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Regelwerk, Techn. Regeln, AMR

AMR 13.1 - Tätigkeiten mit extremer Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen können
Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR)

Vom 30. Oktober 2012
(GMBl. Nr. 65/66 vom 27.12.2012 S. 1293; 02.12.2013 S. 97aufgehoben)


Zur aktuellen Fassung

Gemäß § 9 Absatz 4 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge macht das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die anliegende vom Ausschuss für Arbeitsmedizin beschlossene Arbeitsmedizinische Regel bekannt:

Die Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) geben den Stand der Arbeitsmedizin und sonstige gesicherte arbeitsmedizinische Erkenntnisse wieder. Sie werden vom

Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed)

ermittelt oder angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben.

Diese AMR konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen des § 4 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 3 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Bei Einhaltung der AMR kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens denselben Sicherheits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.

1. Vorwort

Diese AMR konkretisiert den Begriff "extreme Hitzebelastung" und beschreibt beispielhaft Tätigkeiten, die durch diese Belastung zu einer besonderen Gefährdung führen können. Arbeitgeber haben für Beschäftigte, die einer extremen Hitzebelastung ausgesetzt sind, arbeitsmedizinische Pflichtuntersuchungen zu veranlassen (§ 4 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 3 Absatz 1 Nummer 1 ArbMedVV).

Treten an Arbeitsplätzen jahreszeitlich bedingte Temperaturschwankungen auf, so sind diejenigen Temperaturen zu berücksichtigen, wie sie üblicherweise in der warmen Jahreszeit auftreten.

Extreme Außentemperaturen erfordern primär arbeitsorganisatorische Maßnahmen und lösen grundsätzlich nicht das Erfordernis einer Pflichtuntersuchung aus.

2. Begriffsbestimmungen und Erläuterungen

Extreme Hitze im Sinne dieser AMR ist ein Klimazustand, bei dem aufgrund äußerer Wärmebelastung die Abfuhr der vom Körper erzeugten Wärme erschwert ist. Sie wird als klimatischer Einfluss bestehend aus Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit und Wärmestrahlung verstanden, der durch Klimasummenmaße beschrieben werden kann. Klimasummenmaße sind errechnete Größen, die jeweils mehrere der zuvor genannten Messparameter berücksichtigen.

Die Normal-Effektivtemperatur (NET, °C) ist ein ermittelter Zahlenwert für die Temperaturempfindung von Personen mit Straßenbekleidung, wobei die Lufttemperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Luftgeschwindigkeit, jedoch nicht die Wärmestrahlung berücksichtigt werden. Zur Ermittlung der Normal-Effektivtemperatur werden zunächst die Lufttemperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Luftgeschwindigkeit gemessen, anschließend wird mithilfe eines Nomogramms die Feuchttemperatur ermittelt. Dann wird die Normal-Effektivtemperatur aus der Lufttemperatur und der Feuchttemperatur mithilfe eines Nomogramms nach Yaglou ermittelt [ 2] und [ 4].

Die Effektive Bestrahlungsstärke (W/m2) berücksichtigt ausschließlich die Wärmestrahlung. Sie kann direkt mit geeigneten Messgeräten gemessen werden.

Die Mittlere Strahlungstemperatur ist eine Größe, die zur Kennzeichnung der Wärmestrahlung benutzt wird. Sie wird aus der Effektiven Bestrahlungsstärke bestimmt.

Ein deutlicher Wärmestrahlungsanteil liegt vor, wenn die Mittlere Strahlungstemperatur oberhalb der mit einem Trockenthermometer gemessenen Temperatur liegt.

Arbeit in "extremer Hitze, die zu einer besonderen Gefährdung führen kann", ergibt sich aus der Kombination von klimatischem Einfluss, Arbeitsbekleidung, Arbeitsschwere und -dauer.

3. Arbeitsmedizinisch-physiologische Grundlagen

Hohe Umgebungstemperaturen und körperliche Arbeit erfordern eine Wärmeabgabe des Körpers, weil eine Temperaturkonstanz im Körper erforderlich ist. Die Wärmeabgabe wird durch Kleidung, insbesondere auch durch Hitzeschutzkleidung, behindert.

Wesentlichen Anteil an der Wärmeabgabe hat die durch Schweißabgabe produzierte Verdunstungskälte auf der Haut, deren Bildung durch gesteigerten Luftaustausch auf der Körperoberfläche gefördert wird. Durch eine hohe Luftfeuchtigkeit und eine geringe Luftbewegung wird die Wärmeabgabe behindert.

Allgemeine Folgen der Hitzebelastung sind zunächst eine vermehrte Beanspruchung des Herz-Kreislauf-Systems, ein erheblicher Flüssigkeitsverlust und ein Nachlassen der Aufmerksamkeit. Hierdurch kann die Unfallhäufigkeit steigen. Auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist unbedingt zu achten. Geeignete Getränke sind Trink- und Mineralwasser (nur wenig Kohlensäure) sowie ungesüßter Tee. Die zusätzliche Gabe von Elektrolyten in fester oder gelöster Form ist in der Regel nicht erforderlich. Übermäßige Wärmebelastung über längere Zeiträume führt schließlich zur Hitzeerschöpfung durch Flüssigkeitsverminderung und Elektrolytverlust, zum Hitzekollaps (generalisierte Gefäßerweiterung mit Schwindel und Schwäche) und zum Hitzschlag (ZNS-Schädigung durch Hirnödem), der sich insbesondere in Verbindung mit schwerer körperlicher Arbeit entwickelt. Der Hitzschlag endet häufig tödlich. Deswegen sollen grundsätzlich Körpertemperaturen von 38 °C nur kurzfristig, von 39 °C nicht überschritten werden [ 7].

Bei akuten Erkrankungen kann die Hitzetoleranz vermindert sein.

4. Kriterien für die Veranlassung von Pflichtuntersuchungen

Mithilfe der in 4.1 bis 4.4 beschriebenen Prüfungsabfolge sollen die betrieblich Verantwortlichen in die Lage versetzt werden, praxisnah und möglichst ohne Inanspruchnahme externer Fachleute oder messtechnischer Dienste die Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich extremer Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen kann, am Arbeitsplatz durchzuführen und die Indikation zur Veranlassung von Pflichtuntersuchungen zu stellen.

4.1 Arbeitsverfahren/-bereiche, bei denen eine Belastung mit extremer Hitze vorliegt

Tätigkeiten mit extremer Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen kann, können bereits vorliegen, wenn schon bei körperlicher Ruhe in der kühlen Jahreszeit über einen Zeitraum von circa zwei bis drei Stunden pro Schicht die Regulation der Körpertemperatur über Schwitzen erfolgt [ 8]. Dies allein ist jedoch kein Kriterium für die Veranlassung von Pflichtuntersuchungen.

Insbesondere bei folgenden Tätigkeiten liegt nach arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Erfahrungen eine extreme Hitzebelastung vor, die zu einer besonderen Gefährdung führen kann:

4.2 Anhaltspunkte zur Beurteilung weiterer Tätigkeiten

Abgesehen von den unter Punkt 4.1 aufgeführten Tätigkeiten gibt es weitere Tätigkeiten mit extremer Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen können. Um diese zu ermitteln, ist zu prüfen, ob mindestens einer der folgenden Parameter vorliegt:

Bei Vorliegen eines Parameters ist bereits bei leichter bis mittelschwerer Tätigkeit eine Pflichtuntersuchung zu veranlassen.

4.3 Beurteilung über Klimasummenmaße

Ist der zu begutachtende Arbeitsplatz nicht eindeutig einem der in 4.1 beschriebenen Arbeitsbereiche zuzuordnen oder herrschen abweichende Bedingungen von denen in 4.2 genannten vor, sind als Beurteilungskriterien die Normal-Effektivtemperatur oder die effektive Bestrahlungsstärke heranzuziehen.

Extreme Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen kann, liegt an Arbeitsplätzen ohne deutlichen Wärmestrahlungsanteil vor,

Extreme Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen kann, liegt an Arbeitsplätzen mit deutlichem Wärmestrahlungsanteil vor,

Extreme Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen kann, liegt unabhängig von der Normal-Effektivtemperatur auch an Arbeitsplätzen vor, an denen in Abhängigkeit von der Arbeitsschwere die in der nachfolgenden Tabelle genannten Bestrahlungsstärken erreicht werden:

Arbeitsenergieumsatz
AU [W]
Expositionszeit *
< 15 Min.
Expositionszeit *
15-30 Min.
Expositionszeit *
31-60 Min.
Stufe 1: 100 W 1000 W/m2 500 W/m2 300 W/m2
Stufe 2: 200 W 750 W/m2 300 W/m2 200 W/m2
Stufe 3: 300 W 500 W/m2 200 W/m2 100 W/m2
Stufe 4: > 300 W 250 W/m2 100 W/m2 35 W/m2
*) ununterbrochene Expositionszeit

5. Literatur und sonstige Hinweise:

Die Literaturangaben und sonstigen Hinweise dienen allein der Information. Sie sind von der Vermutungswirkung nach § 3 Absatz 1 Satz 2 ArbMedVV ausgenommen.

[ 1] Klima-Bergverordnung vom 9. Juni 1983 (BGBl. I S. 685).

[ 2] Berufsgenossenschaft Holz und Metall (ehemals Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft; Hrsg.): BG-Information "Hitzearbeit; Erkennen - beurteilen - schützen" ( BGI 579; November 2008).

[ 3] Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (Hrsg.): DGUV-Information "Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 30 'Hitze'" ( BGI/GUV-I 504-30; Februar 2010).

[ 4] Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg.): DIN 33403-3 "Klima am Arbeitsplatz und in der Arbeitsumgebung; Beurteilung des Klimas im Warm- und Hitzebereich auf der Grundlage ausgewählter Klimasummenmaße".

[ 5] Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg.): DIN EN 27726 "Umgebungsklima; Instrumente und Verfahren zur Messung physikalischer Größen".

[ 6] Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg.): DIN-Fachbericht 128 "Klima am Arbeitsplatz und in der Arbeitsumgebung - Grundlagen zur Klimaermittlung".

[ 7] Landau/Pressel: Gesundheitliche Folgen der Hitzearbeit, in: Medizinisches Lexikon der beruflichen Belastungen und Gefährdungen, Gentner Verlag, Stuttgart 2004, S. 361 ff.

[ 8] Seidel/Bittighofer: Hitzearbeit in: Checkliste Arbeits- und Betriebsmedizin, Thieme Verlag, Stuttgart 1997, S. 434.

ENDE

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