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IT-SiG SL - Informationssicherheitsgesetz Saarland
Gesetz zur Abwehr von Gefahren für die Daten in der Informations- und Kommunikationsinfrastruktur des Landes
- Saarland -
Vom 15. Mai 2019
(Amtsbl.
I Nr. 35 vom 12.09.2019 S. 653 Inkrafttreten)
§ 1 Zweck und Geltungsbereich
Dieses Gesetz dient der Informationssicherheit des Landesdatennetzes, der informationstechnischen Systeme, der genutzten Anwendungen und der darüber verarbeiteten Informationen der Behörden des Saarlandes. Dieses Gesetz gilt für die Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Verwaltungstätigkeit im Sinne dieses Gesetzes umfasst die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit und rechtsgeschäftliche oder tatsächliche Tätigkeiten im allgemeinen privatrechtlichen Rechtsverkehr einschließlich der fiskalischen Hilfsgeschäfte. Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten entsprechend für die Gerichte und Staatsanwaltschaften.
§ 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes sind:
§ 3 Behördenübergreifende Pflichten
(1) Die Sicherheit der informationstechnischen Systeme der Behörden ist nach dem Stand der Technik im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und unter Beachtung der Vorschriften der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1; L 314 vom 22. November 2016, S. 72) sowie des Saarländischen Datenschutzgesetzes vom 16. Mai 2018 (Amtsbl. I S. 254) sicherzustellen. Die Behörden treffen zu diesem Zweck angemessene technische und organisatorische Maßnahmen und erstellen die hierzu erforderlichen Informationssicherheitskonzepte.
(2) Werden Behörden Informationen bekannt, die zur Abwehr von Gefahren für die Informationssicherheit von Bedeutung sind, unterrichten diese den zentralen IT-Dienstleister des Landes unverzüglich hierüber, soweit andere Vorschriften oder Vereinbarungen mit Dritten nicht entgegenstehen, Meldepflichten aufgrund gesetzlicher Vorschriften bestehen oder sie einem Meldesystem innerhalb eines anderen deutschen CERT-Verbundes angeschlossen sind.
§ 4 Abwehr von Gefahren für die Informationssicherheit
(1) Der zentrale IT-Dienstleister kann nach Maßgabe dieser und der nachfolgenden Regelungen die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Betreiber des Landesdatennetzes und Auftragsverarbeiter nach dem Gesetz zur Errichtung eines Landesamtes für IT-Dienstleistungen vom 2. Dezember 2015 (Amtsbl. I S. 967), geändert durch Gesetz vom 24. Oktober 2017 (Amtsbl. I S. 1005), in der jeweils geltenden Fassung, notwendigen und angemessenen Maßnahmen ergreifen, um Gefahren für die Informationssicherheit des Landesdatennetzes, aller daran angeschlossenen und mit ihm und miteinander verbundenen informationstechnischen Systeme (IT-Systeme), der genutzten Anwendungen und der darüber verarbeiteten Informationen zu erkennen, einzugrenzen und abzuwehren. Dies umfasst die Ermächtigung zur Verarbeitung personenbezogener Daten, soweit die Verarbeitung zur Erfüllung der nach diesem Gesetz übertragenen Befugnisse erforderlich ist.
(2) Der zentrale IT-Dienstleister kann zum in Absatz 1 genannten Zweck, soweit dies erforderlich ist, die beim Betrieb von Informationstechnik des Landes sowie die an den Schnittstellen des Landesdatennetzes und anderen Netzen und innerhalb des Landesdatennetzes anfallenden Protokolldaten und Inhaltsdaten erheben und automatisiert auswerten.
(3) Zur Ermöglichung einer automatisierten Auswertung nach Absatz 2 können die an das Landesdatennetz angeschlossenen Stellen dem zentralen IT-Dienstleister die bei ihnen gespeicherten Protokolldaten auf Anfrage zur Verfügung stellen.
(4) Sofern nicht die nachfolgenden Vorschriften eine weitere Verwendung gestatten, muss eine automatisierte Auswertung der Daten unverzüglich erfolgen und müssen die Daten nach erfolgtem Abgleich sofort und spurlos gelöscht werden. Die Speicherung und sonstige Verarbeitung nach dem ursprünglichen Verwendungszweck bleiben hiervon unberührt. Daten, die weder dem Fernmeldegeheimnis unterliegen noch Personenbezug aufweisen, sind von den Verwendungsbeschränkungen dieser Vorschrift ausgenommen.
(5) Personenbezogene Daten, die zum Zweck der Gewährleistung der Informationssicherheit nach diesem Gesetz ausgewertet werden dürfen, dürfen nicht für andere Zwecke, insbesondere nicht zur Verhaltens- und Leistungskontrolle, verarbeitet werden.
§ 5 Auswertung von Protokolldaten
(1) Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr für die Informationssicherheit, dürfen Protokolldaten über den für die automatisierte Auswertung erforderlichen Zeitraum hinaus gespeichert und automatisiert ausgewertet werden, soweit und solange dies zur weiteren Eingrenzung und Abwehr dieser Gefahr erforderlich ist. Entsprechendes gilt, wenn diese Daten zur Verfolgung damit zusammenhängender Straftaten erforderlich sein können.
(2) Durch organisatorische und technische Maßnahmen nach dem Stand der Technik ist sicherzustellen, dass eine Auswertung der nach Absatz 1 gespeicherten Daten nur automatisiert erfolgt. Die Daten sind zu pseudonymisieren, soweit dies automatisiert möglich ist.
(3) Sofern im Rahmen der automatisierten Auswertung ein Verdachtsfall auf eine Gefährdung der Informationssicherheit entdeckt wird und für die weitere Analyse die Wiederherstellung des Personenbezugs pseudonymisierter Daten erforderlich ist, muss diese durch die Leitung des zentralen IT-Dienstleisters angeordnet werden. Die Entscheidung ist zu dokumentieren. Eine nicht automatisierte Auswertung oder eine personenbezogene Verwendung ist nur nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften zulässig.
§ 6 Auswertung von Inhaltsdaten
(1) Für die Datenverarbeitung von Inhaltsdaten gilt § 5 mit der Maßgabe, dass eine Speicherung für höchstens zwei Monate zulässig ist, die Speicherung und Auswertung von der Leitung des zentralen IT-Dienstleisters und von einer oder einem Bediensteten des für die Fachaufsicht über den zentralen IT-Dienstleister zuständigen Ministeriums mit der Befähigung zum Richteramt angeordnet sind und dies zum Schutz der technischen Systeme unerlässlich ist. Die Entscheidung ist zu dokumentieren.
(2) Die Anordnung gilt längstens für zwei Monate und kann höchstens um einen weiteren Monat verlängert werden.
§ 7 Weitergehende Auswertungen
(1) Eine über die in den §§ 5 und 6 hinausgehende Verarbeitung der Protokoll- und Inhaltsdaten ist nur zulässig,
(2) Soweit möglich, ist bei der Datenverarbeitung technisch und organisatorisch sicherzustellen, dass Daten, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, nicht erhoben werden. Werden Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt, dürfen diese nicht verwendet werden und sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist zu dokumentieren. Dies gilt auch in Zweifelsfällen.
§ 8 Sicherheitskonzept
(1) Von den Ermächtigungen nach den §§ 4 bis 7 darf nur Gebrauch gemacht werden, wenn hierfür durch den zentralen IT-Dienstleister ein Sicherheitskonzept erstellt wurde und die Umsetzung aller darin vorgesehenen technischen und organisatorischen Maßnahmen in einem Steuerungssystem dokumentiert, überwacht und fortgeschrieben wird. Das Sicherheitskonzept ist vor jeder Veränderung der eingesetzten technischen Systeme zu aktualisieren. Für jede Veränderung des Sicherheitskonzeptes gilt Satz 1 entsprechend.
(2) Das Sicherheitskonzept nach Absatz 1 bedarf in Bezug auf den Umgang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des § 4 sowie von Protokoll- und Inhaltsdaten im Sinne der §§ 5 bis 7, soweit es sich um Daten der Landesmedienanstalt Saarland (LMS) oder privater Rundfunkveranstalter und Telemedienanbieter bei der LMS handelt, der Zustimmung der Landesmedienanstalt Saarland.
§ 9 Benachrichtigung der Betroffenen
(1) Die von Maßnahmen nach § 7 Betroffenen und betroffenen Behörden sind spätestens nach dem Erkennen und der Abwehr eines Schadprogramms oder von sonstigen Gefahren zu benachrichtigen, wenn sie bekannt sind oder ihre Identifikation ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist. Die Benachrichtigung kann unterbleiben, solange hierdurch der Ermittlungszweck eines Straf- oder Disziplinarverfahrens oder die Informationssicherheit gefährdet würde.
(2) Sofern die Benachrichtigung nach Absatz 1 Sätzen 2 und 3 unterbleiben soll, ist dies durch eine Bedienstete oder einen Bediensteten des für die Fachaufsicht über den zentralen IT-Dienstleister zuständigen Ministeriums mit der Befähigung zum Richteramt anzuordnen und zu dokumentieren.
§ 10 Übermittlung personenbezogener Daten
(1) Der zentrale IT-Dienstleister soll personenbezogene Daten nach den §§ 6 und 7 unverzüglich übermitteln
(2) Die Übermittlung nach Absatz 1 Nummern 2 und 3 bedarf der vorherigen gerichtlichen Zustimmung. Für das Verfahren nach Absatz 1 Nummern 2 und 3 gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Übermittlung nach Absatz 1 Nummer 4 bedarf der vorherigen Zustimmung eines Bediensteten oder einer Bediensteten des für die Fachaufsicht über den zentralen IT-Dienstleister zuständigen Ministeriums mit der Befähigung zum Richteramt. Die Entscheidung ist zu dokumentieren.
§ 11 Befugnisse bei lokalen Netzen
Die §§ 4 bis 10 gelten für jede Behörde entsprechend bezüglich ihrer lokalen Netze. Der nach § 5 Absatz 3 erforderliche Leitungsvorbehalt sowie die in § 6 Absatz 1, § 9 Absatz 2 und § 10 Absatz 2 Satz 3 erforderlichen Zustimmungserfordernisse werden insoweit durch die jeweilige Behördenleitung bzw. ihre Vertretung wahrgenommen.
§ 12 Datenschutzrechtliche Kontrolle
(1) Der oder dem Landesbeauftragten für Datenschutz ist vom zentralen IT-Dienstleister einmal im Jahr eine Aufstellung über die nach § 5 Absatz 3, § 6, § 7 und § 10 erfolgten Verarbeitungen vorzulegen.
(2) Die nach diesem Gesetz anzufertigenden Dokumentationen dürfen ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich sind, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.
§ 13 Einschränkung von Grundrechten
Das Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 des Grundgesetzes und Artikel 17 der Verfassung des Saarlandes wird durch die §§ 4 bis 7, § 10 und § 11 eingeschränkt.
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