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Regelwerk; Arbeits- & Sozialrecht
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IntTG - Hessisches Integrations- und Teilhabegesetz
- Hessen -

Vom 22. März 2023
(GVBl. Nr. 10 vom 03.04.2023 S. 160)
Gl.-Nr.: 34-84



Präambel

In der Tradition Hessens,

seiner historisch gewachsenen Identität als weltoffenes und vielfältiges Einwanderungsland im Herzen Europas,

in der Erkenntnis,

dass Menschen mit unterschiedlichen nationalen, ethnischen, kulturellen und sozialen Bezügen in Hessen leben und Hessen als ihre Heimat verstehen, in dieser Vielfalt eine große Chance für unser Zusammenleben, unsere Wirtschaft sowie die Entwicklung unseres Bundeslandes liegt und Hessen für Menschen mit all ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden lebenswert bleiben soll,

in dem Bewusstsein,

dass das Grundgesetz, die Verfassung für das Land Hessen und die Gesetze die Grundlage für ein Zusammenleben aller Menschen in Frieden bilden,

in der Überzeugung,

dass ein respektvolles Zusammenleben in Vielfalt und gesellschaftlicher Zusammenhalt in Hessen auf der Grundlage eines gemeinsamen Verständnisses für die freiheitlich demokratische Grundordnung des Grundgesetzes und deren Akzeptanz gelingen kann, in Achtung vor der Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen unabhängig von nationaler und ethnischer Herkunft, Geschlecht und geschlechtlicher Identität, Alter, einer Behinderung, einer Zugehörigkeit zu einer Religion oder Weltanschauung, sexueller Identität, sozialer Lage oder seiner Sprache, wird bekräftigt, dass

  1. Integration ein auf chancengerechter Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen ausgerichteter, dynamischer, langfristiger und fortdauernder Prozess ist, bei dem alle im Land lebenden Menschen zusammenwirken, damit sich das Land als Ganzes entwickelt,
  2. alle Bevölkerungsgruppen in der Pflicht stehen, sich zu engagieren, einzubringen und Werte, Kultur, Geschichte und Rechtsordnung in Deutschland anzuerkennen, weil dies Voraussetzung für die Gestaltung einer Gesellschaft ist, die auf Zusammenhalt und Respekt beruht,
  3. der Staat mit seinen Institutionen in der Pflicht steht, die dafür notwendigen Rahmenbedingungen, Strukturen und Angebote zu schaffen.

Erster Teil
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Ziele

Die Ziele dieses Gesetzes sind:

  1. den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt und ein respektvolles Zusammenleben aller in Hessen lebenden Menschen zu fördern,
  2. die chancengerechte Teilhabe auch von Menschen mit Migrationsgeschichte in allen Lebensbereichen und auf allen Ebenen zu verbessern, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft, ihrem Alter, ihrem Geschlecht oder ihrer geschlechtlichen Identität, ihrer Behinderungen, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer sexuellen Identität und sozialen Herkunft; die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern sind dabei angemessen zu berücksichtigen,
  3. ein gemeinsames Verständnis des Zusammenlebens in der Migrationsgesellschaft, in der die Würde eines jeden Menschen an erster Stelle steht, gegenseitige Achtung, Rücksichtnahme, Respekt und Solidarität das Fundament bilden, jeder Mensch seinen Beitrag für das Zusammenleben leistet und eine vielfältige Gesellschaft als Bereicherung anerkannt wird, zu fördern,
  4. die Landesverwaltung weiter für die Vielfalt der Bevölkerung zu öffnen und Kommunen und zivilgesellschaftliche Organisationen bei ihren Öffnungsprozessen weiter zu unterstützen,
  5. die Integration und Teilhabe fördernde Strukturen auf Landes- und Kommunalebene zu sichern und weiter zu entwickeln.

§ 2 Grundsätze

(1) Integration ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, dessen Gelingen von der Mitwirkung aller Menschen abhängt. Er erfordert gegenseitigen Respekt aller Menschen unterschiedlicher Herkunft sowie Offenheit untereinander. Eine integrierte Gesellschaft ermöglicht allen Bevölkerungsgruppen chancengerechte Teilhabe und diskriminiert nicht.

(2) Das Land sieht in der Verbesserung der chancengerechten Teilhabe aller in Hessen lebenden Menschen einen Schlüssel für die Wahrung und Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

(3) Das Land hat die Aufgabe, die notwendigen Rahmenbedingungen, Strukturen und Angebote zu schaffen, um die chancengerechte Teilhabe für alle Menschen im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 zu ermöglichen.

(4) Das Land sieht in der Vielfalt der hier lebenden Menschen, Kulturen, Ethnien, Sprachen und Religionen eine Bereicherung und erkennt die sozialen, kulturellen und ökonomischen Potenziale und Leistungen der in Hessen lebenden Menschen mit Migrationsgeschichte an.

§ 3 Begriffsbestimmungen

(1) Menschen mit Migrationsgeschichte im Sinne dieses Gesetzes sind Menschen mit Migrationshintergrund im Sinne des Abs. 3.

(2) Als Menschen mit Migrationsgeschichte nach Abs. 1 können auch Personen gelten, die rassistisch diskriminiert werden.

(3) Menschen mit Migrationshintergrund sind

  1. Ausländerinnen und Ausländer,
  2. Eingebürgerte,
  3. Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie Aussiedlerinnen und Aussiedler,
  4. Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit durch Adoption durch einen deutschen Elternteil erhalten haben,
  5. Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, bei denen ein Elternteil zu einer der Gruppen nach Nr. 1 bis 4 gehört.

(4) Ausländerinnen und Ausländer sind alle Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind.

(5) Interkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit, die Anliegen von Menschen im Sinne der Abs. 1 und 2 im Verwaltungshandeln zu berücksichtigen und in interkulturellen Begegnungssituationen angemessen zu kommunizieren.

(6) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind die im Geltungsbereich dieses Gesetzes beschäftigten Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.

§ 4 Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für die Behörden, Hochschulen und Gerichte des Landes sowie die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der alleinigen

Aufsicht des Landes unterstehen. Für die Gerichte und Staatsanwaltschaften gilt dieses Gesetz nur, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit wahrnehmen. Auf die Bestellung und Tätigkeit der Notarinnen oder Notare findet es keine Anwendung.

Zweiter Teil
Zusammenleben in Vielfalt und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts

§ 5 Förderung der Teilhabe und Folgenabschätzung

(1) Das Land fördert die tatsächliche Durchsetzung der chancengerechten Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(2) Alle Einrichtungen haben für die chancengerechte Teilhabe aller Menschen mit Migrationsgeschichte und die interkulturelle Öffnung nach § 9 zu sorgen.

(3) Im Rahmen einer Folgenabschätzung berücksichtigt die Landesverwaltung bei Gesetzes- und Verordnungsvorhaben sowie bei ihrem Verwaltungshandeln, die Auswirkungen von Maßnahmen auf Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte. Sollten unterschiedliche Auswirkungen bestehen, prüft die Landesverwaltung, ob Maßnahmen getroffen werden können, die die chancengerechte Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte fördern.

(4) Die Landesverwaltung hat bei der Ausgestaltung von Förderprogrammen und -maßnahmen die Ziele und Grundsätze dieses Gesetzes zu berücksichtigen.

§ 6 Teilhabe in Gremien

(1) Gremien, für die dem Land ein Berufungs- oder Vorschlagsrecht zusteht, sollen zu einem angemessenen Anteil mit Menschen mit Migrationshintergrund besetzt werden. Personen nach § 3 Abs. 2 sollen vertreten sein.

(2) Wird ein Gremium auf Benennung oder Vorschlag einer Stelle, die nicht zur unmittelbaren Landesverwaltung gehört, besetzt, ist auf einen angemessenen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund hinzuwirken. Personen nach § 3 Abs. 2 sollen vertreten sein.

(3) Die Regelungen des Abs. 1 und 2 gelten nicht, soweit die Mitglieder in das Gremium gewählt werden sowie im Fall von Prüfungsausschüssen, von Ausschüssen der Selbstverwaltung der Wirtschaft und der Freien Berufe sowie von Überwachungsorganen von Unternehmen, die juristische Personen sind und an denen das Land beteiligt ist oder für die das Land die Gewährträgerschaft übernommen hat.

§ 7 Diskriminierungsverbot

Kein Mensch mit Migrationsgeschichte im Sinne dieses Gesetzes darf im Rahmen öffentlich-rechtlichen Handelns auf Grund der ethnischen Herkunft, aus rassistischen oder antisemitischen Gründen, der Religion und Weltanschauung oder der Sprache mittelbar oder unmittelbar diskriminiert werden.

§ 8 Wertschätzung von Vielfalt und Bekämpfung von Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und jeder Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Extremismus

(1) Die Vielfalt der in Hessen lebenden Menschen stellt eine Bereicherung für das Land dar. In diesem Bewusstsein ergreift das Land Maßnahmen, um die Willkommens- und Anerkennungskultur weiterzuentwickeln und das respektvolle und friedliche Zusammenleben in Vielfalt zu unterstützen.

(2) Die Wertevermittlung des Rechtsstaates an alle in Hessen lebenden Menschen und die Demokratieförderung und -bildung stellen zentrale Aufgaben der Landesverwaltung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt dar. Dieser Aufgabe dienende Projekte sind unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Entwicklungen zu fördern und möglichst auszubauen.

(3) Das Land ergreift gezielt Maßnahmen, um Menschen mit Migrationsgeschichte vor Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, jeder Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Extremismus, Hass, Hetze und Diskriminierung zu schützen. Dies geschieht insbesondere durch Sensibilisierung der Bevölkerung, Schulung der Beschäftigten, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren und die Förderung der Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen, Vernetzungsstellen und Beratungsstellen für Betroffene. Die Vorstellungen und Bedarfe der Betroffenen und gegebenenfalls ihrer Vertretungen sollen dabei einbezogen werden.

(4) Das allgemeine Verständnis für Integration und Teilhabe, Vielfalt und die Funktionsweisen, Auswirkungen und Gefahren von Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und jeder Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Extremismus ist durch die Bildungs- und Erziehungsträger zu verbessern.

Dritter Teil
Maßnahmen zur Verbesserung chancengerechter Teilhabe

§ 9 Interkulturelle Öffnung der Verwaltung

(1) Alle Einrichtungen haben das Ziel zu verfolgen, ihre Verwaltungen für die Vielfalt der Bevölkerung zu öffnen. Sie haben eine Organisations- und Verwaltungskultur anzustreben, die der Vielfalt der Bevölkerung Rechnung trägt, sie wertschätzt, Diskriminierungen und Ausgrenzungen sowohl unter den Mitarbeitenden als auch gegenüber allen Menschen entgegenwirkt sowie institutionellen Rassismus bekämpft.

(2) Der Beschäftigtenanteil mit Migrationshintergrund in der Landesverwaltung soll weiter erhöht werden. Die Landesverwaltung hat einen Anteil anzustreben, der dem Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen in Hessen entspricht. Auch Personen nach § 3 Abs. 2 sollen vertreten sein.

(3) In Stellenausschreibungen der Landesverwaltung ist zum Ausdruck zu bringen, dass Bewerbungen von Menschen unabhängig von rassistischen Zuschreibungen, ethnischer Herkunft, deren Geschlecht und geschlechtlicher Identität, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität erwünscht sind.

(4) Die interkulturelle Kompetenz der Landesbeschäftigten soll weiter gesteigert werden. Das Land hat hierzu ein angemessenes Angebot bereitzustellen.

(5) Die Landesverwaltung überprüft regelmäßig ihre bestehenden Strukturen und Routinen und entwickelt diese erforderlichenfalls fort, um sicherzustellen, dass die Auswirkungen auf Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte und die Ziele des Abs. 1 bei jeglichem Verwaltungshandeln berücksichtigt werden.

(6) Die Landesregierung hat alle fünf Jahre Zielvorgaben und geeignete Maßnahmen zur Umsetzung der in den Abs. 2, 4 und 5 formulierten Ziele vorzulegen und deren Erreichung zu überprüfen.

§ 10 Integrationskonferenz

(1) Die Hessische Integrationskonferenz berät und unterstützt die Landesregierung bei allen wesentlichen Fragen der Integrations-, Teilhabe-, und Migrationspolitik in Hessen. Hierzu kann sie Stellungnahmen und Empfehlungen abgeben.

(2) Der Integrationskonferenz gehören Vertreterinnen oder Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft an. Menschen mit Migrationsgeschichte sind in angemessenem Umfang vertreten. Den Vorsitz führt die für Integration zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister. An den Sitzungen der Integrationskonferenz nehmen die Ressorts teil.

(3) Die Mitglieder der Integrationskonferenz werden von der für Integration zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister für die Dauer der Wahlperiode des Landtags berufen.

(4) Für die Integrationskonferenz wird eine Geschäftsstelle bei dem für Integration zuständigen Ministerium eingerichtet. Die Integrationskonferenz gibt sich eine Geschäftsordnung.

§ 11 WIR-Vielfaltszentren

(1) Das Land fördert kommunale WIR-Vielfaltszentren in Hessen. Antragsberechtigt sind Landkreise, kreisfreie Städte und Sonderstatus-Städte nach § 4a Abs. 2 der Hessischen Gemeindeordnung.

(2) Ziele der WIR-Vielfaltszentren sind:

  1. die Teilhabechancen von Menschen mit Migrationsgeschichte durch die Entwicklung und Umsetzung kommunaler integrationspolitischer Strategien und interkultureller Konzepte zu verbessern,
  2. die interkulturelle Öffnung der Verwaltung, von Vereinen und Verbänden zu stärken,
  3. das bürgerschaftliche Engagement für und von Menschen mit Migrationsgeschichte in Kooperation mit lokalen Akteurinnen und Akteuren zu stärken,
  4. Maßnahmen der sozialräumlichen Willkommens- und Anerkennungskultur in Kommunen und Landkreisen zu entwickeln und voranzutreiben,
  5. Beteiligungsformen, Vernetzung und Transparenz im Rahmen des Integrationsmanagements zu entwickeln und
  6. Diskriminierung und Rassismus entgegenzuwirken.

(3) Förderungen nach dieser Vorschrift erfolgen nach Maßgabe gesonderter Förderrichtlinien.

§ 12 Förderung von gemeinnützigen und kommunalen Trägern

(1) Das Land fördert integrationspolitische Maßnahmen und Projekte zur Entwicklung von innovativen und nachhaltigen Strukturen auf kommunaler Ebene. Dabei richten diese sich an die gesamte Bevölkerung. Das Ziel ist es, die Teilhabechancen von Menschen mit Migrationsgeschichte zu erhöhen, das Zusammenleben in Vielfalt zu verbessern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

(2) Es werden Maßnahmen gefördert, die

  1. Rassismus, Diskriminierung und sonstige Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Extremismus entgegenwirken,
  2. interkulturelle Öffnung von kommunalen Verwaltungen, Vereinen und Verbänden ausbauen,
  3. das ehrenamtliche Engagement von und für Menschen mit Migrationsgeschichte fördern,
  4. eine Willkommens- und Anerkennungskultur fördern und
  5. die Teilhabechancen von Menschen mit Migrationsgeschichte ausbauen.

(3) Das Land schreibt dem Beitrag des Sports, der Kunst und der Kultur für die hessische Teilhabe- und Integrationspolitik eine große Bedeutung zu. Das Land unterstützt aktiv die Teilhabe und Integration in den Bereichen nach Satz 1 durch Fördermaßnahmen und Kooperationsvereinbarungen.

(4) Das Land fördert Maßnahmen zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements für und von Menschen mit Migrationsgeschichte, insbesondere im Bereich von Integrationslotsinnen und -lotsen, von Migrantenorganisationen und von Laiendolmetscherinnen und -dolmetschern. Das Land fördert in den in Satz 1 genannten Bereichen zentrale Stellen zur Begleitung, Vernetzung und Beratung.

(5) Förderungen nach diesem Paragrafen erfolgen nach Maßgabe gesonderter Förderrichtlinien.

§ 13 Integrationsgeld

(1) Die Landkreise und Gemeinden erhalten zur Unterstützung der sozialen Betreuung von Personen

  1. die im Rahmen sonstiger humanitärer Hilfsmaßnahmen nach § 22 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Mai 2022 (BGBl. I S. 760), im Bundesgebiet aufgenommen und auf das Land Hessen verteilt werden,
  2. denen nach § 23 Abs. 2 oder 4 des Aufenthaltsgesetzes ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist,
  3. denen nach § 25 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist,
  4. denen eine vorläufige Bescheinigung über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 und 5 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes ausgestellt oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 und 5 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde,
  5. mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes ohne Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Mai 2022 (BGBl. I S. 760),
  6. mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes ohne Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 des Asylbewerberleistungsgesetzes oder
  7. mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ohne Leistungsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c des Asylbewerberleistungsgesetzes

einmalig ein Integrationsgeld in Höhe von 3.000 Euro pro Person. Die Auszahlung der Beträge nach Satz 1 erfolgt nur für Personen, die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 des Landesaufnahmegesetzes vom 5. Juli 2007 (GVBl. I S. 399), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. November 2020 (GVBl. S. 767), zugewiesen oder nach § 12a Abs. 2 und 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Wohnsitznahme verpflichtet sind. In den Fällen des § 2 Abs. 2 Satz 2 des Landesaufnahmegesetzes haben Landkreis und kreisangehörige Gemeinde eine angemessene Erstattung zu vereinbaren.

(2) Die Festsetzung und Auszahlung der Beträge nach Abs. 1 Satz 1 erfolgt kalendervierteljährlich. Maßgeblich für deren Höhe ist die jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November eines Jahres festgestellte Zahl der Personen nach Abs. 1 Satz 1.

(3) Zuständig für die Festsetzung und Auszahlung der Beträge nach Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ist das Regierungspräsidium Darmstadt.

(4) Die für Integration zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister wird ermächtigt, im Einvernehmen mit der Ministerin oder dem Minister der Finanzen und der Ministerin oder dem Minister des Innern durch Rechtsverordnung

  1. die Modalitäten der Festsetzung der Auszahlung der Beträge abweichend von Abs. 2 zu regeln und
  2. ein automatisiertes oder elektronisch gestütztes Abrechnungsverfahren festzulegen.

§ 14 Integrationsverträge

(1) Über die allgemeine Integrationsförderung und Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen hinaus können mit zivilgesellschaftlichen Partnerinnen und Partnern Integrationsverträge geschlossen werden.

(2) Die Verträge werden zu integrationspolitischen Schwerpunktthemen abgeschlossen. Die Schwerpunktthemen und Partnerinnen und Partner der Verträge werden von der für Integration zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister festgelegt. Die Integrationskonferenz kann hierfür Vorschläge einbringen.

§ 15 Dialog mit Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften

(1) Die Landesregierung pflegt mit Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Anerkennung ihres Selbstbestimmungsrechts und ihres besonderen Beitrags zum gesellschaftlichen Leben einen offenen und transparenten Dialog. Die Verträge mit den Kirchen bleiben unberührt.

(2) Um die Zusammenarbeit sowie den politischen und gesellschaftlichen Dialog mit den in Hessen lebenden Menschen unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen zu intensivieren, kann die Landesregierung Gesprächsformate schaffen, die dazu dienen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowie andere Verbände mit religions- oder weltanschauungsbezogenen Aufgaben in die Teilhabe- und Integrationspolitik der Landesregierung einzubinden. Federführend zuständig für Gesprächsformate nach Satz 1 ist das für Integration zuständige Ministerium.

§ 16 Sprache und Teilhabe

(1) Sprachliche Bildung und Förderung sowie das Erlernen der deutschen Sprache haben eine Schlüsselfunktion für die Teilhabe in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen. Der Bildungssprache Deutsch kommt hierbei in vielen Bereichen eine besondere Bedeutung zu. Das Land unterstützt Menschen nichtdeutscher Herkunftssprache in ihren Bemühungen, die deutsche Sprache zu erlernen über alle Bildungseinrichtungen hinweg von den Kindertagesbetreuungsstätten über die Schulen und Hochschulen bis hin zu Angeboten im Bereich der Weiterbildung. Solange und soweit kein entsprechendes Angebot des Bundes besteht, bietet das Land Neuzugewanderten im Rahmen von Landesprogrammen entsprechende Maßnahmen an. Das eigene Engagement beim Spracherwerb ist unerlässlich.

(2) Das Land sieht in der Mehrsprachigkeit eine Bereicherung. Dies schließt sowohl herkunftssprachliche wie fremdsprachliche Kenntnisse ein. Um Mehrsprachigkeit zu fördern, werden entsprechende Angebote bedarfsorientiert im Rahmen der organisatorischen, personellen und finanziellen Möglichkeiten des Landes über alle Bildungseinrichtungen hinweg unterstützt.

§ 17 Bildung und Teilhabe

(1) Das Land wirkt auf die Verwirklichung chancengerechter Bildungsteilhabe für Menschen mit Migrationsgeschichte in den Bereichen frühkindlicher, schulischer und außerschulischer Bildung, Weiterbildung und hochschulischer Bildung hin.

(2) Das Land wirkt darauf hin, die Entwicklung und Stärkung nachhaltiger Strukturen der Beteiligung von Erziehungsberechtigten am Bildungsweg der Kinder und Jugendlichen mit Migrationsgeschichte sowie die Zusammenarbeit der Erziehungsberechtigten mit Akteurinnen und Akteuren und Einrichtungen im Bildungsbereich zu fördern.

(3) Das Recht auf Beschulung für in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebrachte Minderjährige wird durch eine in ähnlicher Weise (Beschulung in der Erstaufnahmeeinrichtung oder in Intensivklassen) wie den eigenen Staatsangehörigen zu Teil werdende Beschulung nicht später als drei Monate, nachdem ein Antrag auf Asyl in ihrem Namen gestellt wurde, umgesetzt.

(4) Das Land unterstützt Maßnahmen zur Validierung und Anerkennung non-formal und informell erworbener Kenntnisse und Fertigkeiten.

(5) Das Land fördert die Bildung für gegenseitige Akzeptanz von kultureller und ethnischer Vielfalt in allen Bildungseinrichtungen auf der Basis unveräußerlicher Werte des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Landes Hessen.

§ 18 Gesundheit und Teilhabe

(1) Das Land wirkt durch geeignete Maßnahmen auf eine interkulturelle Öffnung der Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sowie die Verankerung einer interkulturellen Kompetenz in der Aus-, Fort- und Weiterbildung in Gesundheits- und Pflegeberufen hin. Die Arbeitsgruppe "Hessischer Gesundheitspakt" kann geeignete Maßnahmen beschließen.

(2) Das Land wirkt darauf hin, die Vielfalt der Bevölkerung bei der Konzeption und Umsetzung von Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung zu berücksichtigen und im Sinne der Teilhabe einzubinden.

§ 19 Berufliche Bildung, Arbeit und Teilhabe

(1) Ziel des Landes ist es, weiter dabei zu unterstützen, dass Menschen mit Migrationsgeschichte in allen Bereichen und auf allen Ebenen der Wirtschafts- und Arbeitswelt vertreten sind.

(2) Das Land sieht in Menschen mit Migrationsgeschichte aller Altersgruppen ein wichtiges Potential an qualifizierten Fachkräften oder zu qualifizierenden zukünftigen Fachkräften. Deshalb fördert es alle Bestrebungen und Maßnahmen, die zu einer optimalen Nutzung der gesetzlichen, auf berufliche Integration der Menschen mit Migrationshintergrund abzielende Instrumente, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Mai 2020 (BGBl. I S. 920), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1174), der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S. 3074, 2006 I S. 2095), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1174), des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und des Dritten Buches Sozialgesetzbuch, beitragen.

(3) Das Land setzt sich mit den Akteurinnen und Akteuren der Arbeitsmarktförderung, der Berufsbildung und unter Nutzung der regional bestehenden Initiativen und Maßnahmen zur Integration in Beruf und Arbeit dafür ein, die Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit der Menschen mit Migrationsgeschichte, deren chancengerechte Teilhabe noch nicht realisiert ist, geschlechterdifferenziert zu stärken. Hierbei sind mögliche besondere Potentiale wie zum Beispiel Mehrsprachigkeit oder auch der routinierte Umgang mit gesellschaftlicher Vielfalt einzubeziehen. Bei Menschen, die im Ausland berufliche Qualifikationen, Bildungsabschlüsse oder sonstige besondere Kenntnisse erworben haben, sind diese zu berücksichtigen.

(4) Im Rahmen der auf Landes- und Regionalebene existierenden Gremien im Anwendungsbereich dieser Vorschrift wird die Umsetzung der Ziele und Grundsätze dieses Gesetzes regelmäßig erörtert.

§ 20 Förderung der Einbürgerung

Die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern ist im Interesse des Landes, um ihre Teilhabe zu stärken. Das Land fördert mit geeigneten Mitteln die Einbürgerung von in Hessen lebenden Ausländerinnen und Ausländern.

§ 21 Monitoring, Berichterstattung

(1) Die Landesregierung legt dem Landtag mindestens alle drei Jahre einen Bericht vor. Dieser soll eine datenbasierte Einschätzung der aktuellen Situation von Teilhabe und Integration der Menschen mit Migrationsgeschichte und Menschen ohne Migrationsgeschichte sowie Migration im Land Hessen ermöglichen und dazu beitragen, Handlungsbedarfe zur weiteren Umsetzung der Ziele dieses Gesetzes zu identifizieren. Die Landesregierung wirkt darauf hin, die Datengrundlage hinsichtlich der Menschen mit Migrationsgeschichte, insbesondere auch hinsichtlich der Personen nach § 3 Abs. 2, weiter zu verbessern.

(2) Die Landesregierung berichtet dem Landtag alle fünf Jahre über die nach § 9 Abs. 6 gesetzten Ziele und die Entwicklungen in diesem Bereich.

(3) Die Landesregierung überprüft die Anwendung und Erfahrungen mit dem Gesetz und berichtet dem Landtag bis zum 31. Dezember 2029 und danach alle fünf Jahre hierzu. Dabei bezieht sie die Erfahrungen der Kommunalen Spitzenverbände und der durch die Landesregierung ausgewählten, im Bereich der Integration, Antidiskriminierung und Antirassismus tätigen Organisationen und Akteurinnen und Akteure mit ein.

Vierter Teil
Schlussbestimmungen

§ 22 Ausschluss der Klagbarkeit

Subjektive öffentliche Rechte, insbesondere Ansprüche auf finanzielle Förderung, werden durch dieses Gesetz nicht begründet.

§ 23 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2030 außer Kraft.

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