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Änderungstext
Sechstes Gesetz zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes
- Mecklenburg-Vorpommern -
Vom 22. März 2018
(GVOBl. M-V Nr. 6 vom 04.04.2018 S. 114)
Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes
Das Sicherheits- und Ordnungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2011 (GVOBl. M-V S. 246), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 2. Juli 2013 (GVOBl. M-V S. 434) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
a) Nach der Angabe zu § 32 wird folgende Angabe eingefügt:
" § 32a Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte durch die Polizei".
b) Die Angabe zu Abschnitt 4 wird wie folgt gefasst:
alt | neu |
Besondere Maßnahmen der Polizei und der Ordnungsbehörden | "Besondere Maßnahmen (§§ 50 - 67d)". |
c) Nach der Angabe zu Abschnitt 4 wird folgende Angabe eingefügt:
"Unterabschnitt 1 Besondere Maßnahmen der Polizei und der Ordnungsbehörden (§§ 50 - 67)".
d) Nach der Angabe zu § 67 werden folgende Angaben eingefügt:
"Unterabschnitt 2 Besondere Maßnahmen der Polizei im Zusammenhang mit drohenden terroristischen Straftaten (§§ 67a - 67d)
§ 67a Elektronische Aufenthaltsüberwachung
§ 67b Aufenthaltsanordnung
§ 67c Terroristische Straftat
§ 67d Strafvorschrift".
2. Nach § 32 wird folgender § 32a eingefügt:
" § 32a Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte durch die Polizei
(1) Die Polizei kann an öffentlich zugänglichen Orten für die Dauer von bis zu 60 Sekunden Daten durch Anfertigen von Bild- und Tonaufzeichnungen offen mittels körpernah getragener Aufnahmegeräte im Zwischenspeicher erheben, soweit und solange im Rahmen der Gefahrenabwehr und bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass dies zum Schutz der Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten oder Dritter gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Die im Zwischenspeicher erhobenen Daten werden spätestens nach Ablauf von 60 Sekunden automatisch gelöscht, soweit ihre Speicherung nicht nach Absatz 2 zulässig ist.
(2) Die Polizei kann darüber hinaus an öffentlich zugänglichen Orten im Rahmen der Gefahrenabwehr und bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten Daten durch Anfertigen von Bild- und Tonaufzeichnungen offen mittels körpernah getragener Aufnahmegeräte auf einem dauerhaften Speichermedium erheben, soweit und solange Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zum Schutz der Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten oder Dritter gegen eine im Einzelfall bevorstehende Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. In diesem Fall dürfen die nach Absatz 1 Satz 1 erhobenen Daten auf das dauerhafte Speichermedium übertragen werden.
(3) In Wohn- und Geschäftsräumen sowie auf einem befriedeten Besitztum gilt Absatz 1 entsprechend. Eine dauerhafte Datenerhebung nach Absatz 2 ist in Wohn- und Geschäftsräumen sowie auf einem befriedeten Besitztum nur zulässig, soweit und solange Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zum Schutz der Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten oder Dritter gegen eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
(4) Der Aufzeichnungsvorgang ist durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen und den betroffenen Personen mitzuteilen; eine wegen Gefahr im Verzug unterbliebene Mitteilung ist unverzüglich nachzuholen. Die Aufzeichnungen können auch dann erfolgen, wenn unbeteiligte Dritte unvermeidbar betroffen sind. Sie sind unzulässig in Bereichen, die Berufsgeheimnisträgern nach §§ 53 und 53a der Strafprozessordnung zur Ausübung ihrer Tätigkeit dienen. Die Aufzeichnung personenbezogener Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, ist unzulässig. Der Aufzeichnungsvorgang ist unverzüglich zu unterbrechen, sofern sich während der Aufzeichnung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass solche Daten erfasst werden. Kernbereichsrelevante Daten sind unverzüglich zu löschen, sie dürfen nicht verwertet werden; die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden; sie ist frühestens nach Abschluss der Datenschutzkontrolle und spätestens nach vierundzwanzig Monaten zu löschen. Nach einer Unterbrechung darf die Aufzeichnung nur fortgesetzt werden, wenn aufgrund geänderter Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die Gründe, die zur Unterbrechung geführt haben, nicht mehr vorliegen.
(5) Aufzeichnungen sind verschlüsselt sowie manipulationssicher anzufertigen und aufzubewahren. Aufzeichnungen, die nach Absatz 3 oder nach Absatz 4 Satz 5 oder 8 angefertigt wurden, sind besonders zu kennzeichnen. Auf dem dauerhaften Speichermedium gespeicherte Daten sind, mit Ausnahme von Absatz 6 und 7, nach Ablauf von zwei Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen. Die Löschung ist zu dokumentieren. Absatz 4 Satz 7 gilt entsprechend.
(6) Für Aufzeichnungen nach Absatz 2 gilt die Löschungsfrist nach Absatz 5 Satz 3 nicht, wenn die Daten zur Verfolgung von Straftaten oder von Ordnungswidrigkeiten, zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder nach Maßgabe des § 1 Absatz 3 zum Schutz privater Rechte benötigt werden. Die Verarbeitung und Nutzung kann auch dann erfolgen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. Eine Zweckänderung der durch Aufzeichnung erhobenen Daten ist festzustellen und zu dokumentieren; Absatz 4 Satz 7 gilt entsprechend.
(7) Für Aufzeichnungen, die nach Absatz 3 oder nach Absatz 4 Satz 5 oder 8 angefertigt wurden, gilt die Löschungsfrist nach Absatz 5 Satz 3 nicht, wenn diese zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben benötigt werden, eine gesetzliche Vorschrift eine solche Datenerhebung zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten mit vergleichbaren Mitteln zulässt oder ein Verlangen der betroffenen Person zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der aufgezeichneten polizeilichen Maßnahmen vorliegt. Dies gilt auch, soweit Dritte unvermeidbar betroffen sind. Vor einer Verwertung von Aufzeichnungen nach Absatz 3 oder nach Absatz 4 Satz 5 oder 8 ist die Rechtmäßigkeit dieser Aufzeichnung zuvor richterlich festzustellen; für das Verfahren gilt § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend. Bei Gefahr im Verzug entscheidet über die Verwertung die Behördenleitung oder eine besonders beauftragte Beamtin oder ein besonders beauftragter Beamter; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Eine Zweckänderung der durch Aufzeichnung erhobenen Daten ist festzustellen und zu dokumentieren; Absatz 4 Satz 7 gilt entsprechend. Nach ihrer Übermittlung ist die Kennzeichnung nach Absatz 5 Satz 2 durch die datenempfangende Stelle aufrechtzuerhalten. Sind in den Fällen des Satzes 4 Daten an andere Stellen übermittelt worden und wurde die Rechtmäßigkeit der Aufzeichnung dieser Daten nicht richterlich bestätigt, ist die datenempfangende Stelle auf die Löschpflicht hinzuweisen.
(8) Für Aufzeichnungen, die nach Absatz 3 oder nach Absatz 4 Satz 5 oder 8 angefertigt wurden, ist § 36 Absatz 4 nicht anwendbar.
(9) Das Ministerium für Inneres und Europa regelt das Nähere durch Verwaltungsvorschrift. Die Vorschriften des Versammlungsrechts bleiben unberührt."
3. Nach § 67 werden folgende §§ 67a bis 67d eingefügt:
" § 67a Elektronische Aufenthaltsüberwachung
(1) Die Polizei kann eine Person dazu verpflichten, ein technisches Mittel, mit dem der Aufenthaltsort dieser Person elektronisch überwacht werden kann, ständig in betriebsbereitem Zustand am Körper bei sich zu führen und dessen Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, wenn
um diese Person durch die Überwachung und die Datenverwendung von der Begehung einer solchen Straftat abzuhalten.
(2) Eine Maßnahme nach Absatz 1 soll mit einer Maßnahme nach § 67b verbunden werden.
(3) Die Polizei kann mit Hilfe der von der verantwortlichen Person mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über deren Aufenthaltsort sowie über etwaige Beeinträchtigungen der Datenerhebung erheben und speichern. Soweit es technisch möglich ist, ist sicherzustellen, dass innerhalb der Wohnung der betroffenen Person keine über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehenden Aufenthaltsdaten erhoben werden. Die Daten dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person nur verarbeitet werden, soweit dies erforderlich ist für die folgenden Zwecke:
Zur Einhaltung der Zweckbindung nach Satz 3 hat die Verarbeitung der Daten automatisiert zu erfolgen. Zudem sind die Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme und Verarbeitung besonders zu sichern.
(4) Die in Absatz 3 Satz 1 genannten Daten sind spätestens zwei Monate nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit sie nicht für die in Absatz 3 Satz 3 genannten Zwecke verwendet werden. Bei jedem Abruf der Daten sind zumindest der Zeitpunkt, die abgerufenen Daten und die abrufende Person zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind frühestens nach Abschluss der Datenschutzkontrolle und spätestens nach vierundzwanzig Monaten zu löschen. Werden innerhalb der Wohnung der betroffenen Person über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehende Aufenthaltsdaten erhoben, dürfen diese nicht verarbeitet werden und sind unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen. Die Tatsache ihrer Kenntnisnahme und Löschung ist zu dokumentieren; die Sätze 3 und 4 gelten entsprechend.
(5) Eine Maßnahme nach Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 2, bedarf der richterlichen Anordnung auf Antrag der Leitung der zuständigen Polizeibehörde. Im Antrag sind anzugeben:
Bei Gefahr im Verzug kann die Leitung der zuständigen Polizeibehörde die Maßnahme anordnen; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Soweit die Anordnung nicht binnen drei Tagen durch das Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft.
(6) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind anzugeben:
(7) Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist möglich, soweit die Anordnungsvoraussetzungen fortbestehen. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden. Für das Verfahren gilt § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend.
§ 67b Aufenthaltsanordnung
(1) Die Polizei kann zur Abwehr einer Gefahr oder zur Verhütung einer terroristischen Straftat nach § 67c einer Person untersagen, sich ohne Erlaubnis der zuständigen Polizeibehörde von ihrem Wohn- oder Aufenthaltsort oder aus einem bestimmten Bereich zu entfernen (Aufenthaltsgebot) oder sich an bestimmten Orten aufzuhalten (Aufenthaltsverbot), wenn
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur von der Leitung der zuständigen Polizeibehörde angeordnet werden. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung.
(3) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind anzugeben
(4) Aufenthaltsgebote und Aufenthaltsverbote sind auf den zur Abwehr der Gefahr oder zur Verhütung einer terroristischen Straftat nach § 67c erforderlichen Umfang zu beschränken und dürfen räumlich den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person nicht umfassen. Sie sind auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist möglich, soweit ihre Voraussetzungen fortbestehen. Eine Verlängerung bedarf der gerichtlichen Anordnung nach Maßgabe des Absatzes 3 auf Antrag der Leitung der zuständigen Polizeibehörde; der Antrag muss die Angaben nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 und 2 sowie den Sachverhalt und eine Begründung enthalten. Für dieses Verfahren gilt § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(5) Die Vorschriften des Versammlungsrechts bleiben unberührt. Gleiches gilt für § 52 unter der Maßgabe, dass eine Aufenthaltsanordnung nach Absatz 1 einem Aufenthaltsverbot nach § 52 Absatz 3 vorgeht, soweit sie sich entgegenstehen.
§ 67c Terroristische Straftat
Eine terroristische Straftat im Sinne dieses Gesetzes ist eine Straftat
bei Begehung im In- und Ausland, wenn diese Straftat dazu bestimmt ist,
und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat, ein Land oder eine internationale Organisation erheblich schädigen können.
§ 67d Strafvorschrift
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer gegen eine gerichtliche Anordnung nach § 67a Absatz 1 verstößt und dadurch den Zweck der Maßnahme gefährdet.
(2) Ebenso wird bestraft, wer gegen eine gerichtliche Anordnung nach § 67b, die mit der Anordnung einer Maßnahme nach § 67a Absatz 1 verbunden wurde, verstößt und dadurch den Zweck der Aufenthaltsanordnung gefährdet.
(3) Absatz 1 und 2 gelten auch in den Fällen einer behördlichen Anordnung bei Gefahr im Verzug nach § 67a Absatz 5 Satz 3; die Strafbarkeit entfällt, wenn die Anordnung nicht innerhalb der Frist des § 67a Absatz 5 Satz 4 durch das zuständige Gericht bestätigt wird.
(4) Die Tat wird nur auf Antrag der zuständigen Polizeibehörde verfolgt."
Artikel 2
Einschränkung von Grundrechten
Aufgrund dieses Gesetzes können das Recht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), das Recht der Freizügigkeit (Artikel 11 des Grundgesetzes) und das Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt werden.
Artikel 3
Bekanntmachungserlaubnis
Das Ministerium für Inneres und Europa kann den Wortlaut des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes in der vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an geltenden Fassung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern bekannt machen.
Artikel 4
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
ID 180661
ENDE |