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TRGS 910-62. 3,3'-Dimethylbenzidin

(BArbBl. 9/83 S. 35)


Krebserzeugender
Stoff

Gruppen

I
(sehr stark gefährdend)
II
(stark gefährdend)
III
(gefährdend)

Massengehalte im Gefahrstoff in v. H.

3,3'-Dimethylbenzidin   > 0,5  < 0,5-0,05

Erläuterung:

Beim 3,3'-Dimethylbenzidin steht die Frage einer krebserzeugenden Wirkung eindeutig im Vordergrund. Diesbezügliche Erfahrungen nach Exposition nur gegenüber 3,3'-Dimethylbenzidin liegen für den Menschen nicht vor.

Nach metabolischer Aktivierung erwies sich 3,3'-Dimethylbenzidin an Bakterien (Salmonella tvphimurium) als mutagen und in zwei verschiedenen in-vitro-Zelltransformations-Tests als positiv. In verschiedenen in-vitro-Tests auf DNS-Schädigung war 3,3'-Dimethylbenzidin ebenso wirksam wie in einem in-vitro-Test zur Induktion von Schwesterchromatidaustausch. Ein signifikanter Anstieg von Schwesterchromatidaustausch wurde auch in Knochenmarkzellen von Mäusen nach intraperitonealer Injektion von 3,3'-Dimethylbenzidin gefunden. Im geschlechtsgebundenen rezessiven Letaltest an Drosophila zeigte sich die Substanz (als Dihydrochlorid) nach Verfütterung eindeutig, nach Injektion fraglich mutagen.

Nach einer oralen Gesamtdosis von 50 g/Hund traten in einem Lebenszeit-Versuch mit 4 weiblichen Hunden bei einem Tier Blasenpapillome auf. Nach Verfütterung an syrische Goldhamster in Konzentrationen von 0,1 und 0,3 % blieb 3,3'-Dimethylbenzidin ohne krebserzeugende Wirkung. Die Schlundsonden-Applikation des Stoffes bis zu einer Gesamtdosis von 500 mg/Ratte führte nach 10 Monaten bei 4 von 16 Sprague-Dawley-Ratten (Kontrolle: 3/132) zur Bildung von Mammakarzinomen. Nach subkutanzer Injektion einer Gesamtdosis von 5.5 g/Ratte entwickelten sich bei 5 von 48 Sherman-Ratten, die 300 Tage überlebten, Gehörgangskarzinome. In einem anderen Versuch entstanden nach einer subkutanen Gesamtdosis von 1160 mg/Ratte unter 53 Ratten 20 Gehörgangskarzinome, 5 Mammakarzinome und vereinzelte Tumoren anderer Lokalisation, welche in der Kontrollgruppe nicht auftraten. Ein ähnlicher Versuch (Gesamtdosis: 1220 mg/Ratte) führte unter 88 Ratten zu 27 Gehörgangstumoren und vereinzelten Tumoren anderer Lokalisation. In einem weiteren Versuch entwickelten sich nach einer subkutanen Gesamtdosis von 5,4 g/kg unter 21 Ratten 4 Gehörgangstumoren, 11 Tumoren des Verdauungstraktes, 7 Lebertumoren und 4 Tumoren des Knochen- bzw. des blutbildenden Systems (für die Kontrolle wird nur 1 Lebertumor unter 12 Ratten erwähnt).

Die vorliegenden sehr limitierten Versuche mit 3,3'-Dimethylbenzidin zeigen eine krebserzeugende Wirkung des Stoffes. Die Wirkungsstärke ist allerdings schwer zu beurteilen. Bei der geringen (oder sogar fraglichen) Wirkung beim Hund ist zu berücksichtigen, daß nach den bisher vorliegenden Ergebnissen auch Benzidin eine deutlich höhere Dosis brauchte, um beim Hund eindeutig kanzerogen zu sein (s. Erläuterung Benzidin). Bezüglich des negativen Fütterungsversuches beim Syrischen Goldhamster muß beobachtet werden, daß selbst 4-Aminodiphenyl in diesem Test bei einer Konzentration von 0,1 % im Futter keine krebserzeugende Wirkung zeigte (1).

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse an Ratten ist eine dem Benzidin ähnliche Wirkung nicht auszuschließen. 3.3'-Dimethylbenzidin wird deshalb in die Gruppe II eingestuft, und zwar in der Konzentration> 05%

Literatur:

(1) Henschler. D.: "Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe" (Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten), der Arbeitsstoff-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Verlag Chemie, Weinheim

(2) Saffiotti. U. F. Cefis, R. Montesano. A. R. Sellakumar: In: Bladder Cancer; cd. K. F Lampe, Aesculapius Publishing Co., Birmingham, Alabama. USA. S.129 (1967)

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