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TRGS 910-78: 1,3-Dichlor-2-propanol

(BArbBl. 11/90 S. 47)


Krebserzeugender
Stoff

Gruppen

I
(sehr stark gefährdend)
II
(stark gefährdend)
III
(gefährdend)

Massengehalte im Gefahrstoff in v. H.

1,3-Dichlor-2-propanol   > < 5-0,5

Erläuterung:

Für 1,3-Dichlor-2-propanol wurde die akut toxische Wirkung an Ratten nach oraler Gabe mit einer LD50 von 110 mg/kg KG angegeben (1).

Bei der Untersuchung auf Gentoxizität erwies sich 1,3-Dichlor-2-propanol im bakteriologischen Testsystem (Ames-Test) als Genmutation-induzierender Stoff. Die Zahl der Revertanten war bei Einsatz der Salmonella typhimurium Stämme Ta 100 und Ta 1535 signifikant erhöht, womit gezeigt wurde. daß die Substanz basenpaarsubstisution zu induzieren vermag (2.3, 4).

1,3-Dichlor-2-propanol wirkt auch an Säugerzellen in vitro gentoxisch. Unter Verwendung von V79 Zellen des chinesischen Hamsters konnte gezeigt werden, daß Schwester-Chromatid-Austausch induziert wurde (5).

Untersuchungen zur Kanzerogenität erbrachten folgende Ergebnisse (6 / siehe auch Tabelle: 1).

Je 4 Gruppen von 80 männlichen und 80 weiblichen Wistar-Ratten (KFM-Han) wurden für die Dauer von 104 Wochen mit im Trinkwasser gelösten 1,3-Dichlor-2-propanol behandelt. Die Konzentration betrug in den einzelnen Gruppen 0, 27, 80 und 240 mg 1,3-Dichlor-2-propanol /l Trinkwasser. Dies entsprach 0, 2,09, 6,25 bzw. 19,31 mg/kg Körpergewicht und Tag bei männlichen und 0, 3,39, 9,63 bzw. 29,83 mg/kg Körpergewicht und Tag bei weiblichen Ratten.

In der hohen Dosisgruppe wurden ca. ab der 80. Woche verringerte Gewichtszunahme und erhöhte Mortalität (Wo. 104: ca. 40 % Überlebende gegenüber ca. 70% in den anderen Gruppen und den Kontrollen) beobachtet. In dieser, wie auch in der mittleren Dosisgruppe, wurden bei beiden Geschlechtern Tumoren induziert. Es traten vermehrt hepatozelluläre Adenome und Karzinome. Adenome und Karzinome in den Nierentubuli, papilläre Karzinome der Zunge und follikuläre Adenome und Karzinome der Schilddrüse auf. Lebertumoren fanden sich in der Mehrzahl bei weiblichen Tieren und metastasierten häufig in die Lunge,' Nierentumoren wurden fast ausschließlich bei männlichen Tieren diagnostiziert.

Die für die Beurteilung der neoplastischen Wirkung entscheidende Entstehung von Leberzelltumoren konnte schon durch Zwischensektionen von jeweils 10 Tieren pro Gruppe nach 26, 52 und 78 Wochen beobachtet werden, einem Zeitpunkt, zu dem noch keine toxischen Einflüsse (Gewichtsentwicklung/Mortalität) auftraten. So zeigte sich nach 26 Wochen ein hepatozelluläres Adenom bei den Männchen der mittleren Dosisgruppe und in der 52. Woche ein Adenom und ein Karzinom vom selben Typ bei den Weibchen der hohen Dosisgruppe. In der 78. Woche fanden sich neben Tumoren in anderen Organen 70 % hepatozelluläre Karzinome bei den Weibchen und 30% bei den Männchen der hohen Dosisgruppe. Neben den eindeutig neoplastischen Befunden konnten eine Reihe von anderen Leberveränderungen mit dosisspezifischer Inzidenz beobachtet werden. Hierzu gehörten eosinophile Foci, Verfettungen und Peliosis, die teilweise auch in der niedrigen Dosisgruppe zu frühen Untersuchungszeitpunkten auftraten. Von diesen Veränderungen wird die Peliosis hepatis von den Autoren selbst und im Fachschrifttum als Präneoplasie angesehen (7).

1,3-Dichlor-2-propanol ist direkt mutagen und zeigt gentoxische Wirkungen im Säugerzellsystem in vitro. Im Langzeittierversuch nach oraler Applikation von 1,3-Dichlor-2-propanol im Trinkwasser an Ratten wurden erhöhte Tumorinzidenzen als lokale wie auch systemische Wirkung festgestellt. In der hohen Dosisgruppe wurde aber auch ein toxischer Substanzeinfluß am Ende der Versuchszeit durch erhöhte Mortalität und verminderte Körpergewichte deutlich. Aufgrund dieser experimentellen Befunde wird 1,3-Dichlor-2-propanol mit einem Massengehalt von 5 % in die Gruppe II (stark gefährdend) eingestuft.

Literatur:

(1) 1,3-Dichlor-2-propanol. In: Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe, Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten (Maximale Arbeitsplatz-Konzentrationen). Hrsg. v. D. Henschler. Lfg. 15. Weinheim: Verlag Chemie 1989, Loseblattsammlung

(2) Gold. M. D., A. Blum, B. N. Ames: Another flame retardant, tris-(1,3-dichloro-2-propyl)-phosphate. and its expected metabolites are mutagens. Science 200, 785-787, (1978)

(3) Nakamura, A., N. Tateno, S. Kojima, M. Kaniwa, T. Kawamura: The mutagenicity of halogenated alkanols and their phospheric acid esters for salmonella typhimurium. Mutat Res. 66, 373-380, (1979)

(4) Silhankova, L., F. Smid, M. Cerna, J. Davidek, J. Velisek: Mutagenicity of glycerol chlorohydrines and of their esters with higher fatty acids present in protein hydrolysates. Mutat Res. 103, 77-81, (1982)

(5) Von der Hude, W., M. Scheutwinkel, U. Gramlich, B. Fißler, A. Basler: Genotoxicicty of three-carbon compounds evaluated in the SCE test in vitro. Environm. Mutag. 9, 401-410, (1987)

(6) RCC, Research and Consulting Company AG, Itingen Schweiz, Project 017820: 104-week chronic toxicity and oncogenicity study with 1,3-dichlor-propan-2-ol in rats. Submitted by Verband der Suppenindustrie e. V., Bonn, tu Bundesgesundheitsamt, Berlin, (1986)

(7) Bannasch, P., K. Wayss, H. Zerban: Peliosis Hepatis, Rodents. In: Digestive System, (Eds.) T. C. Jones. U. Mohr, R. D. Hunt, Springer Verlag: Berlin, Heidelberg, New York. pp.: 110 115, (1985)

Tabelle 1: Neoplastische Veränderungen nach Verabreichung von 1,3-Dichlor-2-propanol an männliche und weibliche Wistar-Ratten im Trinkwasser über 104 Wochen

  

männliche Tiere
Dosis mg/kg KG und Tag

weibliche Tiere
Dosis mg/kg KG und Tag

0 2,1 6,25 19,3 0 3,4 9,6 29,8

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