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Beschluss des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS)
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ABAS 608 - Empfehlung spezieller Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch hochpathogene aviäre Influenzaviren (Klassische Geflügelpest, Vogelgrippe)
Ausgabe: Februar 2006
aufgehoben
Archiv : 2003
Der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS) hat zur Konkretisierung der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung - BioStoffV) zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch hochpathogene aviäre Influenzaviren (Klassische Geflügelpest, Vogelgrippe) folgende Erkenntnisse ermittelt und spezielle Maßnahmen beschlossen.
1. Allgemeines
Vogelgrippe ist die Sammelbezeichnung für Viruserkrankungen von Vögeln, die durch unterschiedliche aviäre Influenzaviren hervorgerufen werden können. Zu den Erregern der Vogelgrippe gehören dabei sowohl niedrig pathogene als auch hochpathogene Viren. Die durch hochpathogene Erreger verursachte, sehr verlustreich verlaufende Vogelgrippe wird auch als Klassische Geflügelpest bezeichnet. Die im vorliegenden Beschluss festgelegten Maßnahmen dienen dem Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch die hochpathogenen Erreger der Klassischen Geflügelpest.
Die Klassische Geflügelpest ist eine akute, äußerst ansteckende Viruserkrankung, die bei allen Geflügelarten auftritt und durch unterschiedliche Influenza-A-Viren der Subtypen H5 oder H7 verursacht werden kann. Die 2003 in Europa aufgetretene Geflügelpest war auf das Influenza-A-Virus des Subtyp H7N7 zurückzuführen. Die seit 2004 vermehrt in Südostasien und nachfolgend in Osteuropa auftretenden erhöhten Todesfälle von Wild- und Hausgeflügel werden u.a. auch durch das hochpathogene aviäre Influenzavirus vom Subtyp H5N1 verursacht.
Im Jahre 2003 wurden aufgrund Geflügelpest bedingter Erkrankungen von Beschäftigten sowie eines Todesfalles Empfehlungen zur Konkretisierung der Biostoffverordnung bei Tätigkeiten mit entsprechender Gefährdung erarbeitet, die an die aktuelle Situation im Jahre 2005 angepasst werden.
2. Anwendungsbereich
Der Beschluss gilt für Tätigkeiten, bei denen Beschäftigte in direkten Kontakt mit hochpathogenen aviären Influenzaviren (Erregern der Klassischen Geflügelpest, Vogelgrippe) kommen können.
Der Beschluss gilt nicht für Tätigkeiten mit diesen Erregern in Forschungs- oder Diagnostiklaboratorien. Hier findet die TRBa 100 "Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" (BArbBl. 4/2002 S. 122) Anwendung.
3. Begriffsbestimmungen
Direkter Kontakt mit Erregern der Geflügelpest ist gegeben,
Als direkter Kontakt gilt auch der Aufenthalt in Tierhaltungsbereichen mit labordiagnostisch gesicherter Geflügelpest (wenn nicht sachgerecht desinfiziert wurde, bis 6 Wochen nach Ausstallung betroffener Tiere)
4. Gefährdungssituation
Der Erreger der Klassischen Geflügelpest gehört zu den Influenza-A-Viren der Familie der Orthomyxoviridae. Die hochpathogenen aviären Influenzaviren werden in die Risikogruppe 3 eingestuft.
4.1 Übertragungswege
Infizierte Tiere scheiden das Virus in hohen Konzentrationen mit allen Körpersekreten (Kot, Speichel, Tränenflüssigkeit) aus, wobei insbesondere der Kot eine hohe Infektiosität aufweist.
Nach derzeitigen Erkenntnissen kann die Übertragung auf den Menschen sowohl aerogen als auch durch Schmierinfektionen über die Schleimhäute erfolgen. Ein direkter Kontakt mit den infizierten Tieren, deren Ausscheidungen oder kontaminierten Produkten bzw. Materialien erscheint für eine Übertragung erforderlich zu sein. Eine indirekte Übertragung über die Luft ist bei starker Staubentwicklung ebenfalls möglich.
4.2 Beurteilung der Infektionsgefährdung
Die Infektionsgefährdung von Beschäftigten wird durch den auftretenden biologischen Arbeitsstoff (z.B. Risikogruppe, Übertragungswege, Infektionsdosis), die vorliegende Konzentration und die Art der Tätigkeit bestimmt.
Das Risiko einer Infektion kann für den gesunden Menschen im Allgemeinen als gering angesehen werden. Eine Gefährdung stellt allerdings der direkte Kontakt mit infizierten oder an Geflügelpest verendeten Tieren und ihren Ausscheidungen sowie mit kontaminierten Produkten und Materialien dar. Tätigkeiten mit einem möglichen direkten Kontakt zu dem Erreger sind möglich:
Es handelt sich nach Biostoffverordnung in der Regel um nicht gezielte Tätigkeiten, wobei in der Forschung auch gezielte Tätigkeiten mit dem Erreger gegeben sein können.
Da eine Übertragung der Krankheit von Mensch zu Mensch prinzipiell nicht ausgeschlossen werden kann, könnte eine Gefährdung auch bei einem direkten Kontakt mit Menschen, bei denen ein bestätigter Erkrankungsfall oder der Verdacht einer
Erkrankung vorliegt, möglich sein. Gefährdende Tätigkeiten könnten deshalb auch bei der Untersuchung, Behandlung und Pflege sowie beim Transport dieser Personen anfallen.
Bei der Lebensmittelherstellung (Geflügelschlachtung und -verarbeitung) besteht keine Infektionsmöglichkeit, da an der Klassischen Geflügelpest erkranktes Geflügel in der Europäischen Union nicht in die Schlachtung gelangen darf (Bericht des ABAS "Gefährdung bei nicht gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen bei der Lebensmittelherstellung, BArbBl. 6/2005).
5. Schutzmaßnahmen
Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Schutzmaßnahmen zum Schutz vor Geflügelpest-Erregern einschließlich der persönlichen Schutzausrüstungen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzulegen und zu treffen. Er kann bei der Einhaltung der speziellen Maßnahmen dieses Beschlusses davon ausgehen, dass er die Anforderungen der Biostoffverordnung zum Schutz vor einer Gefährdung durch den Erreger der Klassischen Geflügelpest erfüllt. Die Beschäftigten haben die erforderlichen Schutzmaßnahmen einzuhalten und Schutzvorrichtungen sowie die persönlichen Schutzausrüstungen bestimmungsgemäß zu verwenden.
5.1 Maßnahmen bei direktem Kontakt mit erkrankten oder krankheitsverdächtigen Tieren
5.1.1 Technische Maßnahmen
Beim Umgang mit erkrankten oder krankheitsverdächtigen Tieren und kontaminierten Tiermaterialien (z.B. Körperteile, Körpergewebe, Blut, Gefieder und Ausscheidungen von Tieren, einschließlich der benutzten Einstreu) sowie bei der Tötung erkrankter Tiere und bei Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten ist darauf zu achten, dass Staubentwicklung und andere Aerosolbildungen vermieden bzw. minimiert werden. Eine Möglichkeit hierzu ist die Tötung der Tiere durch Flutung der Ställe mit CO2. Die getöteten Tierbestände sollten mittels feiner Wassernebel befeuchtet und die anschließende Sammlung und Entsorgung sollte mechanisiert durchgeführt werden.
Der Transport der getöteten Tiere soll in dicht schließenden Behältern erfolgen. Die Freisetzung von Staub oder anderen Aerosolen ist zu vermeiden. Wenn beim Entladen mit Staub gerechnet werden muss und dadurch Beschäftigte gefährdet werden können, ist die persönliche Schutzausrüstung nach Nummer 5.1.2 zur Verfügung zu stellen.
5.1.2 Hygiene- und organisatorische Maßnahmen, persönliche Schutzausrüstung
Tierhaltungsbereiche, in denen sich erkrankte oder krankheitverdächtige Tiere aufhalten, dürfen nur von den für die erforderlichen Arbeiten notwendigen Beschäftigten betreten werden, deren Zahl auf das Mindestmaß zu beschränken ist. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber zusätzlich zu den allgemeinen Hygieneanforderungen der TRBa 500 folgendes sicherzustellen:
Vor dem Betreten der Tierhaltungsbereiche ist spezielle Kleidung sowie persönliche Schutzausrüstung anzulegen, die vor Verlassen des Bereiches abgelegt und in dicht schließenden Behältnissen so aufbewahrt und einer fachgerechten Reinigung/Desinfektion oder der Entsorgung zugeführt werden muss, dass es zu keiner Verschleppung von Krankheitserregern kommen kann. Hierzu gehören insbesondere
Für Personen, die erkrankte oder verendete Wildvögel bergen, d.h. Polizei, Feuerwehr sowie weiteres dafür eingesetztes Personal gelten die Maßnahmen entsprechend. Nach dem Ablegen der Arbeits-/Schutzkleidung sind die Hände zu desinfizieren.
Die speziellen, tierseuchenrechtlichen Anforderungen sind zu beachten.
5.2 Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten in Arztpraxen und Krankenhäusern
Für die Versorgung von Patienten, bei denen der Verdacht auf eine Erkrankung durch hochpathogene aviäre Influenzaviren besteht, bzw. die durch diese erkrankt sind, ist auf die Einhaltung der in der TRBa 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" und im ABAS-Beschluss 609 "Arbeitsschutz beim Auftreten von Influenza unter besonderer Berücksichtigung des Atemschutzes" beschriebenen Maßnahmen zu achten.
6. Arbeitsmedizinische Vorsorge und Prophylaxe
6.1 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Bei den vorliegenden nicht gezielten Tätigkeiten mit hochpathogenen aviären Influenza-A-Viren (Expositionsdefinition gemäß RKI) ist eine entsprechende arbeitsmedizinische Vorsorge durchzuführen ( § 15 BioStoffV). Hier steht die arbeitsmedizinische Beratung durch den beauftragten Arzt im Vordergrund. Es ist sicherzustellen, dass die Beschäftigten, die Tätigkeiten nach Nummer 3 dieses Beschlusses ausüben, im Rahmen der Unterweisung nach § 12 BioStoffV arbeitsmedizinisch beraten werden. Dabei sind sie darüber zu informieren, dass beim akuten Auftreten von Krankheitssymptomen, wie Bindehautentzündungen und den grippeähnlichen Symptomen Fieber, Atemnot und Husten nach Aufenthalt oder Tätigkeiten in den Gefährdungsbereichen (Inkubationszeit 2 - 14 Tage) eine ärztliche Vorstellung mit dem Hinweis auf den beruflichen Kontakt zu infizierten oder krankheitsverdächtigen Tieren, Menschen oder Materialien notwendig ist. Durch eine frühzeitige Diagnose und Einleitung einer antiviralen Therapie können schwere Krankheitsverläufe abgeschwächt werden. Bei entsprechender Gefährdung ist eine spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung anzubieten ( § 15a BioStoffV).
6.2 Virustatika
Haben Beschäftigte entsprechend Nummer 3 dieses Beschlusses direkten Kontakt zu den Erregern, hat ihnen der Arbeitgeber kurzfristig den Besuch eines Arztes zu ermöglichen, um entsprechend den jeweiligen Länderregelungen ggf. eine prophylaktische Behandlung mit Virustatika durchführen zu lassen.
6.3 Impfungen
Eine Impfung mit dem aktuellen humanen Influenza-Impfstoff bietet keinen Schutz vor Infektionen durch hochpathogene aviäre Influenzaviren, sie kann jedoch Infektionen mit den aktuell zirkulierenden menschlichen Grippeviren verhindern. Damit wird die Gefahr einer Doppelinfektionen mit humanen Influenzaviren und Erregern der Geflügelpest und somit das Risiko der Entstehung neuer humanpathogener Virusvarianten verringert. Aus Gründen des allgemeinen Bevölkerungsschutzes ist deshalb eine Impfung mit dem aktuellen humanen Impfstoff zu empfehlen.
*) Näheres: "Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zur Prävention bei Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko durch aviäre Influenza (Influenzavirus A/H5 oder A/H7)" unter www.rki.de
(Stand: 20.08.2018)
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