zurück

TRGS 910-86: Tetranitromethan (TNM)

(BArbBl. 4/93 S. 72)


Krebserzeugender
Stoff

Gruppen

I
(sehr stark gefährdend)
II
(stark gefährdend)
III
(gefährdend)

Massengehalte im Gefahrstoff in v. H.

Tetranitromethan (TNM)  > 0,1  < 0,1-0,01 < 0,01-0,001

Erläuterung:

Tetranitromethan ist ein Methämoglobinbildner.

Die Substanz besitzt eine relativ hohe Flüchtigkeit (Siedepunkt 126 °C bei 760 Torr):

TNM bewirkte bei wiederholter inhalativer Verabreichung (13 Wochen) an Ratten und Mäusen in einem Versuch mit Konzentrationen von 0; 0,2; 0,7; 2; 5 und 10 ppm bei den Mäusen der beiden oberen Konzentrationen Entzündungen und milde Metaplasie der Atemtrakt-Schleimhäute. Ratten wiesen bei 10 ppm milde Metaplasie des Nasenschleimhautepithels und eine geringe Entzündung der Lunge auf. Lungenschäden traten sowohl nach Inhalation wie nach oraler und intravenöser Aufnahme (z.B. bei Hunden) auf. Auch beim Menschen werden Reizerscheinungen der Atmungsorgane (Katarrhe, Kratzen im Hals, vermehrter Speichelfluß, Husten, Lungenentzündung) sowie Methämoglobinbildung berichtet.

Proteine werden von TNM bei Raumtemperatur nitriert, und zwar selektiv an Tyrosin- und Cystein-Resten; tertiäre Amine können durch TNM oxydativ dealkyliert und nitrosiert werden, dabei entstehen Nitrosamine.

Im Ames-Test ist TNM ohne metabolische Aktivierung positiv. Zugabe von S-9-Mix verminderte die Wirkung. Die mutagene Wirkung von TNM konnte auch an E. coli bestätigt werden. In CHO-Zellen war die Häufigkeit von SCEs ohne Zusatz von S-9-Mix dosisabhängig und reproduzierbar erhöht. S-9-Mix-Zusatz löschte diese Wirkung. Chromosomenaberrationen hingegen wurden in CHO-Zellen ohne S-9-Mix nicht gefunden. Bei etwa 10-fach höheren Konzentrationen und mit S-9-Mix-Zusatz wurden auch Chromosomenaberrationen induziert.

In einer NTP-Studie wurden Mäuse zwei Jahre lang mit 0: 0,5 und 2 ppm sowie Ratten mit 0; 2 und 5 ppm TNM inhalativ exponiert. Bei allen mit TNM exponierten Tieren traten Hyperplasien der Alveolen und Bronchiolen auf, ferner chronische Entzündungen der Nasenschleimhaut. Bei einem hohen Prozentsatz der exponierten Tiere entwickelten sich Adenome und Adenokarzinome der Alveolen und Bronchiolen (s. Tabelle).

Die Karzinome metastasierten häufig. Obwohl im Nasenraum von Mäusen und Ratten infolge chronischer Reizung und Entzündung Hyperplasien und schuppige Metaplasien beobachtet wurden. traten dort keine Primärtumoren auf. Aus Tumoren von TNM-exponierten Mäusen und Ratten wurde DNa isoliert. Es konnte nachgewiesen werden, daß eine Mutation des K-ras-Gens vorlag.

TNM erwies sich an Ratte und Maus als sehr starkes Kanzerogen. das schon bei sehr niedrigen Konzentrationen (0,5 ppm bei den Mäusen und 2 ppm bei den Ratten) bei praktisch allen exponierten Tieren Lungentumoren induzierte. In vitro-Tests belegen das gentoxische Potential der Substanz. TNM wird deshalb in die Gruppe der sehr stark gefährdenden krebserzeugenden Arbeitsstoffe (Gruppe 1) eingestuft, und zwar in einer Konzentration>0,1 % (untere Grenze in Gruppe III = 0,001%).

Literatur:

"Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe" (toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten) der Arbeitsstoff-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Verlag Chemie, Weinheim. Ergebnisse der NTP-Studie zur Kanzerogenität von Tetranitromethan bei Inhalation

Spezies:
Exposition:
männliche und weibliche B6C3F1-Mäuse
6 h täglich, 5 Tage wöchentlich, 2 Jahre
      TNM-Konzentration in der Atemluft
0 ppm 0,5 ppm 2 ppm
2-Jahresüberleben männlich 37/50 26/50 15/50
weiblich 31/50 28/50 24/50
Alveoläre und bronchioläre Tumoren der Lunge:
Adenome männlich 7/50 (14%) 17/50 (34%) 34/50 (68%)
weiblich 1/49 ( 2%) 19/50 (38%) 41/50 (82%)
Karzinome männlich 6/50 (12%) 16/50 (32%) 46/50 (92%)
weiblich 3/49 ( 6%) 11/50 (22%) 45/50 (90%)

Spezies:
Exposition:
männliche und weibliche F344/N-Ratten
6 h täglich, 5 Tage wöchentlich 2 Jahre
      TNM-Konzentration in der Atemluft
0 ppm 2 ppm 5 ppm
2-Jahresüberleben männlich 18/50 17/50 4/50
weiblich 25/50 34/50 15/50
Alveolare und bronchioläre Tumoren der Lunge:
Adenome männlich 1/50 (2%) 13/50 (26%) 11/50 ( 22%)
weiblich 0/50 (0%) 6/50 (12%) 3/50 ( 6%)
Karzinome männlich 0/50 (0%) 26/50 (52%) 46/50 ( 92%)
weiblich 0/50 (0%) 19/50 (38%) 50/50 (100%)
Plattenepithelkarzinome: männlich 0/50 (0%) 1/50 ( 2%) 19/50 ( 38%)
weiblich 0/50 (0%) 1/50 ( 2%) 12/50 ( 24%)

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 20.08.2018)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion