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Wissenschaftliche Begründung für die Berufskrankheit
"Chronische obstruktive Bronchitis einschließlich Emphysem durch Quarzstaubexposition bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis am Arbeitsplatz von mindestens zwei Quarz-Feinstaubjahren [(mg/m;) x Jahre] oberhalb der Konzentration von 0,1 mg/m;"
Vom 24.08.2022
(GMBl. Nr. 35 vom 15.09.2022 S. 803)
- Bek. des BMAS v. 24.8.2022 -
IVa 4-45226-2 -
Der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat am 23. Juni 2022 empfohlen, eine neue Berufskrankheit mit der vorgenannten Legaldefinition in die Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufzunehmen.
Diese Empfehlung wird wie folgt begründet:
1. Vorkommen und Gefahrenquellen
Das Krankheitsbild der Chronischen obstruktiven Bronchitis einschließlich des Emphysems durch arbeitsbedingte Quarzstaubexposition entsteht durch Einwirkung alveolengängiger Staubpartikel, die Quarz, Cristobalit oder Tridymit enthalten. Die Gefährdung wächst mit der Zunahme der Staubkonzentration in der Atemluft, mit der Zunahme der alveolengängigen Staubfraktion sowie mit dem Gehalt an kristallinem Siliziumdioxid (SiO2) und mit der Expositionszeit. Gefahrenquellen sind z.B. die Gewinnung, Bearbeitung oder Verarbeitung von Sandstein, Quarzit, Grauwacke, Kieselerde (Kieselkreide), Kieselschiefer, Quarzitschiefer, Granit, Porphyr, Bimsstein, Kieselgur, Steinkohle und keramischen Massen. Auch silikatisches Material kann, wenn freie kristalline Kieselsäure darin enthalten ist, eine Gefahrenquelle sein, z.B. Talkum. Gefährdet sind insbesondere Erzbergleute (einschließlich Uranerzbergbau), Tunnelbauer, Gußputzer, Sandstrahler, Ofenmaurer, Former in der Metallindustrie und Personen, die bei der Steingewinnung, -bearbeitung und -verarbeitung oder in grob- und feinkeramischen Betrieben sowie in Dentallabors beschäftigt sind (BMAS 1998). Bezüglich der gefährdenden Exposition von Steinkohlebergleuten unter Tage wird auf die Wissenschaftliche Begründung der BK-Nr. 4111 verwiesen ("Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m3) x Jahre]").
2. Pathophysiologie
Arbeitsbedingte Einflüsse spielen eine bedeutsame Rolle für die Entstehung chronisch-obstruktiver Lungenerkrankungen - COPD (GOLD 2021; Preisser 2015; Vogelmeier et al. 2018). Quarzstäube sind wichtige Auslöser einer COPD, wobei man sich den Pathomechanismus wie folgt vorstellt:
Der COPD liegen eine chronische Entzündung und ein struktureller Umbau ("remodelling") der Atemwege (Bronchitis) sowie eine Destruktion des Lungenparenchyms (Emphysem) zugrunde, meist als Reaktion auf inhalative Noxen. Die beteiligten Entzündungszellen sind Neutrophile, Makrophagen und T-Lymphozyten. Es existieren verschiedene Mechanismen, wie Quarzpartikel zelluläre Schäden induzieren können, die letztlich zu einer COPD führen. Zytotoxische Phänomene spielen eine Rolle, außerdem proinflammatorische Faktoren wie Zytokine, Chemokine sowie Elastase und fibrogene Substanzen. Quarzpartikel initiieren toxische und inflammatorische Prozesse in den Atemwegen, und im alveolären Parenchym werden Mediatoren freigesetzt, die zu vermehrter Produktion von Oxidantien, Cyokinen, Chemokinen und Elastase führen, die wiederum die Atemwegsentzündung verstärken und zu emphysematösen Veränderungen führen. Darüber hinaus können Quarzpartikel Schäden an Epithelzellen auslösen, die wiederum die Penetration von Quarzpartikeln durch die Wände der kleinen Atemwege erleichtern und auf diesem Wege die Fibrose-Entstehung fördern. Restriktive, fibrosierende Lungenerkrankungen nach Quarzstaubexposition gehen mit einer vermehrten Produktion von Kollagen und Fibroblasten-Wachstumsfaktoren einher, wobei es zu Fibrosierungen in den Alveolarwänden und zur Entstehung silikotischer Knoten kommt. In Abhängigkeit vom inhalativen Expositionsmuster und von individuellen Suszeptibilitätsfaktoren kommt es zu pathologischen Phänomenen, die durchaus gegenläufige Wirkung auf die Lungenfunktion entfalten können: Chronische Bronchitis, Bronchiolitis und Emphysem mit der häufigen Folge einer Obstruktion, und andererseits zur Fibrose, die mit einer Restriktion einhergeht (Hnizdo and Vallyathan 2003).
3. Epidemiologische Studien
Eine Auswertung des US-amerikanischen bevölkerungsbezogenen National Health and Nutrition Examination Survey III von nahezu 10.000 Erwachsenen zwischen 30 und 75 Jahren zeigte einen der Arbeitsplatzexposition attributablen COPD-Anteil von 19,2 % insgesamt, und von 31,1 % bei Nie-Rauchern (Hnizdo et al. 2002). Diese Zahlen sind kompatibel mit einem Positionspapier der Amerikanischen Pneumologischen Gesellschaft, die arbeitsbedingten Einflüssen einen attributablen Anteil von 10 bis 20 % bezüglich Symptomen oder funktionellen Einschränkungen im Sinne einer COPD beimaß (Balmes et al. 2003). Eine aktuelle Metaanalyse kommt auf einen Populationsattributablen Anteil des Einflusses der Berufstätigkeit auf die COPD in Höhe von 14 % (Blanc et al. 2019).
Im Rahmen eines systematischen Reviews wurde gezeigt, dass arbeitsbedingte Expositionen gegenüber granulären biobeständigen A-Stäuben mit einer statistisch signifikanten Abnahme der Lungenfunktion (FEV1 und FEV1/FVC) verbunden ist, welche einer COPD-typischen Atemwegsobstruktion entspricht (Brüske et al. 2013). Ein paralleles Review zeigte, dass speziell die arbeitsbedingte Exposition gegenüber Quarz-A-Staub (respirable crystalline silica - RCS) einen signifikant adversen Effekt auf die Lungenfunktion hat (Brüske et al. 2014). So zeigt die Meta-Analyse von Querschnittsstudien, dass der mittlere Tiffeneau-Index (FEV1/FVC) von RCS-exponierten Beschäftigten im Vergleich zu Beschäftigten ohne bzw. mit niedriger Belastung reduziert war und FEV1 um 4,6 % niedriger lag als der Referenzwert.
Eine quantitative Abschätzung der Zusammenhänge zwischen RCS und den Lungenfunktionsparametern auf der Basis von Längsschnittstudien konnte lediglich in drei Studien vorgenommen werden (Hertzberg et al. 2002; Möhner et al. 2013a; Möhner et al. 2013b; Ulvestad et al. 2001). Die Ergebnisse dieser drei Studien belegen übereinstimmend einen Zusammenhang zwischen der RCS-Exposition und dem Auftreten einer COPD. Die quantitativen Ableitungen für den RCS-Effekt fallen jedoch sehr heterogen aus.
In einer Längsschnittstudie von Tunnelarbeitern wurde über einen Zeitraum von acht Jahren die Veränderung der Lungenfunktion untersucht (Ulvestad et al. 2001). Aus ihren Untersuchungen schätzten die Autoren für Nichtraucher einen zusätzlichen jährlichen Verlust bezüglich FEV1 von 25- 38 ml, je nach Berufsgruppe, ab. Im Regressionsmodell wird sowohl RCS als auch der Feinstaub berücksichtigt. Aus den publizierten Expositionsdaten dieser Studie (dortige Tabelle 1) lassen sich die Quarzanteile im A-Staub für die verschiedenen Berufsgruppen berechnen. So ergibt sich für die Tunnelbohrer lediglich ein mittlerer Anteil von 3,67 % (0,044 mg/m3/1,2 mg/m3). Für die Betonierer (Shotcreters) ergibt sich lediglich 0,5 %, aber für die Referenzgruppe ergibt sich ein Quarzanteil von 1,4 % (Outdoor workers) bzw sogar 2,6 % (White collar employees). [Anmerkung: In der WISMUT-Studie beträgt der mittlere Quarzanteil 13,3 % (Möhner et al. 2013a); nach Bakke (Bakke et al. 2014) liegt der Quarzgehalt bei 16,8 % (Quotient der arithmetischen Mittelwerte) bzw. bei 11,2 % (Quotient der geometrischen Mittelwerte), allerdings gemessen auf Basis von PM10.]. Die Autoren gehen davon aus, dass ihr geschätzter Koeffizient für den FEV1-Abfall, welcher 271 ml FEV1 pro mg/m3-Jahr beträgt, eine Überschätzung darstellt 1. In einer weiteren Studie beobachteten die Autoren obstruktive Veränderungen der Lungenfunktion bei einer Gruppe von Bohr- und Sprengarbeitern aus Steinbrüchen mit einer hohen kumulativen Exposition gegenüber RCS (mittlere Expositionsrate von 0,081 mg/m3) bei einer mittleren Expositionszeit von 22 Jahren. Die Einschränkung der Lungenfunktion war auch bei Nichtrauchern zu beobachten. In der Gruppe von Arbeitern mit einer mittleren Expositionsrate von 0,04 mg/m3 wurden keine Lungenfunktionseinschränkungen beobachtet (Ulvestad et al. 2020).
Die retrospektive Kohortenstudie von Hertzberg und Kollegen basiert auf den Lungenfunktionsdaten, die im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen erhoben wurden (Hertzberg et al. 2002). 1072 Gießereiarbeiter, die bereits vor 1986 beschäftigt und 1991 noch aktiv waren bzw. eine Rente bezogen, wurden in die Untersuchung eingeschlossen. Berücksichtigung fanden alle Lungenfunktionsmessungen seit 1978 sowie das jüngste Röntgenbild. Angaben zum Gesundheitsstatus, zur Berufsbiografie sowie zum Raucherstatus wurden über einen Fragebogen erhoben. Die Staubexposition wurde über eine Job-Exposure-Matrix abgeschätzt. Von den 1072 Personen, die die Einschlusskriterien erfüllten, wurden 36 (3,4 %) wegen einer bestehenden Silikose oder Asbestose ausgeschlossen. Das mittlere Alter der Kohorte betrug 58,7 Jahre, wobei die 473 (45,7 %) einbezogenen Ruheständler im Durchschnitt bereits 68,4 Jahre alt waren. Auf der Basis ihrer Daten schätzten die Autoren unter der Annahme einer 40-jährigen Tätigkeit mit einer inhalativen Belastung in Höhe des damals geltenden Quarz-Feinstaub-Grenzwerts von 0,1 mg/m3 das relative Risiko für abnormalen FVC-bzw. FEV1-Wert (unterhalb des fünften Perzentils des entsprechenden Referenzwertes) auf 1,49 bzw. 1,68. Die Schätzungen für den Verlust an FVC, FEV1 und FEV1/FVC betragen je 1 mg/m3-Jahr 34,4 ml, 26,1 ml respektive 0,37 %, wobei nach Alter, Größe, Ethnie und Rauchen (Packungsjahre) adjustiert wurde.
Diese Schätzungen liegen deutlich unter jenen aus den anderen beiden Studien (Ulvestad et al. 2001, Möhner et al. 2013a). Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass der Altersdurchschnitt insbesondere unter den Ruheständlern sehr hoch war, was zu einem ausgeprägten Healthy-Worker-Survivor-Effekt geführt haben dürfte, was wiederum eine Unterschätzung der Risiken bedeuten würde.
Die dritte Kohortenstudie basiert auf den Daten zu 1421 Bergleuten der Geburtsjahrgänge 1954 bis 1956 aus dem Uranerzbergbau der früheren WISMUT AG (Möhner et al. 2013a). Für den Zeitraum 1971 bis 1989 lagen für diese Probanden im Durchschnitt fünf Datensätze zur Spirometrie vor, die im Rahmen von routinemäßig durchgeführten arbeitsmedizinischen Tauglichkeits- und Überwachungsuntersuchungen erhoben wurden. Über lineare gemischte Modelle wurde unter Berücksichtigung von Alter, Größe, BMI und Raucherstatus der Effekt von RCS analysiert. Je 1 mg/m3-Jahr RCS sank FEV1/FVC um 2,79 % (95 %-CI:1,96 %-3,62 %). Auch bezüglich FEV1 ergab die Analyse einen signifikanten Verlust pro RCS-Einheit [2,09 % (95 %-CI:0,96 %-3,23 %), was rund 87 ml entspricht].
Darüber hinaus wurde eine eingebettete Fall-Kontroll-Studie durchgeführt, in der Fälle definiert waren als Personen, für die in mindestens einer Spirometrie ein Wert von FEV1/FVC < 0.7 aufgezeichnet wurde. Dies traf auf 306 Bergleute (21.5 %) zu. 73 Bergleute hatten bereits bei der ersten Spirometrie einen pathologischen Befund, waren daher für die Fragestellung nicht geeignet und wurden ausgeschlossen. Die verbliebenen 233 Bergleute galten als COPD-Patienten (= Fälle) von dem Zeitpunkt an, als zum ersten Mal ein FEV1/FVC-Quotient < 70 % gemessen wurde. Gut die Hälfte der COPD-Patienten (n= 132) erfüllte die härteren Kriterien für ein Stadium e II. Die 1115 Bergleute, deren FEV1/FVC-Quotient nicht unter diesen Wert fiel, bildeten die potentielle Kontrollgruppe, von denen jeweils drei Personen (n=699) den "Fällen" individuell nach Geburtsjahr und Alter zum Zeitpunkt der Spirometrie als "Kontrollen" zugeordnet wurden. In der konditionalen logistischen Regression wurde ein erhöhtes Risiko an COPD zu erkranken festgestellt. Pro Quarz-A-Staub Jahr erhöhte sich das Erkrankungsrisiko um den Faktor von OR=1,42 [95 %-CI: 0,92-2,20]. Unter der Annahme einer arbeitsbedingten Exposition von 0.1 mg/m3 RCS hatten Raucher bereits nach 25 Berufsjahren (Nichtraucher nach 31 Berufsjahren) einen pathologischen FEV1/FVC-Quotienten < 70 %. Die Stärke der Studie liegt neben dem longitudinalen Studiendesign unter anderem darin, dass die untersuchte Population bereits im jungen Alter (Arbeitsbeginn im Mittel im Alter von 20,4 Jahren, erste Spirometrie im Mittel im Alter von 23,4 Jahren) untersucht wurde. Bedeutsame andere arbeitsbedingte Expositionen konnten damit weitgehend ausgeschlossen werden. Silikosen fanden sich - nach konventionellradiologischen Kriterien - nicht.
Neben den aufgeführten Studien sind noch weitere Studien erschienen, welche ebenfalls zur Abklärung des Einflusses von RCS auf die Lungenfunktion beitragen können. Diese Studien sind entweder erst nach Abschluss der Recherchen für das systematische Review (Brüske et al. 2012) erschienen oder erfüllten die für das systematische Review gewählten Einschlusskriterien nicht bzw. nur unvollständig:
Steenland und Brown berichteten in ihrer Mortalitätsanalyse über die Goldminenarbeiter aus South Dakota für die Bronchitis (ICD9: 490-491) SMR = 1.66 (95 %-CI: 0.61- 3.61) (Steenland and Brown 1995).
In einer Kohortenstudie wurde die Mortalität von 2670 nordamerikanischen Beschäftigten in der Sand-Industrie über den Zeitraum 1980 bis 1994 untersucht (McDonald et al. 2001). Das Hauptaugenmerk der Studie lag auf der Silikose und dem Lungenkrebs. Für beide Entitäten wurden signifikante Expositions-Risiko-Beziehungen ermittelt (Hughes et al. 2001). Für die nichtmalignen Atemwegserkrankungen (NMRD) wurde auf Basis von 113 beobachteten Todesfällen eine um 70 % erhöhte Mortalität beobachtet [SMR = 1,69 (95 %-CI: 1,39-2,03)]. Für die COPD wurde jedoch keine separate SMR berichtet. Wenn man jedoch die 30 in der NMRD-Kategorie enthaltenen Todesfälle durch Silikose unberücksichtigt lässt, bleibt die SMR immer noch erhöht [SMR = 1,24 (95 %-CI: 0,99-1,54)]. Eine analoge Betrachtung ergibt auch für eine Kohorte von Arbeitern einer Schamott-Ziegelei nicht nur für Silikose und Lungenkrebs, sondern auch für die restlichen NMRD ein erhöhtes Risiko von SMR = 1,39 (95 %-CI: 0,88-2,08) (Merlo et al. 1991).
Moshammer und Neuberger analysierten die Todesursachen von 1630 staubexponierten Arbeitern aus Wien, welche über routinemäßig durchgeführte arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen in den 1950er Jahren rekrutiert wurden, und verglichen diese mit jenen von Beschäftigten ohne arbeitsbedingte Staubexposition, welche über den gleichen Weg rekrutiert wurden und bezüglich Alter und Raucherstatus vergleichbar waren (Moshammer and Neuberger 2004). Neben einem erhöhten Risiko für Pneumokoniose (ICD9: 500-508, 515-517) HR = 67,12 (95 %-CI: 9,30-484,4; N = 60) ergab sich auch bezüglich der COPD (ICD9: 490-496) ein erhöhtes Risiko HR = 1,82 (95 %-CI: 1,30-2,56; N=86). Wegen der hohen Zahl von Pneumokoniosen muss unter den Exponierten von einer hohen Exposition gegenüber RCS ausgegangen werden.
In einer britischen Kohorte von Beschäftigten aus der Sandindustrie wurde über den Zeitraum 1951 bis 2001 keine erhöhte Mortalität bezüglich COPD beobachtet [SMR = 0.80 (95 %-CI: 0,50-1,23)]. Allerdings wurden über diesen Zeitraum auch nur zwei Pneumokoniosen beobachtet, während 1,4 Fälle gemäß der Todesursachenstatistik zu erwarten waren (Brown and Rushton 2005).
In der Granitarbeiter-Kohorte aus Vermont (Vacek et al. 2011) ergibt sich nach Abzug der 55 Todesfälle durch Silikose für die restlichen NMRD noch ein erhöhtes Risiko [SMR = 1,18 (95 %-CI: 1,06-1,32); N = 322]. Wird jedoch nur die Rubrik Bronchitis, Emphysem und Asthma betrachtet, so ergibt sich lediglich eine SMR von 0,94 (95 %-CI: 0,75-1,18) auf der Basis von 77 beobachteten Fällen.
In einer Kohortenstudie unter 13000 schwedischen Eisenerz-Bergleuten über den Zeitraum 1952 bis 2006 wurden insgesamt 127 Todesfälle berichtet, bei denen eine COPD (ICD10: J40-J47) als Grundleiden angegeben war, was eine SMR von 1,29 (95 %-CI: 1,07-1,53) ergab (Björ et al. 2013).
Das Followup einer Kohorte von 5115 Arbeitern aus der Keramikindustrie in Staffordshire wurde nunmehr bis 2008 erweitert (Cherry et al. 2013). Die Mortalität bezüglich COPD (ICD9: 490-492,496; ICD10: J40-J44) war signifikant erhöht [SMR = 1,46 (95 %-CI: 1,24-1,71); N = 158]. In der ersten Analyse, welche nur den Zeitraum bis 1992 einschloss, war noch ein mehr als verdoppeltes COPD-Risiko beobachtet worden [SMR = 2,20 (95 %-CI: 1,57-3,01); N = 39]. Wie bezüglich der Pneumokoniosen halbierte sich nahezu auch das Mortalitätsrisiko bezüglich der COPD für den nachfolgenden Zeitraum, was als kompatibel mit einer deutlichen Verringerung der RCS-Exposition angesehen werden kann.
In einer Querschnittstudie aus dem Schieferbergbau in Wales wurden die RCS-exponierten Bergleute mit anderen Beschäftigten verglichen, welche sich hinsichtlich Alter und Raucherstatus nicht von den Bergleuten unterschieden (Reynolds et al. 2017). Bezogen auf das aus dem Tiffeneau-Index abgeleitete COPD-Kriterium (FEV1/FVC < 0,7) ergab sich für die Schieferbergleute insgesamt: ORCOPD = 1.40 (95 %-CI: 1,06-1,84). Reduziert auf die Nie-Raucher ergab sich sogar eine ORCOPD von 2,25 (95 %-CI: 0,91-5,92).
In einem Review wurde der Frage nachgegangen, ob die gegenwärtigen Grenzwerte für RCS vor einer COPD schützen (Hoet et al. 2017). Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass aus den bisher vorliegenden Untersuchungen keine fundierte quantitative Schätzung für einen Schwellenwert, welcher mit einem erhöhten Risiko einer COPD verbunden ist, gezogen werden könne. Sie kritisierten dabei in erster Linie, dass in den Längsschnittstudien die Qualität der Spirometrien nicht jener entsprach, wie sie in Querschnittstudien üblich ist.
Ableitung des Grenzwertes
Die Studie von Ulvestad et al. (Ulvestad et al. 2020) ergibt für langjährig gegenüber Quarz-A-Staub Exponierte bei einer mittleren Konzentration von 0,04 mg/m3 keine Lungenfunktionseinschränkungen. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit dem vom AGS festgelegten Beurteilungsmaßstab für Quarz-A-Staub in Höhe von 0,05 mg/m3 (Stand bei Drucklegung (AGS 2016)). Beeinträchtigungen der Lungenfunktion wurden erst bei einer Verdopplung der mittleren Konzentration festgestellt.
Bei der Studie auf Basis der WISMUT-Bergleute (Möhner et al. 2013a) ist zu berücksichtigen, dass die Ergebnisse der eingebetteten Fall-Kontroll-Studie sehr vorsichtig interpretiert werden müssen. Die Eingruppierung eines Probanden als COPD-Fall nach den GOLD-Kriterien allein auf Basis einer einzelnen Spirometrie kann zu Fehlern führen. Eine nachträgliche Durchsicht der Studiendaten hat ergeben, dass mehr als 40 % der als GOLD e 2 eingestuften Bergleute noch weiter in ihrem Beruf tätig waren, ohne dass sie an staubarme Arbeitsplätze wechselten.
Auf Basis dieser Studiendaten wurde auch untersucht, wie stark sich die Lungenfunktionsparameter in Abhängigkeit von der Staubexposition verschlechtern (Möhner und Nowak 2020). Neben linearen Dosis-Wirkungs-Modellen wurden hierbei auch Schwellenwert-Modelle berücksichtigt, weil die Ergebnisse eines Reviews von Rushton darauf hindeuten, dass die Lungenfunktion erst ab einer Quarzstaub-Konzentration oberhalb von 0,1 bis 0,2 mg/m3 beeinträchtigt wird (Rushton 2007). Auch die Modellierung der Clearance aus der Lunge bei Steinkohlenbergleuten geht von einem Schwellenwert aus, ab dessen Überschreitung die Wirkung derselben kontinuierlich abnimmt (Kuempel et al. 2001a; Kuempel et al. 2001b). Es wurden somit Schwellenwert-Modelle hinsichtlich der Quarz-A-Staub-Konzentration in Betracht gezogen, in welchen nur die Exposition oberhalb einer bestimmten Konzentrationsschwelle als risikorelevant angesehen und deshalb aufsummiert werden. Zur Schätzung des Schwellenwertes wurde die von Ulm und Kollegen entwickelten statistischen Methoden herangezogen (Ulm 1989; Ulm 1991). Als optimaler Schwellenwert für die Quarz-A-Staub-Konzentration wurde 0,089 mg/m3 mit einem 95 %-Konfidenzintervall von (0,071-0,101) geschätzt.
Auch die Analyse verschiedener Untergruppen sprach nicht dagegen, einen Schwellenwert im Bereich von 0,07-0,1 mg/ m3 zu favorisieren. In Anlehnung an den sogenannten "Preferred Value Approach", welcher in der MAK-Kommission und auch in Europäischen Gremien bei der Ableitung von Arbeitsplatz-Grenzwerten Anwendung findet, wird 0,1 mg/ m3 als Schwellenwert festgelegt. Unter Ansetzung dieses Schwellenwertes ergab sich dann, dass eine kumulative Exposition von 1,96 mg/m3-Jahre Quarz-A-Staub (95 %-CI 1,56-2,64) oberhalb dieses Schwellenwertes zu einem Abfall von FEV1/FVC auf das Niveau von LLN (lower limit of normal, unterer Grenzwert entsprechend dem 5er Perzentil) führt. Das Modell ohne Schwellenwert, unter welchem FEV1/FVC nach einer kumulativen Quarz-A-Staub-Exposition von 9,12 mg/m3-Jahre auf das Niveau von LLN fällt, ist dem Schwellenwert-Modell hinsichtlich der Modellanpassung deutlich unterlegen. Somit wird als Referenzwert für die kumulative Exposition oberhalb des Schwellenwertes von zwei mg/m3-Jahre Quarz-A-Staub festgelegt. Auch die Ergebnisse der Subgruppenanalysen sprechen nicht gegen diesen Referenzwert. Die getrennte Analyse nach dem Raucherstatus ergab, dass Raucher das Niveau von LLN bereits bei einer etwas geringeren kumulativen Dosis erreichen als Nichtraucher [1,85 mg/m3 (95 %-CI: 1,37-2,82) vs. 2,48 mg/ m3 (95 %-CI: 1,56-6,04)], was wegen des adversen Effektes des Rauchens auf die Lungenfunktion zu erwarten war. Der für die Quarz-A-Staubkonzentration anzusetzende Schwellenwert ist zudem auch kompatibel mit den Ergebnissen des genannten Reviews über Längsschnittstudien, welches zu dem Ergebnis kommt, dass eine Verminderung der Lungenfunktion erst ab Quarz-A-Staubkonzentrationen von 0,1- 0,2 mg/m3 auftritt (Rushton 2007).
Neben den genannten Studien sollten auch die Studien aus dem Steinkohlebergbau nicht unberücksichtigt bleiben, da es für diese Berufsgruppe auch international eine Reihe von Längsschnittuntersuchungen gibt. Der Schwellenwert von 100 mg/m3-Jahren für die BK 4111 wurde primär von Studien aus dem saarländischen Steinkohlenbergbau abgeleitet Berücksichtigt man, dass die saarländische Steinkohle durchschnittlich 12,5 % Quarzstaub enthält, so entsprechen die 100 mg/m3-Jahre Steinkohlengrubenstaub etwa 12,5 mg/m3-Jahre Quarz-A-Staub, d. h. etwas höher als der aus den Wismut-Daten ohne Berücksichtigung einer Konzentrationsschwelle abgeleitete Wert von 9,12 mg/m3-Jahren.
Aus den aufgeführten epidemiologischen Studien ergibt sich hinreichende Evidenz für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen arbeitsbedingter RCS-Exposition und COPD-Risiko. Die Zahl derjenigen Studien, welche eine quantitative Abschätzung dieses Risikos ermöglichen, ist jedoch gering. Andererseits ist auch längerfristig kaum zu erwarten, dass Längsschnittstudien über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren durchgeführt werden und über diesen Zeitraum mit den bei einer Querschnittsstudie üblichen Qualitätsanforderungen für die Spirometrie mithalten können. Insofern stellt der abgeleitete Schwellenwert eine beste Schätzung dar, welche neben den publizierten quantitativen Ableitungen auch die anderen Studien gebührend berücksichtigt.
4. Krankheitsbild und Diagnose
Die COPD ist charakterisiert durch eine persistierende und üblicherweise progrediente Atemwegsobstruktion. Die COPD ist assoziiert mit einer gesteigerten Entzündungsreaktion in den Atemwegen, die durch die langjährige Inhalation von Partikeln und Gasen ausgelöst wird. Exazerbationen und Komorbiditäten können den Schweregrad der Erkrankung mitbestimmen.
Die Atemwegsobstruktion hat zwei wesentliche Ursachen: eine Entzündung im Bereich der kleinen Atemwege (obstruktive Bronchiolitis) und eine Destruktion von Lungengewebe (Emphysem). Der relative Beitrag beider pathophysiologischer Prozesse zum Krankheitsbild ist sehr variabel. Obstruktive Bronchiolitis und Emphysem können einen Kollaps der Atemwege während der Ausatmung bedingen, was wiederum zum Phänomen der Überblähung unter Belastung führen kann.
Viele (aber bei weitem nicht alle) Patienten mit COPD haben auch Symptome einer chronischen Bronchitis. Die chronische Bronchitis ist nach World Health Organization (WHO) definiert als das Vorhandensein von Husten und Auswurf über mindestens drei Monate in jedem von zwei aufeinanderfolgenden Jahren. Die chronische Bronchitis kann der Atemwegsobstruktion zeitlich vorangehen oder ihr nachfolgen. Die Risikofaktoren für die Entwicklung einer COPD sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Die Diagnose COPD ist bei allen Patienten mit Husten, Auswurf, Atemnot und/oder Vorhandensein genuiner Risikofaktoren und/oder einer Expositionsanamnese in Erwägung zu ziehen. Die Diagnose wird durch den Nachweis einer nicht vollständig reversiblen Atemwegsobstruktion gesichert (Vogelmeier et al. 2018).
Tab. 1 Risikofaktoren für die Entwicklung einer COPD
(Vogelmeier et al. 2018)
genuine Faktoren |
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exogene Faktoren |
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Zur Diagnose einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder eines Emphysems wird auf die Leitlinie zur COPD (Vogelmeier et al. 2018) Bezug genommen; die weltweiten, jährlich aktualisierten GOLD-Kriterien (GOLD 2022) werden bei regelmäßigen Überarbeitungen der deutschen Leitlinien weitestgehend übernommen.
Anamnese und körperliche Untersuchung
Chronischer Husten (mit Auswurf) kann ein Frühsymptom sein. Patienten mit Emphysem entwickeln häufig eine Belastungsdyspnoe ohne Husten und Auswurf, die sich bei Progression der Krankheit bei allen COPD-Patienten bemerkbar macht. Thorakales Engegefühl und pfeifende Atemgeräusche können auch vorhanden sein.
Die Anamnese soll bei Verdacht auf COPD folgende Angaben enthalten:
Bei mittelschwerer und schwerer Erkrankung können folgende körperliche Untersuchungsbefunde vorliegen:
Radiologische Diagnostik
Eine Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane in zwei Ebenen ist bei der Erstdiagnostik einer COPD sinnvoll (Vogelmeier et al. 2018). Die Diagnose eines Lungenemphysems erfolgt - neben der Lungenfunktionsdiagnostik - computertomographisch. Für die differentialdiagnostische Abgrenzung einer Quarzstaublungenerkrankung im Sinne einer BK-Nr. 4101 bedarf es ebenfalls computertomographischer Techniken, da die konventionelle Röntgendiagnostik diesbezüglich keine hinreichende Sensitivität aufweist.
Lungenfunktionsdiagnostik
Um die Diagnose COPD zu stellen, soll neben der Erhebung der Anamnese und der körperlichen Untersuchung in jedem Fall eine Lungenfunktionsprüfung durchgeführt werden, um die Obstruktion zu dokumentieren. Die globale Initiative GOLD definiert die persistierende Obstruktion bei COPD anhand einfach zu messender spirometrischer Kriterien: der postbronchodilatorisch gemessene Tiffeneau-Index (FEV1/FVC) < 70 % oder alternativ FEV1/FVC < als die untere Normgrenze (lower limit of normal, LLN). Letztere wurden in einer großen gesunden Referenzpopulation für vier verschiedene Ethnien (Kaukasier = Weiße, Schwarze, Süd- und Nordasiaten) in der GLI (Global Lung Initiative) als die 5er-Perzentile des Tiffeneau-Index FEV1/FVC bestimmt. Daraus ergeben sich (kleine) Unterschiede, da bei über 50-jährigen Gesunden die LLN unter 70 % liegt. Je älter der gesunde Proband, umso niedriger das LLN. Es ist auch geschlechtsabhängig. So liegt die LLN des Tiffeneau-Index bei 80-jährigen Männern knapp über 60 %, bei Frauen geringfügig höher.
Eine spirometrisch gemessene Bronchialobstruktion ist keinesfalls automatisch mit der klinischen Diagnose COPD gleichzusetzen. Zwar ist der objektive Nachweis einer persistierenden Bronchialobstruktion ein notwendiges Kriterium für die Diagnosestellung. Die Lungenfunktion dient somit der Bestätigung der klinischen Verdachtsdiagnose COPD. Zu berücksichtigen ist, dass eine nicht voll reversible Bronchialobstruktion auch andere Ursachen als eine COPD haben kann (siehe unter Differenzialdiagnose).
Diese Leitlinie (Vogelmeier et al. 2018) verwendet die FEV1/FVC für die Definition der Obstruktion in Übereinstimmung mit der Spirometrieempfehlung der Deutschen Atemwegsliga (Criée et al. 2015) und der GLI (Quanjer et al. 2012). Der alte, bis 2012 in Deutschland verwendete Standard waren FEV1/VC (Vitalkapazität, meist inspiratorisch gemessen) und die EGKS-Sollwerte. Hierdurch können sich bei der Diagnose einer Obstruktion in Grenzfällen über die LLN-Problematik hinaus weitere Abweichungen ergeben.
Einzelne Patienten mit ausgeprägtem Emphysem und daraus folgender erheblicher Lungenüberblähung (Erhöhung des Residualvolumens und der Totalkapazität, Erniedrigung der forcierten Vitalkapazität) weisen keine Einschränkung der FEV1/FVC auf. Die Diagnose (nicht obstruktives Lungenemphysem) wird dann anhand erhöhter Werte der bodyplethysmographisch gemessenen funktionellen Residualkapazität (FRCpleth) und der Totalkapazität bzw. einer Erniedrigung der CO-Diffusionskapazität (DLCO) gestellt. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass bei der chronischen, nicht obstruktiven Bronchitis nach WHO-Definition normale Werte der FEV1/FVC bestehen. Solche Patienten können ähnliche Symptome und Exazerbationen haben wie COPD-Patienten (Vogelmeier et al. 2018).
Spirometrie
Die Spirometrie wird nach den aktuellen Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga durchgeführt (Criée et al. 2015). Eine Spirometrie soll zur Sicherung der Diagnose der COPD bei der Erstuntersuchung eines jeden Patienten vor und auch nach Inhalation eines Bronchodilatators (z.B. 15 Minuten nach Salbutamol (bis zu 400µg in vier Einzeldosen) oder 30 Minuten nach einer Kombination aus Salbutamol (oder Fenoterol) und 160µg Ipratropiumbromid durchgeführt werden. Die Feststellung, ob die Bronchialobstruktion "persistent", also mit der Diagnose COPD vereinbar ist, ist nur nach Bronchodilatatorgabe möglich. Bei spirometrischen Erstuntersuchungen wird eine Ausgangsmessung empfohlen zur Feststellung, ob eine Obstruktion vorliegt, bevor ein Bronchodilatator appliziert wird. Die intraindividuelle Variabilität von postbronchodilatorischen Verlaufsmessungen ist im Vergleich zu präbronchodilatatorischen Analysen geringer (Vogelmeier et al. 2018).
Bodyplethysmographie
Sie erlaubt die Bestimmung einer Vielzahl von Parametern, die wichtigsten davon sind ITGV und RV/TLC.
Eine Erhöhung des Anteils des Residualvolumens im Rahmen der (normalen oder gar erhöhten) Totalkapazität geht zu Lasten der FVC, die erniedrigt gemessen wird, und täuscht eine - neben der Obstruktion vermutete - restriktive Ventilationsstörung vor. Die Bodyplethysmographie hilft, die richtige Diagnose (einer häufig rein obstruktiven Störung) zu stellen, falls die Totalkapazität normal oder erhöht ist.
Die bodyplethysmographische Messung des spezifischen Atemwegswiderstandes stellt eine (beinahe) mitarbeitsunabhängige objektive Messmethode der Obstruktion dar. Auch die zur Bestimmung weiterer ganzkörperplethysmografischer Messgrößen (Raw: Atemwegswiderstand; FRCpleth: Die bodyplethysmographisch gemessene funktionelle Residualkapazität) erforderliche Verschlussdruckkurve fordert die Mitarbeit des Patienten weniger heraus als die Spirometrie. Somit ist bei Patienten, die nicht in der Lage sind, auswertbare maximale und/oder forcierte Atemmanöver durchzuführen, zusätzlich zur Spirometrie die Durchführung der Bodyplethysmographie sinnvoll (Vogelmeier et al. 2018).
Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO)
Die Bestimmung der CO-Diffusionskapazität wird üblicherweise nach der Einatemzugmethode (Single-Breath-Methode) durchgeführt. Damit können zwei wichtige Parameter bestimmt werden:
Mittels DLCO kann eine eventuelle Diskrepanz zwischen Symptomen und Spirometrie sowie pathologischen Blutgaswerten erklärt werden. Die Messwerte der DLCO sind bei COPD - je nach Emphysemanteil - fast immer erniedrigt, bei Asthma normal (Vogelmeier et al. 2018).
Weitere Untersuchungen
Blutgasanalyse und Belastungstests einschließlich Spiroergometrie dienen zur weiteren Charakterisierung des Schweregrades der Erkrankung.
Für einen Zusammenhang zwischen Quarz(A)-Staub und Emphysem ohne Funktionseinschränkung liefern die vorstehend zitierten Studien keine Daten.
5. Abgrenzung der besonderen Personengruppe
Als besondere Personengruppe im Sinne des § 9 Absatz 1 SGB VII werden Beschäftigte angesehen, die einer kumulativen Dosis von mindestens zwei Quarz-Feinstaubjahren [(mg/m3) x Jahre] oberhalb der Konzentrationsschwelle von 0,1 mg/m3 ausgesetzt waren. Es werden bei der Berechnung der kumulativen Dosis somit nur diejenigen Arbeitszeiten berücksichtigt, in denen die Konzentration des Quarz-Feinstaubes oberhalb von 0,1 mg/m3 lag und diese mit der um 0,1 mg/m3 verminderten Quarz-Feinstaub-Konzentration gewichtet.
Basis für die Berechnung der kumulativen Exposition ist hierbei die über ein Kalenderjahr gemittelte Exposition an dem betreffenden Arbeitsplatz, wobei von jährlich 220 Schichten á acht Stunden ausgegangen wird.
6. Anzeigekriterien für einen begründeten Verdacht
Bei der Erfüllung folgender Kriterien ist der Verdacht auf Vorliegen dieser Berufskrankheit begründet:
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1 Email von Bente Ulvestad vom 17.01.2019
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