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Regelwerk, Strahlenschutz

Lungenkrebsrisiko durch Radonexpositionen in Wohnungen
- Stellungnahme der Strahlenschutzkommission -

Vom 12. Mai 2005
(BAnz. Nr. 118 vom 28.06.2005 S. 9737)


Verabschiedet in der 199. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 21./22. April 2005

1 Entwicklung des Wissensstandes

Ausgangspunkt des Wissens um das Lungenkrebsrisiko durch Radon waren Erkenntnisse über ein erhöhtes Risiko im Uranbergbau. Diese wurden zunächst rechnerisch auf die Exposition in Wohnungen übertragen (National Research Council 1999). Es folgte eine größere Zahl von Studien, die das radonbedingte Risiko in Wohnungen direkt untersuchten, von denen aber viele wegen ihrer zu geringen statistischen Teststärke (power) nicht aussagekräftig waren. Mit Fertigstellung der umfangreichen deutschen Radonstudien war eine Aussage zur Situation in Deutschland möglich (Wichmann et al. 1998, 1999, 2005; Kreienbrock et al. 2001; Kreuzer et al. 2003). Mittlerweile liegt die europäische Pooling-Studie vor, die wegen ihrer Größe genauere Risikoabschätzungen zulässt und daher für die Bewertung besonders wichtig ist (Darby et al. 2005a, b; Kreuzer 2005). Schließlich wurden die Ergebnisse der nordamerikanischen Pooling-Studie veröffentlicht (Krewski et al. 2005) .

Die Strahlenschutzkommission (SSK) hat sich in der Vergangenheit in mehreren Empfehlungen und Stellungnahmen zum Thema Radon geäußert. Die Empfehlung "Strahlenschutzgrundsätze zur Begrenzung der Strahlenexposition der Bevölkerung durch Radon und seine Zerfallsprodukte" (SSK 1991) basierte auf Messungen der Häufigkeitsverteilung der Radonkonzentration in der Raumluft von Wohnungen in der Bundesrepublik Deutschland, auf ersten Ergebnissen von Bergarbeiterstudien und auf zwei Empfehlungen der internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP). Die SSK empfahl "... Sanierungsmaßnahmen bei existierenden Häusern ..., wenn der langzeitige Mittelwert der Radon-Konzentration im Wohn- und Aufenthaltsbereich oberhalb von 250 Bq/m3 liegt. Für zukünftige Häuser sollte durch geeignete Planung gewährleistet werden, dass dieser Wert nicht überschritten wird."

Der Empfehlung "Strahlenschutzgrundsätze zur Begrenzung der Strahlenexposition durch Radon und seine Zerfallprodukte in Gebäuden" (SSK 1994) lagen verbesserte Auswertungen von Bergarbeiterstudien, eine erste Studie zum Lungenkrebsrisiko durch Radon in Wohnräumen und eine neue Empfehlung der ICRP zugrunde. Während die Bergarbeiterstudien einen eindeutigen Zusammenhang von Lungenkrebsmortalität und Radonexposition ergaben, konnte ein solcher Zusammenhang für Radonexpositionen in Wohnräumen noch nicht eindeutig nachgewiesen werden. Die SSK stellte fest: "Die Beobachtungen an Bergleuten, die erhöhten Radon-Konzentrationen ausgesetzt waren, sind mit der Annahme vereinbar, dass die Erhöhung der Lungenkrebsrate der Radonexposition proportional ist, und dass es keinen Schwellenwert der Radon-Konzentration gibt, unterhalb dessen kein zusätzliches Risiko für Lungenkrebs existiert." Die SSK empfahl: 250 Bq/m3 gilt wie bisher als oberes Ende des Normalbereiches der Radon-Konzentration in Wohngebäuden. Bei Werten im Normalbereich werden Maßnahmen als nicht notwendig erachtet."

Die Stellungnahme "Epidemiologische Untersuchungen zum Lungenkrebsrisiko nach Exposition gegenüber Radon" (SSK 2002) beruhte auf Ergebnissen von 11 Kohortenstudien von Bergarbeitern und 13 Fall-Kontrollstudien des Lungenkrebsrisikos durch Expositionen in Wohnungen. Zu den Fall-Kontrollstudien gehörten auch die beiden großen deutschen Studien zum Lungenkrebsrisiko durch Radonexpositionen in Wohnräumen. Weiterhin lag eine Meta-Analyse von 8 Fall-Kontrollstudien vor, die ein relatives Risiko von 1,10 (95 % Konfidenzintervall: 1,00 - 1,20) für eine 25-jährige Exposition von durchschnittlich 100 Bq/m3 ergab (Lubin und Boice 1997). Insgesamt bestand eine "... gute Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen aus den Kohortenstudien ... und den Fall-Kontrollstudien". Die SSK kam zu der folgenden Bewertung: "Auf Grundlage der Fallzahlen aller bisherigen Studien kann von einer statistisch signifikanten Erhöhung oberhalb von 250 Bq/m3 ausgegangen werden."

Für die Stellungnahme "Auswertung der vorliegenden Gesundheitsstudien zum Radon" (SSK 2004) standen die Ergebnisse von fünf weiteren Fall-Kontrollstudien und von einer gemeinsamen Auswertung der beiden großen Fall-Kontrollstudien in Deutschland West und Ost (deutsche Pooling-Studie) zur Verfügung. Letztere ergab eine statistisch signifikante Erhöhung des Lungenkrebsrisikos in der obersten Kategorie von Radonkonzentrationen oberhalb von 140 Bq/m3. Die SSK kam zu der folgenden Schlussfolgerung: "Das zusätzliche relative Lungenkrebsrisiko durch Radon liegt unter Annahme einer linearen Dosis-Wirkungsbeziehung ohne Schwellenwert ... bei etwa 10 % pro 100 Bq/m3 Radonkonzentration ... [Nach Berücksichtigung von Unsicherheiten der Expositionsabschätzung] ... liegt das zusätzliche Risiko eher höher als die vorliegenden Abschätzungen."

Im Folgenden werden die Ergebnisse der europäischen Pooling-Studie zusammengefasst., Einige in der öffentlichen Diskussion häufig gestellte Fragen werden beantwortet und schließlich wird eine zusammenfassende Bewertung des Lungenkrebsrisikos durch Radonexpositionen in Wohnungen gegeben.

2 Europäische Radonstudie

Die europäische Radonstudie ist eine Pooling-Studie. Sie umfasst 13 Einzelstudien aus 9 Ländern mit insgesamt 7148 Lungenkrebspatienten und 14208 Kontrollpersonen ohne diese Erkrankung (Darby et al. 2005a). Bei den Studienteilnehmern wurde in den jetzigen und früheren Wohnungen die Radonkonzentration über mindestens ein halbes Jahr gemessen. Ferner wurden alle Studienteilnehmer detailliert nach ihrem lebenslangen Rauchverhalten und anderen Riskofaktoren für Lungenkrebs befragt. Für jeden Studienteilnehmer wurde der zeitgewichtete Mittelwert der Radonkonzentrationen für die in den letzten 5 bis 34 Jahren bewohnten Wohnungen berechnet. In allen Risikoanalysen wurde das Rauchen als wichtigste Störgröße berücksichtigt.

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