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Arbeitsschutz; Arbeits- und Sozialrecht

Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 4107
"Erkrankungen an Lungenfibrose durch Metallstaube bei der Herstellung oder Verarbeitung von Hartmetallen"

Stand 1983
(BArbBl. 7-8/1983 S. 54)



Zur Übersicht in Anlage 1 BKV

Hartmetalle sind pulvermetallurgisch erzeugte Werkstoffe, die sich durch ihre große Verschleißfestigkeit, Temperatur- und Korrosionsbeständigkeit auszeichnen. Man unterscheidet Sinterhartmetalle, Aufschweißlegierungen und Aufspritzpulver auf Carbidbasis. Nur noch geringe Bedeutung haben heute Gußcarbide.

Sinterhartmetalle bestehen vorwiegend aus hochschmelzenden Carbiden von besonders geeigneten Metallen, wie Wolfram, Titan, Tantal, Niob, Molybdän, Chrom und Vanadium. Als Bindemittel sind Kobalt, selten Nickel oder Eisen zugesetzt. Die Herstellung von Sinterhartmetallen verläuft über mehrere Stufen:

Das feingemahlene Carbidpulver wird mit dem Metallpulver vermischt, isostatisch zu einer Form gepreßt und bei ca. 600 bis 900 °C vorgesintert. Nach anschließender Rohbearbeitung in Form von Schleifen, Bohren, Sägen, Drehen, erfolgt die Fertigsinterung bei ca. 1350 bis 1600 °C im Vakuum oder unter Schutzgas.

Sinterhartmetalle werden

  1. als Schnittwerkzeuge in der spangebenden Verarbeitung bei der Metallbearbeitung,
  2. als Mahlwerkzeuge bei der Gesteinsbearbeitung (Bergbau und Tunnelbau),
  3. bei der spanlosen Verarbeitung als Preß- und Ziehwerkzeuge (Draht) und
  4. als Verschleißschutz eingesetzt.

Sofern eine Nachbearbeitung von gesinterten Hartmetallen notwendig ist, geschieht dies in der Regel durch Naßschleifen mit Diamant- und Korundscheiben. Darüberhinaus findet auch das Funkenerosionsverfahren Anwendung.

Aufschweißlegierungen bestehen aus gegossenem und anschließend zerkleinertem Wolframcarbid. Letzteres wird in Stahlröhrchen gefüllt, die als Schweißelektroden verwendet werden. Beim Schweißen entsteht eine hochhalte Legierung, die der Panzerung von Maschinen bzw. Maschinenteilen mit hohem abrasivem Verschleiß dient.

Aufspritzpulver bestehen aus gegossenen Wolframcarbidkörnern und einem Bindemetall (Basis Nickel-Chrom-Bor). Diese Pulver werden mittels Auftragsbrenner oder Aufspritzpistolen auf verschleißbeanspruchte Stahlteile aufgebracht.

Gußcarbide sind gegossene Formkörper aus Kobalt und Nickel oder Kobalt und Eisen mit Carbidbildern wie Chrom, Molybdän, Wolfram. Sie enthalten bis zu 4% Kohlenstoff.

I. Gefahrenquellen:

Als Gefahrenquellen gelten insbesondere:

II. Pathophysiologie

Lungengängiger Staub oder Rauch des vor- und fertiggesinterten oder gegossenen Materials kann in der Lunge zu fibrotischen Veränderungen führen. Die Pathogenese dieser Erkrankungen ist noch nicht in vollem Umfang bekannt.

Unter allen Exponierten sind die Hartmetallschleifer am stärksten gefährdet. Durch den konstanten Hartmetallabrieb einerseits und die Wiederverwendung des Schleifwassers andererseits werden die Einzelbestandteile der Hartmetalle kontinuierlich im Schleifwasser angereichert. Besondere Bedeutung scheint hierbei das Kobalt zu haben; über die Rolle einiger anderer Bestandteile der Hartmetalle sind sichere Aussagen noch nicht möglich.

Das metallische Kobalt wird im Schleifwasser ionisiert und kann als lungengängiges Aerosol leichter resorbiert werden als der trockene Schleifstaub. Die ionisierte Form des Kobalt reagiert mit Proteinen und wirkt vermutlich als Hapten, wodurch die Bildung spezifischer Antikörper möglich wird. In der Dermatologie sind Nickel und Kobalt bereits seit langem als Allergene bekannt.

III. Krankheitsbild und Diagnose

Das Krankheitsbild ist durch eine interstitielle Lungenfibrose charakterisiert. Eine obstruktive Atemwegserkrankung kann als Komplikation hinzutreten.

Die interstitielle Lungenfibrose wird nach mehrjähriger Expositionsdauer beobachtet. Frühsymptome sind Atemnot und trockener Husten. Neben einer Tachypnoe und basalem Knisterrasseln können im weiteren Verlauf Cyanose, Trommelschlegelfinger und Zeichen des Cor pulmonale beobachtet werden.

Von besonderer Bedeutung für die Diagnose ist die Thoraxübersichtsaufnahme. Je nach Schweregrad der Erkrankung zeigt sich eine netzförmig-streifig vermehrte Lungengrundzeichnung. Später kann eine meist feine Körnelung mit Verschmelzungstendenzen hinzutreten. Die Hili sind oft symmetrisch verdichtet und von der Umgebung unscharf abgegrenzt. Außerdem können schmetterlingsförmige Trübungsbezirke auftreten. Diese im Röntgenbild erkennbaren Veränderungen sind relativ uncharakteristisch und entsprechen den Röntgenbildern bei anderen Fibrosen.

Die pulmokardialen Funktionsausfälle entsprechen denen einer interstitiellen Lungenfibrose. Es finden sich Hinweise auf eine restriktive Ventilationsstörung. Eine belastungsabhängige Erniedrigung des arteriellen Sauerstoffdrucks im Sinne einer Diffusionsstörung wird häufig beobachtet. Später kann eine obstruktive Komponente hinzutreten.

Diagnostische Hinweise kann eine Schwermetallbestimmung im biologischen Material (Blut, Urin) geben.

IV. Weitere Hinweise

Der begründete Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit ergibt sich aus der Arbeitsanamnese, aus der Symptomatik und dem Röntgenbefund der Lunge.

Bei der differentialdiagnostischen Klärung der Erkrankung müssen Lungenfibrosen anderer oder unbekannter Genese in Betracht gezogen werden.

Bezüglich der Inhaltsstoffe Chrom und Nickel wird auf die entsprechenden Merkblätter verwiesen.

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ENDE