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TRGS 910-60. 4-Chlor-o-toluidin

(BArbBl. 9/83 S. 35)


Krebserzeugender
Stoff

Gruppen

I
(sehr stark gefährdend)
II
(stark gefährdend)
III
(gefährdend)

Massengehalte im Gefahrstoff in v. H.

4-Chlor-o-toluidin    > 0,1 < 0,1-0,01

Erläuterung:

4-Chlor-o-toluidin (4-COT) ist ein Methämoglobin-Bildner. Als Leitsymptom bei akuten 4-COT-Vergiftungen zeigte sich bei Arbeitern eine hämorrhagische Zystitis; bereits nach kurzzeitiger Exposition wurden Hämaturien beobachtet (1).

Auch im Tierversuch ließ sich die Harnblase als Zielorgan darstellen. Die Substanz kann in schädigenden Dosen über die Haut resorbiert werden.

Mit radioaktiv markierter Substanz wurde in der Leber eine irreversible Bindung an Proteine, DNa und RNa beobachtet. Verschiedene Kurzzeittests wiesen überwiegend auf eine gentoxische Wirkung hin.

In mehreren Cancerisierungsversuchen an der Maus fanden sich Hämangiome, Hämangiosarkome und Retikulumzellsarkome in erhöhter Inzidenz bis zu Dosierungen von 20 ppm im Futter. Bei 2 ppm war ein vermehrtes Auftreten von Tumoren nicht mehr nachweisbar. Bei Ratten führten dagegen mehrere 1000 ppm im Futter in zwei Langzeitversuchen nicht zu einem Anstieg der Tumorrate. In einer anderen Studie zeigten sich allerdings bei 500 ppm maligne Hepatome und bei niedrigeren Dosierungen vermehrt benigne Hyperplasien; auch war die Zahl der Nebennierenadenome erhöht (2).

In einer arbeitsmedizinischen Studie wurden bei 8 von 116 Arbeitern, die vor 1970 in der 4-Chlor-o-toluidin-Produktion beschäftigt waren, Blasencarcinome beobachtet. Die Expositionszeiten lagen zwischen ca. 2 und 20 Jahren. Nach Sanierung der Anlage und Umstellung des Prozesses im Jahre 1970 wurden bei Arbeitern, die nur in diesem neuen Prozeß beschäftigt waren, bis zum Jahre 1986 keine Blasentumoren gefunden. Angaben zur Expositionshöhe sind nicht verfügbar: es dürften allerdings beachtliche Einwirkungen vorgelegen haben, da bei diesen Arbeitern gehäuft Harnblasenblutungen und z.T. Cyanosen auftraten (3,4)

Auch wenn die cancerogene Wirkung an der Maus schon bei niedrigen Konzentrationen auftrat, so sollte wegen der deutlichen Speziesunterschiede zwischen Ratte und Maus, der unterschiedlichen Zielorgane bei Maus und Mensch und der hohen Arbeitsplatzexpositionen 4-Chlor-o-toluidin in die Gruppe II eingestuft werden, allerdings mit einer Grenzkonzentration von 0.1%.

Literatur:

(1) Stasik. M. J.: Differentialdiagnose der Hämaturie. DMW (1982). 107. Jg. 77

(2) Henschler. D.: "Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe": (Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten) der Arbeitsstoff-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Verlag Chemie, Weinheim

(3) Mitteilungen F. Schuckmann auf der Tagung der MEDICHEM, 11.9.1986. Ludwigshafen, und vor der DFG-Kommission, 17.10.1986

(4) Stasik, M. J.; Carcinomas of the urinary bladder in a 4-chloro-o-toluidine cohort, Int. Areh. Occup. Environ. Health (1987) (Manuskript der Zeitschrift bereits zugeleitet)

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