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SJAVollzG - Saarländisches Jugendarrestvollzugsgesetz
Gesetz Nr. 1883 über den Vollzug des Jugendarrests

- Saarland -

Vom 20. Januar 2016
(Amtsbl. Nr. 7 vom 25.02.2016 S. 132; 16./17.06.2021 S. 1822 21)



Der Landtag des Saarlandes hat folgendes Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Abschnitt 1
Anwendungsbereich

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug des Jugendarrests (Vollzug) in einer Jugendarrestanstalt (Anstalt).

Abschnitt 2
Vollzug des Dauerarrests

Titel 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 2 Ziel des Vollzugs

Der Vollzug soll den Arrestierten das von ihnen begangene Unrecht, dessen Folgen und ihre Verantwortung hierfür bewusst machen und einen Beitrag leisten, die Arrestierten zu einem eigenverantwortlichen Leben ohne weitere Straftaten zu befähigen.

§ 3 Stellung der Arrestierten, Mitwirkung

(1) Die Persönlichkeit der Arrestierten ist zu achten.

(2) Die Arrestierten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind. Sie müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Anordnung stehen und dürfen die Arrestierten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.

(3) Die Arrestierten sind verpflichtet, an Maßnahmen, die der Erreichung des Vollzugziels dienen, mitzuwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern. Die Maßnahmen sind ihnen zu erläutern.

§ 4 Grundsätze der Vollzugsgestaltung

(1) Der Vollzug ist erzieherisch zu gestalten und auf die Erreichung des Vollzugsziels auszurichten.

(2) Schädlichen Folgen des Vollzugs ist entgegenzuwirken.

(3) Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Arrestierten, insbesondere im Hinblick auf Alter, Geschlecht, Herkunft und Behinderung werden bei der Vollzugsgestaltung im Allgemeinen und im Einzelfall berücksichtigt.

§ 5 Maßnahmen erzieherischer Gestaltung

(1) Den Arrestierten ist in geeigneter Weise zu vermitteln, dass sie Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen und die notwendigen Konsequenzen für ihr künftiges Leben ziehen müssen. Das Bewusstsein für den dem Opfer zugefügten Schaden soll geweckt werden.

(2) Die erzieherische Gestaltung erfolgt darüber hinaus insbesondere durch Maßnahmen zur Entwicklung und Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Arrestierten im Hinblick auf ein künftiges Leben ohne Straftaten. Zudem sollen den Arrestierten sozial angemessene Verhaltensweisen unter Achtung der Rechte Anderer vermittelt werden.

(3) Einzel- und Gruppenmaßnahmen richten sich auf die Auseinandersetzung mit den eigenen Straftaten, deren Ursachen und Folgen sowie auf die Unterstützung der lebenspraktischen, schulischen und beruflichen Entwicklung, die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens und der freien Zeit sowie die Vermittlung unterstützender Kontakte. Auch an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen sind geeignete Maßnahmen durchzuführen.

(4) Die Arrestierten sind an einen geregelten Tagesablauf heranzuführen.

(5) Die Arrestierten werden darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, auch dazu angehalten werden, den durch die Straftat verursachten materiellen und immateriellen Schaden wieder gutzumachen.

§ 6 Zusammenarbeit, Einbeziehung Dritter

(1) Alle in der Anstalt Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, das Vollzugsziel zu erreichen.

(2) Die Anstalt arbeitet eng mit anderen staatlichen Stellen, außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen sowie Personen und Vereinen zusammen, um das Vollzugsziel zu erreichen und eine Durchführung der für erforderlich erachteten Maßnahmen nach der Entlassung zu ermöglichen. Die Einbeziehung geeigneter Ehrenamtlicher ist besonders zu fördern.

(3) Die Personensorgeberechtigten sollen angemessen einbezogen werden, soweit dies möglich ist und dem Vollzugsziel nicht zuwiderläuft. Über besondere Begebenheiten während des Vollzugs sind sie zu informieren.

Titel 2
Aufnahme, Planung

§ 7 Aufnahmeverfahren

(1) Mit den Arrestierten ist unverzüglich im Rahmen der Aufnahme ein Gespräch zu führen, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird. Während dieses Gesprächs dürfen andere Arrestierte nicht zugegen sein.

(2) Die Arrestierten werden über ihre Rechte und Pflichten in einer für sie verständlichen Form unterrichtet. Ihnen wird die Hausordnung ausgehändigt und auf Verlangen ein Exemplar dieses Gesetzes zugänglich gemacht.

(3) Die Personensorgeberechtigten und das Jugendamt werden von der Aufnahme unverzüglich benachrichtigt. Stehen Arrestierte unter Bewährung, ist auch die Bewährungshilfe von der Aufnahme zu unterrichten.

(4) Die Arrestierten werden nach der Aufnahme alsbald ärztlich untersucht.

(5) Werden der Anstalt bei der Aufnahme oder während des Vollzugs Tatsachen bekannt, die ein Absehen von der Vollstreckung oder deren Unterbrechung rechtfertigen können, unterrichtet sie unverzüglich die Vollstreckungsleitung.

§ 8 Ermittlung des Hilfebedarfs, Erziehungsplan

(1) Nach dem Aufnahmeverfahren wird alsbald ein ausführliches Gespräch mit den Arrestierten geführt. Dabei wird der Hilfebedarf unter Berücksichtigung ihrer Persönlichkeit, ihrer Lebensverhältnisse und ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten ermittelt. Erkenntnisse aus den Vollstreckungsunterlagen und Erkenntnisse der Jugendgerichtshilfe werden einbezogen.

(2) Die an der Erziehung maßgeblich beteiligten Bediensteten erörtern den Hilfebedarf für die Dauer des Vollzugs und die Zeit danach und legen die sich daraus ergebenden Maßnahmen fest. Diese werden mit den Arrestierten besprochen; dabei werden deren Anregungen und Vorschläge angemessen einbezogen, soweit sie dem Vollzugsziel dienen. Der Erziehungsplan wird schriftlich niedergelegt und den Arrestierten ausgehändigt sowie auf Verlangen auch den Personensorgeberechtigten übermittelt.

(3) Als Hilfen kommen insbesondere in Betracht:

  1. Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz, namentlich zu den Schwerpunkten Gewalt, Sucht und Schulden,
  2. Maßnahmen zur lebenspraktischen, beruflichen und schulischen Entwicklung,
  3. angemessene Beschäftigung,
  4. Sportangebote und Maßnahmen zur strukturierten Gestaltung der Freizeit,
  5. Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen.

Titel 3
Unterbringung, Versorgung

§ 9 Unterbringung während der Einschlusszeiten, Trennungsgebot

(1) Die Arrestierten werden in ihren Arresträumen einzeln untergebracht.

(2) Mit ihrer Zustimmung können sie gemeinsam untergebracht werden, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind und erzieherische Gründe dem nicht entgegenstehen.

(3) Weibliche und männliche Arrestierte werden getrennt voneinander untergebracht.

§ 10 Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten

(1) Außerhalb der Einschlusszeiten halten sich die Arrestierten grundsätzlich in Gemeinschaft auf.

(2) Der gemeinschaftliche Aufenthalt kann eingeschränkt werden,

  1. wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert,
  2. wenn ein schädlicher Einfluss auf andere Arrestierte zu befürchten ist,
  3. wenn es aus erzieherischen Gründen dringend geboten ist.

§ 11 Gewahrsam an Gegenständen

Die Arrestierten dürfen Gegenstände nur mit Zustimmung der Anstalt einbringen oder in Gewahrsam haben. Die Anstalt kann die Zustimmung verweigern, wenn die Gegenstände geeignet sind, die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder die Erreichung des Vollzugsziels zu gefährden. Gegenstände, die die Arrestierten nicht in Gewahrsam haben dürfen, werden von der Anstalt aufbewahrt, soweit dies nach Art und Umfang möglich ist.

§ 12 Kleidung

(1) Die Arrestierten dürfen eigene Kleidung tragen. Dieses Recht kann eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, soweit es zur Gewährleistung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Für die Reinigung eigener Kleidung haben die Arrestierten selbst zu sorgen.

(2) Bei Bedarf stellt die Anstalt den Arrestierten Kleidung zur Verfügung.

§ 13 Verpflegung

Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung entsprechen den Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen und werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Arrestierten ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.

Titel 4
Bildung, Beschäftigung, Freizeit

§ 14 Bildung und Beschäftigung

Die Arrestierten sind angehalten, Maßnahmen zur lebenspraktischen, schulischen und beruflichen Entwicklung wahrzunehmen. Zu diesem Zweck sollen ihnen auch Aufgaben innerhalb der Anstalt übertragen und die Übertragung gemeinnütziger Tätigkeiten angeboten werden.

§ 15 Freizeit und Sport

(1) Die Ausgestaltung der Freizeit orientiert sich am Vollzugsziel. Die Anstalt hat Angebote zur sinnvollen Freizeitgestaltung vorzuhalten. Sie stellt insbesondere Angebote zur sportlichen und kulturellen Betätigung, eine angemessen ausgestattete Mediathek sowie Zeitungen und Zeitschriften zur Verfügung. Die Arrestierten sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Maßnahmen der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten.

(2) Der Zugang zum Rundfunk ist zu ermöglichen. Eigene Hörfunk- oder Fernsehgeräte und eigene Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik sind nicht zugelassen.

(3) Dem Sport kommt bei der Gestaltung des Vollzugs besondere Bedeutung zu. Die Anstalt soll täglich Maßnahmen oder andere Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung anbieten. Sie fördert die Bereitschaft der Arrestierten, sich sportlich zu betätigen.

Titel 5
Gesundheitsfürsorge

§ 16 Gesundheitsschutz und Hygiene

(1) Die Anstalt unterstützt die Arrestierten bei der Erhaltung ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheit. Sie fördert das Bewusstsein für gesunde Ernährung und Lebensführung. Insbesondere ist auf die Gefährdung durch Infektionen, Drogen, Tabak und Alkohol hinzuweisen. Das Rauchen im Anstaltsgebäude ist den Arrestierten untersagt. Die Arrestierten haben die notwendigen Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu befolgen.

(2) Den Arrestierten wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten.

(3) Arrestierte, die nicht krankenversichert sind, haben einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Leistungen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und unter Berücksichtigung des allgemeinen Standards der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der Dauer des Vollzugs. Auch Arrestierten, die krankenversichert sind, können Leistungen nach Satz 1 gewährt werden, wenn dies aus vollzuglichen Gründen erforderlich ist.

Titel 6
Außenkontakte

§ 17 Schriftwechsel, Pakete

(1) Die Arrestierten haben das Recht, Schreiben zu empfangen und abzusenden. Die Anstalt fördert die schriftliche Kommunikation und übernimmt die Kosten für abgehende Schreiben in angemessenem Umfang.

(2) Die Arrestierten haben das Absenden und den Empfang ihrer Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, die sie unverzüglich weiterleitet. Eine inhaltliche Kontrolle findet nicht statt. Ein- und ausgehende Schreiben können auf verbotene Gegenstände kontrolliert werden.

(3) Den Arrestierten kann in begründeten Ausnahmefällen gestattet werden, Pakete zu empfangen. Pakete sind in Gegenwart der Arrestierten zu öffnen und zu kontrollieren.

§ 18 Besuche, Telefongespräche 21

(1) Den Arrestierten kann gestattet werden, Besuch zu empfangen oder unter Vermittlung der Anstalt Telefongespräche zu führen, wenn dies dem Vollzugsziel förderlich ist und die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt hierdurch nicht gefährdet wird.

(2) Aus Gründen der Sicherheit können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherinnen und Besucher durchsuchen oder mit technischen Hilfsmitteln absuchen lassen. Besuche und Telefongespräche dürfen beaufsichtigt werden. Sie dürfen abgebrochen werden, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde. Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden.

(3) Besuche von Verteidigerinnen oder Verteidigern, von Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes, von Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälten und Notarinnen oder Notaren in einer die Arrestierten betreffenden Rechtssache sind zu gestatten und werden nicht beaufsichtigt. Dies gilt für Telefongespräche entsprechend.

(4) Die Anstaltsleitung kann den Arrestierten gestatten, den Besuch mittels einer audiovisuellen Verbindung durchzuführen (Videobesuch).

(5) In einer Krise, die Zugangsbeschränkungen für die Anstalt notwendig macht, kann die Anstaltsleitung generell die Nutzung einer Trennvorrichtung anordnen, wenn dies zum Schutz von Personen oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt notwendig ist. Sofern auch durch eine solche Anordnung der Schutz von Personen oder die Sicherheit der Anstalt nicht gewährleistet werden kann, kann die Anstaltsleitung die ausschließliche Durchführung von Videobesuchen anordnen.

§ 19 Aufenthalte außerhalb der Anstalt

(1) Aufenthalte außerhalb der Anstalt können geeigneten Attestierten gewährt werden, wenn es sich um Maßnahmen der Anstalt handelt oder dies sonst zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlich ist.

(2) Aufenthalte außerhalb der Anstalt können auch aus wichtigem Anlass gewährt werden, insbesondere zur Teilnahme an gerichtlichen Terminen, zur medizinischen Behandlung sowie bei einer akut lebensgefährlichen Erkrankung oder dem Tod naher Angehöriger.

(3) Zur Ausgestaltung der Aufenthalte außerhalb der Anstalt können den Arrestierten Weisungen erteilt werden. Soweit dies erforderlich ist, werden sie begleitet oder ständig und unmittelbar beaufsichtigt.

Titel 7
Religionsausübung

§ 20 Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften

(1) Den Arrestierten darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf ihren Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger in Verbindung zu treten.

(2) Die Arrestierten dürfen grundlegende religiöse Schriften sowie in angemessenem Umfang Gegenstände des religiösen Gebrauchs besitzen. Diese dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

(3) Die Arrestierten haben das Recht, am Gottesdienst und anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen. Die Zulassung zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung der Seelsorgerin oder des Seelsorgers der Religionsgemeinschaft.

(4) Arrestierte können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.

(5) Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

Titel 8
Sicherheit und Ordnung

§ 21 Grundsatz

(1) Sicherheit und Ordnung der Anstalt bilden die Grundlage des auf die Erreichung des Vollzugsziels ausgerichteten Anstaltslebens und tragen dazu bei, dass in der Anstalt ein gewaltfreies Klima herrscht.

(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Arrestierten zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Arrestierten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.

§ 22 Allgemeine Verhaltenspflichten

(1) Die Arrestierten sind für das geordnete Zusammenleben in der Anstalt mitverantwortlich und müssen mit ihrem Verhalten dazu beitragen.

(2) Die Arrestierten sind verpflichtet, die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch diese beschwert fühlen.

(3) Die Arrestierten haben ihre Arresträume und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.

(4) Die Arrestierten haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.

§ 23 Reaktionen auf Pflichtverstöße

(1) Verstöße der Arrestierten gegen Pflichten, die ihnen durch oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, sind unverzüglich in einem erzieherischen Gespräch aufzuarbeiten.

(2) Darüber hinaus können Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, den Arrestierten ihr Fehlverhalten bewusst zu machen (erzieherische Maßnahmen). Als erzieherische Maßnahmen kommen namentlich die Erteilung von Weisungen und Auflagen, die Beschränkung oder der Entzug einzelner Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung und der Ausschluss von gemeinsamer Freizeit oder einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zu einer Dauer von zwei Tagen in Betracht.

(3) In geeigneten Fällen sollen im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden. Insbesondere kommen die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung bei den Geschädigten, die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft und das vorübergehende Verbleiben im Arrestraum in Betracht. Erfüllen die Arrestierten die Vereinbarung, so ist die Anordnung von erzieherischen Maßnahmen unzulässig.

(4) Die Anstaltsleitung legt fest, welche Bediensteten befugt sind, erzieherische Maßnahmen anzuordnen.

(5) Es sollen solche erzieherische Maßnahmen angeordnet werden, die mit der Verfehlung in Zusammenhang stehen.

§ 24 Durchsuchung, Absuchung

(1) Die Arrestierten, ihre Sachen und die Arresträume dürfen mit technischen Mitteln oder sonstigen Hilfsmitteln abgesucht und durchsucht werden. Die Durchsuchung männlicher Arrestierter darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher Arrestierter nur von Frauen vorgenommen werden. Das Schamgefühl ist zu schonen.

(2) Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung der Anstaltsleitung im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung Arrestierter vorzunehmen. Sie darf bei männlichen Arrestierten nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen Arrestierten nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Arrestierte dürfen nicht anwesend sein.

(3) Die Anstaltsleitung kann allgemein anordnen, dass die Arrestierten in der Regel bei der Aufnahme nach Absatz 2 zu durchsuchen sind.

§ 25 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch

Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder aus Gründen der Gesundheitsvorsorge können im Einzelfall Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch angeordnet werden. Diese Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein.

§ 26 Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Gegen Arrestierte können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres seelischen Zustandes in erhöhtem Maße die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.

(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:

  1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
  2. die Beobachtung der Arrestierten, auch mit technischen Hilfsmitteln,
  3. die Trennung von allen anderen Arrestierten (Absonderung),
  4. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Arrestraum ohne gefährdende Gegenstände bis zu 24 Stunden.

(3) Wenn es zur Abwehr einer Selbsttötung oder erheblichen Selbstverletzung unerlässlich ist, ist über Absatz 2 hinaus eine vorübergehende Fesselung im besonders gesicherten Arrestraum zulässig. Eine ständige und unmittelbare Überwachung ist vorzusehen. Es ist unverzüglich eine ärztliche Untersuchung herbeizuführen und eine Entscheidung über die Arrestfähigkeit einzuholen.

(4) Eine Absonderung von mehr als 24 Stunden Dauer ist nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer in Absatz 1 genannten Gefahr unerlässlich ist.

(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Anstaltsleitung an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen; die Entscheidung der Anstaltsleitung ist unverzüglich einzuholen.

(6) Die Entscheidung wird den Arrestierten mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst.

(7) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind in angemessenen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie aufrechterhalten werden müssen. In den Fällen der Absätze 3 und 4 ist der Aufsichtsbehörde unverzüglich zu berichten.

(8) Während der Absonderung und während der Unterbringung im besonders gesicherten Arrestraum sind die Arrestierten in besonderem Maße zu betreuen.

(9) Sind die Arrestierten in einem besonders gesicherten Arrestraum untergebracht, sucht sie alsbald eine Ärztin oder ein Arzt auf. Sind die Arrestierten länger als 24 Stunden abgesondert, ist regelmäßig eine Ärztin oder ein Arzt zu hören.

Titel 9
Unmittelbarer Zwang

§ 27 Begriffsbestimmungen, allgemeine Voraussetzungen

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel oder Waffen. Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln und Reizstoffe. Waffen sind Hieb- und Schusswaffen.

(2) Als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt dürfen nur dienstlich zugelassene Fesseln und Reizstoffe verwendet werden. Waffen dürfen nicht gebraucht werden.

(3) Bedienstete dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Maßnahmen des Vollzugs rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.

(4) Gegen andere Personen als Arrestierte darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Arrestierte zu befreien oder widerrechtlich in die Anstalt einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.

(5) Das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt unberührt.

§ 28 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Androhung

(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.

(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.

(3) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.

Titel 10
Entlassung, Nachsorge

§ 29 Einleitung nachsorgender Maßnahmen, Entlassungsbeihilfe

(1) Die Anstalt unterstützt und berät die Arrestierten in enger Zusammenarbeit mit dem Jugendamt sowie freien Trägern bei der Einleitung von nachsorgenden Maßnahmen.

(2) Die Entlassung kann am Tag des Ablaufs der Arrestzeit vorzeitig erfolgen, wenn die Arrestierten aus schulischen oder beruflichen Gründen hierauf angewiesen sind oder die Verkehrsverhältnisse das erfordern.

(3) Bedürftigen Arrestierten kann eine Entlassungsbeihilfe in Form eines Reisekostenzuschusses oder einer sonstigen notwendigen Unterstützung gewährt werden.

§ 30 Schlussbericht, Entlassungsgespräch

(1) Zum Ende des Vollzugs wird ein Schlussbericht erstellt, der insbesondere folgende Angaben enthält:

  1. Übersicht über den Vollzugsverlauf, insbesondere über die durchgeführten Maßnahmen,
  2. Aussagen zur Persönlichkeit und zu den gegenwärtigen Lebensumständen der Arrestierten sowie zu ihrer Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels,
  3. Darlegung des Hilfebedarfs der Arrestierten sowie Empfehlung von weiteren externen Hilfsangeboten,
  4. Vorschläge zu Auflagen und Weisungen im Falle einer Bewährungsunterstellung.

(2) Der Inhalt des Schlussberichts wird den Arrestierten in einem Entlassungsgespräch erläutert.

(3) Der Schlussbericht ist für die Vollzugs- und Strafakten bestimmt. Eine Ausfertigung des Berichts ist der Jugendgerichtshilfe und bei unter Bewährungsaufsicht stehenden Arrestierten der Bewährungshilfe sowie auf Verlangen den Arrestierten und den Personensorgeberechtigten zuzuleiten. Mit Zustimmung der Arrestierten kann die Anstalt Abschriften des Berichtes auch an freie Träger der Jugendhilfe übersenden.

Titel 11
Beschwerde

§ 31 Beschwerderecht

(1) Die Arrestierten erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen oder von gemeinsamem Interesse sind, an die Anstaltsleitung zu wenden

(2) Besichtigen Vertreterinnen oder Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, dass die Arrestierten sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.

(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.

Titel 12
Aufbau und Organisation der Anstalt

§ 32 Einrichtung und Ausstattung der Anstalt

(1) Der Dauerarrest wird in Jugendarrestanstalten der Justizverwaltung vollzogen.

(2) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Anstalt so fest, dass eine angemessene Unterbringung im Sinne des § 9 gewährleistet ist.

(3) Es sind bedarfsgerechte Einrichtungen für Gruppen- und Einzelmaßnahmen vorzusehen. Gleiches gilt für Besuche, Freizeit, Sport und Seelsorge.

§ 33 Anstaltsleitung

(1) Die Anstaltsleitung trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug und vertritt die Anstalt nach außen. Sie kann einzelne Aufgabenbereiche und Befugnisse auf andere Bedienstete übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung vorbehalten.

(2) Die Aufsichtsbehörde überträgt die Leitung der Anstalt der Jugendrichterin oder dem Jugendrichter am Ort der Anstalt. Ist dort eine Jugendrichterin oder ein Jugendrichter nicht oder sind dort mehrere Jugendrichterinnen oder Jugendrichter tätig, bestimmt die Aufsichtsbehörde eine Jugendrichterin oder einen Jugendrichter zur Anstaltsleitung.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann abweichend von Absatz 2 eine Beamtin oder einen Beamten des höheren oder des gehobenen Dienstes zur Anstaltsleitung bestellen. In diesem Fall bleibt die Regelung des § 85 Absatz 1 des Jugendgerichtsgesetzes unberührt mit der Maßgabe, dass für die Abgabe der Vollstreckung an die Stelle der oder des als Vollzugsleiterin oder Vollzugsleiter zuständigen Jugendrichterin oder Jugendrichters die oder der am Ort des Vollzugs nach der Geschäftsverteilung des betreffenden Amtsgerichts zuständige Jugendrichterin oder Jugendrichter tritt.

§ 34 Personelle Ausstattung, ärztliche Versorgung, Seelsorge

(1) Die Anstalt wird mit dem für die Erreichung des Vollzugsziels und für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Personal ausgestattet. Die Bediensteten müssen für die erzieherische Gestaltung des Vollzugs geeignet und qualifiziert sein.

(2) Fortbildung sowie Praxisberatung und -begleitung sind zu gewährleisten.

(3) Die ärztliche Versorgung und die seelsorgerische Betreuung der Arrestierten sind sicherzustellen.

§ 35 Hausordnung

Die Anstaltsleitung erlässt zur Gestaltung und Organisation des Vollzugsalltags auf der Grundlage dieses Gesetzes eine Hausordnung. Darin sind insbesondere die Rechte und Pflichten der Arrestierten und der strukturierte Tagesablauf aufzunehmen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Genehmigung vorbehalten.

Titel 13
Aufsicht

§ 36 Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften

(1) Das für Justiz zuständige Ministerium führt die Aufsicht über die Anstalten (Aufsichtsbehörde).

(2) Die Aufsichtsbehörde regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalten in einem Vollstreckungsplan.

(3) Im Rahmen von Vollzugsgemeinschaften kann der Vollzug auch in Anstalten der Justizverwaltungen anderer Länder vorgesehen werden.

Titel 14
Datenschutz

§ 37 Erhebung personenbezogener Daten

(1) Die Anstalt und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten erheben, soweit dies für den Vollzug erforderlich ist.

(2) Personenbezogene Daten sind bei den Betroffenen zu erheben. Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden, wenn

  1. eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt oder
    1. die zu erfüllende Verwaltungsaufgabe nach Art oder Geschäftszweck eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich macht oder
    2. die Erhebung bei den Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden.

(3) Werden personenbezogene Daten bei den Betroffenen erhoben, so sind diese von der verantwortlichen Stelle über Folgendes zu unterrichten:

  1. die Identität der verantwortlichen Stelle,
  2. die Zweckbestimmungen der Datenverarbeitung und
  3. die Kategorien von Empfängern nur, soweit die Betroffenen nach den Umständen des Einzelfalls nicht mit der Übermittlung an diese rechnen müssen.

Werden personenbezogene Daten bei den Betroffenen aufgrund einer Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, oder ist die Erteilung der Auskunft Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsvorteilen, so sind die Betroffenen hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. Soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen sind sie über die Rechtsvorschrift und über die Folgen der Verweigerung von Angaben aufzuklären.

(4) Daten über Personen, die nicht Arrestierte sind, dürfen ohne ihre Mitwirkung bei Personen oder Stellen außerhalb der Anstalt oder Aufsichtsbehörde nur erhoben werden, wenn sie für die Behandlung von Arrestierten, die Sicherheit der Anstalt oder die Sicherung des Vollzugs einer Jugend- oder Freiheitsstrafe unerlässlich sind und die Art der Erhebung schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht beeinträchtigt.

(5) Über eine ohne ihre Kenntnis vorgenommene Erhebung personenbezogener Daten werden die Betroffenen unter Angabe dieser Daten unterrichtet, soweit der in Absatz 1 genannte Zweck dadurch nicht gefährdet wird. Sind die Daten bei anderen Personen oder Stellen erhoben worden, kann die Unterrichtung unterbleiben, wenn

  1. die Daten nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen des überwiegenden berechtigten Interesses Dritter, geheim gehalten werden müssen oder
  2. der Aufwand der Unterrichtung außer Verhältnis zum Schutzzweck steht und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen beeinträchtigt werden.

(6) Werden personenbezogene Daten statt bei den Betroffenen bei einer nichtöffentlichen Stelle erhoben, so ist die Stelle auf die Rechtsvorschrift, die zur Auskunft verpflichtet, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen.

(7) Soweit es zur Sicherung des Vollzugs, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder zur Identitätsfeststellung erforderlich ist, sind mit Kenntnis der Arrestierten zulässig:

  1. die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken,
  2. die Aufnahme von Lichtbildern,
  3. die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale,
  4. die elektronische Erfassung biometrischer Merkmale und
  5. Messungen.

(8) Die nach Absatz 7 gewonnenen Unterlagen oder Daten werden zu den Arrestiertenpersonalakten genommen oder in personenbezogenen Dateien gespeichert. Die nach Absatz 7 erhobenen Daten dürfen nur für die in Absatz 1 und § 38 Absatz 2 Nummer 4 genannte Zwecke verarbeitet werden. Werden die Arrestierten entlassen oder in eine andere Anstalt verlegt, sind diese in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten nach spätesten sechs Monaten zu löschen.

§ 38 Speicherung, Veränderung, Nutzung und Übermittlung

(1) Das Speichern, Verändern, Nutzen und Übermitteln der nach § 37 erhobenen personenbezogenen Daten durch die Anstalt und die Aufsichtsbehörde ist zulässig, wenn es für den Vollzug erforderlich ist. Die Daten dürfen nur für die Zwecke verarbeitet werden, für die sie erhoben worden sind.

(2) Die Verarbeitung personenbezogener Daten für andere Zwecke ist zulässig, soweit dies

  1. zur Abwehr von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen
    1. gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind,
    2. eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
    3. auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
  2. zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit,
  3. zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einer anderen Person,
  4. zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten sowie zur Verhinderung oder Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, durch welche die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet werden oder
  5. für Maßnahmen der Strafvollstreckung oder strafvollstreckungsrechtliche Entscheidungen

erforderlich ist.

(3) Eine Verarbeitung für andere Zwecke liegt nicht vor, soweit sie dem gerichtlichen Rechtsschutz im Zusammenhang mit diesem Gesetz oder den in § 13 Absatz 3 des Saarländischen Datenschutzgesetzes genannten Zwecken dient.

(4) Über die in den Absätzen 1 und 2 geregelten Zwecke hinaus dürfen zuständigen öffentlichen Stellen personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit dies für

  1. Maßnahmen der Gerichtshilfe, Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe oder Führungsaufsicht,
  2. Entscheidungen in Gnadensachen,
  3. gesetzlich angeordnete Statistiken der Rechtspflege,
  4. sozialrechtliche Maßnahmen,
  5. die Einleitung von Hilfsmaßnahmen für Angehörige (§ 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuchs) der Arrestierten,
  6. dienstliche Maßnahmen der Bundeswehr im Zusammenhang mit der Aufnahme und Entlassung von Soldaten,
  7. ausländerrechtliche Maßnahmen oder
  8. die Durchführung der Besteuerung

erforderlich ist. Eine Übermittlung für andere Zwecke ist auch zulässig, soweit eine andere gesetzliche Bestimmung dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf personenbezogene Daten über Arrestierte bezieht.

(5) Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde darf öffentlichen oder nichtöffentlichen Stellen auf schriftlichen Antrag mitteilen, ob sich eine Person im Vollzug befindet sowie ob und wann ihre Entlassung voraussichtlich bevorsteht, soweit

  1. die Mitteilung zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der öffentlichen Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist oder
  2. von nichtöffentlichen Stellen ein berechtigtes Interesse an dieser Mitteilung glaubhaft dargelegt wird

und die Arrestierten kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung haben.

Den Verletzten einer Straftat können auf schriftlichen Antrag Auskünfte über die Entlassungsadresse oder die Vermögensverhältnisse von Arrestierten erteilt werden, wenn die Erteilung zur Feststellung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich ist. Die Arrestierten werden vor der Mitteilung gehört, es sei denn, es ist zu besorgen, dass dadurch die Verfolgung des Interesses der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde, und eine Abwägung ergibt, dass dieses Interesse das Interesse der Arrestierten an ihrer vorherigen Anhörung überwiegt. Ist die Anhörung unterblieben, werden die betroffenen Arrestierten über die Mitteilung der Anstalt oder Aufsichtsbehörde nachträglich unterrichtet.

(6) Akten mit personenbezogenen Daten dürfen nur anderen Anstalten, Aufsichtsbehörden, den für arrestvollzugs-, arrestvollstreckungs-, strafvollzugs-, strafvollstreckungs- und strafrechtliche Entscheidungen zuständigen Gerichten sowie den Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden überlassen werden. Die Überlassung an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der Akteneinsicht begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. Entsprechendes gilt für die Überlassung von Akten an die von der Vollzugsbehörde mit Gutachten beauftragten Stellen.

(7) Sind mit personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dürfen, weitere personenbezogene Daten von Betroffenen oder von Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, so ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig, soweit nicht berechtigte Interessen von Betroffenen oder Dritten an deren Geheimhaltung offensichtlich überwiegen. Eine Verarbeitung dieser Daten durch die Empfänger ist unzulässig.

(8) Bei der Beaufsichtigung der Besuche oder der Kontrolle des Schriftwechsels sowie bei der Kontrolle des Inhaltes von Paketen bekannt gewordene personenbezogene Daten dürfen nur

  1. für die in Absatz 2 aufgeführten Zwecke,
  2. für den gerichtlichen Rechtsschutz im Zusammenhang mit diesem Gesetz,
  3. zur Wahrung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder
  4. nach Anhörung der Arrestierten für Zwecke der Behandlung verarbeitet werden.

(9) Personenbezogene Daten, die nach § 37 Absatz 4 über Personen, die nicht Arrestierte sind, erhoben worden sind, dürfen nur zur Erfüllung des Erhebungszwecks, für die in Absatz 2 Nummer 1 bis 3 geregelten Zwecke oder zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung verarbeitet werden.

(10) Die Übermittlung von personenbezogenen Daten unterbleibt, soweit die in § 41 Absatz 2 oder § 43 Absatz 2 und 4 geregelten Einschränkungen oder besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen. Nach § 37 erhobene und zur Identifizierung oder Festnahme erforderliche Daten dürfen den Vollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden, soweit dies für Zwecke der Fahndung und Festnahme der entwichenen oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhaltenden Arrestierten erforderlich ist.

(11) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde. Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen einer öffentlichen Stelle, trägt diese die Verantwortung. In diesem Fall prüft die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde nur, ob Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben der Empfänger liegen und die Absätze 8 bis 10 der Übermittlung nicht entgegenstehen, es sei denn, dass besonderer Anlass zur Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung besteht.

§ 39 Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren

(1) Die nach § 37 erhobenen Daten können für die Anstalt und die Aufsichtsbehörde zentral gespeichert werden.

(2) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Übermittlung oder den Abruf personenbezogener Daten aus einer zentralen Datei nach § 38 Absatz 2 und 4 ermöglicht, ist zulässig, soweit diese Form der Datenübermittlung oder des Datenabrufs unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange der betroffenen Personen und der Erfüllung des Zwecks der Übermittlung angemessen ist.

(3) Die verantwortliche Stelle hat zu gewährleisten, dass die Übermittlung und der Abruf zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt und überprüft werden können.

(4) Das Ministerium der Justiz bestimmt durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit oder der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ist vorher zu hören. Die Rechtsverordnung hat die Datenempfänger, die Datenart und den Zweck der Abrufe festzulegen. Sie hat Maßnahmen zur Datensicherung und zur Kontrolle vorzusehen, die in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen.

(5) Die Landesregierung kann mit anderen Ländern und dem Bund einen Datenverbund vereinbaren, der eine automatisierte Datenübermittlung der nach § 37 erhobenen Daten ermöglicht.

§ 40 Zweckbindung

Von der Anstalt oder der Aufsichtsbehörde übermittelte personenbezogene Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet werden, zu dessen Erfüllung sie übermittelt worden sind. Die Empfänger dürfen die Daten für andere Zwecke nur verarbeiten, soweit sie ihnen auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen, und wenn im Fall einer Übermittlung an nichtöffentliche Stellen die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde zugestimmt hat. Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde hat die nichtöffentlichen Empfänger auf die Zweckbindung nach Satz 1 hinzuweisen.

§ 41 Schutz besonderer Daten

(1) Das religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis und personenbezogene Daten von Arrestierten, die anlässlich ärztlicher Untersuchungen erhoben worden sind, dürfen in der Anstalt nicht allgemein kenntlich gemacht werden Andere personenbezogene Daten von Arrestierten dürfen innerhalb der Anstalt allgemein kenntlich gemacht werden, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt erforderlich ist. § 38 Absatz 8 bis 10 bleibt unberührt.

(2) Personenbezogene Daten, die

  1. Ärztinnen, Ärzten, Zahnärztinnen, Zahnärzten oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
  2. Berufspsychologinnen oder Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlussprüfung oder
  3. staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen oder Sozialarbeitern oder staatlich anerkannten Sozialpädagoginnen oder Sozialpädagogen

von Arrestierten als Geheimnis anvertraut oder über Arrestierte sonst bekannt geworden sind, unterliegen auch gegenüber der Anstalt und der Aufsichtsbehörde der Schweigepflicht. Die in Satz 1 genannten Personen haben sich gegenüber der Anstaltsleitung zu offenbaren, soweit dies für die Aufgabenerfüllung der Anstalt oder der Aufsichtsbehörde oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben von Arrestierten oder Dritten erforderlich ist. Ärztinnen und Ärzte sind zur Offenbarung ihnen im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsfürsorge bekannt gewordener Geheimnisse verpflichtet, soweit dies für die Aufgabenerfüllung der Anstalt oder der Aufsichtsbehörde unerlässlich oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leib oder Leben von Arrestierten oder Dritten erforderlich ist. Sonstige Offenbarungsbefugnisse bleiben unberührt. Die Arrestierten sind vor der Erhebung über die nach den Sätzen 2 und 3 bestehenden Offenbarungsbefugnisse zu unterrichten.

(3) Die nach Absatz 2 offenbarten Daten dürfen nur für den Zweck, für den sie offenbart wurden oder für den eine Offenbarung zulässig gewesen wäre, und nur unter denselben Voraussetzungen verarbeitet werden, unter denen eine in Absatz 2 Satz 1 genannte Person selbst hierzu befugt wäre. Die Anstaltsleitung kann unter diesen Voraussetzungen die unmittelbare Offenbarung gegenüber bestimmten Bediensteten allgemein zulassen.

(4) Sofern Ärztinnen beziehungsweise Ärzte oder Psychologinnen beziehungsweise Psychologen außerhalb des Vollzugs mit der Untersuchung oder Behandlung von Arrestierten beauftragt werden, gilt Absatz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die beauftragten Personen auch zur Unterrichtung der in der Anstalt tätigen Ärztin beziehungsweise des in der Anstalt tätigen Arztes oder der in der Anstalt mit der Behandlung der Arrestierten betrauten Psychologin beziehungsweise dem in der Anstalt mit der Behandlung der Arrestierten betrauten Psychologen befugt sind.

§ 42 Schutz der Daten in Akten und Dateien

(1) Bedienstete dürfen sich von personenbezogenen Daten nur Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben oder für die Zusammenarbeit nach § 6 erforderlich ist.

(2) Akten und Dateien mit personenbezogenen Daten sind durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen unbefugten Zugang und unbefugten Gebrauch zu schützen. Gesundheitsakten und Krankenblätter sind getrennt von anderen Unterlagen zu führen und besonders zu sichern.

§ 43 Berichtigung, Löschung und Sperrung

(1) Gespeicherte personenbezogenen Daten sind spätestens sechs Monate nach der Entlassung der Arrestierten oder der Verlegung der Arrestierten in eine andere Anstalt zu löschen. Hiervon können bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist für die Arrestiertenpersonalakte die Angaben über Familienname, Vorname, Geburtsname, Geburtstag, Geburtsort, Eintritts- und Austrittsdatum der Arrestierten ausgenommen werden, soweit dies für das Auffinden der Arrestiertenpersonalakte erforderlich ist.

(2) Personenbezogene Daten in Akten dürfen nach Ablauf von sechs Monaten seit der Entlassung der Arrestierten nur übermittelt oder genutzt werden, soweit dies

  1. zur Verfolgung von Straftaten,
  2. für die Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben nach § 48,
  3. zur Behebung einer bestehenden Beweisnot oder
  4. zur Feststellung, Durchsetzung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit dem Vollzug des Arrestes

unerlässlich ist. Diese Verwendungsbeschränkungen enden, wenn die Arrestierten erneut zum Vollzug eines Arrestes aufgenommen werden oder die Betroffenen eingewilligt haben.

(3) Bei der Aufbewahrung von Akten mit nach Absatz 2 gesperrten Daten dürfen folgende Fristen nicht überschritten werden:

  1. Arrestiertenpersonalakten, Gesundheitsakten und Krankenblätter 10 Jahre,
  2. Arrestiertenbücher 10 Jahre.

Dies gilt nicht, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Aufbewahrung für die in Absatz 2 Satz 1 genannten Zwecke weiterhin erforderlich ist. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem auf das Jahr der aktenmäßigen Weglegung folgenden Kalenderjahr. Die Bestimmungen des Saarländischen Archivgesetzes bleiben unberührt.

(4) Wird festgestellt, dass unrichtige Daten übermittelt worden sind, ist dies den Empfängern mitzuteilen, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Betroffenen erforderlich ist.

(5) Im Übrigen gilt für die Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten § 21 des Saarländischen Datenschutzgesetzes.

§ 44 Auslesen von Datenspeichern

(1) Elektronische Datenspeicher sowie elektronische Geräte mit Datenspeicher, die Arrestierte ohne Erlaubnis des Vollzuges besitzen, dürfen auf einzelfallbezogene schriftliche Anordnung der Anstaltsleitung ausgelesen werden, soweit konkrete Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies zu vollzuglichen Zwecken oder zu den in § 38 Absatz 2 genannten Zwecken erforderlich ist. Die so erhobenen Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit dies zu den in Satz 1 genannten Zwecken erforderlich ist.

(2) Die nach Absatz 1 erhobenen Daten dürfen nicht weiterverarbeitet werden, soweit sie

  1. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Dritter gehören oder
  2. zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung Arrestierter gehören und die weitere Verarbeitung auch unter Berücksichtigung der in Absatz 1 genannten vollzuglichen Interessen an der Verarbeitung sowie der illegalen Speicherung der Daten unzumutbar ist.

Insoweit sind die Daten unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt.

(3) Die Arrestierten sind bei der Aufnahme über die Möglichkeit des Auslesens von Datenspeichern zu belehren.

§ 45 Videoüberwachung

(1) Aus Gründen der Sicherheit ist die Beobachtung einzelner Bereiche des Anstaltsgebäudes und des Anstaltsgeländes mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) zulässig. Die Videoüberwachung der unmittelbaren Umgebung der Anstalt ist zulässig, soweit dies für die Sicherheit der Anstalt unerlässlich ist. Die Videoüberwachung von Arresträumen ist ausgeschlossen. § 26 Absatz 2 Nummer 2 bleibt unberührt

(2) Die Videoüberwachung ist durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen. Eine Speicherung der durch die Videoüberwachung erhobenen Daten ist nur zulässig, soweit dies für die Sicherheit der Anstalt unerlässlich ist. Die durch die Videoüberwachung erhobenen und gespeicherten Daten sind spätestens sieben Tage nach ihrer Erhebung zu löschen. § 38 Absatz 2 Nummer 1, 2 und 4 bleibt unberührt.

(3) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist eine Verarbeitung der Daten nur zu den in § 38 genannten Zwecken zulässig.

(4) Die Betroffenen sind über eine Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu benachrichtigen, sofern die Daten nicht innerhalb der Anstalt verbleiben und binnen sieben Tagen gelöscht werden. Eine Pflicht zur Benachrichtigung besteht nicht, sofern die Betroffenen auf andere Weise Kenntnis von der Verarbeitung erlangt haben oder die Benachrichtigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Die Benachrichtigung kann unterbleiben, solange durch sie der Zweck der Maßnahme vereitelt würde. Die Benachrichtigung ist unverzüglich nachzuholen, sobald der Zweck der Maßnahme entfallen ist.

§ 46 Auskunft an die Betroffenen, Akteneinsicht

(1) Den Betroffenen ist auf Antrag Auskunft zu erteilen über

  1. die zu ihrer Person gespeicherten Daten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten bezieht,
  2. die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die die Daten weitergegeben werden, und
  3. den Zweck der Speicherung.

In dem Antrag soll die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Sind die personenbezogenen Daten weder automatisiert noch in nicht automatisierten Dateien gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit die Betroffenen Angaben machen, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem von den Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Absatz 1 gilt nicht für personenbezogene Daten, die nur deshalb gespeichert sind, weil sie aufgrund gesetzlicher, satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen, und bei denen eine Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.

(3) Bezieht sich die Auskunftserteilung auf die Übermittlung personenbezogener Daten an Behörden der Staatsanwaltschaft, an Polizeidienststellen, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, andere Behörden des Bundesministeriums der Verteidigung, so ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig.

(4) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit

  1. die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben gefährden würde,
  2. die Auskunft die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder
  3. die Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der überwiegenden berechtigten Interessen Dritter geheim gehalten werden müssen

und deswegen das Interesse der Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss.

(5) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf einer Begründung nicht, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesen Fällen sind die Betroffenen darauf hinzuweisen, dass sie sich an die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit oder den Landesbeauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit wenden können.

(6) Wird den Betroffenen keine Auskunft erteilt, so ist sie auf deren Verlangen der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit oder dem Landesbeauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit zu erteilen, soweit nicht die Aufsichtsbehörde im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Saarlandes, eines anderen Landes oder des Bundes gefährdet würde. Die Mitteilung der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit oder des Landesbeauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit an die Betroffenen darf keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der speichernden Stelle zulassen, sofern diese nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt.

(7) Die Auskunft nach Absatz 1 ist unentgeltlich.

(8) Soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Arrestierten nicht ausreicht und sie hierfür auf die Einsichtnahme angewiesen sind, wird Akteneinsicht gewährt.

§ 47 Anwendung des Saarländischen Datenschutzgesetzes

Die Regelungen des Saarländischen Datenschutzgesetzes über Begriffsbestimmungen (§ 3 des Saarländischen Datenschutzgesetzes), Einholung und Form der Einwilligung der Betroffenen (§ 4 Absatz 1 des Saarländischen Datenschutzgesetzes), das Datengeheimnis (§ 6 des Saarländischen Datenschutzgesetzes), die Sicherstellung des Datenschutzes (§ 7 des Saarländischen Datenschutzgesetzes), die Verfahrensbeschreibung (§ 9 des Saarländischen Datenschutzgesetzes), technische und organisatorische Maßnahmen zum Datenschutz (§ 11 des Saarländischen Datenschutzgesetzes) und über unabdingbare Rechte der Betroffenen (§ 19 des Saarländischen Datenschutzgesetzes) gelten entsprechend. Das Saarländische Datenschutzgesetz bleibt im Hinblick auf die Schadensersatz-, Straf- und Bußgeldvorschriften sowie die Bestimmungen über die Kontrolle durch die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit oder den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit unberührt.

§ 48 Evaluation, kriminologische Forschung

(1) Behandlungsprogramme für die Arrestierten sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.

(2) Der Vollzug, insbesondere seine Aufgabenerfüllung und Gestaltung, die Umsetzung seiner Leitlinien sowie die Behandlungsprogramme und deren Wirkungen auf die Erreichung des Vollzugsziels, soll regelmäßig durch den kriminologischen Dienst, durch eine Hochschule oder durch eine andere Stelle wissenschaftlich begleitet und erforscht werden. Hierbei wird eine Zusammenarbeit mit Opferschutzverbänden angestrebt.

(3) Die Übermittlung personenbezogener Daten zu den in Absatz 2 genannten Zwecken ist zulässig, soweit dies für die Durchführung erforderlich ist, eine Nutzung anonymisierter Daten zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist, und das öffentliche Interesse an der Forschungsarbeit das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung erheblich überwiegt.

Abschnitt 3
Freizeit- und Kurzarrest, Nichtbefolgungsarrest, Jugendarrest neben Jugendstrafe

§ 49 Grundsatz

Für den Vollzug des

  1. Freizeit- und Kurzarrests nach § 16 Absatz 2 und 3 des Jugendgerichtsgesetzes,
  2. Nichtbefolgungsarrests nach § 11 Absatz 3, § 15 Absatz 3 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4 und § 88 Absatz 6 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes und nach § 98 Absatz 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes sowie
  3. Jugendarrests neben Jugendstrafe nach § 16a des Jugendgerichtsgesetzes

gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Vollzug des Dauerarrests, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist.

§ 50 Freizeit- und Kurzarrest

(1) Maßnahmen nach § 5 Absatz 3 sind anzubieten, soweit die kurze Dauer des Vollzugs dies zulässt und sinnvoll erscheinen lässt.

(2) Ein Erziehungsplan (§ 8 Absatz 2) wird nicht erstellt, ein Schlussbericht (§ 30) nur dann, wenn dies aus besonderen Gründen erforderlich ist. § 8 Absatz 1 findet keine Anwendung. § 7 Absatz 4 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass eine ärztliche Untersuchung nur erfolgt, wenn Anhaltspunkte für eine Arrestuntauglichkeit bestehen.

§ 51 Nichtbefolgungsarrest

(1) Im Vollzug des Nichtbefolgungsarrests sollen mit den Arrestierten die Gründe für die Nichterfüllung der auferlegten Pflichten erörtert werden. Sie sollen dazu angehalten und motiviert werden, die ihnen erteilten Weisungen oder Anordnungen zu befolgen und ihre Auflagen zu erfallen.

(2) In den Fällen des § 98 Absatz 2 Ordnungswidrigkeitengesetzes tritt an die Stelle der Auseinandersetzung mit der Straftat nach § 5 Absatz 3 eine Auseinandersetzung mit der zugrundeliegenden Ordnungswidrigkeit.

(3) Der Schlussbericht (§ 30) enthält zudem Angaben über die Befolgung von Weisungen oder Anordnungen sowie die Erfüllung von Auflagen während des Vollzugs.

(4) Für den Vollzug des Nichtbefolgungsarrests in Form eines Freizeit- und Kurzarrests findet zusätzlich § 50 Anwendung.

§ 52 Jugendarrest neben Jugendstrafe

(1) Die Gestaltung des Vollzugs und die Einzelmaßnahmen haben sich zusätzlich an den gemäß § 16a Absatz 1 Nummer 1 bis 3 des Jugendgerichtsgesetzes genannten Anordnungsgründen zu orientieren.

(2) Die Bewährungshilfe hält während des Vollzugs Kontakt zu den Arrestierten und wirkt an der Planung und Einleitung nachsorgender Hilfen mit, um eine bestmögliche Vorbereitung der Bewährungszeit nach dem Vollzug zu gewährleisten.

(3) In den Fällen des § 16a Absatz 1 Nummer 2 des Jugendgerichtsgesetzes sind den Arrestierten Kontakte zu Personen des sozialen Umfeldes nur dann zu gestatten, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind.

(4) Für den Vollzug des Jugendarrests neben Jugendstrafe in Form eines Freizeit- und Kurzarrests findet zusätzlich § 50 Anwendung.

Abschnitt 4
Schlussvorschriften

§ 53 Ersetzung und Fortgeltung von Bundesrecht

(1) Dieses Gesetz ersetzt nach Artikel 125a Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes in seinem Geltungsbereich § 90 des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Es ersetzt weiterhin die Jugendarrestvollzugsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 1976 (BGBl. I S. 3270), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) mit Ausnahme der Bestimmungen über die Vollstreckung des Jugendarrests (§ 4, § 5 Absatz 3, § 17 Absatz 4 und § 25 Absatz 1, 3 und 4).

§ 54 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes) und auf Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

§ 55 Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

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