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Regelwerk
Änderungstext

Gesetz zur Änderung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes
- Schleswig-Holstein -

Vom 2. April 2019
(GVOBl. Schl.-H. Nr. 7 vom 25.04.2019 S. 76)



Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Das Landesbehindertengleichstellungsgesetz in der Fassung vom 18. November 2008 (GVOBl. Schl.-H. S. 582), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 22. März 2018 (GVOBl. Schl.-H. S. 94), wird wie folgt geändert:

1. § 12 erhält folgende Fassung:

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§ 12 Barrierefreie Informationstechnik

Die Träger der öffentlichen Verwaltung gestalten ihre Internetseiten sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Oberflächen technisch so, dass Menschen mit Behinderung sie nutzen können.

" § 12 Barrierefreie Informationstechnik

(1) Die öffentlichen Stellen im Land gestalten ihre Websites und mobilen Anwendungen, einschließlich der für ihre Beschäftigten bestimmten Angebote im Intranet, sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, barrierefrei im Sinne des Artikel 4 der Richtlinie (EU) 2016/21021, soweit dies nicht eine unverhältnismäßige Belastung für die öffentliche Stelle im Land bewirkt. Ob eine unverhältnismäßige Belastung bewirkt würde, ist durch abwägende Bewertung unter Beachtung der Vorgaben in Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/2102 festzustellen. Die Gründe für eine unverhältnismäßige Belastung sind in die Erklärung zur Barrierefreiheit nach § 12c einzustellen.

(2) Insbesondere bei Neuanschaffungen, Erweiterungen und Überarbeitungen ist die barrierefreie Gestaltung bereits bei der Planung, Entwicklung, Ausschreibung und Beschaffung zu berücksichtigen.

(3) Die barrierefreie Gestaltung der Websites und mobilen Anwendungen der öffentlichen Stellen im Land erfolgt innerhalb der in Artikel 12 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/2102 genannten Fristen.

(4) Die Regelungen zur behindertengerechten Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten zugunsten von Menschen mit Behinderungen in anderen Rechtsvorschriften, insbesondere im Neunten Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -, bleiben unberührt.

(5) Angebote öffentlicher Stellen im Internet, die auf Websites Dritter veröffentlicht werden, sind soweit möglich barrierefrei zu gestalten."

"1 Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (ABl. L 327 S. 1)"

2. Nach § 12 werden folgende §§ 12a bis 12f eingefügt:

" § 12a Öffentliche Stellen im Land

(1) Öffentliche Stellen im Land im Sinne dieser Vorschrift sind die in Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2016/2102, Artikel 2 Absatz 1 Nummer 4 der Richtlinie (EU) 2014/24/EU2 benannten Stellen, insbesondere die Gebietskörperschaften (Land, Kreise, kreisfreie Städte, Gemeinden), die Anstalten, Körperschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts, Beliehene und sonstige Landesorgane, soweit sie öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen sowie Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder Verbände, die aus einer oder mehreren Körperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen. Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind alle Einrichtungen, die

  1. zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,
  2. Rechtspersönlichkeit besitzen und
  3. überwiegend vom Land, anderen Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert werden (mehr als 50 Prozent der Gesamtheit der Mittel), oder hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht dieser Gebietskörperschaften oder Einrichtungen unterstehen oder ein Verwaltungs-, Leitungs- beziehungsweise Aufsichtsorgan haben, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Land, von anderen Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind.

(2) Öffentliche Stellen im Land sind nicht die öffentlichen Stellen des Bundes und die dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Stellen, insbesondere auch nicht Landesverwaltungen, einschließlich der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Bundesrecht ausführen.

(3) Die §§ 12 bis 12f gelten nicht für die gemäß Artikel 1 Absatz 3 und 4 der Richtlinie (EU) 2016/2102 ausgenommenen Websites und mobilen Anwendungen.

"2 Richtlinie (EU) 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 S. 65)"

§ 12b Anforderungen an die Barrierefreiheit, Begriffsbestimmungen

(1) Websites und mobile Anwendungen müssen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet sein.

(2) Der Begriff

  1. "Websites" umfasst die Internet- sowie Intranetauftritte und -angebote;
  2. "Mobile Anwendungen" bezeichnet Anwendungssoftware, die von öffentlichen Stellen im Land oder in deren Auftrag zur Nutzung durch die breite Öffentlichkeit auf mobilen Geräten konzipiert und entwickelt wurde. Dazu gehört nicht die Software zu Steuerung dieser Geräte oder die Hardware selbst;
  3. "wahrnehmbar" bedeutet, dass dem Nutzer Informationen in einer Weise dargestellt werden, dass er sie wahrnehmen kann;
  4. "bedienbar" bedeutet, dass die Nutzer die Komponenten der Nutzerschnittstelle und die Navigation handhaben können;
  5. "verständlich" bedeutet, dass die Informationen und die Handhabung der Nutzerschnittstelle verständlich sind;
  6. "robust" bedeutet, dass die Inhalte zuverlässig von einer Vielfalt von Benutzeragenten, einschließlich assistiven Technologien, interpretiert werden können.

(3) Die Anforderungen zur barrierefreien Gestaltung ergeben sich aus den Standards gemäß § 3 der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung vom 12. September 2011 (BGBl. I S. 1843), zuletzt geändert durch Artikel 4 der Verordnung vom 25. November 2016 (BGBl. I S. 2659).

§ 12c Erklärung zur Barrierefreiheit

(1) Die öffentlichen Stellen im Land stellen gemäß Artikel 7 Absatz 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2016/2102 eine detaillierte, umfassende und klare Erklärung zur Barrierefreiheit ihrer Websites und mobilen Anwendungen bereit, die in einem zugänglichen Format unter Verwendung der Mustererklärung veröffentlicht wird.

(2) Die Erklärung zur Barrierefreiheit enthält

  1. für den Fall, dass ausnahmsweise keine vollständige barrierefreie Gestaltung erfolgt ist,
    1. die Benennung der Teile des Inhalts, die nicht vollständig barrierefrei gestaltet sind,
    2. die Gründe hierfür sowie
    3. gegebenenfalls einen Hinweis auf barrierefrei gestaltete Alternativen;
  2. eine unmittelbar zugängliche barrierefrei gestaltete Möglichkeit, elektronisch Kontakt aufzunehmen,
    1. um noch bestehende Barrieren zu melden,
    2. um Informationen zur Umsetzung der Barrierefreiheit zu erfragen und
    3. um die gemäß Artikel 1 Absatz 4 und Artikel 5 der Richtlinie (EU) 2016/2102 ausgenommenen Informationen anzufordern;
  3. einen Hinweis auf die Möglichkeit, Beschwerde bei der nach § 12e zu errichtenden zentralen Beschwerdestelle einzulegen mit einer entsprechenden Verlinkung.

(3) Mitteilungen, Anfragen oder Anforderungen nach Absatz 2 werden innerhalb einer angemessenen Frist in einer angemessenen Weise von der jeweiligen öffentlichen Stelle beantwortet.

(4) Die Erklärung zur Barrierefreiheit ist innerhalb der in Artikel 12 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/2102 genannten Fristen zu veröffentlichen.

§ 12d Überwachung und Berichterstattung

(1) Die Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen gemäß Artikel 4 der Richtlinie (EU) 2016/2102 wird periodisch unter Anwendung der in Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/2102 vorgesehenen Methode überwacht. Der notwendige Inhalt der Überwachung ergibt sich aus Artikel 8 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/2102.

(2) Über die Ergebnisse der Überwachung, einschließlich der Messdaten im Sinne des Artikel 3 Nummer 8 der Richtlinie (EU) 2016/2102 sowie über die Nutzung des Durchsetzungsverfahrens nach § 12e wird der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit spätestens ab 30. Juni 2021 und danach alle drei Jahre berichtet. Der Bericht wird auf der Grundlage der in Artikel 8 Absatz 6 Satz 2 der Richtlinie (EU) 2016/2102 genannten Modalitäten für die Berichterstattung erstellt.

(3) Die Überwachung nach Absatz 1 wird von einer durch Rechtsverordnung nach § 12f zu benennenden zentralen Stelle durchgeführt. Diese Stelle erstellt auch die Berichte nach Absatz 2.

§ 12e Beschwerdestelle für barrierefreie Informationstechnik

Bei der oder dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung wird eine zentrale Beschwerdestelle errichtet, an die sich die Menschen mit Behinderungen wenden können, wenn die Einhaltung der Anforderungen aus Artikel 4 (§ 12b dieses Gesetzes), Artikel 5 (§ 12 Absatz 3 dieses Gesetzes) und Artikel 7 Absatz 1 (§ 12c dieses Gesetzes) der Richtlinie (EU) 2016/2102 in Frage steht.

§ 12f Verordnungsermächtigung

Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 Regelungen zu treffen über:

  1. die spezifizierten technischen Standards, die die öffentlichen Stellen im Land bei der barrierefreien Gestaltung der Websites und mobilen Anwendungen anzuwenden haben,
  2. das Verfahren zur regelmäßigen Überprüfung und Aktualisierung der Standards der Informationstechnik,
  3. die konkreten Anforderungen an die Erklärung zur Barrierefreiheit nach § 12c und das Verfahren zur regelmäßigen Aktualisierung,
  4. die Anforderungen und das Verfahren zum Feedbackmechanismus nach § 12c Absatz 2 und 3,
  5. das Verfahren vor der zentralen Beschwerdestelle nach § 12e,
  6. das Abwägungsverfahren nach § 12 Absatz 1 Satz 2,
  7. das Verfahren der Überwachung und zur Berichterstattung nach § 12d,
  8. die Durchführung von Schulungsprogrammen für öffentliche Stellen im Land."

Artikel 2

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

ID 190942

ENDE