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22. 2,2'-Bioxiran (1,3-Butadiendiepoxid)
(CAS-Nr.: 1464-53-5)
(BArbBl.11/97 S. 47)
Neben dem hier primär betrachteten Butadiendiepoxid-Isomerengernisch (CAS-Nr. 1464-53-5) liegt Butadiendiepoxid in mehreren isomeren Formen vor, die im Prinzip alle das gleiche toxikologische Wirkpotential besitzen und daher alle in gleicher Weise eingestuft werden sollten: dl-1,3-Butadiendiepoxid (CAS-Nr.: 298-18-0), d-1,3-Butadiendiepoxid (CAS-Nr.: 30419-67-1), 1-1,3-Butadiendiepoxid (CAS-Nr.: 30031-64-2) und meso-1,3-Butadien-diepoxid (CAS-Nr.: 564-00-1).
Butadiendiepoxid (BDDE) ist ein direkt wirkendes Alkylans: es wirkt ätzend an Haut und Auge [l].
Genotoxizität:
BDDE zeigt eine dosisabhängige mulagene Wirkung im Ames-Test an den S. typhimunum-Stämmen Ta 100 und Ta 1535 sowie im Test an L 5178 Y Maus-Lymphom-Zellen jeweils sowohl mit als auch ohne Zusatz von S9-Mix. [1] Bei S. typhimunum Ta 1535-Stämmen mit Expression der Glutathion-S-Transferase 5-5 (Theta-Typ GST/Ratte) bzw. der Human-Glutathion-S-Transferase 1-1 (Theta-Typ) ist die Mutationsrate nach Inkubation mit BDDE deutlich erhöht [2]. Ebenfalls positiv verlief ein Test auf mitotische Rekombination an Hefe [3]. Während im Chromosomenaberrationstest an Rattenleberzellen bei einer BDDE-Konzentration von 0,1 µg/ml bereits Effekte auftraten, ergaben sich im Test an Humantymphozyten bei dieser einzigen getesteten Konzentration keine Hinweise auf chromosomenschädigende Wirkungen [1]. Im UDS-Test in vitro führte BDDE im Konzentrationsbereich von 0,086-86 µg/ml an Hamsterhepatozyten zu einem schwachen Effekt; an Rattenhepatozyten verlief der Test negativ [1]. Die in vitro-Behandlung mit BDDE führte bei Humanlymphozyten zu einer erhöhten Rate an Schwesterchromatid-Austauschen [4,5]. Die 24-stündige Inkubation von Human-Lymphoblastoid-Zellen (TK6-Zellen) mit BDDE (1,3-5,2 µM) hatte ab einer Konzentration von 1,3 µM (0,112 (µg/ml) Mutationen im HGPRT- und im TK-Locus zur Folge [6].
Die Inkubation von 36 mg isolierter Kalbsthymus-DNa mit 4,7 mmol BDDE (404 mg, 18 Std. 37 °C) führte zu 3 verschiedenen Hauptaddukten am N7des Guanins [7].
Im Host-mediated assay an Swiss-Webster-Mäusen führte die einmalige i.m.-Injektion von 444 mg BDDF/kg KGW zu einer statistisch signi fikant erhöhten Mutationsrate im Indikator-Organismus S. typhimunum Ta 1530 und nach oraler Gabe von 56 mg/kg KGW im Indikator-Organismus S. cerevisiae D3 [8]. Die i.p.-Injektion von 3 x 7, 14 oder 21 mg BDDE/kg KGW/ Tag hatte bei B6C3F1-Mäusen Mutationen am HGPRT-Locus von T-Zellen der Milz zur Folge [9]. Bei Maus und Chinesischem Hamster führte die 2-stündige head-only-Exposition gegenüber 160 bzw. 320 mg BDDE (Aerosol)/m3sowie die einmalige i.p.-Injektion von maximal 68 mg BDDE/kg KGW zu einer statistisch signifikant erhöhten Rate an Chromosomenaberrationen und an Schwesterchromatid-Austauschen im Knochenmark [1]. Ebenfalls positiv verlief ein Mikronudeus-Test an Ratte und Maus mit einmaliger i.p.-Gabe von maximal 30 mg BDDE/kg KGW (erhöhte Rate an Mikronudei in den Milzzellen und in Spermatozyten) [1] sowie ein weiterer Mikronudeus-Test an der Maus mit einmaliger i.p.-Injektion von 4,5-36 mg BDDE/ kg KGW (ab 9 mg/kg KGW dosisabhängig erhöhte Mikronuclei-Rate im Knochenmark) [10].
Im Dominant-Letal-Test an Swiss-Mäusen führte die i.p.-Injektion von 17 mg BDDE/kg KGW nur zu einer nicht signifikanten Erhöhung der Präimplantationsverluste (64 % der trächtigen Tiere mit früher fetaler Mortalität im Vergleich zu 55 % bei der Kontrolle) [1].
In einem weiteren Dominant-Letal-Test erhielten männliche Mäuse eine einmalige i.p.-Gabe von 18; 36 bzw. 54 mg/kg KGW. Bei der höchsten Dosis führte die allgemeine Toxizität und die Spermatozoen-Zytotoxizität von BDDE während der ersten 8 Paarungstage zu einer stark reduzierten Anzahl trächtiger Weibchen und infolgedessen zu einer deutlich verringerten Zahl der Implantationen, so daß eine Auswertung bezüglich dominant-letaler Mutationen nicht möglich war. Während der Paarungstage 9-12 (targetzellen: späte Spermatiden) wurde jedoch ein signifikanter dominant-letaler Effekt beobachtet. Bei den beiden niedrigeren Dosierungen (18 bzw. 36 mg/kg KGW) war der dominant-letale Effekt beschränkt auf die Spermatozoen 10,.
Zur Untersuchung einer dastogenen Wirkung auf die Keimzellen erhielten männliche Mäuse eine einmalige i.p.-Injektion von 17-52 mg BDDE/kg KGW und wurden anschließend zu verschiedenen Zeitpunkten mit unbehandelten Weibchen vepaart. Die beiden höchsten Dosierungen (43 und 52 mg/kg KGW) führten zu toxischen Symptomen, die ihrerseits das Paarungsverhalten der Männchen stark beeinträchtigten. Demzufolge waren nach Paarung mit Männchen dieser beiden Dosisgruppen am 7. Tag nur 13 bzw. 20 % der Weibchen befruchtet. Bei der Dosis von 34 mg/kg KGW lag die Befruchtungsrate der Weibchen am 7. Tag bei 61,5 %, aber 20,5 % der bei diesen Weibchen untersuchten Oozyten waren nicht befruchtet. Bei der Untersuchung der Zygoten wurde festgestellt, daß die Chromosomenaberrationsrate bei der Verpaarung der behandelten Männchen nur zum Zeitpunkt 7 Tage nach der BDDE-Behandlung, nicht jedoch nach 14, 21 oder 28 Tagen, signifikant erhöht war. Dies zeigt, daß lediglich die frühen Spermatozoen, nicht jedoch die Spermatiden und Spermatozyten, gegenüber einer BDDE-Behandlung empfindlich sind [10].
Kanzerogenität:
Es liegen 2 Kanzerogenesestudien mit dermaler BDDE-Applikation (dl-Form und meso-Form separat getestet) an je 30 männlichen (100 mg einer 10 %igen Lösung in Aceton/Pinselung, ca. 400 mg BDDE/kg KGW/Applikation, 3x wöchentlich über die gesamte Lebenszeit; durchschnittliche Dosis: ca. 170 mg/kg KGW/Tag) bzw. weiblichen Swiss-Mäusen (100 mg einer 3 %igen bzw. einer l0 %igen Lösung in Aceton, ca. 120 bzw. 400 mg BDDE/kg KGW/Applikation, 3x wöchentlich über die gesamte Lebenszeit; durchschnittliche Dosis: ca. 51 bzw. 170 mg/kg KGW/Tag) vor. Beide Isomeren zeigten eine hautschädigende Wirkung und führten bei 170 mg/kg KGW/ Tag zu einer signifikant verkürzten Überlebenszeit der Tiere aufgrund von starker Toxizität. Die Tumorinzidenzen sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt [1,11,12]. Aufgrund der bei den Männchen der 170 mg/kg/Tag-Gruppe extrem verkürzten mittleren Überlebenszeit sind die Tumorinzidenzen für diese Gruppe nicht auswertbar.
(Stand: 20.08.2018)
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