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1,2-Benzoldicarbonsäure, Di-C7-11 -verzweigte und lineare Alkylester
(CAS-NR.: 68515-42-4)

Ausgabe: Mai 2002
Stand: November 2001


Vorbemerkungen:

Bei Di-7-11-P handelt es sich um ein Phthalsäureestergemisch auf der Basis von verschiedenartig verzweigten Heptanolen, Nonanolen und Undecanolen.

Die CAS-Nr. eines Produktes mit stärker verzweigter Alkoholkomponente lautet 68515-42-4.

Daneben existiert auch zumindest ein Produkt von geringem Verzweigungsgrad, eine Mischung von Di-C7-C9-alkylphthalat [68515-41-3] und Di-C-9-C11-alkylphthalat [68515-43-5]. Weitere CAS-Nummern von Komponenten solcher Stoffe und Gemische sind 111381-89-6, 111381-90-9, 111381-91-0, 3648-20-2, 68515-44-6 und 68515-45-7.

Die linearkettigen und amethylverzeigten Verbindungen sind weniger wirksam als die stärker verzweigten. Ferner sind die kürzerkettigen Diisoheptylphthalate (bzw. dessen Monoesterform) tendenziell als höher bioverfügbar und als toxikologisch aktiver anzusehen als die längerkettigen Diisononyl- bzw. Di- undecyl-Phthalat-Anteile.

Mutagene Effekte:

Es gibt nur wenige Daten zur Frage der mutagenen Wirkung.

Ein Produkt mit eher niedrigem Verzweigungsgrad wirkte negativ in einem Maus Lymphoma Test (Barber et al., 2000). Ein zuvor durchgeführter Maus Lymphoma Test hatte ein fragliches, nicht reproduzierbares Ergebnis gezeigt (Mitchell et al., 1983). Aufgrund der strukturellen Merkmale und in Analogie zu der sehr umfangreichen Datenbasis von Dibutyl-, Diethylhexyl- und Diisononyl-P (DBP, DEHP und DINP) zu diesem Endpunkt bestehen keine Verdachtsmomente auf eine gentoxische Wirkung.

Kanzerogenität:

In einer Langzeitstudie mit einem Produkt niedrigen Verzweigungsgrades (Alkoholkette linear und amethylverzweigt), erhielten Fischer 344-Ratten die Substanz über 2 Jahre in den Konzentrationen von 300; 1.000 und 3.000 ppm im Futter (ca. 15, 50 und 150 mg/kg KG und Tag; n = 72/Dosis und Geschlecht). Während der Versuchszeit zeigten die Körpergewichte der männlichen Tiere aller Dosisgruppen im Vergleich zur Kontrolle gegen Versuchsende eine Erhöhung um ca. 10 %, und zwar ohne Änderungen in der Futteraufnahme. Bei den weiblichen Tieren der höchsten Dosisgruppe wurde ein vermehrtes Auftreten von neoplastischen Veränderungen der Brustdrüsen registriert (6/61 gegenüber 1/55 in der Kontrollgruppe und 3/58 bzw. 2/59 in der unteren bzw. mittleren Dosisgruppe). In allen Dosisgruppen und bei beiden Geschlechtern wurde ferner eine um ca. 50 % erhöhte Inzidenz an mononukleären Zellleukämien beobachtet (Kontrollinzidenzen 20/72 bei männlichen und 18/70 bei weiblichen Tieren) und bei den männlichen Tieren aller Dosisgruppen eine erhöhte Inzidenz von Inselzelladenomen des Pankreas (0/68; 7/69; 12/71 und 4/71 mit steigender Dosis); bei den weiblichen Tieren betrugen die Inzidenzen der Inselzelladenome (4/71; 4/69; 2/69 und 2/71). Die Häufigkeit der (bei diesem Rattenstamm häufigen und mit dem Körpergewicht zunehmenden) Leukämien lag noch im Bereich historischer Kontrollen. Mammatumor- und Inselzelladenomraten vergleichbarer Größenordnung waren gleichfalls schon zuvor in Kontrolltieren beobachtet worden und könnten im Rahmen der Spontanvarianz liegen und/oder auch (im Falle der Inselzelladenome) durch die höheren Körpergewichte begünstigt worden sein. Auch war eine Dosisabhängigkeit nicht zu beobachten. Die Autoren der Studie sahen unter Hinweis auf einige aufgeführte NCI-Studien mit gleichartigen Veränderungen im Tumorspektrum die beobachteten Häufungen nicht als Beleg für eine kanzerogene Wirkung (Thake and Houser, 1984; Hirzy, 1989). Eine Erhöhung der Lebergewichte wurde ferner im Rahmen einer pränatalen Toxizitätsstudie nachgewiesen (s. u.). Di-7-11-P ist ein schwacher Peroxisomenproliferator am Nager wie DEHP und DINP (Hirzy, 1989). Diese Form der Enzyminduktion ist mit einer generellen Lebervergrößerung verbunden und - zumindest initial - einer vermehrten DNA-Synthese. Bei Ratte und Maus stellt dies potentiell eine lebertumordisponierende Stoffwechselsituation dar.

Allerdings ist die tatsächliche Kanzerogenität der einzelnen Peroxisomenproliferatoren höchst unterschiedlich ausgeprägt. Von prognostischer Aussagekraft sind die Höhe der Wirkschwelle und das Ausmaß der Lebervergrößerung, weniger die maximale Peroxisomendichte und Enzymaktivität im Hochdosisbereich. Ausführlich untersucht in dieser Hinsicht wurden verschiedene lipidsenkende Pharmawirkstoffe sowie die mit Di-7-11-P strukturell verwandten Phthalsäureester DEHP und DINP. Die Phthalsäureester gehören zu den eher schwach wirksamen Verbindungen, und unter diesen zeigen DEHP und DINP wiederum eine relativ schwache Aktivität, so dass durchweg hohe Dosen zur Auslösung dieses Effektes erforderlich sind.

Nicht-Nager zeigen eine weitgehende Resistenz gegenüber dem Phänomen der Peroxisomenproliferation (s.u.) und der hiermit assoziierten Effekte wie Enzyminduktion, Hepatomegalie und Tumorinduktion. Hamster zeigen hingegen noch schwache Effekte (Lake et al., 1984).

Man nimmt heute an, dass die Speziesunterschiede auf Dichte und Funktionalität eines bestimmten Rezeptortyps zurückgehen, des peroxisomenstimulierenden (PPARα-)-Rezeptors, welcher bei Ratte und Maus in besonders hohem Maße und vollständiger Form exprimiert wird (Ashby et al., 1994; Bentley et al., 1993; Lee et al., 1995; Cattley et al., 1998; Maloney and Waxman, 1999). Die Stimulation der Rezeptoren führt in den Zielzellen dieser Spezies zu einer Vielzahl von Transkriptionen bzw. Genexpressionen und morphologisch zu einer Proliferation von Zellorganellen (Peroxisomen, Mitochondrien, endoplasmatisches Retikulum), zur Suppression von Apoptose (Roberts et al., 1998) sowie zu einer zumindest initialen, bei manchen Stoffen auch kontinuierlichen Erhöhung der DNA-Synthese (Marsman et al., 1988) und Mitoserate nach Aktivierung der Kupffer'schen Sternzellen (Rose et al., 1997); die Leber ist in allen wirksamen Dosen auf längere Zeit vergrößert.

Transgene Mäuse, denen der peroxisomenstimulierende (PPARα-)Rezeptor fehlt, zeigten mit besonders intensiv untersuchtem DEHP keine Peroxisomenproliferation, keine Hepatomegalie und keine vermehrte DNA-Synthese (Ward et al., 1998). Die Bioverfügbarkeit war gegeben, dies konnte man an den Hoden- und Nierenschädigungen sehen, die allerdings schwächer ausgeprägt waren als beim Wild-Typ. Auch war selbst mit der hochwirksamen Verbindung Wy-14,643 keine Hepatokanzerogenität an PPARα-Knockout-Mäusen mehr erkennbar (Peters et al., 1997).

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