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Regelwerk, Abfall, LAGA
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LAGA M35 - Bestimmung des Gehaltes an Kohlenwasserstoffen in Abfällen - Untersuchungs- und Analysenstrategie

Stand: September 2019
(LAGA - Länderarbeitsgemeinschaft Abfall)
(Quelle: laga-online.de)



Richtlinie für das Vorgehen bei physikalischen und chemischen Untersuchungen von Abfällen verunreinigten Böden und Materialien aus dem Altlastenbereich

Bestimmung des Gehaltes an Kohlenwasserstoffen in Abfällen
- Untersuchungs- und Analysenstrategie -
Kurzbezeichnung: KW/04

1. Veranlassung

Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) sind Destillationsprodukte von Erdöl oder Steinkohlenteer. Sie enthalten geradkettige, verzweigte und zyklische aliphatische sowie aromatische Kohlenwasserstoffe, daneben können auch polyzyklische Aromaten und Heterozyklen enthalten sein. Die Palette der MKW reicht von leichtflüchtigen, mobilen und gut abbaubaren Benzinkohlenwasserstoffen bis zu den wenig mobilen, schwer abbaubaren hochmolekularen Verbindungen aus Schmierfetten und -ölen. Mineralölkohlenwasserstoffe stellen aufgrund ihrer vielfältigen Verwendung und den damit verbundenen Kontaminationsmöglichkeiten einen gängigen Überwachungsparameter dar. Als Beispiele für ölverunreinigte Abfälle sind Bodenmaterial, Bohrschlämme, Baggergut, Bearbeitungsschlämme, Metallspäne, Öl- und Benzinabscheiderinhalte sowie Tankreinigungsrückstände zu nennen. Da neben den mineralölbürtigen Kohlenwasserstoffen auch andere, z.B. biogene Kohlenwasserstoffe analytisch miterfasst werden, wird im weiteren Verlauf allgemeiner von Kohlenwasserstoffen (KW) gesprochen.

Der Gehalt von Kohlenwasserstoffen (KW) in festen Abfällen wurde in der Vergangenheit mit einem infrarotspektrometrischen Verfahren (IR-Verfahren) gemäß LAGA KW/85 (Stand: 03/93) bzw. analog DIN 38409 H18 (Stand: 02/81) untersucht/überwacht und deckte die große stoffliche Bandbreite nur summarisch ab (leicht- und schwerflüchtige Mineralölprodukte). Voraussetzung für die Bestimmung der Kohlenwasserstoffe mittels Infrarotspektroskopie ist die Extraktion der Kohlenwasserstoffe aus der Probe mit 1,1,2-Trichlor-1,2,2-trifluorethan (F113).

Gemäß Artikel 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2037/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.06.2000 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, ist die Verwendung von vollhalogenierten Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) verboten. Es war daher erforderlich, ein neues Verfahren für die Bestimmung von Kohlenwasserstoffen in Abfällen festzulegen.

2. Methodische Schwächen der LAGA KW/85

Das Verfahren der KW/85 zur Bestimmung des Gehaltes an KW war der Wasseranalytik (DEV H18) entlehnt und zeigte nachfolgend aufgelistete methodische Schwächen.

Ingesamt stellte der ermittelte KW-Wert eine summarische Kennzahl (Vergleichszahl) dar, bei dem häufig keine Aussage über die tatsächlichen Gehalte an Mineralölprodukten gemacht werden konnte.

Weitergehende Informationen über den Charakter von Ölverunreinigungen konnten mit diesem Verfahren nicht gewonnen werden, so dass Umweltauswirkungen nicht differenziert zu bewerten waren.

Bedingt durch den Charakter der summarischen Kenngröße lag also eine Art "Informationsdiskriminierung" hinsichtlich einiger organischer Kontaminanten vor.

3. Zielsetzung der Richtlinie

Die vorliegende Richtlinie soll die spezifischen Vorgaben bei der Untersuchung von Kohlenwasserstoffen in Abfällen, Materialien aus dem Altlastenbereich sowie Feststoffen, die dem Bereich schädlicher stofflicher Bodenveränderungen zuzuordnen sind, bündeln.

Als Rechtsgrundlage kann das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz in Verbindung mit der Nachweisverordnung, der Deponieverordnung und der Versatzverordnung herangezogen werden, wonach Abfälle, deren Zusammensetzung nicht bekannt ist, nach den abfallbestimmenden Parametern zu untersuchen sind. Diesbezüglich wird insbesondere auf folgende Bestimmungen hingewiesen:

Aufgrund der methodischen Schwächen des bisherigen Verfahrens nach KW/85 (analog "DEV H18"), sowie der Notwendigkeit, neue, FCKW-freie Analysenverfahren zur MKW-Bestimmung zu entwickeln, hat sich die nationale und internationale Normungsarbeit mit der Bestimmung der Kohlenwasserstoffe durch gaschromatographische Untersuchungsverfahren (GC-Verfahren) befasst. Für die Abfallanalytik liegt seit 2005 die DIN EN 14039 (01/2005) [3] vor, die den Kern der vorliegenden LAGA-Richtlinie bildet. Die DIN EN 14039 ist identisch mit der DIN ISO 16703 (12/2005), aktuelle Fassung: DIN EN ISO 16703:2011-09 [4]. Aus fachlichen Gründen besteht daher keine Notwendigkeit Materialien, die nach DIN EN 14039 oder DIN ISO 16703 untersucht wurden bei Wechsel des Rechtsgebietes erneut zu untersuchen.

Gaschromatographische Verfahren sind seit langem in der Einzelstoff-Analytik organischer Kontaminanten wie BTEX-Aromaten, LHKW, PAK etc etabliert. Mit der Einführung der GC-Analytik auf der Basis der DIN EN 14039 zur Bestimmung der Mineralöl-KW besteht die Möglichkeit, Kohlenwasserstoffe differenzierter zu bestimmen und somit ggf. eine spezifische Bewertung der gefundenen Konzentrationen vorzunehmen.

Da nur Signale innerhalb der Integrationsgrenzen n-Dekan und n-Tetrakontan ausgewertet werden, werden MKW bzw. Mineralölprodukte mit Siedepunkten bzw. -bereichen unterhalb von n-Dekan (175 °C), z. B Petrolether und Ligroin und oberhalb n-Tetrakontan (525 °C) nicht erfasst. Auch Benzine liegen zum überwiegenden Teil unterhalb von n-Dekan und können daher nur qualitativ nicht quantitativ bestimmt werden.

Hochsiedende Fraktionen wie Getriebe-, Schmier- und schweres Heizöl werden in den festgelegten Integrationsgrenzen nicht komplett abgedeckt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich bereits n-Tetrakontan nur schlecht in organischen Lösungsmitteln lösen lässt. Mit zunehmender Siedetemperatur nimmt dieser Effekt weiter zu, sodass hier bereits über die Extraktion eine Art Vorselektion gegeben ist. Aufgrund ihrer geringen Wasserlöslichkeit besitzen diese hochsiedenden KW keine wesentliche Umweltrelevanz.

Letztendlich handelt es sich auch bei diesem Verfahren um eine Konventionsanalytik, d. h. es werden nicht spezifische Einzelstoffe untersucht, sondern durch Vergleich mit Standardsubstanzen ein Kohlenwasserstoff-Index bestimmt. Neben der Vorschrift für die nach DIN EN 14039 durchzuführenden Bestimmung des KW-Indexes werden in dieser Richtlinie folgende Punkte behandelt:

Darüber hinaus enthält diese Richtlinie zahlreiche Hinweise zur Messwertbeurteilung und zur Ergebnisübermittlung.

4. Fragestellungs- und matrixspezifische Untersuchungs- und Analysenstrategie

Das sehr breite Spektrum der Kohlenwasserstoffe in Abfällen, belasteten Böden und Altlastenmaterialien bedingt eine an der Fragestellung orientierte Untersuchungs- und Analysenstrategie, da nicht alle "Untersuchungsbereiche" von einer Methode (DIN EN 14039) abgedeckt werden können (siehe Abb. 1). Die folgenden Ausführungen stellen eine Toolbox dar, um - angepasst an die jeweilige Fragestellung - die adäquate Methode auszuwählen:

Zu Ia:Bei altlastverdächtigen Flächen sollte die Bestimmung der leichtflüchtigen aliphatischen Kohlenwasserstoffe im Rahmen der Vor-Ort-Untersuchung z.B. auf Basis der VDI 3865 Teil 4 [1] in der Bodenluft erfolgen, wenn die Notwendigkeit der Untersuchung im Rahmen der Gefährdungsabschätzung gegeben ist.

Laboruntersuchungen an Feststoffen führen aufgrund der Flüchtigkeit dieser Spezies zu keinen verlässlichen Ergebnissen.

Zu Ib:Bei Abfalluntersuchungen an Deponien mit z.B. Deponiegasbildungspotenzial sollte die Bestimmung der leichtflüchtigen aliphatischen Kohlenwasserstoffe (Methan und seine einfachen, niedrigen Homologe) im Rahmen der Deponiegasuntersuchung z.B. auf Basis der VDI-Richtlinienreihe 3860 [5] erfolgen, da die Laboranalytik von Feststoff aufgrund der Flüchtigkeit der Spezies nicht sinnvoll ist.
Zu II:Die Bestimmung der BTEX und ggf. anderer Benzin- bzw. Lösungsmittel-KW sollte auf Basis der DIN EN ISO 22155 [2] erfolgen, da diese Methode die Ermittlung unverfälschter, minderbefundfreier Analysenergebnisse gewährleistet. (vgl. Kap. 6.1)
Zu III:Untersuchungen auf PAK sollten grundsätzlich mit den für diese Stoffgruppe normierten Analysenmethoden erfolgen, um zu quantitativen, konventionell richtigen Messergebnissen zu gelangen. GC-Untersuchungen auf Basis der DIN EN 14039 können ausschließlich Hinweise zum Vorkommen hoher Gehalte an PAK in Feststoffen liefern. Diesen Hinweisen ist dann aufgrund der Relevanz der PAK mit geeigneten Verfahren zum Zweck der Beurteilung/Bewertung nachzugehen (vgl. 6.4).
Zu IVa u. IVb:Die Bestimmung von Kohlenwasserstoffen mittels DIN EN 14039 liefert Hinweise über den mikrobiologischen Abbau von Kohlenwasserstoffen und erlaubt u. U. eine erste Abschätzung über das Alter eines Schadens. Überdies ist die Bestimmung der Kohlenwasserstoffe auch zur Individualidentifikation im Rahmen der Ermittlung des Verursachers bei z.B. Boden-Verunreinigungen geeignet (vgl. Kap. 6.2 u. Kap. 6.3.1). Humusbürtige, biogene Kohlenwasserstoffe können zusätzlich identifiziert werden. (vgl. Kap 6.5)
Zu V:Die gaschromatographische Auswertung einer Probe basierend auf Untersuchungen gemäß DIN EN 14039 ermöglicht eine einfache Quantifizierung der "mobileren" Kohlenwasserstofffraktion C10 bis C22. Diese Fraktion zeichnet sich durch eine erhöhte Verfügbarkeit aus und ist daher umweltrelevanter(vgl. Kap. 5.7).
Zu VI:Auch die Quantifizierung der "höhermolekularen KW", zumeist Schmieröle (C22 bis C40), ermöglicht die GC-Untersuchung gemäß E DIN EN 14039 (vgl. Kap. 6.3). Das Auftreten von sonstigen "Fremdpeakgruppen" (Beispiel: PCB in Trafoöl) oder anderer - oft untypischer - Signale nichtmineralölbürtiger Herkunft können mit weiterführenden, z.B. GC/MS-Methoden, identifiziert werden. (vgl. Kap. 6.6)
Zu VII:Die gravimetrische Bestimmung der extrahierbaren lipophilen Stoffe aus dem Petroletherextrakt erlaubt die Erfassung der "fetten Schmierölanteile" und teerigen Bestandteile > C40 dient aber auch der summarischen Erfassung anderer, nicht mineralölbürtiger Verunreinigungen, z.B. mit Fetten. (vgl. Kap. 6.8)
Zu VIII:Die Bestimmung von Kohlenwasserstoffen in Shredderleichtfraktionen führt i. d. R. zu einer Extraktion von Kunststoffanteilen, die "reine Kohlenwasserstoffgehalte" vortäuschen. Es handelt sich hierbei um nichtvernetzte Oligomere und um Zusatzstoffe, die - herstellungsbedingt - aus Polymeren technisch einsetzbare Kunststoffe werden lassen. Die Stoffpalette reicht u. a. von Dicarbonsäuren über Phthalate bis zu höheren gesättigten Fettsäuren, umfasst aber auch lipophile Kohlenwasserstoffe, oftmals sogar Alkane. Ein großer Teil dieser "Störstoffe" werden bei der KW-Bestimmung erfasst und bedingen i.d.R. erheblich den Messwert. Sie können jedoch aufgrund ihrer "fingerprints" qualitativ erkannt werden. (vgl. Kap. 6.7).

Die vorab dargestellte "Toolbox" der Untersuchungsmethoden ist ein Beispiel für die Analytik auf Kohlenwasserstoffe in ihrer großen Vielfalt und unterschiedlichen Herkunft. Die aufgeführte Untersuchungs- und Analysenstrategie soll den vielschichtigen Fragestellungen aus den Bereichen der Abfall-, Boden- und Altlastenuntersuchungen methodisch gerecht werden. Erkenntnisse aus Untersuchungen gemäß dieser Untersuchungs- und Analysenstrategie liefern Hinweise auf mögliche Auffälligkeiten, denen dann mit geeigneten parameterspezifischen oder regelwerkskonformen Konventionsmethoden nachgegangen werden kann.

Abb. 1

5. Erweiterte Durchführungsvorschriften zur DIN EN 14039

5.1 Anwendungsbereich

Das nachstehend beschriebene Verfahren ist grundsätzlich auf alle festen Abfälle, Boden- und Altlastenmaterialien anwendbar. Heterogene Probenmaterialien mit inhomogener Stoffverteilung sind zur Vorbereitung der Analysenprobe ausreichend zu homogenisieren. Grobstückige Materialien sind zu zerkleinern (Endfeinheit üblicherweise < 10 mm). Für die KW-Bestimmung wird in der Regel nur ein Teil der Laborprobe verwendet, so dass eine repräsentative Analysenprobe herzustellen ist. Entsprechend der Materialkonsistenz eignen sich für den Teilungsprozess Rotations-, Drehrohr- oder Riffelteiler.

5.2 Verfahrensgrundlagen

Grundlage des Untersuchungsverfahrens bildet die DIN EN 14039 [3] bzw. DIN ISO 16703.[4]

Für die Untersuchung hochbelasteter Feststoffproben bzw. matrixhaltiger Kunststoffextrakte sind zur Probenaufarbeitung stärkere Verdünnungen zu wählen um Überlastungen

zu vermeiden (s. auch Kap. 6.7.2).

Die homogene Analysenprobe wird mit Aceton/n-Heptan (2+1) (in Sonderfällen, siehe Kapitel 6.7, nur mit n-Heptan) extrahiert, zur Entfernung des Acetons zweimal mit Wasser ausgeschüttelt und die organische Phase abgetrennt. Unerwünschte, polarere Spezies werden über eine mit Florisil® gefüllte Säule aus dem Extrakt abgetrennt. Die Mineralöl-Kohlenwasserstoffe werden nach kapillargaschromatographischer Trennung mittels FID zur Quantifizierung detektiert. Vergleichssubstanz zur Kalibrierung des Verfahrens ist ein 1+1-Gemisch aus Diesel- und Schmieröl.

5.3 Geräte und Chemikalien

Entsprechend Vorgaben der DIN EN 14039

5.4 Durchführung der Extraktion

20 g der homogenisierten Abfallprobe werden mit 20 ml n-Heptan, das vorab mit den beiden Siedebereichsmarkern n-Decan und n-Tetracontan versetzt wurde (Standardlösung für den Retentionsbereich; kurz: RTW-Lösung) und 40 ml Aceton durch einstündiges Schütteln bei Raumtemperatur extrahiert. Bewährt hat sich die Verwendung eines Horizontalschüttlers mit einer Schüttelfrequenz von 175 rpt. Das Aceton dient insbesondere bei Boden- oder bodenartigen Abfällen der Verbesserung der Durchdringungseigenschaften des Extraktionsmittels in die auch hydrophilen Kapillar- und Risssysteme der bindigen Bodenmatrix.

Spezialfall: Für die Untersuchung von Abfallmaterialien, bei denen diese Eigenschaft nicht erforderlich ist und sogar zur verstärkten Auflösung der Matrix (z.B. bei kunststoffhaltigen Shreddermaterialien) führt und bei denen die zu untersuchenden Kohlenwasserstoffe lediglich von der Oberfläche der Matrix gelöst werden müssen, muss das Aceton weggelassen werden. Die Abweichung vom "Standardverfahren" ist im Untersuchungsbericht anzugeben.

Bei hochbelasteten Proben oder Proben mit hohem Matrixanteil ist das Verhältnis Extraktionsmittel zu Probenmenge zu vergrößern. Es empfiehlt sich daher folgendermaßen zu verfahren:

5.5 Reinigung des Extraktes

Der Acetongehalt im erhaltenen Extrakt ist durch zweimaliges Ausschütteln mit einem Überschuss Wasser zu reduzieren.
Anmerkung: Der Restacetongehalt sollte nicht höher als 1 % liegen, da das Aceton entscheidenden Einfluss auf die Effizienz des nachfolgenden clean-up-Schrittes ausübt.

Entsprechend des harmonisierten Protokolls [6] zu den Normen sind 10 ml des Abfallextraktes über eine mit 2 g trockenem FLORISIL® gefüllte Säule 1 zu reinigen. Das FLORISIL® ist mit 2 g Natriumsulfat zu überschichten. Die Reinigung erfolgt als Säulenfiltration, es ist also nicht nachzuspülen oder mit weiteren Laufmitteln zu eluieren.
Auf keinen Fall sollte der in der DIN EN 14039 beschriebene clean-up mit dem batch-Verfahren angewendet werden, da dieser, insbesondere bei hochbelasteten Extrakten, zu Mehrbefunden und zu schlechten Reproduzierbarkeiten führen kann [6].
Bei sehr hochbelasteten Proben ist eine Verdünnung (1:2 bis 1:20) bereits vor dem Säulenclean-up notwendig. Säulendurchbrüche und Mehrbefunde an polaren Verunreinigungen werden so vermieden.

Hinweis:
Enthält das Chromatogramm auffällige einzelne Peaks, die nicht von Verbindungen bekannter technischer Mineralöle stammen oder nicht anderen bekannten Peakmustern zuzuordnen sind, so kann die Reinigung mit Florisil® solang wiederholt werden, bis das Flächenverhältnis dieses Peaks zur Gesamtfläche konstant bleibt. Solange der Peak "kleiner" wird, ist davon auszugehen, dass die Adsorptionsfähigkeit der verwendeten Florisilmenge nicht ausreichte.

5.6 Messung

Die Messung des Extraktes erfolgt streng nach den Vorgaben der DIN EN 14039.
Die gaschromatographische Bestimmung mit dem GC/FID ist explizit entsprechend den in der Norm geregelten Vorgaben zur Trennleistung durchzuführen. Die vorgesehenen, begleitenden Qualitätssicherungsmaßnahmen sind einzuhalten.

5.7 Auswertung und Ergebnisdokumentation

Auswertungsrelevant für den MKW-Gehalt in Feststoffproben ist:

Das folgende Kapitel enthält Vorgaben und Beispiele zur Durchführung der Integration.

5.7.1. MKW-Integrationshilfe

Das Ergebnis des MKW-Indizes wird mithilfe der Gesamtfläche des basislinienkorrigierten Gaschromatogramms zwischen dem Ende des Decan-Signals und vor dem Beginn des Tetracontan-Peaks berechnet. Der Abschnitt C10-C22 wird als Teilmenge des MKW-Index ausgewertet, wobei der Integrationspunkt auf der Retentionszeit des Docosan (C22) liegt.

Die Integrationsbasislinie soll dabei auf der Höhe vor dem Lösungsmittelpeak möglichst horizontal verlaufen (Abb. 2). Sie wird nicht an den Fuß der auf den Signalberg aufgesetzten Peaks gelegt (Abb. 3), sondern es werden stets Lote (Abb. 4) auf die Horizontallinie gefällt.

Abb. 2: Korrekt integriertes Chromatogramm eines Kalibrierstandard (500 mg/l)

Abb. 3: Falsch integriertes Chromatogramm (Kalibrierstandard 75 mg/l) unter Missachtung einer horizontalen Basislinie

Abb. 4: Korrekt integriertes Chromatogramm von Schmieröl (17000 mg/kg). Die angehobene Basislinie hinter C40 zeigt hochsiedende Bestandteile in diesem Bereich an. Es wird das Lot auf die Basislinie gefällt. (Die Marker sind aufgrund der hohen Konzentration nicht zu erkennen).

Der Integrator der Software wird regelmäßig überprüft und ggf. Retentionszeitverschiebungen eingearbeitet. Die Marker C10 und C40 sind in jedem Chromatogramm vorhanden, da sie dem Lösungsmittel bereits zugefügt wurden. Die Retentionszeit von C22 sollte dem Alkanstandard-Gemisch entnommen werden, das für die Qualitätssicherung der chromatographischen Methode (Diskriminierungsgrad, Auflösung) regelmäßig aufgezeichnet wird (Abb. 5).

Abb. 5: n-Alkan-Standard zur Bestimmung der Auflösung und des Diskriminierungsgrades, sowie zur Überprüfung der Retentionszeit von C22.

Ein wesentlicher Aspekt der Basislinienkorrektur durch den Abzug eines Blindwerte-Chromatogramms vom Realchromatogramm ist die Kompensation des Säulenblutens, in dessen Bereich nach diesen Vorgaben nicht korrekt integriert werden kann (Abb. 6).

Abb. 6: Ein nicht durch Abzug des Blindwertchromatogramms korrigiertes Chromatogramm eines veränderten Mitteldestillats (oben) führt hauptsächlich durch falsche Mitberücksichtigung des Säulenuntergrundes im hohen Siedebereich in diesem Beispiel zu 20 % Mehrbefund gegenüber dem korrekt korrigierten und integrierten Chromatogramm (unten).

Ein häufiger Fehler ist die Verwendung einer zu empfindlich eingestellen Peakerkennung im Integrator (zu großer "bunching"-Faktor), der zu unübersichtlich vielen Teilsegmenten führt und wobei deren korrekte Addition zur Gesamtfläche nur schwer zu überprüfen ist (Abb. 7).

Abb. 7: Stark verändertes Altöl mit zu empfindlicher Peakerkennung integriert

Ist trotz Blindwertkorrektur eine korrekte Integration nach den vorgegebenen Regeln der DIN EN 14039 bzw. dieser Richtlinie nicht mehr möglich, liegt der Gehalt unter der Bestimmungsgrenze (Abb 8).

Abb. 8: Kalibrierstandard 50 mg/l, unter der Bestimmungsgrenze, korrekte Integration nicht mehr möglich

5.7.2 Angabe des Ergebnisses (Beiblatt zur Ergebnisübermittlung)

Neben der Angabe des quantitativen Resultates für den MKW-Index (C10-C40) entsprechend der DIN EN 14039 sind grundsätzlich weitere Angaben zu machen:

Anmerkung: In Abhängigkeit von der Fragestellung kann in begründeten Fällen, ggf. in Absprache mit der zuständigen Behörde, der Umfang der zusätzlichen Angaben reduziert werden.

Eine übersichtliche Darstellung kann beispielsweise entsprechend folgendem Vorschlag erfolgen:

Bezeichnung und Adresse der UntersuchungsstelleDatum:
Auftragsbezeichnung:
Probenbezeichnung
Mineralölkohlenwasserstoffe -MKW-Index- nach DIN EN 14039
Angaben zur Analytik:
Extraktionsmittel:[X] Aceton/n-Heptan (2+1)[ ] n-Heptan[ ] Sonstiges:
Einwaage [g]: .20....Extraktionvolumen [ml]:.40+20Verdünnung vor Säulen-clean-up:
Hinweis: Pro Auftrag sind Chromatogramme eines n-Alkan- und eines Kalibrierstandards beizulegen!
Ergebnis und Charakterisierung:
MKW-Index
(C10-C40)
[mg/kg TM]
ggf. Standardabweichung
(Anzahl(n) der Parallel-"Aufschlüsse")
"mobiler" Anteil

(C10-C22)

[mg/kg TM] :

KW-Typ*
160055 (2)1300MD, mod
*:Abkürzungen: B = Benzin, Petrol = Petroleum, MD = Mitteldestillat (Heizöl EL/Diesel), = Schmieröl, PAK = Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe, BT = Bituminöse Bestandteile ! = viel, () = wenig, mod = verändert, sonst = sonstiges - siehe Bemerkungen
Bemerkungen/Besonderheiten:.........................................................................................................

......................................................................................................................................................

6. Anmerkungen zu den wichtigsten und weiterführenden Fragestellungen mit Chromatogrammbeispielen

6.1 Benzine und andere leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe

Kohlenwasserstoffe < C10 werden zwar im MKW-Index nicht erfasst, können aber im Chromatogramm gut erkannt werden. Ihr Eintrag in die Umwelt erfolgt oft durch Kraftstoffschäden, aber auch z.B. im Zusammenhang mit Flugbenzin oder anderen Lösemittelkontaminationen. Eine Quantifizierung von Benzinen bzw. der Leitkomponenten BTEX kann mit Hilfe der DIN EN ISO 22155 [2] durchgeführt werden.

Abb. 9a: Normalbenzin, C5-C12, enthält Alkylbenzole und Aliphaten in etwa gleichen Anteilen

Abb. 9b: Super 98, dominiert durch Alkylbenzole

Abb. 9c: Waschbenzin, enthält nur Alkane und Cycloalkane

Abb. 9d: Petroleum- oder Kerosinschaden, C9-C14, stark gealtert

6.2 Mitteldestillate und deren Abbaugrade

Aus diesem Siedebereichsschnitt werden die im Prinzip gleichen Produkte Diesel und Heizöl EL hergestellt. Petroleum und Kerosin, zwar leichterflüchtig werden ebenfalls hieraus gewonnen.

Die Produkte und frischen Schadensfälle zeichnen sich durch homologe n-Alkanreihen aus.

Abb. 10a: Frischer Dieselschadensfall, n-Alkan-dominiert

Bei der Alterung von Diesel- oder Heizölschäden werden die n-Alkane am stärksten abgebaut (vgl. Abb. 10b). Dadurch treten andere Einzelstoffe, in erster Linie Iso- und Cycloalkane, relativ hervor. Zusätzlich reichern sich die leichterflüchtigen Anteile ab und Oxidationsprodukte bilden einen nicht-auflösbaren Vielkomponentenberg. In diesem Fall verschiebt sich das Maximum nach rechts.

Die Verhältnisse der n-Alkane zu den schwerabbaubaren, verzweigten Alkanen können daher in begrenztem Umfang zur Altersabschätzung herangezogen werden.

Abb. 10b: Gealterter Diesel-Schaden

6.2.1 Identitätsprüfungen

Rohöle aus verschiedenen Förderländern/Förderstätten unterscheiden sich in ihren Anteilen an sog. Biomarkern (Isoprenoide, Terpane, Sterane und Hopane). So werden bei Heiz-/ Dieselölen charakteristische Peakflächenverhältnisse bei Pristan und Phytan beobachtet. Diese Verbindungen sind Zersetzungsprodukte des Chlorophylls. Sie sind in allen Erdölen vorhanden und unterliegen nur einem geringen mikrobiellen Abbau.

Eine Übereinstimmung der Herkunft zweier Mineralöle im Siedebereich von Diesel/Heizöl ist sehr wahrscheinlich, wenn die Pristan-/Phytanpeakflächenverhältnisse um weniger als 5 % voneinander abweichen. Gleichzeitig sollten die n-C17H36/ Pristan- und die n-C18H38/ Phytanpeakflächenverhältnisse annähernd gleich sein. Während die n-Alkane teilweise ausgasen und einem relativ schnellen mikrobiellen Abbau unterliegen, weisen die Isoalkane Pristan und Phytan eine höhere Persistenz auf. Diese Veränderungen können zu Fehlinterpretationen der erhaltenen Chromatogramme führen. Probenahme und Analytik müssen deshalb bei Schadensfällen sehr zeitnah erfolgen.

Weiterführende Untersuchungen können z.B. mit GC-MS-Techniken erfolgen. z.B.

Abb. 10c: Zur Identitätsprüfung müssen die Signale von Phytan und Pristan von den benachbarten n-Alkanen chromatographisch getrennt sein

6.3 Schmieröl und Bitumen

Schmieröle erstrecken sich je nach Einsatzgebiet von C18 bis >C40,. Durch Entparaffinierung sind sie nalkanfrei. Einzelstoffe ragen nur selten aus dem ansonsten nicht auflösbaren Vielkomponentenberg hervor.

Aus bituminösen Proben erhält man oft ähnliche fingerprints mit wenig charakteristischen Merkmalen.

Schwere Heizöle und Bitumen sind über die FID-Chromatogramme nicht unterscheidbar. In zahlreichen Fällen erstreckt sich der Siedebereichsberg erheblich in den Bereich >C40.

Abb. 11a: Typischer Schmierölberg

Abb. 11b: Bitumen aus Straßenaufbruchmaterial, große Anteile > C40

6.3.1 Identitätsprüfungen

Bei Mineralölgemischen im Siedebereich von Schmierölen kann eine Herkunftsermittlung/ Prüfung auf Identität mittels Peakmusterverteilung der Terpane und Hopane erfolgen. Eine aussagekräftige Peakverteilung dieser cyclischen Komponenten im Schmierölberg liegt i.d.R. nicht vor. Eine nähere Charakterisierung kann daher zumeist nur mit GC/MS-Techniken durchgeführt werden.

6.4 PAK und andere aromatische Bestandteile

Im Unterschied zur Extraktaufreinigung mit Aluminiumoxid im bisherigen "IR-Verfahren" ermöglicht der Einsatz von FLORISIL® eine zumindest qualitative Erfassung der aromatischen Bestandteile einer Kohlenwasserstoff-Verunreinigung. Man erhält damit eine wertvolle Zusatzinformation. Erfasst werden mineralölbürtige Aromaten, zumeist Alkylaromaten und Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK).

Eine häufige Quelle der PAK ist Steinkohlenteer. Bei vielen, vor allem altlastenbürtigen Abfällen, erkennt man die typische PAK-Einzelstoffverteilung, zusätzlich zu weiteren Mineralölbelastungen.

Abb. 12a: Steinkohlenteer in Tontaubenpech, typische Einzelstoffverteilung der "EPA-PAK"

Abb. 12b: PAK-Signale parallel zu einer stark veränderten Schmierölbelastung

Es sei hier nochmals ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Methode nicht geeignet ist, den PAK-Gehalt quantitativ zu ermitteln. Die Wiederfindungsrate für die PAK ist sehr stark schwankend und unzureichend. Sowohl der Gehalt sonstiger Mineralöle, als auch der Gehalt an restlichem Aceton im Extrakt vor dem clean-up-Schritt haben entscheidenden Einfluß auf den PAK-Anteil im Chromatogramm. Bei sehr kleinem Aceton-Gehalt können die PAK ausfallen, da die Polarität des Heptan nicht mehr ausreicht, um die PAK in Lösung zu halten [6]. Dennoch können hohe PAK-Gehalte oft bereits mit diesem Summenparameter erkannt werden. Sie sind dann mit üblichen PAK-Untersuchungsmethoden genau zu bestimmen. Die Bewertung erfolgt dann nach eigenen, i.d.R. strengeren Kriterien.

6.5. Biogene Kohlenwasserstoffe

Neben den aus technisch genutzten Mineralölen stammenden Kohlenwasserstoffen können in der belebten Natur eine Vielzahl von sehr ähnlichen Verbindungen und Gemischen in vergleichbarer aber auch höherer Konzentration auftreten, die biogenen Ursprungs sind und aufgrund von Untersuchungen mit dem bisherigen "IR-Verfahren" nicht von MKW unterschieden werden konnten. So wurde die landwirtschaftliche bzw. landschaftsbauliche Verwertung von Klärschlämmen und Komposten in der Vergangenheit durch Begrenzung der zulässigen Kohlenwasserstoffkonzentration im Bereich von 100 bis 500 mg/kg TS verschiedentlich in Frage gestellt. Die Kohlenwasserstoffbelastung von Klärschlämmen (bis 5000 mg/kg) setzt sich in der Regel aus Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) und biogenen Kohlenwasserstoffen zusammen. Biogene Kohlenwasserstoffen sind jedoch - anders als die MKW - nicht als Schadstoffe einzustufen.

Das auffälligste Merkmal der Chromatogramme biogener Proben ist häufig die Dominanz von n-Alkanen ungradzahliger Kettenlängen im Bereich zwischen n-C23 und n-C33. Diese Alternierung tritt bei den Mineralölen nicht auf. Die geraden und ungeraden n- Alkane liegen dort in gleichen Mengenverhältnissen vor. Aus dieser Beobachtung ergibt sich die Möglichkeit, die Mineralölkontamination über das Verhältnis C (gerade)/C (ungerade) zu bestimmen. Die Alternierung kann zur Abschätzung des Anteils biogener Kohlenwasserstoffe verwendet werden.

Abb. 13a: Biogene KW, homologe Reihe ungradzahliger n-Alkane C23-C33

Ein weiteres unterschiedlich intensiv auftretendes Merkmal für pflanzenbedingte Herkunft von Kohlenwasserstoffen sind diverse pentacyclische Triterpene (Squalenoide). Im Chromatogramm 13b sind sie als Gruppierung im Bereich C33 zu erkennen.

In einigen Fällen sind die genannten n-Alkane nur von untergeordneter Bedeutung oder bereits abgebaut, während die Triterpene stark dominieren.

Abb. 13b: Biogene KW, Dominanz von squalenoiden Verbindungen

6.6 CKW-fingerprints am Beispiel der PCB

Summarisch erfasst werden mit dieser Methode ansatzweise ebenfalls chlorierte Kohlenwasserstoffe. Häufig können z.B. aus Kondensator-Trafoölen oder Hydraulikölen resultierende, mineralöl-untypische Musterverteilungen technische PCB-Gemische oder PCB-Ersatzstoffe (z.B. UGILEC) anzeigen. Auch Hinweise auf chlorierte Pflanzenschutzmittel können aufgrund charakteristischer Peaks im Chromatogramm erhalten werden.

In solchen Fällen sind weiterführende, analytische Methoden (MS, ECD etc.) anzuwenden.

Abb. 14: Kondensatoröl, Chlophen A40

6.7 Besonderheiten bei kunststoffhaltigen Abfällen

In einigen Fällen ist die Bestimmung von MKW auf überwiegend polymeren Matrizes notwendig. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Untersuchung von Shredderleichtfraktionen.

6.7.1 Kohlenwasserstoffe als Matrixbestandteile bei kunststoffhaltigen Probenmaterialien

Kunststoffhaltige Abfälle können sehr verschieden zusammengesetzt sein. Bei Anwendung der MKW-Methode zeigen sich im Messbereich oftmals atypische KW-Verteilungen, die wohl einerseits auf das Herauslösen von oligomeren Matrixkomponenten, andererseits auf den Einsatz von diversen lipophilen Additiven oder Weichmachern zurückgeführt werden müssen. Häufig sind diese Komponenten Alkan-Kohlenwasserstoffe, so dass eine Differenzierung zu tatsächlich- oberflächlich anhaftenden Ölverunreinigungen nur sehr eingeschränkt möglich ist.

Die Abbildungen 15 zeigen beispielhaft charakteristische fingerprints einiger wichtiger Kunststoffsorten (< 2 mm), die ansonsten nicht mit MKW verunreinigt sind.

Abb. 15a: PVC-U ("Abflussrohr") - ausgeprägte, homologe n-Alkan-Verteilung (C22-C34) (3200 mg/kg)

Abb. 15b: Polypropylen ("Eimer") - homologe Iso- und Cycloalkan und Alken-Verteilung (C10-C30) (870 mg/kg)

Abb. 15c: Polyethylen ("Transportbox") - n-Alkane "geradzahliger" Kettenlänge (C12, C14, C16, C18, C20, C22), Phthalate bei C25, schmierölartiger Berg (C27-C35) (200 mg/kg)

Abb. 15d: Polystyrol ("Blumenkasten") - schmierölartiger Berg mit zahlreichen polycyclischen Trienen (ca. 15000 mg/kg); zusätzliches Styrol-Signal bei etwa C9

6.7.2 Modifizierung der Vorschrift für die MKW-Untersuchung von Kunststoffabfällen und anderen polymeren Matrices

Grundsätzlich sollte die Untersuchung von Abfallmaterialien problemangepasst und schrittweise modifiziert werden. Bei hohen Matrixgehalten erfolgt die Anpassung im Hinblick auf mögliche Kapazitätsüberschreitungen im Extraktionsmittel, auf der FLORISIL®-Säule und des gaschromatographischen Systems. Daher ist stets eine ausreichende Verdünnung des Extraktes bereits vor der Aufreinigung anzustreben und der Gehalt an semipolaren Verbindungen durch Weglassen des Acetons zu minimieren.

Für die Untersuchung von Kunststoffabfällen o. ä. hat sich bislang folgende Vorgehensweise bewährt 2:

Extraktion:5 g* der homogenisierten** Probe mit 20 ml RTW-Lösung (ohne Aceton!), 1 h Schütteln und ggf. anschließend 1:5 - 1:20 verdünnen
Clean up:10 ml-Aliquot über Säule aus je 2 g Natriumsulfat und 2 g FLORISL filtrieren und nicht nachwaschen.
Messung:Der Arbeitsbereich für die Extraktionsmessung sollte 5000 mg/l nicht überschreiten.
* Saugfähige Kunststoffe, wie z.B. Schaumstoffe, müssen oft mit noch größerem Lösungsmittel-Einwaage-Verhältnis extrahiert werden

** bei inhomogenen Proben ist Einwaage und Lösungsmittel-Volumen zu verdoppeln

Durch die o. g. Arbeitsschritte (Verdünnung, nicht-Verwendung von Aceton) werden quantifizierbare MKW-Ergebnisse für an Shredderrückständen anhaftenden KW erhalten (vgl. auch Kapitel 4 zu VIII), da die aus den Kunststoffen herrührenden "Fremdsignale" wesentlich reduziert werden. Mit dieser Vorschrift wird aufgrund der starken Verdünnungsfaktoren eine praktische Bestimmungsgrenze 3 von 2000-8000 mg/kg erreicht.

Als anschauliches Beispiel für überlastete Systeme dient in den Abbildungen 16 die Untersuchung eines Elektrokabel-Schnitts (< 4 mm) mit herkömmlicher oder modifizierter Methode.

Abb. 16a: Elektrokabelmaterial - nach DIN EN 14039, 10 g Einwaage, 20 ml RTW-Lösung, 40 ml Aceton - Überlastung des Systems mit nicht-auflösbarem Phthalat-Berg - "120000 mg/kg". Zusätzliche Schwierigkeit: Die Aceton-Entfernung mit Wasserwaschen führt zu erheblichen Ausflockungen an der Phasengrenze

Abb. 16b: Elektrokabelmaterial - nach DIN EN 14039, 10 g Einwaage, 20 ml RTW-Lösung, aber ohne Aceton - Überlastung des Systems mit sehr starker Phthalat-Dominanz - "47000 mg/kg"

Abb. 16c: Elektrokabelmaterial - nach modifizierter Vorschrift, 5 g Einwaage, 20 ml RTW-Lösung, 1:5-Verdünnung vor der Säule - Phthalat-Störung ist verschwunden, die "Alkan"-Merkmale von PVC und PE sind gut zuerkennen (vgl. Abb. 15a u. 15c) - keine "echte" MKW-Verunreinigung - <2000 mg/kg

Abb. 17 zeigt das Chromatogramm einer leicht belasteten Shredder-Fraktion (<20 mm), die nach der modifizierten Vorschrift bearbeitet wurde.

Abb. 17: Shredderleichtfraktion (< 20 mm) - nach modifizierter Vorschrift - stark veränderte Mineralölbelastung (nicht aufgelöstes, schmierölartiges Kohlenwasserstoffgemisch) unter den Alkan-Merkmalen von PVC und PE - 8700 mg/kg

6.8 Summe der extrahierbaren lipophilen Stoffe

Sind zusätzlich zu den MKW weitere beurteilungsrelevante lipohile Stoffe zu erfassen, so ist als Kenngröße die Summe der extrahierbaren Stoffe (Organischer Extrakt) zu ermitteln. Dies kann z.B. bei Fettschadensfällen oder für die Beurteilung bituminöser Komponenten mit größeren Anteilen > C40 von Relevanz sein.

Für diesen Fall werden 20 g der homogenisierten, ggf. mit Natriumsulfat verriebenen Probe mit 50 ml Petrolether (36-69°C), Pentan oder Hexan 2 h bzw. bis zum klaren Rücklauf am Soxhlet extrahiert und nach schonendem Abdampfen des Lösungsmittels gravimetrisch bestimmt.

7. Literaturverweise

[1] VDI-Richtlinie 3865, Teil 4 (Dezember 2000), Messen organischer Bodenverunreinigungen, Gaschromatographische Bestimmung von niedrigsiedenden organischen Verbindungen in Bodenluft durch Direktmessung

[2] DIN EN ISO 22155 (Stand 07/2016) Bodenbeschaffenheit, Gaschromatographische Bestimmung flüchtiger aromatischer Kohlenwasserstoffe, Halogenkohlenwasserstoffe und ausgewählter Ether, Statisches Dampfraum-Verfahren

[3] DIN EN 14039 (Stand 01/2005), Charakterisierung von Abfällen, Bestimmung des Gehalts an Kohlenwasserstoffen von C10 bis C40 mittels Gaschromatographie

[4] DIN ISO 16703 (Stand 09/2011), Bodenbeschaffenheit, Gaschromatographische Bestimmung des Gehalts an Mineralölkohlenwassserstoffen

[5] VDI-Richtlinienreihe 3860 Blatt 1-4, Messen von Deponiegasen

[6] "Gezielte Untersuchung und Optimierung der Verfahrensschritte für die gaschromatographische Bestimmung von Mineralölkohlenwasserstoffen in Feststoffen aus dem Altlastenbereich nach der Methode des FGAA", Bundesanstalt f. Materialforschung und - prüfung (BAM) im Auftrag des HLUG, Februar 2003

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1) Zur Dimensionierung der Säule vgl. DIN EN ISO 9377-2, Anhang A

2) Eigene Untersuchsreihe der Ländervertreter zur Erstellung dieser Richtlinie, durchgeführt in den Laboratorien der Landesbehörden Bayern, Hamburg und Hessen

3) Anmerkung: Die Bestimmungsgrenze steigt mit der Anzahl der Verdünnungsschritte

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