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Beschluss 604 Sicherheitstechnische Anforderungen bei der Milzbranddiagnostik
Beschluss des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS)
(Ausgabe: April 2002
BArbBl. 4/2002 S. 139; 3/2003 S. 59 03; 12.02.2014 S. 72aufgehoben)
Der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS) hat zur Konkretisierung der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen folgende Erkenntnisse ermittelt und Regelungen beschlossen.
Dieser Beschluss gilt für Tätigkeiten im Rahmen diagnostischer Orientierungsuntersuchungen und bei der gezielten Identifizierung von Bacillus anthracis aus milzbrandverdächtigen Proben mit bioterroristischem Hintergrund.
In den USa wurden mit Milzbranderregern (Endosporen von Bacillus anthracis) kontaminierte Postsendungen verschickt, die auch zu Infektionen bei Menschen geführt haben. In Deutschland traten ebenfalls verdächtige Gegenstände - insbesondere Postsendungen - auf. Obwohl bisher in diesen Fällen keine Milzbranderreger festgestellt wurden, muss jeweils eine Abklärung des Verdachts erfolgen. Dadurch können in erhöhtem Umfang labordiagnostische Untersuchungen auf Milzbranderreger erforderlich werden.
3. Gefährdungsbeurteilung und Zuordnung zu Schutzstufen
Der Milzbranderreger ist nach der RL 2000/54/EG in die Risikogruppe 3 eingestuft. Er kann beim Menschen schwerwiegende Erkrankungen wie Haut-, Darm- und Lungenmilzbrand hervorrufen. Hautmilzbrand kann durch Hautkontakt (Verletzungen) hervorgerufen werden.
Darmmilzbrand wird durch orale Aufnahme der Erreger verursacht. Die Gefahr dieser Erkrankung durch Tätigkeiten in Laboratorien ist deshalb gering.
Der durch die Inhalation von Milzbrandendosporen hervorgerufene Lungenmilzbrand ist nur schwer behandelbar und führt bei verspäteter Diagnose in den meisten Fällen zum Tode. Eine hohe Gefährdung der Beschäftigten besteht deshalb bei pulverförmigen, verstäubbaren Proben, die leicht über den Luftweg übertragen werden und zu einer Kontamination der Umgebung führen können. Dies gilt auch für Gegenstände, die mit diesen Pulvern kontaminiert sind.
(2) Bei Tätigkeiten in Laboratorien ist zu unterscheiden zwischen
Zur diagnostischen Orientierungsuntersuchung gehören die Anfertigung und Beurteilung von mikroskopischen Präparaten, das Anlegen und Beurteilen von Kulturen sowie ggf. serologische und molekular- biologische Untersuchungen unmittelbar am Untersuchungsmaterial.
Zur weiterführenden Diagnostik gehören die endgültige Differenzierung (Ausschluss bzw. Bestätigung von Milzbranderregern) der in der Primärkultur gewachsenen, verdächtigen Bakterien mit Hilfe mikrobiologischer, biochemischer und molekularbiologischer Techniken sowie der diagnostische Tierversuch.
(3) Tätigkeiten nach Absatz 2 Nummer 1 sind nicht gezielte Tätigkeiten im Sinne der Biostoffverordnung. Die diagnostische Orientierungsuntersuchung von Proben menschlichen oder tierischen Ursprungs wie Abstrichen, Blut etc. wird der Schutzstufe 2 zugeordnet. Die diagnostische Orientierungsuntersuchung von verdächtigen Materialien, die Milzbrandendosporen enthalten können, wird der Schutzstufe 3 zugeordnet.
(4) Tätigkeiten nach Absatz 2 Nummer 2 sind der Schutzstufe 3 zuzuordnen.
4 Schutzmaßnahmen
4.1 Laborausstattung
(1) Laboratorien, in denen gezielte bzw. nicht gezielte Tätigkeiten der Schutzstufe 3 durchgeführt werden, müssen mindestens den Anforderungen der Schutzstufe 3 nach Anhang II BioStoffV entsprechen und alle dort benannten Sicherheitsmaßnahmen erfüllen. Die entsprechenden Regelungen der TRBa 100 sind zu berücksichtigen. Die Anforderungen nach 5.1 Abs. 2 hinsichtlich des Atemschutzes sowie die Anforderungen nach 5.1 Abs. 3 und 5.2 gelten zusätzlich.
(2) Laboratorien, in denen nicht gezielte Tätigkeiten der Schutzstufe 2 durchgeführt werden, müssen mindestens den Anforderungen der Schutzstufe 2 nach Anhang II BioStoffV entsprechen. Die entsprechenden Regelungen der TRBa 100 sind zu berücksichtigen.
4.2 Persönliche Voraussetzungen
Es ist sicherzustellen, dass die speziellen Fachkenntnisse, die für die sachgerechte Durchführung der Milzbranddiagnostik erforderlich sind, vorliegen. Hierzu kann eine Einweisung durch qualifizierte Mitarbeiter/innen eines Referenz- oder Konsiliarlabors i.S.v. Nummer 4.3 Abs. 4 zur Harmonisierung des Wissensstandes sowie zur Abstimmung der Methoden und verwendeten Diagnostika erforderlich sein.
4.3 Organisatorische Maßnahmen
(1) Gezielte sowie nicht gezielte Tätigkeiten der Schutzstufe 3 zum Nachweis des Milzbranderregers sind bei der zuständigen Behörde anzuzeigen ( § 13 Abs. 1 und 2 BioStoffV). Eine gesonderte Anzeige ist nicht erforderlich, wenn bereits eine Anzeige über Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 3 erfolgt ist und es sich um eine auf Milzbranddiagnostik spezialisierte Einrichtung im Sinne von Absatz 4 handelt.
(2) Über die Beschäftigten, die Tätigkeiten nach Absatz 1 ausführen, ist ein Verzeichnis zu führen ( § 13 Abs. 3 und 4 BioStoffV).
(3) Tätigkeiten, die dem Nachweis des Milzbranderregers dienen, sind nach § 44 IfSG bzw. §§ 2-7 TierseuchenerregerVO erlaubnispflichtig.
(4) Im Rahmen der diagnostischen Orientierungluntersuchung positiv befundete Proben und Isolate sind zur Bestätigung des Befundes unverzüglich an ein Referenz- bzw. Konsiliarlabor abzugeben.
4.4 Zusätzliche Maßnahmen
(1) Der Transport, die Anlieferung sowie die Aufbewahrung verdächtiger Proben bzw. Materialien hat unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen zu erfolgen, um eine Kontamination der Umgebung zu verhindern. Es ist insbesondere sicherzustellen, dass eine Verschleppung von Probenmaterial oder eine Kontamination von Menschen und Gegenständen auch während des innerbetrieblichen Transports ausgeschlossen wird. Ggf. sind zentrale Annahmestellen einzurichten, in denen die Proben bzw. kontaminierten Gegenstände vor dem Weitertransport bei Bedarf äußerlich desinfiziert und in geeignete Behältnisse verpackt werden können. Den dort Beschäftigten ist geeignete Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen.
(2) Der Transportweg ist so kurz wir möglich zu halten. Ein Transport durch Klinikbereiche ist zu vermeiden.
(3) Um Missbrauch zu verhindern, müssen Milzbranderreger sowie Proben, die Milzbrandendosporen enthalten oder enthalten können, unter Verschluss aufbewahrt werden.
5 Spezielle Regelungen bei der Gefahr möglicher bioterroristischer Anschläge 03
(1) Bei der bestehenden möglichen Gefährdung durch bioterroristische Anschläge kann es aufgrund eines stark erhöhten Probenumfangs zu Kapazitätsengpässen in den auf die Milzbranddiagnostik spezialisierten Laboratorien i.S.d. Nummer 4.3 Abs. 4 kommen, so dass die erforderliche zeitnahe Diagnostik nicht immer gewährleistet werden kann. In diesen Fällen kann die zuständige Behörde nach § 14 Abs. 1 BioStoffV im Einzelfall eine Ausnahme von den Anforderungen der Nr. 4.1 Abs. 1 für die diagnostische Orientierungsuntersuchung von verdächtigen Materialien erteilen. Für die Erteilung einer Ausnahme hält der ABAS die unter 5.1 und 5.2 genannten Mindestanforderungen für erforderlich.
(2) Die Ausnahme sollte zeitlich befristet erteilt werden.
(3) Vor Erteilung der Ausnahmegenehmigung muss eine entsprechende Erlaubnis nach § 44 IfSG bzw. §§ 2-7 Tierseuchenerreger-VO vorliegen.
5.1 Technische und organisatorische Anforderungen
(1) Die Regelungen der Nummern 4.2 bis 4.4 gelten uneingeschränkt.
(2) Die Laboratorien müssen grundsätzlich den Anforderungen der Schutzstufe 3 nach Anhang II BioStoffV entsprechen. Die entsprechenden Regelungen der TRBa 100 sind zu berücksichtigen. Abgewichen werden kann im Falle der Ausnahme nach 5 (1) von der Forderung
(3) Zusätzlich zu den Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 gilt folgendes:
5.2 Persönliche Schutzausrüstungen
Folgende persönliche Schutzausrüstungen sind zu verwenden:
ENDE
(Stand: 20.08.2018)
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