der SSK zur Entscheidung vorgestellt werden. Dies betrifft insbesondere
In der Zwischenzeit wurde mit Hilfe von Forschungsvorhaben und in Zusammenarbeit mit amerikanischen Arbeitsgruppen sowie dem Robert-Koch-Institut ein interaktives Programm ProZES (Programm zur Berechnung der Zusammenhangswahrscheinlichkeit einer Erkrankung und einer Strahlenexposition) entwickelt, das die meisten Tumorentitäten abdeckt und die deutschen Verhältnisse berücksichtigt.
Im Verlauf der Arbeiten zeigte sich, dass dem Unterschied zwischen "Verursachungswahrscheinlichkeit" und "Zusammenhangswahrscheinlichkeit" noch weitere Aufmerksamkeit zu widmen ist. In der zitierten wissenschaftlichen Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 wird durchweg von der Zusammenhangswahrscheinlichkeit ausgegangen, die dort als "Wahrscheinlichkeit für die Verursachung oder Beschleunigung der Entstehung" (BMAS 2011) definiert ist. Sie ist nicht allein durch die Analyse epidemiologischer Daten ermittelbar, sondern erfordert darüber hinaus Abschätzungen mit Hilfe von Modellrechnungen. Inwieweit die Unterschiede zwischen Verursachungs- und Zusammenhangswahrscheinlichkeit in der Praxis eine Rolle spielen, ist derzeit unklar und sollte daher unter der Annahme realistischer Szenarien untersucht werden.
Das nun vorliegende Programm basiert auf den derzeit verfügbaren Inzidenzdaten für die japanischen Atombombenüberlebenden. In der Zwischenzeit ist eine neue vervollständigte Datenerhebung durchgeführt worden, die jedoch noch nicht zur Verfügung steht. Diese neuen Daten sollten in das vorhandene Programm eingearbeitet werden, sobald sie zugänglich sind.
Es ist geplant, nach Abschluss der Programmentwicklung das Ergebnis öffentlich zugänglich zu machen.
In dieser Empfehlung macht die SSK Vorschläge zum weiteren Vorgehen nach Beendigung der Programmentwicklung.
2 Empfehlungen
Die SSK empfiehlt,
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