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62. N,N-Dimethylacetamid
(CAS-Nr. 127-19-5)
(BArbBl. 9/1999 S. 80)
Ausgabe: September 1999
(Stand: Mai 1999)
Reproduktionstoxizität/Fertilität:
Caujolle et al., 1970 [1] beschreibt zwei Studienansätze für die Untersuchung von DMAC:
a) für eine "immediate and delayed acute toxicity" [einmalige i.p. Gabe an männliche Ratten (Stamm Berkenhout) und Mäuse (Swiss-Strain)); Nachvollziehbare Angaben zur Dosierung fehlen; vermutlich wurden 7,3 g/kg an Ratten und 8,0 g/kg an Mäuse verabreicht.
Für Mäuse findet sieh keine substanzspezifizierte Beschreibung von Befunden. Ratten wiesen 4 Tage nach Substanzgabe Hodenbefunde auf (testikuläre Atrophie; Fehlen von Spermatozoen im.NH-Lumen; Epithelläsionen der Hodenkanälchen mit Defektreifung der Spermatozyten; Desquamation von unreifen Zellelementen; Vorliegen mehrkerniger Riesenzellen). Bei einem Drittel der überlebenden Tiere waren Hodenatrophie und Spermienreifungsstörungen reversibel.
b) im 2. Studienansatz für "chronie toxicity" wurde DMAC über 6 Wochen täglich i.p. (132 mg/kg) an männliche Ratten verabreicht. Hodenbefunde wurden nicht berichtet.
Aufgrund mangelhafter Dokumentation von Methode und Ergebnissen dieser nicht Guideline-konformen Studie, können keine Rückschlüsse auf eine mögliche fertilitätsbeeinträchtigende Wirkung von DMAC gezogen werden. Abgesehen davon wurde mit der i.p. Gabe ein unphysiologischer und gemäß heutigen Guidelines unüblicher Applikationsweg gewählt; die "Limitdose" von 1000 mg/kg ist um den Faktor 7 -8 überschritten.
In einer Inhalationsvorstudie (Valentine et al., 1997 [2]) wurden 35 Tage alte, d.h. juvenile männliche Crl:CD-l Mäuse (10 Tiere/Gruppe) 10 Tage mit DMAC exponiert (30, 100, 310, 490 und 700 ppm entspr. 0,10, 0,36, 1,12, 1,77 bzw. 2,53 mg/l 6 h/Tag, 5 Tage/Woche). 5 Tiere/Gruppe dienten als Recoverygruppen, die 14 Tage nach der letzten Substanzexposition getötet wurden. Effekte waren in Dosierungen ab 310 ppm zu beobachten.
310 ppm: keine klinischen Befunde; marginale Befunde an den Hoden bei 2/5 Tieren (geringgradige Hodenatrophie, Oligospermie, Degeneration der Hodenkanälchen); Hodengewichte um 15 % (nicht statistisch signifikant) gegenüber der Kontrolle erniedrigt; Recovery-Tiere zeigten keine Befunde mehr. In der "EPa submission" von DuPont, 1989 [13] wird die testikuläre Hodenatrophie als möglicher Spontanbefund in Mäusen bezeichnet. Die von den Autoren als "minimal lesions" bezeichneten Befunde, die in 2 von 5 Mäusen bei einer Konzentration von 310 ppm beobachtet wurden, könnten daher gemäß der Autoren mögliche "background changes" repräsentieren. Gemäß EPa submission wichen die Hodengewichte der mit ≤ 310 ppm behandelten Tiere nicht von denen der Kontrollen ab.
Dagegen werden in der vorliegenden Publikation (Valentine et al., 1997 [2]), die von einigen der Mitautoren 8 Jahre nach der EPa submission verfaßt wurde, die histopathologischen Befunde der 310 ppm Gruppe als minimaler Effektlevel für Hodenschädigungen interpretiert. Obwohl Hodenatrophien gemäß der Autoren auch spontan auftreten können, wird diese Bewertung unter dem Aspekt der Konzentrationsabhängigkeit, basierend auf der qualitativen Vergleichbarkeit der Hodenbefunde (s.u.) bei 310, 490 und 700 ppm gewählt.
490 und 700 ppm: Hodenbefunde (nekrotische Veränderungen am Keimepithel (nur bei verstorbenen und vorzeitig getöteten Tieren), sowie Hodenatrophie, Tubulusatrophien, Oligospermie) traten zusammen mit klinischen Befunden und Mortalität auf (700 ppm → 8/10 gestorben und/oder getötet; 490 ppm → 2/10 Tieren getötet). Darüberhinaus lagen Organgewichtsveränderungen (Hoden↓ , Leber - Lunge↓ ), Veränderungen am Blutbild und histopathologische Veränderungen an Leber, Knochenmark, lymphoiden Organen und der Nebenniere vor. Recovery-Tiere: 700 ppm ein überlebendes Tier ohne Anzeichen für Regeneration der Hodenveränderungen. 490 ppm Hinweise auf Regeneration der Hodenbefunde; Lebergewichte und Hodengewichte waren nach der Recovery weiterhin statistisch signifikant verändert.
Zur Abklärung der beschriebenen Befunde wurden ergänzende Inhalationsstudien an adulten (geschlechtsreifen) männlichen Mäusen und Ratten (Crl:CD) in Dosierungen von 52, 150, 300 und 480 ppm ohne Recovery durchgeführt. Eine Bestimmung der testikulären Spermienzahl erfolgte, ergab jedoch keine Abweichungen zu den Kontrolltieren. Effekte traten nur in der 480 ppm Gruppe auf und waren bei den Ratten auf eine signifikant reduzierte Körpergewichtsentwicklung beschränkt. Hodengewichte und Hodenhistologie waren ohne Befund. Die Mäuse der 480 ppm Gruppe zeigten erniedrigte Hodengewichte, geringgradige bilaterale Degeneration und Atrophie der Tubuli seminiferi (3/9 Tieren).
Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse der Vor- und der Ergänzungsstudie wird durch die Tatsache, daß Tiere unterschiedlichen Alters eingesetzt wurden relativiert. Junge Tiere sind im Vergleich zu adulten Tieren i.d.R. empfindlicher gegenüber Allgemeintoxizität und können eine große biologische Variabilität der Hodenentwicklung zeigen.
In einer Inhalationsstudie an Ratten (Crl:CD?, Angabe zum Tierstamm fehlt) von Kelly et al., 1984 [3] wurden männliche und weibliche Ratten (je 10 Tiere/Geschlecht/Gruppe; Angabe aus Kinney et al., 1993 [4], Kennedy, 1986 [5], Fairhurst et al., 1992 [9]) 10 mal (6h/Tag, 5 Tage/Woche) mit DMAC in Konzentrationen vdm 100, 288 und 622 ppm exponiert. Die Hälfte der Tiere/Gruppe diente als Recovery. Aufgrund von Mortalität (3 Tiere starben, 2 Tiere wurden getötet) wurde die Behandlung der obersten Dosierung an Tag 4 abgebrochen. Es fanden sich multiple Organläsionen in Leber, Thymus, Milz, Knochenmark, Gastrointestinaltrakt (Angabe aus (Valentine et al., 1997 [2], Kennedy, 1986 [5], Fairhurst et al., 1992 [9]) und Nasenschleimhautreizungen; letztere wurden bis in die niedrigste Dosierung beobachtet und erwiesen sich als nicht reversibel in den Recovery-Tieren aller behandelter Gruppen. 288 ppm führten zu einer Leberhypertrophie. Nach Angaben der Autoren lagen zwei Wochen später Leberhypertrophien bei den Recovery-Tieren der 622 und 288 ppm zusammen mit Hodenatrophie vor.
(Stand: 25.02.2023)
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