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Leitfaden zur Untersuchung und Bewertung von radioaktiven Stoffen im Trinkwasser bei der Umsetzung der Trinkwasserverordnung
Stand Januar 2017
(Publikationen BMUB)
Empfehlung von BMUB, BMG, BfS, UBa und den zuständigen Landesbehörden sowie DVGW und BDEW
1 Einleitung
Am 22. Oktober 2013 hat der Rat der Europäischen Union die Richtlinie 2013/51/Euratom des Rates zur Festlegung von Anforderungen an den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung hinsichtlich radioaktiver Stoffe in Wasser für den menschlichen Gebrauch [ Euratom 2013] erlassen. Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung, die am 26. November 2015 in Kraft getreten ist, wurde diese Richtlinie national umgesetzt [BMG 2015a]. Zwar enthielt die Trinkwasserverordnung ebenso wie die EG-Trinkwasserrichtlinie bereits Vorgaben hinsichtlich radioaktiver Stoffe (für Tritium eine Aktivitätskonzentration von 100 Becquerel pro Liter und für alle anderen Radionuklide mit Ausnahme von Tritium, Kalium-40, Radon und Radonzerfallsprodukten eine Gesamtrichtdosis von 0,1 Millisievert pro Jahr), allerdings fehlten bislang die zu deren Ermittlung notwendigen Konkretisierungen.
Trinkwasser kann je nach Geologie des Untergrunds erhöhte Gehalte an natürlichen radioaktiven Stoffen enthalten. Anthropogene Radionuklide (künstliche Radionuklide) im Trinkwasser sind allenfalls durch unkontrollierte Freisetzungen aus dem Umgang mit solchen Radionukliden denkbar, z.B. beim Umgang mit radioaktiven Stoffen in Medizin, Forschung und Technik wie bei der Nutzung von Kernenergie.
Im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) von 2003 bis 2008 in einem umfangreichen Untersuchungsprogramm Daten über den Gehalt an natürlichen Radionukliden in Trinkwässern und die resultierende Strahlenexposition ermittelt [BfS 2009]. Diese Untersuchungen haben gezeigt, dass es in bestimmten Regionen Deutschlands, insbesondere im mittel- und süddeutschen Raum, ein nennenswertes natürliches Vorkommen von Radioaktivität im Trinkwasser gibt. Die Strahlenbelastung durch Radionuklide im Trinkwasser ist im Durchschnitt als sehr gering einzuschätzen und Gesundheitsgefährdungen können grundsätzlich ausgeschlossen werden. Gleichwohl hat das BfS-Untersuchungsprogramm gezeigt, dass die Schwankungsbreite der Konzentrationen natürlicher Radionuklide im Trinkwasser sehr groß ist und in Einzelfällen aus Vorsorgegründen Maßnahmen zu deren Reduzierung angezeigt sind.
Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde 2012 auf Veranlassung des BMUB unter der Federführung des BfS in Zusammenarbeit mit Experten von Ländern und Verbänden ein Leitfaden [BMU 2012] erarbeitet, der die fehlenden Anforderungen und Kriterien zur Untersuchung und Bewertung der Qualität des Trinkwassers hinsichtlich radioaktiver Inhaltsstoffe formulierte und Wege zur praktischen Anwendung aufzeigte. Dieser Leitfaden bildete den Stand einer fachgerechten und angemessenen Gesundheitsvorsorge im Trinkwasserbereich ab. Grundlage waren die hierfür vorgezeichneten Ansätze in den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO [WHO 1993, 2004, 2011], in der EG-Trinkwasserrichtlinie (einschließlich der Entwürfe zu den diesbezüglichen Ausführungsbestimmungen) [ EG 1998], in den Empfehlungen der Europäischen Kommission und der Strahlenschutzkommission (SSK) zu Radon-222 und seinen Folgeprodukten im Trinkwasser [EG 2001, SSK 2004] sowie die Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus dem Trinkwassermessprogramm des BfS [2009].
Die oben genannten Empfehlungen [WHO 2011, EG 1998, SSK 2004] und die Erkenntnisse aus dem Trinkwassermessprogramm [BfS 2009] waren Grundlage der im November 2013 vom EU-Ministerrat verabschiedeten Richtlinie 2013/51/Euratom [ Euratom 2013] und ihrer nationalen Umsetzung im Rahmen der geänderten Trinkwasserverordnung vom 18. November 2015 (in Kraft getreten am 26. November 2015) (BMG 2015a). Aufgrund der nunmehr rechtlich verbindlichen Vorgaben bedurfte der Leitfaden von 2012 der Überarbeitung und wird durch die hiermit vorliegende Fassung ersetzt. Mit diesem neuen Leitfaden soll ein Beitrag zu einem einheitlichen Verständnis und zur Erleichterung des Vollzugs der Neuregelungen zur Überwachung von radioaktiven Stoffen im Trinkwasser in der Trinkwasserverordnung [ BMG 2016] geleistet werden.
In ihrer Sitzung am 28. September 2016 begrüßten die für die Trinkwasserüberwachung zuständigen Landesbehörden in der Länderarbeitsgruppe Umweltbezogener Gesundheitsschutz (LAUG) den überarbeiteten Entwurf und empfahlen nach inzwischen erfolgter Übernahme einzelner Änderungen die Anwendung im Vollzug. Der Fachausschuss Strahlenschutz (FAS) hat in seiner Sitzung am 08./09 November 2016 die Überarbeitung des Leitfadens zustimmend zur Kenntnis genommen und begrüßt ebenfalls dessen Anwendung zur harmonisierten Umsetzung der Regelungen zu radioaktiven Stoffen in der Trinkwasserverordnung.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), das Umweltbundesamt (UBA), die zuständigen Landesbehörden sowie der DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfachs e.V. und der BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. empfehlen somit die Anwendung des Leitfadens im Rahmen der Untersuchung und Bewertung der Trinkwasserbeschaffenheit in der vorliegenden, dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechenden Form.
(Stand: 27.11.2019)
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