Das Übereinkommen über den Schutz des Bodensees gegen Verunreinigung vom 27. Oktober 1960 verpflichtet die Länder und Kantone im Einzugsgebiet, die von der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB) empfohlenen, ihr Gebiet betreffenden Gewässerschutzmaßnahmen sorgfältig zu erwägen und sie nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechtes nach besten Kräften durchzusetzen.
Die IGKB hat erstmals auf ihrer 12. Tagung am 1. Juni 1967 in Wildhaus Richtlinien für die Reinhaltung des Bodensees verabschiedet. Diese wurden mehrmals ergänzt und zum Teil auch neu gefasst, zuletzt 1987.
Sie enthalten neben Anforderungen an die Abwassertechnik insbesondere auch Empfehlungen für Maßnahmen und Regelungen im Bodensee und seinem Einzugsgebiet, die die ökologische Funktionsfähigkeit des Sees nachhaltig sicherstellen sollen.
Die vorliegende Neufassung von 2005 liegt als vollständig überarbeitete Version vor. Sie soll den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Wirkungszusammenhänge im Gewässer Rechnung tragen und die Möglichkeiten eines zeitgemäßen, ganzheitlichen Gewässerschutzes ausschöpfen.
Die Richtlinien erfassen auch Bereiche, die auf den Bodensee nur mittelbar einwirken und nicht nur den Gewässerschutz betreffen. Die IGKB hält es für erforderlich, dass entsprechend Art. 6 Abs. 1 des Übereinkommens über den Schutz des Bodensees gegen Verunreinigung vom 27. Oktober 1960 darauf hingewirkt wird, dass die vorgeschlagenen Regelungen auch für diese Bereiche im Sinne der Richtlinien umgesetzt werden.
Alle aktuellen und zukünftigen Anstrengungen sollen dazu dienen, den Schutz des Bodensees vorsorgend im Sinne der Erhaltung eines einzigartigen Lebensraumes und seiner Nutzbarkeit insbesondere entsprechend folgenden Zielen nachhaltig zu sichern und zu verbessern:
Der physikalische, chemische und biologische Zustand des Bodensees (Wasser, Sedimente, Biozönosen) und seiner Uferbereiche soll dem eines naturnahen, großen und oligotrophen Voralpensees entsprechen.
Genutzte natürliche Ressourcen im Bodensee und seinem Einzugsgebiet sollen sich selbst regenerieren können und in ihrer natürlichen Variabilität erhalten bleiben.
Die verschiedenen natürlichen Lebensräume im Bodensee und seinem Einzugsgebiet sollen ausreichend groß, durchgängig und miteinander vernetzt sein. Sie sollen die Gewähr dafür bieten, dass natürliche Prozesse ablaufen können. In und am See sollen sich selbsterhaltende Populationen aller standorttypischen Tier- und Pflanzenarten existieren können. Wasserorganismen, die nicht zum natürlichen Artenspektrum gehören, sollen nicht in den See oder die Gewässer seines Einzugsgebietes eingebracht werden.
Ökologisch intakte Ufer- und Flachwasserbereiche sind als bedeutende Lebensräume für den See zu erhalten bzw. wiederherzustellen.
Ein ausreichender Sauerstoffgehalt soll auch im Tiefenwasser zur Sicherung natürlicher biologischer Prozesse, wie z.B. der Naturverlaichung von Fischen, gewährleistet sein.
Das Bodenseewasser und die Sedimente dürfen keine schädlichen Stoffe in Konzentrationen enthalten, die die Lebensgemeinschaften im See negativ beeinträchtigen. Wegen seiner Bedeutung für die Trinkwasserversorgung ist der Bodensee vor anthropogenen Einflüssen so zu schützen, dass es mit naturnahen Aufbereitungsverfahren möglich ist, ein mikrobiell und physikalisch/chemisch einwandfreies Trinkwasser zu gewinnen.
Hydrologische Verhältnisse und Struktur der dem Bodensee zufließenden Gewässer sollen ein naturnahes und für den Bodensee typisches Wasser- und Feststoffregime gewährleisten.
Nutzungen dürfen den Zustand des Sees und seiner Lebensgemeinschaften nicht gefährden, insbesondere durch untypische Wasserstände, eingebrachtes Material, veränderte Schichtungs- und Strömungsbedingungen oder Oberflächenwellen.
Bevölkerungs-, Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung, Landwirtschaft, Freizeit und Verkehr sollen die Güteentwicklung des Bodensees nicht negativ beeinflussen. Für die weitere Entwicklung des Sees sind daher umweltverträgliche Zielsetzungen und deren Umsetzung in der Raumordnung sicherzustellen.
Alle Handlungen und Maßnahmen orientieren sich dabei an folgenden Prinzipien:
Das Prinzip der Nachhaltigkeit geht über die rein ökologischen Ziele des Gewässerschutzes hinaus. Es besagt, dass Maßnahmen und Entwicklungen dann als nachhaltig zu werten sind, wenn sie sowohl die Bedürfnisse der Bevölkerung, als auch der Natur- und Lebensräume der jetzigen und zukünftigen Generationen berücksichtigen.
Das Vorsorgeprinzip umfasst Maßnahmen (z.B. durch eine Störfallvorsorge) zur Verhinderung und Abwehr negativer Beeinflussungen. Es beinhaltet für den Bodensee und seine Lebensräume die Forderung, dass selbst solche Stoffe nicht in den See gelangen dürfen, deren Wirkung unbekannt oder unsicher ist.
Das Minimierungsprinzip verlangt Maßnahmen, welche die Belastungen des Bodensees so gering wie möglich halten, da einmal eingetretene Schäden oft nur schwer oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Für einige in ihrer Wirkung bekannte Stoffe und Stoffklassen müssen unter Berücksichtigung bestehender Nutzungen des Sees und seines Umlandes strenge Belastungsgrenzen vorgegeben werden.
Das Verursacherprinzip verlangt, dass jeder Verursacher direkter und indirekter Belastungen des Bodensees für seine Einwirkungen einzustehen hat. Belastungen müssen möglichst am Entstehungsort verhindert, respektive beseitigt werden.
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