umwelt-online: TRGS 540 - Sensibilisierende Stoffe (2)

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Erläuterung medizinischer Begriffe und Sachverhalte mit Bezug zur sensibilisierenden Wirkung von Gefahrstoffen  Anlage 1:

Allergie:

Eine Allergie ist eine erworbene spezifische Reaktionsveränderung des Organismus auf der Basis einer krankhaften Immunreaktion (Sensibilisierung), die durch eine exogene Substanz verursacht wird. Bei fortgesetzter Exposition können charakteristische Krankheiten auch dann resultieren, wenn der gegebenenfalls vorhandene Luftgrenzwert eingehalten wird. Dosis-Wirkungs-Beziehungen für solche Reaktionen liegen, soweit sie überhaupt schon bekannt sind, in sehr niedrigen Konzentrationsbereichen (Mikro- bzw. Nanogramm-Bereich) und sind bei Grenzwertfestlegungen in der Regel noch nicht berücksichtigt.

Allergische Krankheiten der Atemwege:

Darunter werden Krankheiten verstanden, die durch atemwegssensibilisierende Stoffe hervorgerufen werden. Dies sind der allergische Schnupfen (Rhinitis allergica) mit Nasenjucken, Niesreiz, Niessalven, Fließschnupfen und Nasenverstopfung und das allergische Asthma bronchiale mit anfallartiger Luftnot und pfeifenden Atemgeräuschen. Begleitend ist oft auch eine Blepharokonjunktivitis (Augenbindehautentzündung) vorhanden. Seltener werden fieberhafte Lungenerkrankungen (allergische Alveolitis, z.B. Farmerlunge) beobachtet. Allergischer Schnupfen und allergisches Asthma durch pflanzliche und tierische Allergene werden gehäuft bei Personen mit Atopie beobachtet. Das Auftreten allergischer Atemwegsbeschwerden ist abhängig vom Grad der Sensibilisierung sowie von Art, Konzentration und sensibilisierender Potenz des an den Atemwegen sensibilisierend wirkenden Stoffes. Bei bestehender Allergie genügen meist sehr geringe Mengen eines sensibilisierenden Stoffes, um Beschwerden auszulösen.

Allergische Krankheiten der Haut:

Eine Sensibilisierung durch Hautkontakt tritt überwiegend als allergisches Kontaktekzem mit Rötung, Knötchen, Bläschen und Juckreiz an den entsprechenden Hautarealen auf. Ekzeme anderer Ursachen, z.B. durch Einwirkung von Irritantien (irritatives Kontaktekzem), können häufig äußerlich nicht vom allergischen Kontaktekzem unterschieden werden. Die Manifestation des allergischen Ekzems wird von der Beschaffenheit der Haut (Vorschädigungen), der Dauer und Konzentration der Einwirkung und dem Grad der Sensibilisierung bestimmt. Bei zusätzlicher Exposition gegenüber hautschädigenden Faktoren (Nässe, Irritantien) erhöht sich das Risiko für ein allergisches Kontaktekzem. Wenn der Gefahrstoff als Staub, Gas, Dampf oder Aerosol vorliegt, können aerogene Kontaktekzeme entstehen.

Seltener tritt auch Kontakturtikaria (Rötung, Schwellung, Quaddeln, Juckreiz) auf, die als Krankheitsbild vom Ekzem abzutrennen ist und besonders bei Personen mit atopischer Diathese auftritt.

Atemwegsensibilisierende Stoffe:

Als atemwegsensibilisierende Stoffe treten vorwiegend pflanzliche und tierische Eiweiße, seltener niedermolekulare chemische Substanzen in Erscheinung. Sie Können eine spezifische Überempfindlichkeit am Atemtrakt hervorrufen. Bei einer Vielzahl von Stoffen kommt es im Rahmen der Überempfindlichkeitsreaktion zu einer spezifischen Antikörperbildung. Berufsgruppen mit besonderem Risiko sind Bäkker, Müller, Silo- und Transportarbeiter, die Umgang mit Mehl-, Getreide- und Futtermittelstäuben haben, Laborbeschäftigte mit beruflichem Tierkontakt, Beschäftigte im Gesundheitswesen mit Kontakt zu Naturlatex, Holzarbeiter und Tischler sowie Beschäftigte in der chemischen, pharmazeutischen und Kunststoffindustrie, die Umgang mit an den Atemwegen sensibilisierend wirkenden Stoffen haben.

Atopie:

Atopie (Synonym: atopische Diathese) ist die anlagebedingte Bereitschaft, gegen von außen auf die Haut oder die Atemwege einwirkende Substanzen (z.B. Pollen, Schimmelpilze, Hausstaubmilben) Überempfindlichkeitsreaktionen zu entwickeln.

Hautsensibilisierende Stoffe:

Durch Hautkontakt sensibilisieren überwiegend niedermolekulare Stoffe wie z.B. Metallionen, Amine, Kunststoffmonomere und viele andere, die nach Reaktion mit körpereigenen Eiweißen zur Bildung von spezifisch sensibilisierten Immunzellen führen. Nach wiederholtem Hautkontakt kann mit zeitlicher Verzögerung am Einwirkort, gelegentlich mit Streureaktionen an anderen Stellen, allergisches Kontaktekzem auftreten. Die Sensibilisierung ist abhängig von der Intensität des Kontaktes und der sensibilisierenden Potenz des Stoffes. Bei bestehender Sensibilisierung genügen meist sehr geringe Mengen der entsprechenden Stoffe, um Hautreaktionen auszulösen.

UV-Lichtsensibilisierende Stoffe (Photoallergene) können in Verbindung mit Sonnenlichtexposition zur Überempfindlichkeit führen.

Pseudoallergische Reaktion:

Einige Stoffe können Überempfindlichkeitsreaktionen an den Atemwegen oder der Haut mit ähnlichen Beschwerden verursachen wie echte Allergien, ohne daß bisher ein spezieller Immunmechanismus nachgewiesen werden konnte.

   

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Stoffe, die besonders häufig und/oder besonders schnell an den Atemwegen zu Sensibilisierung und allergischen Erkrankungen führen  Anlage 2:
Dicarbonsäureanhydride
Hexahydrophthalsäureanhydrid
Maleinsäureanhydrid
Phthalsäureanhydrid
Pyromellitsäureanhydrid
Tetrachlorphthalsäureanhydrid
Trimellitsäureanhydrid

Enzymhaltige Stäube

Futtermittel- und Getreidestäube

Isocyanate

Labortierstaub

Mehlstäube

Weizen
Roggen
Soja

Naturgummilatexhaltiger Staub

Platinverbindungen (Chloroplatinate)

Zuckmückenhaltiger Staub

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  Berufe mit erhöhtem Risiko für die Entstehung eines allergischen Kontaktekzems Anlage 3

Die Arbeitsstoffe in Spalte 3 sind zusammengestellt worden, um die Aufmerksamkeit auf Stoffe zu lenken, die aus arbeitsmedizinischer Sicht für Prävention und Diagnostik von allergischen Kontaktekzemen bedeutsam sein können. Die Auflistung von Stoffen und Stoffgruppen ist weder einer Einstufung noch einer Ersatzstoffliste gleichzusetzen. Die Nennung von Stoffgruppen ist ein Hinweis, daß sich in diesen Gruppen mehrere sensibilisierende Stoffe finden, ohne daß alle Stoffe der Gruppe sensibilisierend sein müssen.

Berufe Vorkommen sensibilisierende Stoffe (Kontaktallergene)
Bäcker, Konditoren Teige Weizen-, Roggen- , Sojamehl, zugesetzte (Pilz-)Amylase
Aromen und Gewürze Vanille, Bittermandel, Anis, Orangenschalenextrakt, Zimt u.a.
Konservierungsmittel, Benzoesäure, Sorbinsäure, Parabene,
Antioxydantien Octyl-, Propyl-, Dodecylgallat
Reinigungsmittel Desinfektionsmittel, Konservierungsstoffe3
Bauarbeiter, Maurer, Isolierer, Fliesenleger, Estrichleger Zement, Frischbeton Chrom-2 und Kobaltverbindungen
Kunstharze unausgehärtete Epoxidharze, Härter, Isocyanate
Fotolaboranten Entwickler p-substituierte aromatische Amine, Metol, Phenidon, Hydrochinon
Fotochemikalien Chromverbindungen2, Formaldehyd
Gummihandschuhe Akzeleratoren1, Naturgummilatex
Friseure Dauerwellmittel Ester und Salze der Thioglykolsäure, Fixiermittel
Haarfarben p-Phenylendiamin, p-Toluylendiamin u.a. Färbemittel, Resorcin
Blondiermittel Persulfate
Haarwaschmittel Konservierungsstoffe3, Duftstoffe, Pflanzenextrakte, Emulgatoren
Gummihandschuhe Akzeleratoren1, Naturgummilatex
Galvaniseure galvanische Bäder Nickel-, Chrom-2), Kobaltverbindungen
Gummihandschuhe Akzeleratoren1, Naturgummilatex
Gärtner, Floristen Zierpflanzen Primeln, Chrysanthemen u.a. Asteraceae, Alstroemerien, Tulpenzwiebeln u.a.
Pflanzenschutzmittel Carbamate, Thiurame, Pyrethrum u.a.
Gummihersteller und

-verarbeiter

Gummichemikalien Naturgummilatex, Thiurame, Thiocarbamate, Mercaptobenzothiazole, p-substituierte Amine (IPPD u. a.), Kolophonium
Heil- und Pflegeberufe Desinfektionsmittel Formaldehyd, Glutardialdehyd, Quecksilberverbindungen, Chlorkresol, u.a.
Medikamente Antibiotika, Lokalanästhetika, Phenothiazine (Photoallergene), ätherische Öle
Gummihandschuhe u.a. Gummiartikel Akzeleratoren1, Naturgummilatex
Holzbearbeiter,

Tischler, Zimmerer

Hölzer Palisander, Teak, Ebenholz, Cocobolo u.a.
Klebstoffe unausgehärtete Formaldehydharze, Epoxidharze, Acrylate; Kolophonium,
Beizen Chromverbindungen2, Azofarbstoffe u.a.
Holzschutzmittel Chromverbindungen2, Insektizide, Fungizide
Köche, Küchenhilfen Lebensmittel Mehl, Enzyme, Fleisch, Fische, Krustentiere, Gemüse, Gewürze, Konservierungsstoffe, Farbstoffe
Reinigungsmittel Desinfektionsmittel, Konservierungsstoffe3
Gummihandschuhe Akzeleratoren1, Naturgummilatex
Kunststoffarbeiter Kunstharze unausgehärtete Epoxidharze, Härter, Acrylate, Melamin-, Harnstoff-, Phenol-Formaldehydharze, Isocyanate; Kobaltbeschleuniger, Peroxide
Landwirtschaftliche Berufe Futtermittelstäube Getreide, Medikamente u. Futtermittelzusätze (Olaquindox, Phenothiazine, Antibiotika)
Tierhaare, -speichel, -urin tierische Proteine
Pflanzenbestandteile  
Gummiartikel Akzeleratoren1
Desinfektionsmittel Formaldehyd, Chloramin u. a.
Melkfett Osmaron B, Lanolin
Pflanzenschutzmittel  
Leder-, Fellverarbeitung Gerbstoffe Chromverbindungen2
Klebstoffe Kolophonium, p-tert.-Butylphenolformaldehydharz
Imprägniermittel unausgehärtete Kunstharze
Färbemittel Azofarbstoffe u.a.
Löter, Elektroniker Lötmittel Kolophonium
Metallkleber unausgehärtete Epoxidharze, Acrylate, Härter
Metalle Nickel, Kobalt u. a.
Maler, Lackierer,

Anstreicher,

Fußbodenleger

Farben unausgehärtete Kunstharze, Terpentinöl u. -ersatzstoffe,
Zement Chrom-2 und Kobaltverbindungen
Klebstoffe unausgehärtete Formaldehydharze, Epoxidharze, Acrylate, Isocyanate; Kolophonium
Metallarbeiter Kühlschmierstoffe (insbesondere wassergemischte) Konservierungsstoffe1, einzelne emulgierende und vor Korrosion schützende Stoffe4, Duftstoffe5
Metalle Nickel, Kobalt u.a.
Metallkleber unausgehärtete Epoxidharze, Härter, Acrylate
Reinigungsdienste Reinigungsmittel Konservierungsmittel5
Desinfektionsmittel Formaldehyd, Glutardialdehyd u.a.
Fußbodenpflegemittel Wachse, Terpentinöl u. -ersatzstoffe
Gummihandschuhe Akzeleratoren1, Naturgummilatex
Textilhersteller und -verarbeiter Textilfarben, Beizen Azofarbstoffe u.a., Chromverbindungen2
Appreturen, Spezialausrüstungen unausgehärtete Formaldehydharze, Acrylate, Polyurethane
Gummifäden Akzeleratoren1, Naturgummilatex
Kleidungszubehör Nickel, Kobalt
Zahntechniker Dentalchemikalien unausgehärtete Acrylate und Mischharze, Nickel, Kobalt, Palladium, Amalgam
1) Thiurame, Benzothiazole, Dithiocarbamate; Alterungsschutzmittel u.a.

2) Für die Auslösung von allergischem Kontaktekzem haben hauptsächlich Chrom-VI-Verbindungen Bedeutung, weil sie gut durch die Haut penetrieren.

3) Formaldehyd, Glutardialdehyd, 5-Chlor-2-methyl-2,3-dihydroisothiazol-3-on und 2-Methyl-2,3-dihydroisothiazol-3-on (Gemisch 3:1), 1,2-Dibrom-2,4-dicyanbutan, 1-(3-Chlorallyl)-3,5,7-triaza-1-azonia-adamantanchlorid, Bronopol (Verwendungsverbot in Kühlschmierstoffen in Deutschland, s. TRGS 611 und GefStoffV), Imidazolidinylharnstoff, Parabene, Chloracetamid, N-Methylolchloracetamid, 1,3,5-Tris(2-hydroxyethyl)-hexahydrotriazin, p-Chlor-m-kresol, 1,2-Benzothiazol-3-(2H)-on, 2-Octyl-2H-isothiazot-3-on u.a.

4) einige Amine und Fettsäurealkanolamide, Wollwachsalkohole und ihre Abkömmlinge, Kolophonium und einige Tallöle

5) z.B. Citral (jedoch nicht in Kombination mit Limonen), Hydroxycitronellal, Isoeugenol, Phenylacetaldehyd

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Stoffe mit erhöhtem Risiko für die Entstehung eines allergischen Kontaktekzems  Anlage 4:
Sensibilisierende Stoffe Vorkommen
Acrylharze (unausgehärtet) Ein- und Mehrkomponenten- Kleber und -Füllstoffe, Zahnprothesenmaterial
Aminhärter Kunststoffe bei der Polymerisation
Ammoniumthioglykolat Dauerwellmittel
Dithiocarbamate Gummiartikel, Pestizide
(Chlor)Methylisothiazolinon Konservierungsmittel in wäßrigen Lösungen und Emulsionen
Chromverbindungen galvanische Lösungen, Gerbstoffe, Holzschutzmittel, Zement, Mörtel
Duftstoffe parfümierte Arbeitsstoffe, z.B. Reinigungsmittel, Kühlschmiermittel
Epoxidharze (unausgehärtet)1 Zweikomponenten-Kleber, Farben, Laminiermittel, Gießharze
Formaldehyd Desinfektions- und Konservierungsmittel, Kunststoffe
Glutardialdehyd Desinfektions- und Konservierungsmittel
Glycerylmonothioglykolat sog. "saure Dauerwelle"
Kolophonium1 Löthilfsmittel, Klebstoffe
Naturgummilatex1 Gummihandschuhe u.a. Gummiartikel
lösliche Nickelverbindungen bzw. Nickel auf Oberflächen, aus denen mehr als 0,5 µg Nickel /cm2/ Woche freigesetzt werden (pos. Dimethylglyoxim-Test) galvanische Lösungen, vernickelte Oberflächen und Nickellegierungen bei intensivem und längerem Hautkontakt insbesondere bei Feuchtarbeit
Persulfate1 Blondiermittel
p-Phenylendiamin, p-Toluylendiamin Oxidationshaarfarben, selten Druckfarben, technische Gummisorten
Thiurame Gummi, Pestizide
1) Stoffe, die häufiger auch als Staub, Gas- oder Dampf aerogene allergische Kontaktekzeme auslösen können


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