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Änderungstext
Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen
Vom 16. Juli 2015
(BGBl. I Nr. 30 vom 22.07.2015 S. 1197)
Siehe Fn. 1
Begründung: BR DS 125/15
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen
Das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1994 (BGBl. I S. 1537), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 8. Juli 2014 (BGBl. I S. 890) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht werden nach der Angabe zu § 90n die folgenden Angaben eingefügt:
"Abschnitt 5
Überwachung von Maßnahmen zur Vermeidung von Untersuchungshaft
§ 90o Grundsatz
§ 90p Voraussetzungen der Zulässigkeit
§ 90q Unterlagen
§ 90r Bewilligungshindernisse
§ 90s Vorläufige Bewilligungsentscheidung
§ 90t Gerichtliches Verfahren
§ 90u Gerichtliche Zulässigkeitsentscheidung
§ 90v Bewilligung nach gerichtlicher Entscheidung
§ 90w Durchführung der Überwachung
§ 90x Erneuerte und geänderte Maßnahmen
§ 90y Abgabe der Überwachung
§ 90z Rücknahme der Überwachungsabgabe".
2. Nach § 90n wird folgender Abschnitt 5 eingefügt:
"Abschnitt 5
Überwachung von Maßnahmen zur Vermeidung von Untersuchungshaft
§ 90o Grundsatz
(1) Nach diesem Abschnitt richtet sich die Vollstreckungshilfe für und die Vollstreckungsabgabe an einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses 2009/829/JI des Rates vom 23. Oktober 2009 über die Anwendung - zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft (ABl. Nr. L 294 vom 11.11.2009 S. 20) (Rahmenbeschluss Überwachungsanordnung).
(2) Soweit dieser Abschnitt keine besonderen Regelungen enthält, sind die allgemeinen Bestimmungen des Ersten und Siebenten Teils dieses Gesetzes anzuwenden. § 53 gilt entsprechend.
(3) Dieser Abschnitt geht den in § 1 Absatz 3 genannten völkerrechtlichen Vereinbarungen vor, soweit er abschließende Regelungen enthält.
§ 90p Voraussetzungen der Zulässigkeit
(1) Auflagen und Weisungen, die ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union nach Maßgabe seines innerstaatlichen Rechts und Verfahrens gegen eine natürliche Person zur Vermeidung der Untersuchungshaft verhängt hat (Maßnahmen), können in der Bundesrepublik Deutschland überwacht werden. Die Überwachung ist nur zulässig, wenn
(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 ist die Überwachung von Maßnahmen in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des anderen Mitgliedstaates.
(3) Die Überwachung einer Maßnahme ist unzulässig, wenn
§ 90q Unterlagen
(1) Die Überwachung einer Maßnahme nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses Überwachungsanordnung ist nur zulässig, wenn durch den anderen Mitgliedstaat das Original oder eine beglaubigte Abschrift der vollstreckbaren Entscheidung über Maßnahmen zusammen mit einer vollständig ausgefüllten Bescheinigung übermittelt wurde, für die das in Anhang I des Rahmenbeschlusses Überwachungsanordnung wiedergegebene Formblatt in der jeweils gültigen Fassung zu verwenden ist.
(2) Ist die Bescheinigung nach Absatz 1 unvollständig, ergeben sich jedoch die erforderlichen Angaben aus der Entscheidung oder aus anderen beigefügten Unterlagen, so kann die zuständige Behörde auf die Vorlage einer vervollständigten Bescheinigung verzichten.
§ 90r Bewilligungshindernisse
Die Bewilligung einer nach den §§ 90p und 90q zulässigen Überwachung der Maßnahmen kann nur abgelehnt werden, wenn
§ 90s Vorläufige Bewilligungsentscheidung
(1) Die nach § 51 zuständige Staatsanwaltschaft entscheidet darüber, ob die Übernahme der Überwachung bewilligt wird.
(2) Die Staatsanwaltschaft gibt der zu überwachenden Person Gelegenheit, sich zu äußern, falls deren Stellungnahme noch nicht vorliegt.
(3) Entscheidet die Staatsanwaltschaft, die Bewilligungshindernisse nach § 90r nicht geltend zu machen, begründet sie diese Entscheidung in dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Überwachungsübernahme. Die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates ist bereits vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung durch die Staatsanwaltschaft zu unterrichten über
(4) Bewilligt die Staatsanwaltschaft die Übernahme der Überwachung nicht, begründet sie diese Entscheidung. Die Staatsanwaltschaft stellt der zu überwachenden Person die Entscheidung zu. Die zu überwachende Person kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der ablehnenden Bewilligungsentscheidung einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Die §§ 297 bis 300 und 302 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 der Strafprozessordnung über Rechtsmittel und die §§ 42 bis 47 der Strafprozessordnung über Fristen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten entsprechend.
§ 90t Gerichtliches Verfahren
(1) Das Amtsgericht entscheidet auf Antrag der Staatsanwaltschaft nach § 90s Absatz 3 Satz 1 oder auf Antrag der zu überwachenden Person nach § 90s Absatz 4 Satz 3. § 51 gilt entsprechend. Die Staatsanwaltschaft bereitet die Entscheidung vor.
(2) Für die gerichtliche Vorbereitung der Entscheidung gilt § 52 Absatz 1 mit der Maßgabe entsprechend, dass der zuständigen Behörde im anderen Mitgliedstaat auch Gelegenheit gegeben worden sein muss, ergänzende Unterlagen beizubringen, wenn die übermittelten Unterlagen nicht ausreichen, um beurteilen zu können, ob die Staatsanwaltschaft ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat. Das Gericht kann für die Beibringung der Unterlagen eine Frist setzen.
(3) § 30 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Gericht auch Beweis darüber erheben kann, ob die Staatsanwaltschaft ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat. § 30 Absatz 2 Satz 4, Absatz 3 sowie § 31 Absatz 1 und 4 gelten entsprechend. Befindet sich die verurteilte Person im Geltungsbereich dieses Gesetzes, so gelten auch § 30 Absatz 2 Satz 1 sowie § 31 Absatz 2 und 3 entsprechend.
§ 90u Gerichtliche Zulässigkeitsentscheidung
(1) Über die Anträge auf gerichtliche Entscheidung nach § 90s Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 3 entscheidet das Amtsgericht durch Beschluss. In der Beschlussformel sind bei einer stattgebenden Entscheidung die zu überwachenden Maßnahmen genau zu bestimmen.
(2) Sind die Vorschriften über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch die zu überwachende Person nach § 90s Absatz 4 Satz 3 nicht beachtet worden, so verwirft das Gericht den Antrag als unzulässig. Der Beschluss ist unanfechtbar.
(3) Das Gericht ordnet die Überwachung der Maßnahmen an, wenn diese zulässig ist und
(4) Das Gericht wandelt die der zu überwachenden Person auferlegten Maßnahmen um, wenn
Die umgewandelten Maßnahmen müssen so weit wie möglich den vom Anordnungsstaat verhängten Maßnahmen entsprechen. Sie dürfen nicht schwerwiegender sein als die vom Anordnungsstaat verhängten Maßnahmen. Über die Umwandlung nach diesem Absatz ist die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates unverzüglich zu informieren.
(5) Gegen den Beschluss des Amtsgerichts können die Staatsanwaltschaft und die zu überwachende Person sofortige Beschwerde einlegen. Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. § 42 ist entsprechend anwendbar.
§ 90v Bewilligung nach gerichtlicher Entscheidung
(1) Die Staatsanwaltschaft darf die Übernahme der Überwachung nur bewilligen, wenn diese durch die gerichtliche Entscheidung für zulässig erklärt worden ist. Die Staatsanwaltschaft bewilligt die Überwachung nach Maßgabe der vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidung. Diese Bewilligungsentscheidung ist unanfechtbar.
(2) Über die Bewilligung soll innerhalb von 20 Werktagen nach Eingang der in § 90q bezeichneten Unterlagen bei der Staatsanwaltschaft entschieden werden. Wurde gegen die Entscheidung des Gerichts gemäß § 90u Absatz 5 sofortige Beschwerde eingelegt, verlängert sich die Frist zur Bewilligung um weitere 20 Werktage.
(3) Ist es der Staatsanwaltschaft aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht möglich, die Fristen nach Absatz 2 einzuhalten, so unterrichtet sie unverzüglich die zuständige Behörde des Anordnungsstaates und gibt dabei die Gründe für die Verzögerung und die Zeit an, die voraussichtlich für eine Entscheidung benötigt wird.
§ 90w Durchführung der Überwachung
(1) Das für die Entscheidung nach § 90u zuständige Gericht überwacht die Maßnahmen unverzüglich nach Bewilligung der Überwachungsübernahme während des Zeitraums, den die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates angegeben hat. Das Gericht kann die Überwachung ganz oder zum Teil an das Gericht abgeben, in dessen Bezirk die zu überwachende Person ihren Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Abgabe ist bindend.
(2) Soweit das Gesetz die Anhörung oder Mitwirkung der Staatsanwaltschaft vorsieht, ist diejenige Staatsanwaltschaft zuständig, die die gerichtliche Zulässigkeitsentscheidung vorbereitet hat. Ihre Zuständigkeit bleibt von einer Abgabe nach Absatz 1 Satz 2 unberührt.
(3) Das Gericht unterrichtet die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates unverzüglich über
(4) Das Gericht sieht von der Überwachung der Maßnahmen ab, wenn
Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluss.
(5) Das Gericht kann von der Überwachung der Maßnahme absehen, wenn die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates keine weitere Entscheidung im Zusammenhang mit einer Entscheidung über Maßnahmen getroffen hat, obwohl das Gericht
Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluss.
(6) Hat das Gericht beschlossen, die Überwachung der Maßnahmen gemäß Absatz 5 einzustellen, unterrichtet es die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates hiervon schriftlich mit Gründen.
§ 90x Erneuerte und geänderte Maßnahmen
Die Vorschriften der §§ 90o bis 90w gelten auch für die Übernahme und Überwachung erneuerter oder geänderter Maßnahmen mit der Maßgabe, dass bei solchen Entscheidungen keine erneute Prüfung gemäß § 90p Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3, Absatz 3 sowie den §§ 90r und 77 Absatz 2 stattfindet. Bei Entscheidungen über erneuerte Maßnahmen findet zusätzlich keine erneute Prüfung gemäß § 90p Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 statt.
§ 90y Abgabe der Überwachung
(1) Das gemäß § 126 der Strafprozessordnung zuständige Gericht kann von einem deutschen Gericht erlassene Überwachungsmaßnahmen zur Vermeidung von Untersuchungshaft zur Überwachung nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses Überwachungsanordnung an einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union übertragen. Die Übertragung ist nur zulässig, wenn die zu überwachende Person
Das Gericht gibt der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme.
(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 kann das Gericht die Überwachung von Maßnahmen an einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als denjenigen übertragen, in dem die zu überwachende Person ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern die zu überwachende Person einen entsprechenden Antrag gestellt hat.
(3) Das Gericht unterrichtet die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates unverzüglich über
(4) Das Gericht kann die zuständige Behörde des anderen Mitgliedstaates um Verlängerung der Überwachung der Maßnahmen ersuchen, wenn
(5) In einem Ersuchen nach Absatz 4 sind anzugeben:
§ 90z Rücknahme der Überwachungsabgabe
(1) Das Gericht hat die Bescheinigung zur Abgabe der Überwachung zurückzunehmen, wenn die Voraussetzungen für den Haftbefehl entfallen sind. Es kann die Bescheinigung zurücknehmen, wenn
In den Fällen von Satz 2 hat die Rücknahme vor Beginn der Überwachung im anderen Mitgliedstaat und spätestens zehn Tage nach Eingang der Informationen bei dem zuständigen Gericht zu erfolgen.
(2) Das Gericht ist für die Überwachung der Maßnahmen wieder zuständig, wenn
hat."
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
1) Dieses Gesetz dient der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2009/829/JI des Rates vom 23. Oktober 2009 über die Anwendung - zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen über Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Untersuchungshaft (ABl. Nr. L 294 vom 11.11.2009 S. 20).
ID 150947
ENDE |