Regelwerk; Immissionsschutz

GIRL - Immissionsschutzrechtliche Anforderungen an Tierhaltungsanlagen und Einführung der Geruchs-Immissionsrichtlinie
- Thüringen -

Vom 24. Juni 2016
(ThürStAnz Nr. 32 vom 08.08.2016 S. 1043; 19.06.2024 S. 1020aufgehoben)



Archiv 2003

1 Regelungsinhalt

Dieser Erlass regelt den Einsatz von Abluftreinigungsanlagen bei Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren (Tierhaltungsanlagen) und den Umgang mit Bioaerosolen in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren von Tierhaltungsanlagen. Des Weiteren werden Regelungen für Bestandsanlagen getroffen.

Kleinere Tierhaltungsanlagen, die nicht nach dem Bundes- Immissionsschutzgesetz ( BImSchG) genehmigungsbedürftig sind, werden von dem Erlass nicht erfasst. Für diese Anlagen richten sich die Betreiberpflichten nach § 22 BImSchG.

Mit diesem Erlass wird die Geruchsimmissions-Richtlinie ( GIRL) zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsemissionen eingeführt.

2 Begriffsbestimmungen

Der Übersichtlichkeit halber werden im Erlass folgende Begriffsdefinitionen festgelegt und verwendet:

  1. Tierhaltungsanlagen: große und mittelgroße Schweinehaltungsanlagen sowie große und mittelgroße Geflügelhaltungsanlagen
  2. große Schweinehaltungsanlagen: Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen nach Nummer 7.1.7.1, 7.1.8.1 und 7.1.9.1 des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen ( 4. BImSchV), einschließlich der Anlagen mit gemischten Beständen nach Nummer 7.1.11.1 und 7.1.11.2, soweit es sich um Schweine handelt
  3. mittelgroße Schweinehaltungsanlagen: Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen nach Nummer 7.1.7.2, 7.1.8.2 und 7.1.9.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV, einschließlich der Anlagen mit gemischten Beständen nach Nummer 7.1.11.3, soweit es sich um Schweine handelt
  4. große Geflügelhaltungsanlagen: Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel nach Nummer 7.1.1.1, 7.1.2.1, 7.1.3.1 und 7.1.4.1 des Anhangs 1 der 4. BImSchV, einschließlich der Anlagen mit gemischten Beständen nach Nummer 7.1.11.1 und 7.1.11.2, soweit es sich um Geflügel handelt
  5. mittelgroße Geflügelhaltungsanlagen: Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel nach Nummer 7.1.1.2, 7.1.2.2, 7.1.3.2 und 7.1.4.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV, einschließlich der Anlagen mit gemischten Beständen nach Nummer 7.1.11.3, soweit es sich um Geflügel handelt
  6. gemischte Bestände: Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Tieren, wenn die jeweils unter den entsprechenden Nummern des Anhangs 1 der 4. BImSchV genannten Platzzahlen nicht erreicht werden, die Summe der Vom-Hundert-Anteile bis zu denen die Platzzahlen ausgeschöpft werden aber den Wert 100 erreicht oder überschreitet.
  7. immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren: Neugenehmigung nach § 4 BImSchG sowie Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG
  8. geeignete Abluftreinigungsanlage: Eine Abluftreinigungsanlage kann dann als geeignet angesehen werden, wenn sie von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) oder durch einen Sachverständigen mindestens nach den Kriterien des "Cloppenburger Leitfadens" zertifiziert wurde. Im Rahmen der Zertifizierung ist die Eignung und Langzeitfunktion unter Bezugnahme auf Messungen, die von einer nach § 29b BImSchG bekannt gegebenen Stelle durchgeführt wurden, belastbar nachzuweisen. (Prüfberichte DLG-zertifizierter Abluftreinigungsanlagen: (http://www.dlg.org/3409.html))

3 Stand der Technik

3.1 Allgemeines

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen.

Der Stand der Technik ist in § 3 Abs. 6 BImSchG definiert als der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt.

Näher konkretisiert wird diese Legaldefinition durch die Anlage (zu § 3 Abs. 6) des BImSchG. Darin enthalten sind Kriterien zur Bestimmung des Standes der Technik, die unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Nutzen möglicher Maßnahmen sowie des Grundsatzes der Vorsorge und der Vorbeugung, jeweils bezogen auf Anlagen einer bestimmten Art, zu berücksichtigen sind. Zu diesen Kriterien gehören u. a. vergleichbare Verfahren, Vorrichtungen und Betriebsmethoden, die mit Erfolg im Betrieb erprobt wurden, Fortschritte in der Technologie und in den wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie Art, Auswirkungen und Menge der jeweiligen Emissionen.

Der Maßstab des Standes der Technik bestimmt maßgeblich die Betreiberpflicht zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Er stellt auf den Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren und Betriebsweisen ab und wird in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 24. Juli 2002 ( Ta Luft) konkretisiert. Bezogen auf die Vorsorge gegen schädliche Luftverunreinigungen bei Tierhaltungsanlagen finden sich entsprechende Vorgaben in Nummer 5.4.7.1 der Ta Luft.

Spezifische Emissions- oder Immissionswerte enthält die Ta Luft indes nicht. Auch der verpflichtende Einbau und der Betrieb von Abluftreinigungsanlagen ist in der Ta Luft bislang nicht vorgesehen.

Nach dem Urteil des BVerwG vom 21. Juni 2001, - 7 C 21.00 -, können jedoch auch über die vorhandenen Bestimmungen der Ta Luft hinausgehende Anforderungen festgelegt werden, wenn festgestellt wird, dass die Regelungen der Ta Luft durch gesicherte Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt worden sind. Dies setzt einen Vergleich des Erkenntnisstandes bei dem Erlass der Ta Luft im Jahr 2002 mit dem derzeitigen Stand der Technik voraus.

3.2 Stand der Technik bei Anlagen zur Haltung von Schweinen

Gegenüber dem sich aus den Festlegungen der Ta Luft ergebenden Stand der Technik hat es zwischenzeitig bezogen auf große Schweinehaltungsanlagen signifikante Weiterentwicklungen gegeben.

Aufgrund der gewonnenen praktischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse stehen mittlerweile verschiedene Technologien zur Abluftreinigung zur Verfügung, die bereits seit mehreren Jahren bundesweit in über 1.000 Anlagen eingesetzt werden und sich im Betrieb bewährt haben. Für den Bereich der Schweinehaltung sind bereits verschiedene Abluftreinigungsanlagen mehrerer Hersteller nach den Kriterien des Leitfadens des Landkreises Cloppenburg zur Feststellung der Eignung von Abluftreinigungsanlagen in der Tierhaltung zur Anwendung in der Genehmigungspraxis und bei der Überwachung aus dem Jahr 2002 ("Cloppenburger Leitfaden") oder von der DLG zertifiziert worden. Diese Anlagen haben ein umfangreiches Prüfprogramm erfolgreich durchlaufen und ihre Eignung hinsichtlich der spezifizierten Parameter sowie ihre Langzeitfunktionsfähigkeit in der Praxis unter Beweis gestellt. Im Rahmen der Zertifizierung wurde die Eignung und Langzeitfunktion unter Bezugnahme auf Messungen, die von einer nach § 29b BImSchG anerkannten Messstelle durchgeführt wurden, belastbar nachgewiesen.

Durch den Einsatz von Abluftreinigungsanlagen in zwangsbelüfteten Schweinehaltungsanlagen können die Auswirkungen und die Mengen der Staub-, Ammoniak- und Geruchsemissionen erheblich reduziert werden, wodurch in Bezug auf diese Emissionen dem Vorsorgegrundsatz Rechnung getragen wird. Somit ist der Einsatz von Abluftreinigungsanlagen zur Minderung von Staub, Ammoniak und Gerüchen bei großen Anlagen zur Haltung von Schweinen als allgemeiner technischer Entwicklungsstand und damit als gegenwärtiger Stand der Technik anzusehen.

Die Investitions- und Betriebskosten für eine Abluftreinigungsanlage in großen Schweinehaltungsanlagen können aufgrund der Größe der fraglichen Betriebe als wirtschaftlich vertretbar und verhältnismäßig angesehen werden; so auch die Erlasse aus Nordrhein-Westfalen vom 19. Februar 2013 und Niedersachsen vom 22. März 2013 sowie der Beschluss der Bund/Länder- Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 13./14. März 2013.

Bei großen Schweinehaltungsanlagen ist daher der Einbau von Abluftreinigungsanlagen zur Reduzierung von Staub-, Ammoniak- und Geruchsemissionen, deren Eignung und Langzeitfunktion nachgewiesen wurde, als Stand der Technik über die Regelungen der Ta Luft hinaus zu fordern.

Eine nach dem Stand der Technik ausreichende Wirksamkeit einer Abluftreinigungsanlage gemäß Nummer 2 h) ist gegeben, wenn

3.3 Stand der Technik bei Anlagen zur Haltung von Geflügel

Für zwangsbelüftete mittelgroße oder große Geflügelmast- anlagen stehen dagegen derzeit nur vier von der DLG zertifizierte Abluftreinigungsanlagen für die Geflügelhaltung zur Verfügung, die ihre Eignung und Langzeitfunktionsfähigkeit für die Reduzierung von Staub- und Ammoniakemissionen nachgewiesen haben. Weitere Anlagentypen befinden sich im Zertifizierungs-verfahren. Das Umweltbundesamt beabsichtigt, im Rahmen eines Forschungsvorhabens die Frage nach dem Stand der Technik dieser Anlagen zu klären. Im Unterschied zu Abluftreinigungsanlagen für die Schweinehaltungsanlagen kann die Vertretbarkeit der Forderung nach einer Abluftreinigungsanlage bei zwangsbelüfteten Anlagen für die Geflügelhaltung gegenwärtig noch nicht allgemein vorausgesetzt werden.

4 Geruchsimmissions-Richtlinie

Die Gremien der Umweltministerkonferenz haben die Richtlinie zur Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen ( GIRL) mit Auslegungshinweisen verabschiedet und festgestellt, dass die GIRL ein geeignetes Instrument zur Unterstützung des immissionsschutzrechtlichen Vollzugs ist.

Die GIRL ist zur Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs bei der Erteilung von Genehmigungen nach den §§ 4 ff. BImSchG sowie bei der Überwachung nach § 52 BImSchG zugrunde zu legen. Für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen kann die GIRL sinngemäß angewandt werden.

Die GIRL ist in ihrer aktuellen Fassung auf der Homepage des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz eingestellt.

http://www.thueringen.de/th8/tmuen/umwelt/immissionsschutz/ gerueche/index.aspx

5 Schweinehaltungsanlagen

5.1 Genehmigungsverfahren für große Schweinehaltungsanlagen

Als Vorsorgemaßnahme ist bei großen Schweinehaltungsanlagen im Rahmen der jeweiligen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren der Einbau und Betrieb einer geeigneten Abluftreinigungsanlage zur Reduzierung von Staub-, Ammoniak- und Geruchsemissionen zu fordern. Dies ist im Genehmigungsbescheid festzulegen.

Eine Abluftreinigungsanlage ist bei Altanlagen im Rahmen einer wesentlichen Änderung zu fordern, wenn sie über eine zentrale Abluftführung (Zwangslüftung) verfügen oder diese mit verhältnis- mäßigen Mitteln hergestellt werden kann. Einzelne Stallgebäude, die für sich gesehen 25 Prozent der Mengenschwelle der Nummern 7.1.7.1, 7.1.8.1 oder 7.1.9.1 des Anhangs 1 der 4. BImSchV nicht erreichen, sind dann nicht nachzurüsten, wenn die Nachrüstung mit einer Abluftreinigungsanlage unverhältnismäßig ist.

Eine Abluftreinigungsanlage ist z.B. bei Änderungen zu fordern, durch die erhebliche nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und somit ein Änderungsgenehmigungsverfahren nach BImSchG notwendig wird. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Änderung mit einer Kapazitätserweiterung verbunden ist oder auf eine Haltungsform oder Tierart mit höheren Emissionen umgestellt wird.

Bei einer wesentlichen Änderung einer Anlage ist in Bezug auf die bestehenden Stallgebäude zu prüfen, ob unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Einbau einer Abgasreinigung geboten ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn durch die wesentliche Änderung neue Stallgebäude hinzukommen oder durch die wesentliche Änderung erstmals die Schwellenwerte der Nummern 7.1.7.1, 7.1.8.1 oder 7.1.9.1 bzw. 7.1.11.1 oder 7.1.11.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV erreicht oder überschritten werden.

Um nachteilige Auswirkungen auf die Stallluftqualität und die Tiergesundheit durch den Einbau einer Abluftreinigungsanlage zu verhindern, ist im Genehmigungsverfahren durch den Betreiber der raumlufttechnischen Anlage nachzuweisen, dass die Voraussetzungen zur Einhaltung der "Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung" ( Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043) in der jeweils geltenden Fassung und die DIN 18910-1 in der jeweilig geltenden Fassung erfüllt werden. Ein messtechnischer Nachweis ist nach Inbetriebnahme vorzunehmen.

5.2 Genehmigungsverfahren für mittelgroße Schweinehaltungsanlagen

Bei künftigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für zwangsbelüftete mittelgroße Schweinehaltungsanlagen entscheiden die Genehmigungsbehörden auf der Basis der konkreten Verhältnisse vor Ort, insbesondere der Immissionssituation, im Einzelfall, ob der Einbau einer Abluftreinigungsanlage zu fordern ist.

Eine solche Forderung kommt in Betracht, wenn die zulässigen Geruchsimmissionswerte der GIRL nicht eingehalten werden können, im Ergebnis einer Beurteilung nach Nummer 5 GIRL erhebliche Geruchsbelästigungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Bioaerosole festgestellt werden. Ferner ist der Einbau einer geeigneten Abluftreinigungsanlage angezeigt, wenn eine Sonderfall- bzw. Einzelfallprüfung nach Nummer 4.8 der Ta Luft ergibt, dass eine Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme, z.B. durch die Einwirkung von Ammoniak oder wegen Stickstoffdeposition, nicht ausgeschlossen werden kann.

In solchen Fällen ist im Rahmen der Beratung des Antragstellers nach § 2 Abs. 2 der Verordnung über das Genehmigungsverfahren ( 9. BImSchV) darauf hinzuweisen, dass die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens gegebenenfalls nur durch den Einsatz einer Abluftreinigungsanlage erreicht werden kann.

Um nachteilige Auswirkungen auf die Stallluftqualität und die Tiergesundheit durch den Einbau einer Abluftreinigungsanlage zu verhindern, ist im Genehmigungsverfahren durch den Betreiber der raumlufttechnischen Anlage nachzuweisen, dass die Voraussetzungen zur Einhaltung der "Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung" ( Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043) in der jeweils geltenden Fassung und die DIN 18910-1 in der jeweilig geltenden Fassung erfüllt werden. Ein messtechnischer Nachweis ist nach Inbetriebnahme vorzunehmen.

5.3 Regelungen für bestehende große Schweinehaltungsanlagen

Innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Erlasses ist für bestehende große Schweinehaltungsanlagen zu prüfen,

  1. ob die zulässigen Geruchsimmissionswerte der Geruchs-Immissionsrichtlinie für die verschiedenen Nutzungsgebiete eingehalten werden,
  2. ob die in der Ta Luft zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen aufgeführten oder nach vergleichbaren Maßstäben abgeleiteten Immissionswerte eingehalten werden und
  3. ob eine Schädigung empfindlicher Pflanzen- und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak oder wegen Stickstoffdeposition ausgeschlossen werden kann.

Ist die Einhaltung mindestens eines dieser Kriterien nicht erfüllt, ist die Installation und der Betrieb einer geeigneten Abluftreinigungsanlage innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Erlasses nachträglich anzuordnen, wenn die Anlage über eine zentrale Abluftführung (Zwangslüftung) verfügt oder diese mit

verhältnismäßigen Mitteln hergestellt werden kann, es sei denn, dass wegen besonderer Umstände im Einzelfall davon abgesehen werden kann. Derartige Umstände, die im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung bewertet werden, können etwa die bauliche Ausstattung, das nur geringfügige Überschreiten eines Immissionswertes, der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung oder die geplante Restnutzungsdauer darstellen. Einzelne Stallgebäude, die für sich gesehen 25 Prozent der Mengenschwelle der Nummern 7.1.7.1, 7.1.8.1 oder 7.1.9.1 des Anhangs 1 der 4. BImSchV nicht erreichen, sind dann nicht nachzurüsten, wenn die Nachrüstung mit einer Abluftreinigungsanlage unverhältnismäßig ist. Weiterhin kann aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine Abluftreinigungsanlage gefordert werden, die nur für einzelne Kriterien eine Zertifizierung aufweist. Den Betrieben ist eine angemessene Umsetzungsfrist nach Inkrafttreten dieses Erlasses zu gewähren.

Wenn ein Betreiber einer großen Schweinehaltungsanlage gegenüber der zuständigen Genehmigungs- und Überwachungsbehörde innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Erlasses rechtsverbindlich erklärt, dass er die Schweinehaltungsanlage innerhalb einer angemessenen Frist nach Inkrafttreten dieses Erlasses stilllegt oder die Anlagenkapazität so reduziert, dass die Anlage die Schwellenwerte der Nummern 7.1.7.1, 7.1.8.1, 7.1.9.1 des Anhangs 1 der 4. BImSchV und der Nummern 7.1.11.1 und 7.1.11.2, soweit es sich um Schweine handelt, nicht mehr erreicht und dann auf die erteilte Genehmigung insoweit rechtsverbindlich verzichtet, ist von einer nachträglichen Anordnung zur Installation und zum Betrieb einer Abluftreinigungsanlage abzusehen.

Sollten nach der o. g. Überprüfung schädliche Umwelteinwirkungen festgestellt werden, ist nach Nummer 7 zu verfahren.

Die Nummer 6.2.1 der Ta Luft ist entsprechend anzuwenden.

Die Fristen zur Einhaltung von Emissionsbegrenzungen zur Umsetzung der Durchführungsbeschlüsse der Kommission über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Industrieemissionen innerhalb von 4 Jahren nach der Veröffentlichung der jeweiligen BVT-Schlussfolgerung und die Fristen der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft bleiben von diesem Erlass unberührt.

Nummer 5.1, letzter Absatz des Erlasses ist entsprechend anzuwenden.

6 Geflügelhaltungsanlagen

In immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren ist für große und mittelgroße Geflügelhaltungsanlagen im Einzelfall im Hinblick auf die konkreten örtlichen Gegebenheiten zu entscheiden, ob die Installation einer geeigneten Abluftreinigungsanlage ein geeignetes, erforderliches und wirtschaftlich vertretbares Mittel zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen ist. Soweit im Einzelfall eine Abluftreinigung zu fordern ist, ist Nummer 5.1, letzter Absatz des Erlasses entsprechend anzuwenden.

Über die Festlegung einer allgemeinen Verpflichtung zur Installation von Abluftreinigungsanlagen wird nach Vorlage der Ergebnisse des Forschungsvorhabens des Umweltbundesamtes entschieden.

7 Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen

Werden durch den Betrieb einer Tierhaltungsanlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen, z.B. durch

ist der Einbau einer geeigneten Abluftreinigungsanlage gemäß § 17 Abs. 1 BImSchG nachträglich anzuordnen. Dies gilt auch, wenn bei einer Überschreitung der Geruchsimmissionswerte der GIRL und Beurteilung des Einzelfalls nach Nummer 5 der GIRL eine nachträgliche Anordnung in Betracht kommen würde. In der nachträglichen Anordnung ist dem Betreiber eine Umsetzungsfrist von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Erlasses aufzugeben. Wegen besonderer Umstände im Einzelfall kann von der nachträglichen Anordnung abgesehen oder eine längere Umsetzungsfrist festgelegt werden. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit kann auch eine Abluftreinigungsanlage gefordert werden, die nur für einzelne Kriterien eine Zertifizierung aufweist.

Sofern mehrere Verursacher, unabhängig von der Anlagengröße, zu der Überschreitung von Immissionswerten beitragen, ist auch die nachträgliche Anordnung gegenüber mehreren Betreibern zu prüfen.

8 Überwachung/Messung

Der Einsatz einer Abluftreinigungsanlage entbindet den Betreiber nicht von der Verpflichtung zu regelmäßig wiederkehrenden Messungen durch bekannt gegebene Stellen nach § 29b BImSchG.

Bei Tierhaltungsanlagen sind in die Genehmigung bzw. die nachträgliche Anordnung Regelungen zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Abluftreinigungsanlage aufzunehmen. Die Einhaltung der Anforderungen an die Wirksamkeit der Abluftreinigungsanlagen hinsichtlich der Komponenten Staub, Ammoniak und Geruch sind durch erstmalige und wiederkehrende Messungen jeweils nach Ablauf von drei Jahren (vergleiche Nummer 5.3.2.1 Ta Luft) durch eine nach § 29b BImSchG bekannt gegebene Stelle nachzuweisen. Die Messungen sollen dabei jeweils im Zeitraum der höchsten Emissionen der Anlage durchgeführt werden. Der ordnungsgemäße Betrieb der Abluftreinigungsanlage ist ferner über ein elektronisches Betriebstagebuch zu dokumentieren, in dem die für den Betrieb wesentlichen Daten/Parameter festzuhalten sind.

Durch eine nach § 29b BImSchG bekannt gegebene Stelle ist die Funktionsfähigkeit und der ordnungsgemäße Betrieb der Abluftreinigungsanlage regelmäßig zu überwachen. Die Funktionsprüfung umfasst mindestens die Parameter: Auslastung der Anlage, Reingasfeuchte, pH-Wert und Abschlämmrate bei Wäschern sowie die Prüfung, ob der Rohgasgeruch reingasseitig wahrnehmbar ist. Der Anlagenbetreiber hat die Ergebnisse der jährlichen Funktionsprüfung inklusive der Auswertung des elektronischen Betriebstagebuchs der zuständigen Behörde spätestens einen Monat nach Abschluss der Prüfung zu übermitteln.

Der zuständigen Behörde ist der Abschluss eines Wartungsvertrags nachzuweisen. Danach ist regelmäßig, mindestens jährlich, eine fachgerechte Wartung an der Abluftreinigungsanlage durchzuführen und gegenüber der Behörde nachzuweisen.

9 Bioaerosole

Die von Tierhaltungsanlagen emittierten luftgetragenen Partikel wie Pilzsporen, Bakterien, Viren, Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte können grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit der benachbarten Anwohner einer Anlage einzuwirken.

In der Ta Luft sind Immissionswerte zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen hinsichtlich Bioaerosole nicht festgelegt.

Im Hinblick auf Vorsorgeanforderungen bei der Errichtung von Tierhaltungsanlagen wird in Nummer 5.4.7.1 der Ta Luft ausgeführt: "Die Möglichkeiten, die Emissionen an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern, sind zu prüfen."

Eine Risikobewertung und die Festlegung möglicherweise erforderlicher Maßnahmen bezüglich Bioaerosolemissionen aus immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen kann daher nur auf der Basis der Umstände des konkreten Einzelfalls im Rahmen einer Sonderfallprüfung nach Nummer 4.8 Ta Luft erfolgen.

Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für Tierhaltungsanlagen ist in Bezug auf Bioaerosole wie folgt vorzugehen:

Zunächst ist festzustellen, ob hinreichende Anhaltspunkte für eine mögliche gesundheitliche Beeinträchtigung durch Bioaerosole vorliegen. Hinweise für das Erfordernis einer Prüfung potenzieller Bioaerosolbelastungen können z.B. sein:

Ergeben sich anhand der oben genannten Kriterien Anhaltspunkte, ist durch eine Ausbreitungsrechnung der Gesamtstaubanteil als PM 10 zu bestimmen und der Irrelevanzwert der Ta Luft (1,2 µg/m3) als Bewertungsmaßstab heranzuziehen.

Sollte dieser Wert überschritten werden, fordert die Genehmigungsbehörde ein Gutachten zur weiteren Feststellung, ob die in Tabelle 1 genannten Orientierungswerte eingehalten sind. Ergibt dieses Gutachten eine Überschreitung der Orientierungswerte, ist eine vertiefende Prüfung im Genehmigungsverfahren in Form eines Sachverständigengutachtens erforderlich.

Auf die Forderung eines Sachverständigengutachtens im Genehmigungsverfahren kann verzichtet werden, wenn der Antragsteller für die Tierhaltungsanlage den Einbau einer Abluftreinigungsanlage zur Minderung von Staubemissionen vorgesehen hat und diese verbindlich in der Genehmigung festgeschrieben wird. Die Fachwelt geht davon aus, dass Anlagen zur Verminderung von Staubemissionen, deren Wirksamkeit nachgewiesen ist, auch zur Minderung von Bioaerosolen geeignet sind.

Tabelle 1

Bioaerosole: Leitparameter und Orientierungswerte (Jahresmittel)
Bakterien Bestimmungsgrenze Faktor Orientierungswert
Staphylococcus aureus 80 KBE/m3 3 240 KBE/m3
Staphylokokken 80 KBE/m3 3 240 KBE/m3
Enterokokken 80 KBE/m3 3 240 KBE/m3
Enterobacteriaceen 80 KBE/m3 3 240 KBE/m3
Bestimmungsgrenze: gemäß Probenahmeverfahren VDI 4252 Blatt 3 und Nachweisverfahren VDI 4253 Blatt 3

10 Schlussbestimmungen

Die Genehmigungsanforderungen des Erlasses sind in den laufenden Genehmigungsverfahren anzuwenden, in denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Erlasses nicht kein vollständiger Genehmigungsantrag im Sinne des § 7 der 9. BImSchV vorgelegen hat. Sollte bereits ein vollständiger Genehmigungsantrag vorliegen, gelten für diese Anlagen die Regelungen für bestehende anlagen. Die Betreiber sollten im Genehmigungsverfahren auf die Regelungen für den Bestand hingewiesen werden.

Der Erlass tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung in Kraft.

ENDE

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