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Regelwerk; Biotechnologie

BremPsychKG - Bremisches Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten
- Bremen -

Vom 13. Dezember 2022
(Brem.GBl. Nr. 150 vom 16.12.2022)



Archiv: 2000

Der Senat verkündet das nachstehende, von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:

Teil 1
Allgemeines

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt

  1. Hilfen für Personen, bei denen Anzeichen einer psychischen Erkrankung bestehen, die psychisch erkrankt sind oder bei denen die Folgen einer psychischen Erkrankung fortbestehen; zu den psychischen Erkrankungen im Sinne dieses Gesetzes zählen auch Suchterkrankungen,
  2. die Unterbringung psychisch erkrankter Personen, die aufgrund ihrer Erkrankung sich selbst oder andere erheblich gefährden (öffentlich-rechtliche Unterbringung) sowie
  3. den Vollzug von Maßregeln nach den §§ 63, 64 des Strafgesetzbuchs sowie des § 7 des Jugendgerichtsgesetzes (Maßregelvollzug).

§ 2 Grundsatz

Bei allen Hilfen und Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes ist auf die individuelle Situation und auf die besonderen Bedürfnisse der psychisch erkrankten Person oder der untergebrachten Person Rücksicht zu nehmen. Die Würde und die persönliche Integrität der Person sind zu achten und zu schützen. Ihre individuelle Autonomie einschließlich der Freiheit, Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen, ist zu respektieren.

Teil 2
Hilfen für psychisch erkrankte Personen

Abschnitt 1
Ziel und Art der Hilfen

§ 3 Ziel der Hilfen

(1) Hilfen nach diesem Gesetz sollen die psychisch erkrankten Personen befähigen, eigenverantwortlich und selbständig zu leben. Zu den Hilfen gehören insbesondere die Beratung, Betreuung, Hinführung zur ärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung, die Vermittlung von Hilfen zur Selbsthilfe und von Angeboten der psychosozialen Unterstützung sowie von ehrenamtlichen Hilfen.

(2) Ziel der Hilfen ist es,

  1. die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erhalten,
  2. die Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu erleichtern und zu fördern,
  3. die selbständige Lebensführung und die persönliche Freiheit beeinträchtigende Maßnahmen entbehrlich zu machen oder zu verkürzen und
  4. das Recht des Einzelnen auf psychische und seelische Gesundheit zu fördern.

(3) Art, Ausmaß und Dauer der Hilfen richten sich nach dem individuellen Hilfebedarf, der partizipativ mit den Betroffenen festgelegt wird und an dessen Wünschen ausgerichtet ist. Die Hilfen werden nach Möglichkeit so erbracht, dass die psychisch erkrankte Person ihren gewohnten Lebensbereich nicht aufgeben muss.

(4) Die Hilfen, insbesondere Beratungen und Informationen, werden auch den Personen angeboten, die mit der psychisch erkrankten Person in Beziehung stehen.

§ 4 Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften

Hilfen nach diesem Gesetz werden ergänzend zu den Leistungen erbracht, die die betroffene Person nach anderen Rechtsvorschriften in Anspruch nehmen kann.

§ 5 Aufgaben des Sozialpsychiatrischen Dienstes

(1) Der Sozialpsychiatrische Dienst erbringt im Rahmen des öffentlichen Gesundheitsdienstes gemeindebezogene Hilfen für Personen, bei denen Anzeichen einer psychischen Erkrankung bestehen, die psychisch erkrankt sind oder bei denen die Folgen einer psychischen Erkrankung fortbestehen.

(2) Zu den Hilfen gehören insbesondere:

  1. Abhalten von regelmäßigen Sprechstunden unter der Leitung einer Fachärztin oder eines Facharztes für Psychiatrie, einer Psychologischen Psychotherapeutin oder eines Psychologischen Psychotherapeuten, ausnahmsweise einer in der Psychiatrie erfahrenen Ärztin oder eines in der Psychiatrie erfahrenen Arztes,
  2. Information und Beratung von Personen nach Absatz 1 oder von ihnen nahestehenden Personen über vorsorgende, begleitende und nachgehende Hilfsangebote, gegebenenfalls Herstellung einer Verbindung zu den Anbietern dieser Leistungen,
  3. Hausbesuche bei psychisch erkrankten Personen oder ihnen nahestehenden Personen, um sie zu beraten, über Hilfsangebote zu informieren und sie gegebenenfalls in Verbindung mit Anbietern dieser Dienste zu bringen,
  4. Einsatz im Rahmen der Krisenintervention; dazu gehören die Beratung von Personen nach Absatz 1 in Krisensituationen, ein deseskalierendes fachliches Handeln sowie die Beratung von Angehörigen und anderen Beteiligten,
  5. Mitwirkung in den regionalen Versorgungsverbünden,
  6. Abgabe fachgutachterlicher Stellungnahmen gegenüber Dritten.

(3) Auf die Hilfen nach diesem Gesetz besteht ein Rechtsanspruch. Art, Ausmaß und Dauer der Hilfen richten sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls.

§ 6 Eingriffsbefugnisse des Sozialpsychiatrischen Dienstes

(1) Wenn gewichtige Anzeichen dafür vorhanden sind, dass eine Person aufgrund einer psychischen Erkrankung ihre Gesundheit, ihr Leben oder sonstige bedeutende eigene Rechtsgüter oder die Gesundheit, das Leben oder sonstige bedeutende Rechtsgüter anderer Personen zu gefährden droht, und Hilfsangebote nach § 5 von der Person nicht angenommen werden, hat der Sozialpsychiatrische Dienst

  1. zunächst die betroffene Person aufzufordern, sich beraten und bei einer Ärztin, einem Arzt, einer Psychologischen Psychotherapeutin oder einem Psychologischen Psychotherapeuten ihrer Wahl untersuchen zu lassen,
  2. wenn die betroffene Person dieser Aufforderung nicht folgt, einen Hausbesuch
    vorzunehmen und
  3. wenn angezeigt, eine ärztliche Untersuchung durchzuführen.

Im begründeten Ausnahmefall kann von der vorstehenden Reihenfolge abgewichen werden.

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