Begründung zur Bewertung von Stoffen als sensibilisierend
15. Tetrachlorphthalsäureanhydrid
(CAS-Nr. 117-08-8) (TCPA)

(BArbBl. 1/98 S. 53)



Vorkommen:

Tetrachlorphthalsäureanhydrid wird als Epoxidharzhärter eingesetzt. Eine Exposition ist somit bei Personen, die entsprechende Epoxidharze herstellen bzw. verwenden, gegeben.

Arbeitsmedizinische und experimentelle Daten:

Asthma bronchiale durch TCPa wurde erstmalig von SCHLUETER et al. 1978 beschrieben. Sie berichteten über 5 Arbeiter, die in der Epoxidharzherstellung tätig waren und an rezidivierenden Atemwegssymptomen erkrankten. Im inhalativen Provokationstest mit pulverförmigem TCPa (20 min.) kam es in 3 der durchgeführten Tests (1mal kontraindiziert wegen Obstruktion, 1mal eindeutige Verschlechterung der PEFR im Schichtverlauf) zur signifikanten Lungenfunktionsverschlechterung (Sofort- und Spätreaktionen nach 4-6 Std.).

Antikörper (geprüft IgE und IgG) konnten nicht nachgewiesen werden. 3 der 5 Patienten wurden nach Arbeitsplatzwechsel erscheinungsfrei, in 2 Fällen blieben Funktionseinschränkungen bestehen.

HOWE et al. (1983) berichteten über 7 Frauen mit Asthma bronchiale, die beruflich Kontakt zu einem TCPA-haltigem Epoxidharzpulver hatten, welches zur Ummantelung elektronischer Teile verwandt wurde. Die Latenzzeit bis zur Erkrankungsmanifestation lag im Mittel bei 2 Jahren. Der Pricktest mit TCPA-Humanserumalbumin (HSA)-Konjugat war positiv (Sofortreaktion 6mal bei 0,01 %, 1mal bei 0,001 %; negativ bei 3 gesunden Exponierten und 3 gesunden Nichtexponierten bei 1% TCPA-HSA). Bei allen Erkrankten waren spezifische IgE-Antikörper gegen TCPA-HSa im RAST nachweisbar (Score bei Erkrankten median 24,3; bei 7 exponierten Gesunden median 1,55; bei 8 Nichtexponierten median 1,2). Im inhalativen Provokationstest mit TCPA-Pulver (TCPa maximal 0,95 mg/in3, empfohlener Grenzwert des Herstellers 12 mg/in3, d.h. < 1/10 des empfohlenen Grenzwertes) trat bei 4/4 untersuchten Patienten eine signifikante Lungenfunktionsverschlechterung (FEV1-Abfall >15 %) auf (2mal Dual-, 2mal isolierte Spätreaktion) bei normaler bronchialer Reaktivität (negativer Iiistammtest). Ein Follow up nach 4 Jahren ergab eine Besserung der Beschwerden und eine Abnahme der spezifischen IgE-Konzentration [VENABLES et al. 1987].

LISS et al. (1993) berichteten über Untersuchungsergebnisse von 52 Personen mit Kontakt zu TCPA-haltigen Epoxidharzen. 18 (35 %) gaben arbeitsplatzbezogene Atembeschwerden an, 7/52 (13 %) zeigten eine LungenfunktiOnsverschlechterung im Schichtverlauf (Abnahme der FEV1>10 %). Symptomprävalenz und Abnahme der FEV1korrelierten mit dem Expositionsgrad (ständig, intermittierend, Umgebungsexposition). Bei 15/49 (30 %) waren spezifische IgE-Antikörper nachweisbar.

Angaben zu einer möglichen Kreuzreaktivität von TCPa zu anderen Dicarbonsäureanhydriden liegen nicht vor.

Bewertung:

Es liegen von 3 Arbeitsgruppen Berichte über Atemwegserkrankungen/beschwerden (Asthma bronchiale, wheezing) infolge beruflicher TCPA-Exposition vor. Die expositionsabhängigen Atembeschwerden wurden durch bronchiale Provokation bei Konzentrationen von 1/10 des vom Hersteller empfohlenen Grenzwertes objektiviert. Im Prick-Hauttest und RAST konnten bei Erkrankten spezifische IgE-Antikörper nachgewiesen werden.

Literatur:

Grammer, L. C.; Harns, K. E.; Chandler, M. J.; Flaherty, D.; Patterson, R.: Establishing clinical and immunologic criteria for diagnosis of occupational immunologic lung disease with phthalic anhydride and tetrachlorophthalic anhydride exposures as a model. J. Occup. Med. 29 (1987), 806-811

Howe, W.; Venables, K. M.; topping, M. D.; Dally, M. B.; Hawkins, R.; Law, S.; Newman-Taylor, A. J.: Tetrachlorophthalic anhydnide asthma: Evidence for specific IgE antibody. J. Allergy Clin. Inununol. 71(1983), 5-11

Liss, G. M.; Bemstein, D.; Genesove, L.; Roos, J. O.; Lim, J.: Assessinent of risk factors for IgEmediated sensitization to tetrachlorophthalic anhydride. J. Allergy Clin. Immunol. 92 (1993), 237-247

Schlueter, D. P.; Banaszak, E. F.; Fink, J. N.; Barbonak J.: Occupational asthma due to tetrachlorophthalic anhydnide: J. Occup. Med. 20 (1978), 183-188

Venables, K. M.; topping, M. D.; Nunn, A. 1.; Howe, W.; Newinan Taylor, A. J.: Immunologic and functional consequences of chemical (tetrachlorophthalic anhydnide)-induced asthma after four years of avoidance of exposure. J. Allergy Clin. Immunol. 80(1987), 212-218

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