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Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Bundesverwaltung
Vom 30. August 2017
(GMBl. Nr. 39/40 vom 28.09.2017 S. 695)
- D5-31001/4#2 -
A. Wesentliche Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
Zum 1. April 2017 traten durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze (21. Februar 2017, BGBl. I S. 258) Neuregelungen zum Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) in Kraft.
Mit dem vorliegenden Rundschreiben sollen die grundlegenden Änderungen aufgezeigt und auf das Dokument "Fachliche Weisungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz" der Bundesagentur für Arbeit hingewiesen werden.
Ziffer 2 ("Statistische Meldungen") des Rundschreibens des BMI vom 10. Oktober 2013 (Az. D5-31001/4#3) wird hiermit aufgehoben. Ziffer 1 ("Beantragung einer Erlaubnis") bleibt gültig.
Die wesentlichen Änderungen des AÜG sind:
B. Fachliche Weisungen der Bundesagentur für Arbeit
Zur Anwendung und Auslegung des AÜG wird auf das Dokument "Fachliche Weisungen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz" der Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Fachliche Weisungen der BA) hingewiesen. Die Geschäftsanweisung AÜG wurde in das Format "Fachliche Weisungen" überführt und insbesondere an die Regelungen des am 1. April 2017 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze angepasst. Die Darstellung in diesem Rundschreiben beschränkt sich daher auf die wesentlichen inhaltlichen Änderungen des AÜG und die Fundstelle in den Fachlichen Weisungen der BA. Die aktuellen Fachlichen Weisungen der BA sind auf der Website der Bundesagentur für Arbeit abrufbar (Link).
1. Personalgestellungen bei Aufgabenverlagerungen
Durch das Einfügen von § 1 Absatz 3 Nummer 2b AÜG hat der Gesetzgeber geregelt, dass das AÜG auf die in Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes vorgesehenen Personalgestellungen (z.B. § 4 Abs. 3 TVöD) in weiten Teilen nicht anwendbar ist.
Die Regelungen des AÜG in dessen § 1b Satz 1 (Einschränkungen im Baugewerbe), § 16 Absatz 1 Nummer 1f und Absatz 2 bis 5 (Regelung zu Ordnungswidrigkeiten hinsichtlich der Einschränkungen im Baugewerbe) sowie §§ 17 und 18 (Zuständigkeiten der Bundesagentur für Arbeit und der Zollverwaltung bei der Durchführung des AÜG) sind von dieser Ausnahmeregelung nicht erfasst.
Die Neuregelung gilt für Arbeitnehmerüberlassungen zwischen Arbeitgebern, wenn Aufgaben eines Arbeitnehmers von dem bisherigen zu dem anderen Arbeitgeber verlagert werden und auf Grund eines Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes
Die Regelung beseitigt bestehende Rechtsunsicherheiten, ob und inwieweit das AÜG auf die in Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes vorgesehenen Personalgestellungen Anwendung findet. Die Vorschrift trägt auch dem Umstand Rechnung, dass die Personalgestellung funktional als eine besondere Form der Aufgabenverlagerung anzusehen ist und im Bestandsschutzinteresse der von der Aufgabenverlagerung betroffenen Beschäftigten erfolgt.
Unabhängig hiervon findet das AÜG keine Anwendung, wenn Personalgestellungen gesetzlich vorgesehen sind und Beschäftigte aufgrund dieser spezialgesetzlichen Regelung von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts einer anderen juristischen Person zur Verfügung gestellt bzw. zugewiesen werden. In der Gesetzesbegründung zur Neuregelung werden hierzu beispielhaft aufgezählt: § 5 Absatz 4 Asylgesetz, § 26 Absatz 4 Bundesanstalt Post-Gesetz, § 1Gesetz zur Übernahme der Beamten und Arbeitnehmer der Flugsicherung, § 1 Kooperationsgesetz der Bundeswehr, § 2 Gesetz über das Personal der Bundeswertpapierverwaltung, § 2 Gesetz über das Personal der Bundesagentur für Außenwirtschaft und § 44g des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch.
Siehe insbesondere die Fachlichen Weisungen der BA unter Punkt 1.4.4.
2. Arbeitnehmerüberlassung innerhalb der öffentlichen Verwaltung zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts
Die Neuregelung in § 1 Absatz 3 Nummer 2c AÜG sieht die unter Ziffer 1 beschriebene weitgehende Ausnahme von der Anwendung des AÜG für Überlassungen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts vor, sofern die überlassende und aufnehmende Stelle Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwenden. Hierbei muss es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk handeln, welches auf beiden Seiten der Arbeitnehmerüberlassung zur Anwendung kommt.
Siehe insbesondere die Fachlichen Weisungen der BA unter Punkt 1.4.5.
2.1 Versetzung
Versetzung ist die Zuweisung einer auf Dauer bestimmten Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers unter Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses (§ 4 TVöD, Protokollerklärung zu Absatz 1, Nummer 2). Die Versetzung erfolgt ausschließlich innerhalb desselben Arbeitgebers, der auch weiterhin das Direktionsrecht ausübt. Eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG liegt von vornherein nicht vor.
2.2 Abordnung
Auch die Abordnung (§ 4 TVöD, Protokollerklärung zu Absatz 1, Nummer 1) fällt mangels Drittbezugs von vornherein nicht unter das AÜG , soweit sie innerhalb desselben Arbeitgebers erfolgt, also abgebende und aufnehmende Stelle der gleichen juristischen Person angehören, z.B. der Bundesrepublik Deutschland. So findet das AÜG etwa bei der Abordnung von einer rechtlich unselbständigen Behörde des Geschäftsbereichs zu einer anderen rechtlich unselbständigen Behörde des Geschäftsbereichs bzw. zum Ministerium keine Anwendung. Erfolgt die Abordnung zu einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts, also zu einem anderen öffentlichen Arbeitgeber, ist zu prüfen, ob beiderseits Tarifverträge des öffentlichen Dienstes angewandt werden und die neue Ausnahmeregelung nach § 1 Absatz 3 Nummer 2c AÜG greift.
2.3 Zuweisung
Auch Zuweisungen sind von der Ausnahmeregelung nach § 1 Absatz 3 Nummer 2c AÜG erfasst, wenn Zuweisender und Dritter jeweils juristische Personen des öffentlichen Rechts sind und Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwenden. Die Zuweisung i. e. S. (§ 4 TVöD, Protokollerklärung zu Abs. 2) ist die vorübergehende Beschäftigung - unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses - bei einem Dritten im In- und Ausland, bei dem der Allgemeine Teil des TVöD nicht zur Anwendung kommt. Eine Zuweisung von Kommune zu Kommune bzw. zum Bund ist nicht unter den § 4 Absatz 2 TVöD zu subsumieren, da in diesen Fällen in der Regel sowohl der Zuweisende als auch der "Dritte" den Allgemeinen Teil des TVöD anwenden.
3. Wirtschaftliche Tätigkeit
Das AÜG erfasst wie bisher Arbeitgeber, die Arbeitnehmer im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit überlassen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG). Dies gilt unabhängig davon, ob Erwerbszwecke verfolgt werden oder nicht. Eine wirtschaftliche Tätigkeit liegt vor, wenn Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmen Markt angeboten werden. Davon ist zumindest bei der entgeltlichen Zurverfügungstellung von Personal auszugehen (siehe EuGH, Urteil vom 17.11.2016 - Rs. C-216/15, und Fachliche Weisungen der BA unter Punkt 1.1.3).
D. Regelungen des AÜG
Für Überlassungen im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit, bei denen es sich weder
sind insbesondere folgende Neuregelungen zu beachten.
1. Überlassungshöchstdauer
Mit dem Gesetz zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze wurde eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten eingeführt. Die in § 1 Absatz 1b AÜG geregelte Überlassungshöchstdauer legt fest, wie lange der einzelne Einsatz eines bestimmten Leiharbeitnehmers bei einem Entleiher zulässig ist. Hiermit wird der nur vorübergehende Charakter der Arbeitnehmerüberlassung sichergestellt und das nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bereits bisher bestehende Verbot der nicht vorübergehenden Überlassung konkretisiert.
1.1 Grundsatz
Die Überlassungsdauer eines Leiharbeitnehmers bei demselben Entleiher ist grundsätzlich auf 18 aufeinanderfolgende Monate begrenzt. Die Bestimmung des für die Überlassungshöchstdauer maßgeblichen Überlassungszeitraums richtet sich nach §§ 187 Absatz 2 Satz 1, 188 Absatz 2 2. Alt. BGB. Zur Vermeidung von Missbrauch und von Umgehungen haben ein Wechsel des Verleihers und kurzfristige Unterbrechungen keinen Einfluss auf die Berechnung der Überlassungshöchstdauer. Vorherige Überlassungen an denselben Entleiher sind anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen nicht mehr als drei Monate liegen.
Siehe insbesondere die Fachlichen Weisungen der BA unter Punkt 1.2.1.
1.2 Abweichende Regelungsmöglichkeiten
Zur Ermöglichung maßgeschneiderter Lösungen in den verschiedenen Einsatzbranchen können abweichende Regelungen in oder aufgrund Tarifverträgen der Einsatzbranche getroffen werden (siehe die Fachlichen Weisungen der BA unter Punkt 1.2.2). Die Sozialpartner der Einsatzbranche können zwar die Verlängerung zulässiger Einsatzzeiten näher ausgestalten, auch können sie abweichende Regelungen in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen zulassen. Der TVöD enthält derartige Regelungen jedoch nicht.
1.3 Rechtsfolgen bei Verstößen
Wird die Überlassungshöchstdauer überschritten, sind als Sanktionen/Rechtsfolgen insbesondere vorgesehen:
Siehe insbesondere die Fachlichen Weisungen der BA unter Punkt 1.2.4.
2. Equal Pay
Nach dem auch bisher im AÜG geregelten Gleichstellungsgrundsatz ist ein Verleiher verpflichtet, einem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (§ 8 Abs. 1 AÜG). Der Leiharbeitnehmer muss hiernach das Arbeitsentgelt erhalten, das er bei einer unmittelbaren Einstellung beim Entleiher erhalten würde (Equal Pay).
Während nach bisheriger Rechtslage tarifvertragliche Abweichungen von Equal Pay zeitlich unbegrenzt möglich waren, gilt nun grundsätzlich eine Neun-Monats-Grenze (§ 8 Abs. 4 Satz 1 AÜG). Eine über neun Monate Einsatzdauer hinausgehende Abweichung vom Gebot gleicher Entlohnung ist nur noch zulässig, wenn für das Arbeitsverhältnis ein (Branchen-) Zuschlagstarifvertrag zur Anwendung kommt, der den gesetzlichen Anforderungen des § 8 Absatz 4 Satz 2 AÜG genügt.
Nach § 8 Absatz 4 Satz 2 AÜG ist eine längere Abweichung durch Tarifvertrag nur zulässig, wenn
Siehe insbesondere die Fachlichen Weisungen BA unter Punkt 8.4.
3. Verbot des Einsatzes von Leiharbeitskräften als Streikbrecher
Nach § 11 Absatz 5 Satz 1 AÜG darf der Entleiher den Leiharbeitnehmer grundsätzlich nicht in einem bestreikten Betrieb einsetzen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Leiharbeitnehmer von seinem Leistungsverweigerungsrecht (vgl. § 11 Abs. 5 Satz 3 und 4 AÜG) Gebrauch macht. Das Verbot bezieht sich sowohl für nach dem Beginn des Arbeitskampfes entliehene Leiharbeitskräfte als auch auf den Einsatz von Leiharbeitnehmern, die schon vor dem Arbeitskampf im Betrieb des Entleihers tätig waren. Unter den in § 11 Absatz 5 Satz 2 AÜG genannten Voraussetzungen ("keine Streikbrechertätigkeiten") darf der Entleiher Leiharbeitnehmer ausnahmsweise in einem bestreikten Betrieb einsetzen.
Siehe insbesondere die Fachlichen Weisungen der BA unter Punkt 11.9.
4. Konkretisierungs- und Bezeichnungspflicht
§ 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 AÜG regelt eine neue Pflicht zur vorherigen Bezeichnung und Konkretisierung einer Arbeitnehmerüberlassung. Nach § 1 Absatz 1 Satz 5 und 6 AÜG müssen Verleiher und Entleiher die Überlassung des Leiharbeitnehmers in ihrem schriftlichen Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnen und auch die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag vorab konkretisieren. Dies betrifft auch Altverträge, also Arbeitnehmerüberlassungen, die bereits vor dem 1. April 2017 begonnen haben und über den 1. April 2017 hinaus fortgeführt werden. Bei Verstoß gegen diese Vorschriften wird ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher begründet, § 9 Absatz 1 Nummer 1a, § 10 Absatz 1 Satz 1 AÜG. Außerdem droht eine Geldbuße in Höhe von bis zu 30.000 Euro, § 16 Absatz 2 AÜG.
Ergänzt wird die zwingende Offenlegung der Arbeitnehmerüberlassung zwischen Ver- und Entleiher durch eine Pflicht des Verleihers, auch den Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung über den Einsatz als Leiharbeitnehmern zu informieren (§ 11 Abs. 2 Satz 4 AÜG).
Siehe insbesondere die Fachlichen Weisungen der BA unter Punkt 1.1.6.7.
5. Keine statistischen Meldungen
§ 8 AÜG enthielt bisher Vorschriften zu statistischen Meldungen. Nach den bisherigen Regelungen sind Verleiher verpflichtet gewesen, halbjährlich gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine gesonderte statistische Meldung über ihre Tätigkeit abzugeben. Diese Vorschrift ist nunmehr gestrichen.
Die Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung ist bedarfsgerecht fortentwickelt worden. Hierzu ist die statistische Berichterstattung auf eine andere, bessere Datenquelle umgestellt und in die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit integriert worden.
Ziffer 2 ("Statistische Meldungen") des Rundschreibens des BMI vom 10. Oktober 2013 (Az. D5-31001/4#3) wird daher aufgehoben.
ENDE |