Ausgabe: Juli 1999
(BArbBl. 8/1999 S. 81)
Vorkommen:
Chloracetamid wird in Konzentrationen bis 0,4 % als Konservierungsmittel in technischen Produkten (Kühlschmiermitteln, Waschrohstoffen, Farben, Leimen, Leder, Schuhcreme u.a.), in Kosmetika (bis 0,3 % zugelassen) und auch in Heil- und Pflegecremes eingesetzt [6]. Kosmetika müssen den Hinweis "Enthält Chloracetamid" erhalten [10].
Arbeitsmedizinische und experimentelle Daten:
In ersten Berichten sind Einzelfalle von allergischem Kontaktekzem durch Chloracetamid in Babycreme, Hirudoid-Cremes oder andere Kosmetika publiziert worden. In weiteren Kasuistiken wurden Lederschuhe, Farben, Schneidöl u.a. konservierte Industrieprodukte als Ursache beschrieben. In allen Fällen waren Epikutantests mit Chloracetamid und vereinzelt auch mit N-Methylol-Chloracetamid positiv [Übersicht bei 6]. Durch Testung ausgewählter Exponiertengruppen wurden bei 3/70 Ulcus-cruris-Patienten [zit. bei 6] 18/51 Wollwachsalkoholallergikern [2], und 5/190 Malern [14]. Sensibilisierungen gegen Chloracetamid nachgewiesen. Von den 5 Malern reagierten 4 auf einen Kleber, der 0,12 % Chloracetamid enthielt und auf Verdünnungen des Klebers (20 und 50 %). Übliche Testkonzentrationen für Chloracetamid sind 0,1 % und 0,2 %. Es wurde auch über eine positive Testreaktion auf 0,001 % Chloracetamid berichtet [15]. In Testkollektiven von Hautkliniken reagierten in Holland 0,6 % (3/501) Patienten [5], in der Schweiz 1989 1,5 % von 2295 Patienten mit Verdacht auf Kontaktekzem bzw. 3 % von 606 Testpatienten auf Chloracetamid [11, 7]. FUCHS u.a. [4] berichteten über 9,4 % (21/224) positive Testergebnisse mit Chloracetamid. Eine Multizenterstudie in Deutschland ergab von 1987 bis 1989 bei 53/4948 (1,1 %) Getesteten positive Reaktionen im Epikutantest [12]. Eine Auswertung von Daten von 11432 Getesteten aus deutschen Hautkliniken (1990 bis 1994) ergab Sensibilisierungen in 1,2 % (142) [13]. Von insgesamt 31 Getesteten mit Lederchemikalien zeigte eine Schuhfabrikarbeiterin eine Reaktion auf Chloracetamid, die nicht als relevant beurteilt wurde [9]. In den USa sind Sensibilisierungen gegen Chloracetamid selten (1/648 Getesteten) [zit. bei 6].
Bei experimentellen Studien an Freiwilligen konnten von MARZULLI u.a. mit einem modifizierten Draize-Test mit einer Creme, die 1,25 % Chloracetamid enthielt (Okklusivtest für 48 oder 72 Stunden in 10 Applikationen) 17 % (35/205) sensibilisiert werden [zit. bei 1, 6]. JORDAN et al. [8] führten einen modifizierten Draize-Test an 150 Probanden durch (Induktion mit 0,5 % Chloracetamid in Wasser, epikutane Applikation an je 3 Tagen für 3 Wochen, nach 2 Wochen 2 mal 48 Stunden Challangeapplikation von 0,5 % Chloracetamid) und sensibilisierten 31 % (47/150), 57 % der Frauen und 24,6 % der Männer. CRONIN [3] berichtete über eine mögliche Sensibilisierung durch Epikutantestung mit 2 % Chloracetamid.
Sensibilisierungsversuche an Meerschweinchen (Maximierungstest mit FCA, Buehler Test, offener Epikutantest, auch auf abradierter Haut) waren bisher negativ oder maximal bei einem Tier positiv [zit. bei 1, 6].
Bewertung:
Eine Vielzahl von Kasuistiken, die Sensibilisierungsraten in Exponiertenkollektiven, der Anteil positiver Reaktionen in Testkollektiven und die Ergebnisse von Sensibilisierungsversuchen am Menschen belegen die sensibilisierende Wirkung durch Hautkontakt (R43) für 2-Chloracetamid in Anwendungskonzentrationen (bis ca. 0,4 %).
Literatur:
[1] Anonym (Expert Panel): Final report on the safety assessment of chloracetamide. J. Am. Coll. Toxicol. 10(1991), 21-32
[2] Auth, R.; Pevny, I.; Gernot. P.: Ein Beitrag zur Wollwachsallergie. Akt. Dermatol. 10(1984), 215-220
[3] Cronin, E.: Contact Dermatitis. Edinburgh London and New York: Churchill Linvingstone, 1980
[4] Fuchs, T.; Ippen, H.: Hautallergien durch Konservierungsmittel. Pharmatechnol. 6 (1985), 52-55
[5] de Groot, A.C.; van Joost, T.; Bos, J.D.; Jagtman, B. A.; Bruynzeel, D.P., Weyland, J.W.: Contact allergy to preservatives (II). Contact Derm. 15 (1986) 2 18-222
[6] Hausen, B.M.; Brinkmann, J.; Dohn, W.: Lexikon der Kontaktallergene. Landsberg/Lech: Ecomed Fachverlag, 1992, Losebl.Ausg.
[7] Hunziker, N.: Prevalence of sensitization to 13 preservatives in Switzerland. Contact Derm. 23 (1990), 245
[8] Jordan, W.P.; King, S.E.: Delayed hypersensitivity in females. Conatact Derm. 3 (1977), 19-26
[9] Koch, P.; Nickolaus, G.; Geier, J.: Kontaktallergie bei Lederherstellern, Lederverarbeitern und in der Schuhindustrie. Dermatosen 44 (1996), 257-262
[10] Verordnung über kosmetische Mittel (Kosmetikverordnung) (Bek. der Neufassung vom 7. Oktober 1997), BGBl. I S. 2410-2448
[11] Perrenoud, D.; Bircher, T.; Hunziker, H. et al.: Frequency of sensitization to 13 common preservatives in Switzerland. Contact Derm 30 (1994), 276-279
[12] Scheuer, B.; Rüther, T.; v. Bülow, V. et al.: Häufige Kontaktallergene. Akt. Dermatol. 18 (1992), 44-49
[13] Schnuch, A.; Geier, J.; Uter, W.; Frosch, P.J,: Patch testing with preservatives, antimicrobials and industrial biocides. Results from a multicentre study. Br. J. Dermatol. 138 (1998), 467-476
[14] Wahlberg, J. E.; Högberg, M.; Skare, L.: Chloracetamide allergy in house painters. Contact Derm. 4 (1978), 116-117
[15] Wantke, F.; Demmer, C. M.; Götz, M.; Jarisch, R.: Sensitization to chloracetamide. Contact Derm. 29 (1993), 213-214
(Stand: 20.08.2018)
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