Qualitätsmerkmale und Anforderungen an Fachkräfte für Arbeitssicherheit für deren Aufgabenwahrnehmung
(BArbBl. 1994 S. 70)
Gemeinsame Empfehlung von Bundesarbeitsministerium, Bundesländern, Verein Deutscher Sicherheitsingenieure.
Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und Deutschem Gewerkschaftsbund
Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf einige, für die Aufgabenwahrnehmung der Fachkräfte für Arbeitssicherheit in den Betrieben wesentliche Aspekte.
Weitergehende Auskünfte erteilen die Träger dieser Empfehlung.
Im weiterem werden die Fachkräfte für Arbeitssicherheit Sicherheitsfachkräfte genannt
1 Vorbemerkungen
1.1 Ziel des Arbeitsschutzes ist es, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu gewährleisten.
Dies dient letztlich auch einer wirtschaftlichen Betriebsführung.
Die rechtliche Verantwortung für den betrieblichen Arbeitsschutz trägt der Arbeitgeber.
Dieser wird er u. a. gerecht, indem er zu seiner Unterstützung im Betrieb Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte bestellt oder externe Dienste beauftragt, welche die Aufgaben nach dem Arbeitssicherheitsgesetz auf einem qualitativ hochwertigen Niveau wahrnehmen.
1.2 Zur Sicherstellung dieses Niveaus bezüglich der Aufgabenwahrnehmung durch Sicherheitsfachkräfte bzw. externe Dienste werden nachfolgend grundlegende Qualitätsmerkmale in konkretisierter Form dargestellt und durch Anforderungen bewertbar gemacht.
Sie sind insbesondere
- Vorgaben für das Tätigwerden von Sicherheitsfachkräften bzw. externer Dienste.
- Bewertungsmaßstäbe (Leitlinien) für die Arbeitgeber,
- Handlungshilfen für Betriebs-/Personalräte,
- Orierentierungshilfen für die staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Aufsichtsdienste.
1.3 Die Sicherheitsfachkraft bzw. der externe Dienst unterstützt und berät den Arbeitgeber auf der Grundlage von beruflicher Erfahrung" und Fachkenntnissen in allen Fragen des Arbeitsschutzes.
Dazu gehört insbesondere
- das Ermitteln und Erkennen von betrieblichen Gefährdungen und Belastungen,
- das Beurteilen der daraus resultierenden Risiken,
- das Ableiten und Vorschlagen von Arbeitsschutzmaßnahmen und
- das Überprüfen der Wirksamkeit der durchgeführten Arbeitsschutzmaßnahmen
Die Sicherheitsfachkraft bzw. der externe Dienst haben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit dem Betriebs-/Personalrat zusammenzuarbeiten und ihn zu unterrichten und ihn auf dessen Verlangen zu beraten.
2. Personelle Anforderungen
2.1 Für die Qualifikation. der Sicherheitsfachkräfte bzw. externer Dienste geben folgende Anforderungen:
- Fachkunde i. S. § 7 Arbertsicherheitsgesetz i. V. in. § 3 Abs. 2-4 der UVV "Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit" VBG 122 VBG 122 (red. Anm.jetzt BGV A 6/jezt BGV A 2),
- fachlicher Leiter eines externen Dienstes muß grundsätzlich ein Sicherheitsingenieur mit mind. zweijähriger Berufspraxis als Sicherheitsingenieur sein,
- Sicherheitsfachkräfte, die von einem Arbeitgeber bestellt werden, sollten aus Effizienzgründen im Jahr insgesamt mindestens 160 Arbeitsstunden als Sicherheitsfachkräfte tätig sein.
In externen Diensten sollten grundsätzlich keine (Teilzeit-)Sicherheitsfachkräfte beschäftigt werden,
- entsprechend den wahrzunehmenden Aufgaben muß im Betrieb bzw. durch den externen Dienst den Sicherheitsfachkräften qualifiziertes Hilfs- (Fach-)Personal zu deren Unterstützung gestellt werden.
2.2 An die Fortbildung/den Erfahrungsaustausch von Sicherheitsfachkräften im Betrieb bzw. in externen Diensten sind folgende Anforderungen zu stellen:
- Teilnahme an Kongressen und Seminaren
(Arbeitsschutzthemen; Vermittlung von betrieblichem Handlungswissen, z.B. Kenntnisse über andere betriebliche Funktionsträger, betriebliche Durchsetzungsstrategien, betriebliche Kooperationsfähigkeit; zeitliche Empfehlung: ca. drei Wochen in drei Jahren, bedarfsorientierte Teilnahme, z.B. bei neuen Erkenntnissen über betriebliche Belastungen und Gefährdungen, neue Entwicklungen in der Rechtsetzung) sowie
- regelmäßiges Studium von Fachliteratur,
- regelmäßiger Erfahrungsaustausch mit anderen Arbeitsschutzfachleuten.
3 Sachliche Anforderungen
Die sachliche Ausstattung muß eine wirksame, umfassende Aufgabenwahrnehmung der Sicherheitsfachkräfte bzw. der externen Dienste nach dem Arbeitssicherheitsgesetz ermöglichen.
Dazu gehören im Betrieb bzw. in externen Diensten
- ausreichende Räumlichkeiten nach der Arbeitsstätten-Verordnung mit zeitgemäßer, büroüblicher Ausstattung,
- ausreichende Geräte für die Aufgabenwahrnehmung durch die Sicherheitsfachkräfte bzw. die externen Dienste,
- Schriftgut
- staatliche Rechtsvorschriften mit Kommentaren, Unfallverhütungsvorschriften und Normen,
- Fachliteratur, Fachzeitschriften und Fachinformationen für das gesamte Gebiet des Arbeitsschutzes.
4 Organisatorische Anforderungen
4.1 Für das Tätigwerden einer Sicherheitsfachkraft bzw. eines externen Dienstes gelten folgende Anforderungen:
- Der Arbeitgeber muß eine im Betrieb angestellte Sicherheitsfachkraft schriftlich bestellen (dabei hat der Betriebs-/Personalrat nach § 9 Abs. 3 ASiG mitzubestimmen).
- Der Arbeitgeber, der einen externen Dienst mit der Aufgabenwahrnehmung verpflichtet (dabei ist der Betriebs-/Personalrat nach § 9 Abs. 3 ASiG zu hören), muß mit diesem Dienst einen schriftlichen Vertrag abschließen.
Die Bestellung bzw. der Vertrag müssen mindestens enthalten:
- rechtliche Grundlagen der Aufgabenwahrnehmung,
- formelle Aufgabenübertragung nach dem ASiG,
- zeitliche Vorgaben für die Aufgabenwahrnehmung unter Berücksichtigung der Mindest-Einsatzzeiten in der VBG 122 (red. Anm.jetzt BGV A 6/jezt BGV A 2),
- Verpflichtung der Sicherheitsfachkraft zur Teilnahme an geeigneten Maßnahmen der Fortbildung und des Erfahrungsaustausches.
Bei der Verpflichtung eines externen Dienstes muß der schriftliche Vertrag die nachfolgenden weiteren Regelungen enthalten:
- erforderliche Fachkunde der Sicherheitsfachkraft,
- Verpflichtung zu bedarfsorientierter Beteiligung externer Experten für spezielle Fragen des Arbeitsschutzes,
- Berichtspflicht und Leistungsdokumentationen,
- Wahrung von Betriebsgeheimnissen.
- Initiieren und ggfs.
Durchführung meß- und prüftechnischer Leistungen
- Haftungs- und Haftpflichtversicherungsumfang des externen Dienstes
- Unterstützungsleistungen. die der Arbeitgeber dem externen Dienst gewährt,
- Verpflichtung des externen Dienstes zur Zusammenarbeit mit anderen am betrieblichen Arbeitsschutz Beteiligten.
4. 2 Mindest-Einsatzzeiten für die Aufgabenwahrnehmung der Sicherheitsfachkräfte bzw. externer Dienste sind in der Unfallverhütungsvorschrift "Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit" (VBG 122 (red. Anm.jetzt BGV A 6/jezt BGV A 2) festgelegt.
Nicht zu den Einsatzzeiten gehören:
- Fahrtzeiten (nur bei externen Diensten),
- Durchführung von meßtechnischen Leistungen.
- Literaturstudium zur allgemeinen Wissensvermehrung.
- Zeitaufwand für Fortbildungsveranstaltungen (nur bei externen Diensten).
- Zeitaufwand für die Durchführung von Unterweisungen gemäß gesetzlicher Bestimmungen.
Die Sicherheitsfachkraft bzw. der externe Dienst soll die Einsatzzeit regelmäßig dahingehend überprüfen, ob sie zur Erfüllung der spezifischem betrieblichen Anforderungen ausreicht.
Der Arbeitgeber muß über das Ergebnis informiert werden, damit dieser geeignete Konsequenzen ziehen kann.
Die Mindest-Einsatzzeiten sind auf Basis von branchenspezifischen bzw. betrieblichen Gefährdungsanalysen zu ermitteln.
Die Einsatzzeit einer Sicherheitsfachkraft soll aus Gründen der Effektivität nicht gesplittet werden.
4.3 Bei der Dokumentation der Aufgabenwahrnehmung von Sicherheitsfachkräften im Betrieb bzw. durch externe Dienste sind die nachfolgenden Anforderungen zu erfüllen:
- Dokumentation der Einsatzzeiten von (Teilzeit-)Sicherheitsfachkräften bzw. externer Dienste.
- Dokumentation der Aufgabenwahrnehmung nach dem Arbeitssicherheitsgesetz in Form eines schriftlichen Berichtes (übersichtlich gegliederte Form, verständliche Sprache, Verwendung geeigneter Formulare/Prüflisten).
Ein solcher Bericht sollte mindestens enthalten:
- Name und Stellung des Bearbeiters im Betrieb bzw. bei externen Diensten Auftraggeber und Auftragnehmer.
- Beschreibung der auszuführenden Aufgabe bzw. des Auftrags,
- Ergebnisse der Analyse und Beurteilung, vorgeschlagene Arbeitsschutzmaßnahmen sowie Aussagen zu deren Durchführung.
- Ergebnisse der Überprüfung der Wirksamkeit der durchgeführten Arbeitsschutzmaßnahmen,
- Zeitaufwand
- Unterschrift (bzw. bei externen Diensten ergänzend Name) des Bearbeiters.
Der Arbeitgeber hat die Berichte aufzubewahren.
Eine Ausfertigumg des jeweiligen Berichtes ist dem Betriebs-/Personalrat zuzuleiten.
4.4 Bei der Aufgabenwahrnehmung der Sicherheitsfachkräfte bzw. externen Dienste ist auf eine interdisziplinär ausgerichtete inner- und überbetriebliche Zusammenarbeit hinzuwirken,
Innerbetrieblich arbeitet die Sicherheitsfachkraft bzw. der externe Dienst zusammen mit
- Arbeitgeber und sonstigen für den Arbeitsschutz verantwortlichen Personen
- Betriebs-/Personalrat
- Arbeitnehmern
und auf der fachlichen Ebene
- Betriebsarzt sowie
- Sicherheitsbauftragten
- Planungs-, Einkauf-, Ausbildungs- und Personalabteilung
- z.B. Ergonomen, Psychologen, Chemikern zu spezifischen Fragestellungen im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung (bei Fehlen solcher Fachdisziplinen im Betrieb sollte externer Sachverstand "eingekauft" werden).
Eine Art der betrieblichen Zusammenarbeit schreibt i. ü. bereits § 11 ASiG in Form eines Arbeitsschutzausschusses vor, der regelmäßige Sitzungen durchführen muß. Davon unabhängig fordert eine wirksamer betrieblicher Arbeitsschutz jede nur denkbare Zusammenarbeit im Betrieb.
Überbetrieblich vollzieht sich die Zusammenarbeit insbesondere mit
- den staatlichen Arbeitsschutzbehörden sowie
- den Berufsgenossenschaften
5. Pflichtenheft für externe Dienste
Der externe Beratungsdienst muß seine Aufgaben auf der Grundlage eines Arbeitsschutzverständnisses nach dem Arbeitssicherheitsgesetz entwickeln.
Darauf aufbauend muß der externe Dienst dem Arbeitgeber grundsätzlich ein auf Prävention ausgerichtetes betriebsspezifisches Pflichtenheft anbieten, das die folgenden Leistungen enthält:
- Analyse- und Beurteilungskonzepte für den ganzen Betrieb (Anzahl, Zeitaufwand und Betriebsbegehungen einschließlich Problemerfassung und -auswertung),
- Beratung auf Basis der Analyse- und Beurteilungskonzepte i. S. eines umfassenden Arbeitsschutzverständnisses (ggf. auch kurzfristig),
- Maßnahmenkonzept zur Beseitigung von Arbeitsschutzdefiziten entwickeln, vorschlagen und überprüfen (einschl.
Aufklärungs- und Informationsarbeit).
6 Maßnahmen zur Qualitätssicherung
Wesentlich zu einer Qualitätssicherung hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung durch Sicherheitsfachkräfte bzw. externe Dienste tragen bei
- Dokumentation der Planung und Entwicklung des betrieblichen Arbeitsschutzes,
- Überprüfen der Wirksamkeit durchgeführter Arbeitsschutzmaßnahmen zur Beseitigung von Arbeitsschutzdefiziten,
- Fortbildung der Sicherheitsfachkräfte im Betrieb bzw. in externen Diensten entsprechend Punkt 2.2,
- interdisziplinäre Zusammenarbeit bei der Lösung von Arbeitsschutzproblemen,
- Überwachung der betrieblichen Arbeitsschutzmaßnahmen durch die staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Aufsichtsdienste.
Dabei handelt es sich um Mindestelemente zur Qualitätssicherung.
| ENDE | |