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TRGS 910-64. 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin

(BArbBl. 3/88 S. 88)


Krebserzeugender
Stoff

Gruppen

I
(sehr stark gefährdend)
II
(stark gefährdend)
III
(gefährdend)

Massengehalte im Gefahrstoff in v. H.

2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin   > 0,000001  < 0,000001
-0,0000002

Erläuterung:

2,3,7,8-Tetrachlordibenzo-p-dioxin (2,3,7,8-TCDD) gehört zur Verbindungsklasse der Chlor-dibenzo-p-dioxine. die insgesamt 75 verschiedene Chlorhomologe und Stellungsisomere umfaßt. Es gilt innerhalb dieser Substanzklasse als das toxischste Isomer (1). Trotz der außerordentlich hohen akuten Toxizität im Tierversuch. die durch große tierartliche Unterschiede (LD50 Meerschwein: 0,6 µg/kg;. LD50 syr. Goldhamster: 5051 µg/kg) gekennzeichnet ist (2), steht die Frage der chronischen Toxizität und der krebserzeugenden Wirkung im Vordergrund.

Die Erfahrungen beim Menschen beschränken sich auf akute oder kurzfristige Expositionen. deren Höhe schlecht dokumentiert ist. Als Leitsymptom wird eine z.T. Jahre andauernde Chlorakne angegeben" (1). Zahlreiche weitere Effekte wie Schleimhautreizungen, Überpigmentierungen, Leberparenchymschädigungen, periphere Neuropathien, der Porphyria cutanea tarda ähnliche Erscheinungen. sowie Störungen des Fettstoffwechsels wurden festgestellt (1,2,4).

Im Tierversuch konnten diese Veränderungen ebenfalls nachgewiesen werden. Die niedrigste toxische Dosis betrug im chronischen Tierversuch 1 ng/kg/Tag bei oraler Verabreichung (1).

Epidemiologische Untersuchungen hinsichtlich der Kanzerogenität von 2,3,7,8-TCDD sind in ihren Ergebnissen widersprüchlich. Während Folgestudien nach Betriebsunfällen bisher keinen eindeutigen Hinweis auf eine erhöhte Tumorrate erbrachten, ergeben einige Fall-Kontrollstudien an chron. exponierten Arbeitern beim Umgang mit 2,3,7,8-TCDD-haltigen Produkten Hinweise auf ein vermehrtes Auftreten von Weichteilsarkomen (1).

Auf der Basis der bislang vorliegenden epidemiologischen Studien ist eine sichere Beurteilung der krebserzeugenden Wirkung für den Menschen von 2,3,7,8-TCDD nicht möglich (3).

Zur Beurteilung der Kanzerogenität von 2,3,7,8-TCDD werden derzeit Untersuchungen von Van Miller (5), Toth (6) und insbesondere von Kociba (7) und vom NTP (8) herangezogen.

In der als Vorstudie zu wertenden Untersuchung Van Miller's (5) wurde 2,3,7,8-TCDD-haltiges Futter über einen weiten Dosisbereich (0,0003 bis 500 µg/kg/Wo) an jeweils 10 männliche Sprague-Dawlcy-Ratten über 78 Wochen verfüttert. Bei Dosen > 24 µg/kg/Wo starben alle Ratten innerhalb von vier Wochen. Ab 2 µg/kg/Wo waren statistisch signifikante Anstiege der Plattenepithelkarzinome der Lunge und der hepatozellulären neoplastischen Knoten zu verzeichnen.

In der Untersuchung von Toth (6) wurde 2,3,7,8-TCDD in Sonnenblumenöl einmal pro Woche an jeweils 45 männliche Swiss/ H/Riop-Mäuse in Dosen von 0,07; 0,7 und 7 µg/kg per Schlundsonde über 1 Jahr verabreicht. Nach Ablauf der Lebenszeit zeigte die mittlere Dosisgruppe (0,7 µg/kg/Wo) die höchste Inzidenz (48 %) an Lebertumoren (Kontrolle 18 %). Toxische Wirkungen (Leberparenchym, Amybidosen, Dermatitiden) wurden schon bei der niedrigsten Dosis beobachtet.

Die Ergebnisse beider Studien werden als Hinweis auf eine kanzerogene Wirkung von 2,3,7,8-TCDD gewertet.

In einem Überlebenszeitversuch verfütterten Kociba und Mitarbeiter (7) an Gruppen von je 50 männlichen und weiblichen Sprague-Dawley-Ratten über 2 Jahre eine Diät mit 22, 208 und 2193 ng TCDD/kg. entsprechend einer Dosis von 0,001; 0,01 und 0,1 µg/kg/d.

Die Ergebnisse zeigen eine statistisch signifikante Zunahme der hepatozellulären Karzinome bei der weiblichen Ratte in der höchsten Dosisgruppe (11/49; K: 1/86), aber auch eine signifikante Erhöhung der hepatozellulären neoplastischen Knoten in der mittleren Dosisgruppe (18/50;K: 8/86). Zusätzlich ist bei der höchsten Dosis die Zunahme der Plattenepithelkarzinome des harten Gaumens und der Nasenschleimhaut (w: 4/49;K: 0/86) (m: 7/50;K: 0/35) in beiden Geschlechtern. sowie der Plattenepithelkarzinome der Lunge (7/49;K: 0/86) bei den weiblichen Tieren signifikant. Die Ergebnisse der Studie werden als Nachweis der kanzerogenen Wirkung gewertet (4). obwohl bei den verabreichten Dosen (0,01 und 0,1 µg/kg/d) auch toxische Wirkungen (z.B. Veränderungen der rel. Organgewichte) beobachtet wurden.

In einem Versuch im Rahmen des National Toxicology Program (8) erhielten je 50 männliche und weibliche Osborne-Mendel-Ratten bzw. 50 männliche B6C3F1-Mäuse Dosen von 0,01, 0,05 und 0,5 µg TCDD/kg/Wo sowie 50 weibliche Mäuse 0,04, 0,2 und 2,0 µg/kg/Wo über 104 Wochen per Schlundsonde. In der höchsten Dosisgruppe war bei den weiblichen Ratten die Inzidenz der neoplastischen Knoten und hepatozellulären Karzinome der Leber (14/49;K: 5/75). der subkutanen Fibrosarkome (4/49;L: 0/75) und der Nebennierenrindenadenome (14/46;L: 11/73) erhöht. Bei den männlichen Ratten traten follikuläre Adenome der Schilddrüse mit einer klaren Dosisabhängigkeit über alle Dosierungsstufen (5/48; 6/50; 10/50;K: 1/69), sowie subkutane Fibrosarkome in der höchsten Dosierung (7/50;K: 3/75) statistisch signifikant vermehrt auf.

Die Ergebnisse bestätigen im wesentlichen die von Kociba (7) durchgeführten Untersuchungen.

Bei den weiblichen Mäusen war die Inzidenz der hepatozellulären Karzinome (6/47;K: 1/73) in der höchsten Dosisgruppe signifikant erhöht. Darüber hinaus wurde ein signifikanter Anstieg der subkutanen Fibrosarkome (5/47;K: 1/74), der follikulären Schilddrüsenadenome, (5/46;K: 0/69) und der Lymphome/Leukämie (20/47;K: 18/74) beobachtet. Bei den männlichen Mäusen waren lediglich hepatozelluläre Karzinome (17/50;K: 8/73) in der höchsten Dosisgruppe signifikant vermehrt.

Die Inzidenz der Lebertumoren bestätigt die Befunde von Toth (6).

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(Stand: 20.08.2018)

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