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Regelwerk; Wasser; NRW

Hochwasserschutz Abwasseranlagen - Runderlass über Anforderungen zum Hochwasserschutz und der Starkregenvorsorge bei Abwasseranlagen
- Nordrhein-Westfalen -

Vom 5. Juli 2024
(MBl. NRW Nr. 26 vom 06.08.2024 S. 870)
Gl.-Nr.: 772



Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr

1 Grundsätzliches

1.1 Anlass

Abwasseranlagen nehmen in der Hochwasservorsorge einen besonderen Stellenwert ein, da durch vom Hochwasser geflutete Abwasseranlagen eine direkte Gefährdung tiefliegender Gebiete erfolgen kann. Neben diesen unmittelbaren Hochwassergefahren können hochwasserbedingte Betriebsstörungen der Abwasserableitung und -behandlung zu Umweltbeeinträchtigungen führen. Bauwerke und Infrastrukturen können gefährdet beziehungsweise geschädigt werden.

Das Extremwetterereignis im Juli 2021 hat in mehreren Landesteilen von Nordrhein-Westfalen in besonderer Weise - verbunden mit einem daraus entstandenen Hochwasser an den Gewässern und ihren Verläufen - aufgezeigt, dass weitergehende Schutz- beziehungsweise Vorsorgemaßnahmen auch für Bauwerke mit infrastruktureller Bedeutung erforderlich sind. Zusätzlich zur gewässerseitigen Hochwassergefährdung rücken die durch Starkregen erzeugten Überflutungen zunehmend mit in den Fokus der zu berücksichtigenden Schutzvorkehrungen.

Neben technischen und baulichen Maßnahmen zur Hochwasservorsorge an Abwasseranlagen kommt organisatorischen und konzeptionellen Regelungen zur Vorbereitung auf ein zu bewältigendes Hochwasserereignis eine hohe Bedeutung zu. Die Erstellung eines "Konzeptes zum Schutz der Abwasseranlagen vor Hochwasser und Starkregen (Schutzkonzept)" mit der Vorhaltung von beispielsweise Maschinen, Geräten sowie Einrichtungs- und Schutzgegenständen stellt dabei die Grundlage für einen zeitlich möglichst langen funktionalen Betrieb der Abwasseranlage beziehungsweise Abwasseranlagen im Hochwasserfall dar. Sofern ein Hochwasserereignis droht, Anlagen oder Anlagenteile zu überfluten, sind Maßnahmen aus dem vorbereiteten Krisenmanagement unverzüglich einzuleiten, um Gefährdungen für Mensch und Umwelt möglichst gering zu halten und eine Wiederinbetriebnahme der Abwasseranlagen kurzfristig gewährleisten zu können. Konkrete Regelungen zum Krisenmanagement werden mit diesem Erlass nicht getroffen.

1.2 Zielrichtung und Rechtsgrundlagen

Basierend auf den bestehenden Regelungen im Landeswassergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juni 1995 (GV. NRW. S. 926) in der jeweils geltenden Fassung, im Folgenden LWG, soll der Schutz vor Hochwasser- und Starkregenereignissen für Kläranlagen, Kanalisationen und weiteren Abwasseranlagen erweitert und landesweit vereinheitlicht werden. Die Errichtung von Kläranlagen sowie weiterer dazugehöriger Abwasseranlagen erfolgte in der Vergangenheit gewässernah, so dass sich diese Anlagen häufig in Überschwemmungsgebieten befinden.

Darüber hinaus können Abwasseranlagen durch Überschwemmungen in Folge von Starkregen betroffen sein.

Für Abwasseranlagen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten gibt § 84 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 LWG vor, dass diese entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik hochwassersicher zu errichten und zu betreiben sind. Vorhandene Anlagen sind bis zum 31. Dezember 2027 nachzurüsten. Gemäß § 83 Absatz 3 LWG ist die Vorschrift in vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten entsprechend anzuwenden.

Der Begriff der Abwasseranlage in § 84 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 LWG umfasst nicht nur Abwasserbehandlungsanlagen im Sinne von § 43 LWG, sondern alle Anlagen, die der Abwasserbeseitigung gemäß § 54 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22. Dezember 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 409) geändert worden ist, im Folgenden WHG, dienen.

Aber auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 84 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 LWG gilt gemäß § 55 Absatz 1 WHG der Grundsatz, dass Abwasser so zu beseitigen ist, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Hieraus ergibt sich das generelle Erfordernis, Abwasseranlagen so zu errichten, zu unterhalten und zu betreiben, dass sie gegen überschwemmungsbedingte Gefahren angemessen abgesichert sind. Im Zusammenhang mit Überschwemmungsereignissen stehen als potenziell betroffene Schutzgüter des Wohls der Allgemeinheit im Besonderen die menschliche Gesundheit, der Umweltschutz und hygienische Aspekte beziehungsweise die Seuchenabwehr im Fokus.

Um eine handhabbare Verbindlichkeit für Anwender und Vollzugbehörden zu schaffen, ist in Nordrhein-Westfalen die Umsetzung der Regeln der Technik für Abwasseranlagen über § 56 LWG geregelt, wonach insbesondere die über das Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen im Erlasswege eingeführten Regeln der Technik gelten. Auf die technischen Regeln für die Hochwasser- und Starkregensicherheit von Abwasseranlagen wird in diesem Erlass auf Nummer 2.4 hingewiesen.

Hierzu wird ein Schutzziel für ein definiertes Hochwasserereignis oder für eine potenzielle Starkregenbetroffenheit für Abwasserbehandlungsanlagen konkretisiert und auch für weitere Abwasseranlagen werden allgemein geltende technische Regelungen entwickelt ( Nummer 3). Die Regelungen sollen durch die Erstellung von Schutzkonzepten ( Nummer 5) ergänzt werden.

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