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Regelwerk, EU 2012, Allgemeines - EU Bund

Richtlinie 2012/28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke

(Text von Bedeutung für den EWR)

(ABl. Nr. L 299 vom 27.10.2012 S. 5)



Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 53 Absatz 1, Artikel 62 und Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 1,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren 2, in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Öffentlich zugängliche Bibliotheken, Bildungseinrichtungen und Museen sowie Archive, im Bereich des Film- oder Tonerbes tätige Einrichtungen und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in den Mitgliedstaaten sind mit der groß angelegten Digitalisierung ihrer Sammlungen oder Archivbestände befasst, um europäische digitale Bibliotheken zu schaffen. Sie tragen zur Bewahrung und Verbreitung des europäischen Kulturerbes bei, was auch für die Schaffung europäischer digitaler Bibliotheken wie Europeana wichtig ist. Technologien für die Massendigitalisierung gedruckter Materialien und für die Suche und Indexierung vergrößern den Forschungswert der Sammlungen der Bibliotheken. Die Einrichtung großer Online- Bibliotheken erleichtert die Verwendung elektronischer Hilfsmittel zum Suchen und Finden, die Forschern und Wissenschaftlern, die sich sonst mit traditionelleren, analogen Suchmethoden begnügen müssten, neue Erkenntnisquellen eröffnen.

(2) Die Notwendigkeit, den freien Austausch von Wissen und Innovation im Binnenmarkt zu fördern, stellt eine bedeutende Komponente der Strategie Europa 2020 dar; dies ergibt sich aus der Mitteilung der Kommission "Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum", die als eine ihrer Leitinitiativen die Entwicklung einer Digitalen Agenda für Europa beinhaltet.

(3) Die Schaffung eines Rechtsrahmens zur Erleichterung der Digitalisierung und Verbreitung von urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützten Werken und sonstigen Schutzgegenständen, deren Rechteinhaber unbekannt ist oder, selbst wenn dieser bekannt ist, nicht ausfindig gemacht werden kann - sogenannter "verwaister Werke" - ist eine Schlüsselmaßnahme der Digitalen Agenda für Europa, wie dies in der Mitteilung der Kommission "Eine Digitale Agenda für Europa" dargelegt ist.

Diese Richtlinie hat das spezifische Problem der gesetzlichen Regelung des Status als verwaistes Werk und deren Folgen in Bezug auf die zulässigen Nutzer und zulässigen Formen der Nutzung des als verwaist geltenden Werkes oder Tonträgers zum Gegenstand.

(4) Diese Richtlinie lässt in den Mitgliedstaaten entwickelte spezifische Lösungen zur umfassenderen Massendigitalisierung, wie im Fall der sogenannten "vergriffenen Werke", unberührt. Diese Lösungen berücksichtigen die Besonderheiten der verschiedenen Arten von Inhalten und der verschiedenen Nutzer und bauen auf dem Konsens der maßgeblichen Interessengruppen auf. Dieser Ansatz wurde auch in der am 20. September 2011 von Vertretern europäischer Bibliotheken, Autoren, Verlegern und Verwertungsgesellschaften unterzeichneten und von der Kommission bezeugten Absichtserklärung über die Grundprinzipien der Digitalisierung und der Bereitstellung vergriffener Werke verfolgt. Diese Richtlinie lässt diese Absichtserklärung unberührt, in der die Mitgliedstaaten und die Kommission aufgefordert werden, zu gewährleisten, dass zwischen Nutzern, Rechteinhabern und Verwertungsgesellschaften auf freiwilliger Basis geschlossenen Vereinbarungen über die Vergabe von Lizenzen für die Nutzung vergriffener Werke nach den in der Absichtserklärung enthaltenen Grundsätzen die erforderliche Rechtssicherheit im nationalen und grenzüberschreitenden Rahmen zugute kommt.

(5) Das Urheberrecht stellt die wirtschaftliche Grundlage der Kreativwirtschaft dar, weil es Innovation, künstlerisches Schaffen, Investitionen und Produktion anregt. Daher dient die Massendigitalisierung und -verbreitung von Werken dem Schutz des europäischen Kulturerbes. Das Urheberrecht ist ein wichtiges Instrument, um die Vergütung des Kreativsektors für seine Arbeit sicherzustellen.

(6) Die ausschließlichen Rechte der Rechteinhaber an der Vervielfältigung ihrer Werke und sonstigen Schutzgegenstände und an ihrer öffentlichen Zugänglichmachung, die mit der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft 3 harmonisiert wurden, erfordern für die Digitalisierung und die öffentliche Zugänglichmachung eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands die vorherige Zustimmung des Rechteinhabers.

(7) Im Falle verwaister Werke ist es nicht möglich, eine solche vorherige Zustimmung zur Vervielfältigung oder zur öffentlichen Zugänglichmachung einzuholen.

(8) Die unterschiedlichen Ansätze der Mitgliedstaaten bei der Anerkennung des Status als verwaistes Werk können das Funktionieren des Binnenmarkts, die Nutzung von verwaisten Werken und den grenzüberschreitenden Zugang dazu behindern. Solche unterschiedlichen Ansätze können auch zu Beschränkungen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs in Bezug auf kulturelle Inhalte führen. Daher ist eine gegenseitige Anerkennung dieses Status sinnvoll, da dies den Zugang zu verwaisten Werken in allen Mitgliedstaaten ermöglichen wird.

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