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65. Michler's Keton (4,4'-Bis-(dimethylamino)benzophenon)
(CAS-Nr. 90-94-8)

Ausgabe: September 1999
(BArbBl. 9/1999 S. 88)



Michler's Keton ist ein Zwischenprodukt, welches bei der Herstellung von z.B. Triarylmethanfarbstoffen Verwendung findet.

Industriell erfolgt die Herstellung nach zwei Verfahren:

Michler's Keton wird als Produkt in technischer Qualität hergestellt und verwendet, d.h. es handelt sich überwiegend nicht um eine Reinsubstanz, sondern vorwiegend um Ware mit einer Reinheit von ca. 80-85 %, die für die toxikologischen Prüfungen zur Verfügung stand; heutige Handelswaren haben eine Reinheit von ca. 85-95 %.

Genotoxizität:

in vitro:

In mehreren Ames-Tests an Salmonella typhimurium TA98, TA100, TA1535, TA1537 und TA1538 mit und ohne metabolische Aktivierung ergaben sich überwiegend keine Hinweise auf eine mutagene Wirkung der Substanz [1-9]. In weiteren Ames-Tests an Salmonella typhimurium zeigten sich hauptsächlich an den Stämmen TA98 und TA1538 mit metabolischer Aktivierung fragliche bis schwach positive Ergebnisse, wobei die Revertantenzahlen meist nur ca. 2fach erhöht waren und erhöhte Revertantenzahlen dann auftraten, wenn technisches Michler's Keton geringerer Reinheit geprüft wurde [8-11]. In Untersuchungen zur Rückmutation an Escherichia coli WP2uvra ergaben sich negative [11] bzw. fragliche Ergebnisse (Revertantenzahlen bis zu Faktor 2 erhöht) mit metabolischer Aktivierung, sowohl mit technischem als auch mit gereinigtem Michler's Keton [10].

Eine Untersuchung zur Genmutation an Escherichia coli PQ37 (SOS-Chromotest) war negativ [12].

In einer Studie zur λ -Prophageninduktion [13] an E.coli WP2s(lambda) wurde untersucht, ob Michler's Keton eine DNA-Schädigung in E. coli bewirkt, die Studie wird von den Autoren als positiv bewertet.

Eine Chromosomenaberrationsstudie an Chinesischen Hamster Don-Zellen (Lungenzelllinie) war positiv [14], die Substanz führte zu. Aneuploidien und Aberrationen. Als Sekundärzitat wird in einer tabellarischen Zusammenstellung ein negativer Chromosomenaberrationstest an CHO-Zellen, sowie ein Schwesterchromatidaustauschtest an CHO-Zellen mit fraglichem Ergebnis aufgeführt [15]; diese Angaben sind aufgrund fehlender Detailangaben nicht bewerthar.

Im Maus-Lymphoma-Test (L5178Y, TK+/-) zeigte die Substanz eine erbgutverändernde Wirkung [16, 17]; ausgewertet wurde die Vorwärtsmutation.

Ein UDS-Test an Rattenhepatozyten mit autoradiographischer Auswertung war positiv [18]. Diese Studie wurde mit der Charge an Prüfsubstanz durchgeführt, die in der NCI-Studie 181 verwendet worden war.

in vivo:

In einer Studie zum Schwesterchromatidenaustausch wurde die Substanz i.p. an Mäuse (7.5, 15 bzw. 30 mg/kg) als Einzeldosis verabreicht; die Zahl der SCE's im Knochenmark war in den beiden niedrigen Dosierungen um den Faktor 1.5, bei der höchsten Dosierung um den Faktor 3 erhöht [19, 20].

In einer Studie zur außerplanmäßigen DNA-Synthese (UDS-Test) wurde Michler's Keton als Einzeldosis (50, 200 bzw. 1000 mg/kg) per Schlundsonde oral an Ratten verabreicht; Hepatozyten wurden 2 und 12 Stunden nach der Behandlung präpariert [21]. Während 2 Stunden nach Behandlung noch kein Effekt auf die DNA-Reparatur sichtbar war, konnte diese 12 Stunden nach Applikation ab der mittleren Dosis nachgewiesen werden.

Im UDS-Test an männlichen Wistar-Ratten ergaben sich für vorab im Ames Test geprüftes und dort negatives Michler's Keton [22] nach einmaliger oraler Gabe von 50, 200, 1000 und 2000 mg/kg KG per Schlundsonde und Präparation der Hepatozyten 16 Stunden nach Substanzapplikation Hinweise auf eine schwach DNA-schädigende Wirkung: ab 200 mg/kg KG Anstieg der Netfo-Markierungsdichte über den Zellkernen (net nuclear grain count), aber auch Anstieg der Markierung im Cytosol (CGC), Anstieg des prozentualen Anteils der Zellen in DNA-Reparatur.

Die Substanz führte unter diesen Bedingungen in vivo nicht zu einer erhöhten Zellproliferation (S-Phasenresponse).

Die hier eingesetzte, speziell gereinigte Charge an Michler's Keton hatte nach analytischer Charakterisierung über LC/MS eine Reinheit von 99,7 %, als Nebenkomponente wurde 0,3 % Trimethylketon (mono-demethyliertes Michler's Keton) identifiziert.

Mit dieser gereinigten Charge wurde ein weiterer UDS-Test an Wistar-Ratten nach oraler Gabe [23] und einer Präparationszeit von 16 Stunden nach Behandlung durchgeführt. Hierbei wurde die Tierzahl pro Dosisgruppe zur Verifizierung der schwachen Effekte des vorigen UDS-Tests von 3 auf 5 Ratten pro Dosisgruppe erhöht und eine weitere, noch höhere Dosis, geprüft. In einem Vorversuch wurde abgeklärt, daß die geplanten Dosierungen von 1000, 2000 und 3000 mg/kg KG keine hepatotoxischen Wirkungen haben. Es ergaben sich selbst bei der höchsten Dosis von 3000 mg/kg KG, welche etwa 1/2 LD50 akut, oral an der Ratte entspricht, weder bei der histopathologischen Untersuchung der Leber (4 Tage nach einmaliger Substanzapplikation) noch bei Bestimmung von Leberenzymen im Serum (ALT, AST, Gamma-GT, Serum Cholinesterase; 0, 4, 8, 16 Stunden nach Substanzgabe) Hinweise auf eine hepatotoxische Wirkung.

Auch in dieser Untersuchung erwies sich Michler's Keton als schwach positiv im UDS-Test. Parallel zum Anstieg der Markierung über den Zellkernen war wieder ein Anstieg der Markierungsdichte im Cytosol (siehe [22]) zu bemerken.

Eine DNA-schädigende Wirkung wurde in mehreren Untersuchungen mit der Methode der alkalischen Elution gefunden, die alkalilabile Stellen bzw. Einzelstrangbrüche detektiert:

Bei Gabe [19,20] als Einzeldosis (7.5 bzw. 15 mg/kg) i.p. an Ratten war in beiden Dosierungen die DNA-Einzelstrangbruchrate in der Leber statistisch signifikant (1.9- bzw. 3.3-fach) erhöht.

Bei Dosierungen ab 150 mg/kg KG [24,25] konnte nach oraler Gabe bei weiblichen Sprague-Dawley-Ratten an Leber-DNa eine Schädigung gefunden werden, wobei bei 50 mg/kg KG noch keine DNA-Schädigung detektiert wurde.

Bindung von Michler's Keton [4,4-Bis-(dimethylaminO)[carbOnyl-"'C]-benzophenon] an Makromoleküle (Protein, DNA, RNA) wurde nach intraperitonealer Gabe in verschiedenen Organen der Ratte (Leber, Niere, Dünndarm) gefunden. Die Bindung an RNa war 41 Tage nach Substanzapplikation zurückgegangen, hingegen persistierte die DNA-gebundene Radioaktivität [26].

In einem älteren, aufgrund der Darstellung nicht bewertbaren, russischen SLRL-Test an Drosophila melanogaster zeigten sich Veränderungen der Flügel [27].

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