Für einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an. Regelwerk; Arbeits- & Sozialrecht |
Prüfschema zur Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung von berufsreglementierenden Vorschriften im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/958
- Rheinland-Pfalz -
Vom 30. Juni 2020
(MinBl. Nr. 6 vom 29.07.2020 S. 147; 30.06.2023 S. 180 23)
Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen
Die Verhältnismäßigkeitsprüfung von berufsreglementierenden Regelungen ist gemäß dem folgenden Prüfschema durchzuführen:
Prüfschema für die Verhältnismäßigkeitsprüfung und weitere Maßnahmen
1 Prüfschema für die Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen
1.1 Prüfung der Verhältnismäßigkeit
1.1.1 Vor der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Vorschriften, die dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22) in der jeweils geltenden Fassung unterfallen und die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränken, ist eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit nach den folgenden Bestimmungen durchzuführen. Der Umfang der Prüfung muss im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der Vorschrift stehen.
1.1.2 Ein reglementierter Beruf im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2005/36/EG ist eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist. Eine Art der Ausübung ist insbesondere die Führung einer Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die über eine bestimmte Berufsqualifikation verfügen. Eine Form der Reglementierung im Sinne von Artikel 3 der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. EU Nr. L 173 S. 25) ist eine geschützte Berufsbezeichnung, bei der die Verwendung einer Bezeichnung bei der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit oder einer Gruppe von beruflichen Tätigkeiten aufgrund von Rechts- und Verwaltungsvorschriften unmittelbar oder mittelbar dem Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation unterliegt und bei einer missbräuchlichen Verwendung dieser Bezeichnung Sanktionen verhängt werden. Eine weitere Form der Reglementierung im Sinne von Artikel 3 der Richtlinie (EU) 2018/958 ist eine vorbehaltene Tätigkeit, bei der der Zugang zu einer beruflichen Tätigkeit oder einer Gruppe von beruflichen Tätigkeiten aufgrund von Rechts- und Verwaltungsvorschriften unmittelbar oder mittelbar Angehörigen eines reglementierten Berufs, die Inhaber einer bestimmten Berufsqualifikation sind, vorbehalten wird, und zwar auch dann, wenn diese Tätigkeit mit anderen reglementierten Berufen geteilt wird.
1.1.3 Jede Vorschrift im Sinne der Nummer 1.1.1 ist mit einer Erläuterung zu versehen, die so ausführlich ist, dass eine Bewertung der Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ermöglicht wird.
1.1.4 Die Gründe, aus denen sich ergibt, dass eine Vorschrift im Sinne der Nummer 1.1.1 gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, sind durch qualitative und, soweit möglich und relevant, quantitative Elemente zu substantiieren.
1.1.5 Vorschriften im Sinne der Nummer 1.1.1 dürfen weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes darstellen.
1.1.6 Vorschriften im Sinne der Nummer 1.1.1 müssen durch Ziele des Allgemeininteresses im Sinne des Artikels 6 der Richtlinie (EU) 2018/958 gerechtfertigt sein. Sie müssen für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sein und dürfen nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinausgehen.
1.2 Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung
1.2.1 Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind die folgenden Punkte zu berücksichtigen:
1.2.2 Darüber hinaus sind bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit die folgenden Punkte zu berücksichtigen, wenn sie für die Art und den Inhalt der neu eingeführten oder geänderten Vorschrift relevant sind:
1.2.3 23 Wird die neue oder geänderte Vorschrift mit einer oder mehreren der folgenden Anforderungen kombiniert, so ist die Auswirkung der neuen oder geänderten Vorschrift zu prüfen, insbesondere ist zu prüfen, wie die neue oder geänderte Vorschrift kombiniert mit anderen Anforderungen zum Erreichen desselben legitimen Zwecks beiträgt und ob sie hierfür notwendig ist. Hierbei sind insbesondere fol-gende Aspekte zu berücksichtigen:
1.2.4 Zusätzlich ist sicherzustellen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wird, wenn spezifische Anforderungen im Zusammenhang mit der vorübergehenden oder gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen gemäß Titel II der Richtlinie 2005/36/EG, einschließlich der folgenden Anforderungen, neu eingeführt oder geändert werden:
Die Verpflichtung nach Satz 1 gilt nicht für Maßnahmen, durch die die Einhaltung geltender Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährleistet werden soll, die im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union angewendet werden.
1.2.5 Bei Vorschriften, die die Reglementierung von Gesundheitsberufen betreffen und die Auswirkungen auf die Patientensicherheit haben, ist das Ziel der Sicherstellung eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes zu berücksichtigen.
2 Weitere Maßnahmen
2.1 Überwachung nach Erlass
2.1.1 Nach dem Erlass oder der Änderung von Vorschriften im Sinne der Nummer 1.1.1 hat das federführende Ressort die Übereinstimmung der Vorschriften mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu überwachen und Entwicklungen, die nach dem Erlass eingetreten sind, gebührend Rechnung zu tragen. Dabei sind die nach dem Erlass eingetretenen Wirkungen und die Entwicklungen, die nach dem Erlass im betreffenden Bereich des reglementierten Berufs beobachtet wurden, zu berücksichtigen.
2.1.2 In der Begründung zu einem Gesetz- oder Verordnungsentwurf soll zusammen mit der Erfüllung der Vorgaben nach § 25 Abs. 2 GGO durch das federführende Ressort festgelegt werden, wie der Verpflichtung zur Überwachung nachgekommen werden soll.
2.2 Information und Beteiligung der Öffentlichkeit
2.2.1 Entwürfe von Gesetzen und Verordnungen, mit denen Vorschriften im Sinne der Nummer 1.1.1 eingeführt oder geändert werden sollen, sind auf der Internetseite des federführenden Ressorts zu veröffentlichen.
2.2.2 Das federführende Ressort hat sicherzustellen, dass alle betroffenen Parteien in geeigneter Weise einbezogen werden und Gelegenheit haben, ihren Standpunkt darzulegen.
2.2.3 Öffentliche Konsultationen sind durchzuführen, sofern dies relevant und angemessen ist.
2.3 Eintragung in die Datenbank für reglementierte Berufe, Stellungnahmen
2.3.1 23 Die Gründe, nach denen Vorschriften, die nach dem vorstehenden Prüfraster geprüft wurden und die der Europäischen Kommission nach Artikel 59 Abs. 5 der Richtlinie 2005/36/EG mitzuteilen sind, als gerechtfertigt, notwendig und verhältnismäßig anzusehen sind, sind vom federführenden Ressort in die in Artikel 59 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG genannte Datenbank für reglementierte Berufe einzutragen. Das federführende Ressort kann die Koordinierung und Eintragung durch die jeweils zuständige Fachministerkonferenz veranlassen.
2.3.2 Zu den Eintragungen vorgebrachte Stellungnahmen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sonstiger Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz sowie interessierter Kreise sind vom federführenden Ressort entgegenzunehmen.
ENDE |