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Beschluss 9/2023 - Empfehlung des ABAS bei Tätigkeiten mit Poliovirusinfiziertem und/oder potenziell infektiösem Material einschließlich der sicheren Lagerung von Polioviren in Laboratorien
Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS)
Vom 24. Mai 2023
(Quelle: www.baua.de)
Ersetzt ABAS- Beschluss 605
1 Allgemeines
1.1 Eradikationsstrategie der WHO
(1) Deutschland ist 1997 der globalen Polioeradikationsinitiative der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beigetreten und hat sich somit unter anderem verpflichtet, alle Maßnahmen zur Erhaltung der Poliofreiheit zu unterstützen. Die Einschließung von Polioviren (PV) und potenziell infektiösem Material (PIM) in ein Containment ist dabei ein wichtiger Baustein. Mit Erreichen der angestrebten globalen Eradikation wird poliovirushaltiges Material, mit dem in Laboren umgegangen wird, die einzige verbliebene Infektionsquelle sein und muss entsprechend schon jetzt sicher gelagert oder vernichtet werden.
(2) Die WHO hat einen Aktionsplan erstellt, in dem das Containment näher geregelt wird (GAPIV - Global Action Plan to minimize poliovirus facilityassociated risk after typespecific eradication of wild polioviruses and sequential cessation of oral polio vaccine use).
1.2 Stand der Eradikation
(1) Poliowildviren Typ 1 (WPV1) sind in Afghanistan und Pakistan weiterhin endemisch. Einträge in andere Länder sind möglich und dokumentiert 1.
(2) Poliowildviren Typ 2 (WPV2) konnte die WHO im September 2015 als eradiziert zertifizieren. Seit April 2016 ist die orale Poliovakzine Typ 2 (OPV2) weltweit nicht mehr Teil des Schluckimpfstoffs. Daher gelten aktuell für diesen Typ andere Vorgaben für einen Umgang und damit verbundenen Fristen als für Polioviren Typ 1 und 3. Zur Bekämpfung von Ausbrüchen Impfstoffabgeleiteter Polioviren Typ 2 (Vaccine derived poliovirus 2, VDPV2), wird per Notfallzulassung derzeit auch der neue, genetisch stabilere nOPV2-Impfstoff eingesetzt.
(3) Poliowildviren Typ 3 (WPV3) wurden durch die WHO im Oktober 2019 als weltweit eradiziert zertifiziert. Die Typ-3-Komponente wird jedoch vorerst Bestandteil des bivalenten (Typ 1 und 3) oralen Lebendimpfstoffs (OPV) bleiben. Entsprechend dem VDPV2 gibt es zirkulierende VDPV1 und VDPV3.
1.3 Gesetzliche Grundlage in Deutschland
(1) Die nationalen Anforderungen an das Containment für den Umgang mit Polioviren erhielten im Juli 2017 mit dem § 50a des Infektionsschutzgesetzes ( IfSG) eine gesetzliche Grundlage. Damit werden wichtige Elemente des GAPIV umgesetzt. Jedes Labor muss nun der zuständigen Behörde (i.d.R. das lokale Gesundheitsamt) unverzüglich anzeigen, ob es im Besitz von Polioviren ist oder über potenziell infektiöses Material (PIM) verfügt, welches möglicherweise Polioviren enthält. Diese Angaben sind stets aktuell zu halten. Die zuständige Behörde übermittelt die Daten unverzüglich der obersten Landesgesundheitsbehörde, die sie unverzüglich der Geschäftsstelle der Nationalen Kommission für die Polioeradikation beim Robert Koch-Institut weiterleitet.
(2) Polioviren des Typ 2 umfassen WPV2, OPV2/nOVP2 und VDPV2, sowie potenziell infektiöses Material (PIM), das möglicherweise Polioviren des Typ 2 enthält. Polioviren des Typ 2 darf nur eine zentrale Einrichtung besitzen, die eine Zulassung für den Besitz von Polioviren hat (sogenannte polio essential facilities, PEF). Ein PEF existiert in Deutschland derzeit nicht, diese sollen nach Ansicht der WHO weltweit auf nur wenige Institute beschränkt sein.
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) wurde mit § 50a des IfSG ermächtigt, das Containment auf Polioviren Typ 1 und 3 auszuweiten, sobald die WHO dies in Abhängigkeit vom Stand der globalen Polioeradikation empfiehlt. Da die Typ-3-Komponente vorerst Bestandteil des bivalenten (Typ 1 und 3) oralen Lebendimpfstoffs (OPV) bleiben wird, liegt der initiale Fokus des Containments auf WPV3-infektiösem Material, Impfstoffabgeleiteten Polioviren des Typ 3 (VDPV3) und potenziell infektiösem PV3-Material (PIM). Somit sind Tätigkeiten mit diesen Materialien (WPV3 und VDPV3) außerhalb einer zugelassenen zentralen Einrichtung unzulässig. Eine entsprechende Rechtsverordnung für den § 50a des IfSG trat 2021 in Kraft.
(4) Das Containment betrifft alle Labore, unabhängig von der Fachrichtung, die humane Materialien insbesondere Stuhlproben, Rachenabstriche und Abwasserproben lagern, die aus geografischen Regionen bzw. Zeiten stammen, in denen WPV (Typ 2 und 3) oder VDPV (Typ 2 und 3) zirkulierten bzw. mit Lebendimpfstoff (OPV2; trivalenter OPV) geimpft wurde, da diese Materialien potenziell Polioviren enthalten können (PIM).
(5) Die Diagnostik von Poliovirusinfektionen muss weiterhin gewährleistet sein (Meldepflicht gemäß IfSG § 6 oder § 7
(Stand: 21.02.2024)
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