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Regelwerk, Lärm

Messung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschimmissionen bei Freizeitanlagen
- Nordrhein-Westfalen -

Vom 15.01.2004
(MBl.NRW Nr. 7 vom 17.02.2004 S. 176; 23.10.2006 S. 566aufgehoben)
Gl.-Nr.: 7129


zur aktuellen Fassung

RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

1 Anwendungsbereich

Freizeitanlagen sind Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Grundstücke gehören zu den Freizeitanlagen, wenn sie nicht nur gelegentlich zur Freizeitgestaltung bereitgestellt werden. Dies können auch Grundstücke sein, die sonst z.B. als Sportanlagen, der Sportausübung oder dem Flugbetrieb oder dem Straßenverkehr dienen.

Zu den Freizeitanlagen gehören insbesondere:

Dieser Erlass ist nicht zur Beurteilung von Geräuschbelastungen von Sportanlagen, die der Sportanlagenlärmschutzverordnung ( 18. BImSchV) unterliegen oder einer Genehmigung nach § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) bedürfen, und Gaststätten anzuwenden. Zur Beurteilung der Lärmwirkungen von Freiluftgaststätten kann die Ta Lärm vom 26. August 1998 als Erkenntnisquelle herangezogen werden. Bei der Beurteilung von Freiluftgaststätten ist jedoch zu berücksichtigen, dass derartige Gaststätten i.d.R. nicht ganzjährig betrieben werden können, für ihren Betrieb ein besonderes soziales Bedürfnis bestehen kann und dass die von ihnen ausgehenden Geräusche besondere Charakteristika aufweisen. Sollten die Regelungen der Ta Lärm im Einzelfall nicht angemessen sein, kann auch auf einzelne Regelungen dieses Erlasses zurückgegriffen werden. Es sind bei der Frage der Beurteilung der Lärmwirkungen von Freiluftgaststätten die spezifischen Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Er gilt auch nicht für Kinderspielplätze, die die Wohnnutzung in dem betroffenen Gebiet ergänzen; die mit ihrer Nutzung unvermeidbar verbundenen Geräusche sind sozialadäquat und müssen deshalb von den Nachbarn hingenommen werden.

Die Benutzung von Lautsprechern und Musikinstrumenten auf öffentlichen Verkehrsflächen sowie auf solchen Anlagen, Verkehrsräumen und Verkehrsmitteln, die der allgemeinen Benutzung dienen (z.B. bei Rockmusikkonzerten im Freien, Platzkonzerten oder Musikdarbietungen in innerstädtischen Fußgängerzonen), fallen in den Geltungsbereich des Gesetzes zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und ähnlichen Umwelteinwirkungen des Landes NRW - Landes-Immissionsschutzgesetz ( LImschG) vom 18.03.1975.

Nach § 10 des LImschG (Benutzung von Tongeräten) dürfen u. a. Musikinstrumente und Lautsprecher nur in solcher Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden. Auf öffentlichen Verkehrsflächen ist der Gebrauch derartiger Geräte verboten, wenn andere hierdurch belästigt werden können. Von diesem Verbot kann das örtliche Ordnungsamt jedoch bei einem öffentlichen oder überwiegend privatem Interesse Ausnahmen - ggf. mit entsprechenden Auflagen zum Schutz der Bewohner - zulassen. Bei der Ausnahmeerteilung sind die öffentlichen Interessen und die privaten Interessen (Ruhebedürfnis der betroffenen Personen) gegeneinander abzuwägen. Zur Klärung der Frage, ob Geräusche als erhebliche Belästigungen anzusehen sind, ist dieser Erlass heranzuziehen; er regelt jedoch nicht, wann Ausnahmen vom Verbot der Benutzung von Lautsprechern und Musikinstrumenten erteilt werden können.

Bei Musikvergnstaltungen, die abends nach 22.00 Uhr fortgesetzt werden, ist § 9 des LImschG (Schutz der Nachtruhe) ebenfalls zu beachten. Auch von den Anforderungen des § 9 können jedoch generelle oder einzelfallbezogene Ausnahmen unter Abwägung der verschiedenen Interessen zugelassen werden.

Durch menschliches Verhalten hervorgerufene, dem Anlagenbetrieb nicht zurechenbare Geräuschereignisse (Freizeitbetätigungen im Wohnbereich und in der freien Natur, z.B. Partys, Musikspielen) sind nicht nach diesem Erlass, sondern nach dem LImschG und den verhaltensbezogenen Lärmbekämpfungsvorschriften der Gemeinden zu beurteilen. Außerdem ist § 117 OWiG zu beachten; danach handelt ordnungswidrig, wer ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm verursacht, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.

2 Immissionsschutzrechtliche Grundsätze

Für Freizeitanlagen (nicht genehmigungsbedürftige Anlagen) gilt die allgemeine Grundpflicht aus § 22 Abs. 1 BImSchG; danach sind schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden oder zu vermindern, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist; unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die Beachtung dieser Pflicht kann in Baugenehmigungsverfahren und durch Anordnungen nach § 24 BImSchG durchgesetzt werden.

Schädliche Umwelteinwirkungen liegen dann vor, wenn die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit erheblich belästigt werden. Die Erheblichkeit einer Lärmbelästigung hängt nicht nur von der Lautstärke der Geräusche ab, sondern auch wesentlich von der Nutzung des Gebietes, auf das sie einwirken, von der Art der Geräusche und der Geräuschquellen sowie dem Zeitpunkt (Tageszeit) oder der Zeitdauer der Einwirkungen. Auch die Einstellung der Betroffenen zu der Geräuschquelle kann für den Grad der Belästigung von Bedeutung sein. Bei der Beurteilung ist nicht auf eine mehr oder weniger empfindliche individuelle Person, sondern auf die Einstellung eines verständigen, durchschnittlich empfindlichen Mitbürgers abzustellen.

Soweit die Einhaltung der Grundpflicht nach § 22 Abs. 1 BImSchG nicht durch Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung sichergestellt ist, kann sie durch Anordnungen nach § 24 BImSchG durchgesetzt werden. Als Gegenstand von Anordnungen kommen technische Schutzmaßnahmen (vgl. Nr. 4) sowie zeitliche Beschränkungen des Betriebs in Betracht. Technische Schutzmaßnahmen und zeitliche Beschränkungen können ganz oder teilweise entbehrlich sein, wenn der Betreiber der Anlage verpflichtet ist, den Benutzern ein geräuscharmes Verhalten vorzuschreiben, und wenn er in der Lage ist, die Einhaltung seiner Vorschriften zu überwachen und Verstöße abzustellen.

Eine Stilllegung von Anlagen kommt nach § 25 Abs. 1 und 2 BImSchG nur in Betracht, wenn der Betreiber einer vollziehbaren Anordnung nach § 24 BImSchG nicht nachkommt oder ihr Betrieb zu Gefahren für Leben, Gesundheit oder bedeutende Sachwerte führt. Diese Voraussetzung dürfte bei Freizeitanlagen in der Regel nicht gegeben sein.

Neben dem Immissionsschutzrecht hat vor allem das Planungsrecht die Aufgabe, Konflikte, die durch Emissionen von Freizeitanlagen entstehen können, zu vermeiden. Vor einer Genehmigung von Freizeitanlagen (auch von Nutzungserweiterungen oder -änderungen bestehender Anlagen) ist deshalb zu prüfen, ob sie nach dem Bauplanungsrecht an einem bestimmten Standort zulässig sind. Von der auf immissionsschutzrechtliche Bestimmungen gestützten Forderung kostspieliger technischer Schutzmaßnahmen ist abzusehen, wenn die Genehmigungsfähigkeit nach dem Bauplanungsrecht nicht herbeigeführt werden kann.

3 Ermittlung des Beurteilungspegels der von Freizeitanlagen ausgehenden Geräusche und seine immissionsschutzrechtliche Bewertung

Die von Freizeitanlagen verursachten Geräuschimmissionen werden grundsätzlich nach der Ta Lärm vom 26.08.1998 bewertet.

Die Ta Lärm ist auf Anlagen zugeschnitten, die überwiegend dem Arbeitsleben zuzurechnen sind. Konflikte aufgrund von Geräuschen durch Freizeitanlagen treten in der Regel dann auf, wenn ein Teil der Bevölkerung in der Freizeit (in den Abendstunden, an Wochenenden und Sonn- und Feiertagen) Entspannung durch Ruhe sucht, ein anderer sich dagegen durch Aktivitäten in Freizeitanlagen erholen will. Die neuesten Erkenntnisse hinsichtlich der akustischen Grundlagen sind in der Ta Lärm festgehalten. Daher ist es sachgerecht, die von Freizeitanlagen ausgehenden Geräuschimmissionen unter Berücksichtigung folgender Ausnahmen, die den vorstehen den Besonderheiten Rechnung tragen, nach der Ta Lärm vom 26.08.1998 zu messen, zu prognostizieren und im Hinblick auf das Vorliegen erheblicher Belästigungen i. S. des BImSchG zu beurteilen:

3.1 Immissionsrichtwerte

Die Immissionsrichtwerte betragen für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden

  1. in Industriegebieten
    tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten: 70 dB(A),
    tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen: 70 dB(A),
    nachts: 70 dB(A),
  2. in Gewerbegebieten
    tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten: 65 dB(A),
    tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen: 60 dB(A),
    nachts: 50 dB(A),
  3. in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten
    tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten: 60 dB(A),
    tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen: 55 dB(A),
    nachts: 45 dB(A),
  4. in allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten
    tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten: 55 dB(A),
    tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen: 50 dB(A),
    nachts: 40 dB(A),
  5. in reinen Wohngebieten
    tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten: 50 dB(A),
    tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen: 45 dB(A),
    nachts: 35 dB(A),
  6. in Kurgebieten, für Krankenhäuser und Pflegeanstalten
    tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeiten: 45 dB(A),
    tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen: 45 dB(A),
    nachts: 35 dB(A).

3.2 Immissionsrichtwerte für seltene Ereignisse

Verursacht eine Anlage trotz Einhaltung des Standes der Lärmminderungstechnik nur in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und in diesem Rahmen auch nicht an mehr als 2 aufeinanderfolgenden Wochenenden einen relevanten Beitrag zur Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 3.1 Buchstaben b bis f, soll erreicht werden, dass

  1. die Geräuschimmissionen außerhalb von Gebäuden die Immissionsrichtwerte nach Nr. 3.1 Buchstaben b bis f um nicht mehr als 10 dB(A), keinesfalls aber die folgenden Höchstwerte überschreiten:
    tags außerhalb der Ruhezeiten: 70 dB(A),
    tags innerhalb der Ruhezeiten: 65 dB(A),
    nachts: 55 dB(A),
  2. einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die nach Buchstabe a) für seltene Ereignisse geltenden Immissionsrichtwerte
    tags um nicht mehr als 20 dB(A) und
    nachts um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten,
  3. im Einzelfall keine besonderen Umstände vorliegen, die die Geräuschbelastung unzumutbar erscheinen lassen; in der Regel sind jedoch unzumutbare Geräuschbelästigungen anzunehmen, wenn auch durch seltene Ereignisse bei anderen Anlagen Überschreitungen der Immissionsrichtwerte nach Nr. 3.1 Buchstaben b bis f verursacht werden können und am selben Einwirkungsort Überschreitungen an insgesamt mehr als 14 Kalendertagen eines Jahres auftreten.

Geräuschspitzen sollen die vorgenannten Werte tagsüber um nicht mehr als 20 dB(A) und nachts um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten.

3.3 Beurteilungszeiten An Werktagen gilt für Geräuscheinwirkungen

An Sonn- und Feiertagen gilt für Geräuscheinwirkungen - tags von 9 bis 13 Uhr und 15 bis 20 Uhr eine Beurteilungszeit von 9 Stunden,

4 Maßnahmen

Lautsprecher u. ä. Einrichtungen können in ihrer Lautstärke begrenzt werden. Hierzu sind geeignete Begrenzer vorzuschreiben, die die Einhaltung der entsprechenden Immissionsrichtwerte "Außen" ermöglichen. Durch mehrere Lautsprecher kleinerer Leistung können unter bestimmten Voraussetzungen gegenüber einem Lautsprecher großer Leistung die Immissionen vermindert werden, in dem Flächen (z.B. Spielflächen und Zuschauerränge) gezielt beschallt werden. Zur Gewährleistung der Einhaltung der entsprechenden Immissionsrichtwerte sollten während der Veranstaltung Schallpegelmessungen durchgeführt werden.

Sollen mehrere geräuschintensive Anlagen anlässlich einer Veranstaltung auf einem Freizeitgelände (z.B. Volksfest) betrieben werden, kann die Einhaltung der Immissionsrichtwerte auch dadurch sichergestellt werden, dass die lauteste Anlage von der Wohnbebauung am entferntesten aufgestellt wird. Auch die Richtwirkung von Schallquellen ist zu berücksichtigen. Gegebenenfalls sollte ein Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden.

An- und Abfahrtswege sowie Parkplätze sind durch betriebliche und organisatorische Maßnahmen des Betreibers so zu gestalten, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Dabei ist auch zu prüfen, ob ein "Park-and Ride-System" mit dem ÖPNV-Träger unter Benutzung eines von der Wohnbebauung entfernt liegenden Parkplatzes die zu erwartende Lärmbelastung vermindern kann.

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Innenministerium, dem Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport und dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit.

Der RdErl. v. 11.10.1997 (MBl. NRW S. 1352, SMBl. NRW 7129) wird aufgehoben.

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