Übereinkommen 172 - Übereinkommen über die Arbeitsbedingungen in Hotels, Gaststätten und ähnlichen Betrieben, 1991
Vom 25.Juni 1991 (BGBl II vom 10.02.2010 S. 939)
Dieses Übereinkommen ist am 7. Juli 1994 in Kraft getreten.
Ort: Genf
Tagung:78
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,
die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 5. Juni 1991 zu ihrer achtundsiebzigsten Tagung zusammengetreten ist,
weist darauf hin, daß die internationalen Arbeitsübereinkommen und -empfehlungen, die allgemein anwendbare Normen betreffend die Arbeitsbedingungen festlegen, auf die Arbeitnehmer in Hotels, Gaststätten und ähnlichen Betrieben Anwendung finden,
stellt fest, daß die besonderen Bedingungen, die die Arbeit in Hotels, Gaststätten und ähnlichen Betrieben kennzeichnen, es wünschenswert erscheinen lassen, die Anwendung dieser Übereinkommen und Empfehlungen in diesen Kategorien von Betrieben zu verbessern und sie durch spezifische Normen zu ergänzen, die dazu bestimmt sind, den betreffenden Arbeitnehmern einen ihrer Rolle in diesen rasch wachsenden Kategorien von Betrieben entsprechenden Status zu verschaffen und neue Arbeitnehmer für sie zu gewinnen, indem die Arbeitsbedingungen, die Ausbildung und die Berufsaussichten verbessert werden,
stellt fest, daß Kollektivverhandlungen ein wirksames Mittel zur Festlegung der Arbeitsbedingungen in diesem Sektor sind,
ist der Auffassung, daß die Annahme eines Übereinkommens, zusammen mit Kollektivverhandlungen, die Arbeitsbedingungen, die Berufsaussichten und die Arbeitsplatzsicherheit zum Nutzen der Arbeitnehmer verbessern wird,
hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Arbeitsbedingungen in Hotels, Gaststätten und ähnlichen Betrieben, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und
dabei bestimmt, daß diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.
Die Konferenz nimmt heute, am 25. Juni 1991, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Arbeitsbedingungen (Hotels und Gaststätten), 1991, bezeichnet wird.
Vorbehaltlich der Bestimmungen von Artikel 2 Absatz 1 gilt dieses Übereinkommen für Arbeitnehmer, die beschäftigt sind in:
Hotels und ähnlichen Beherbergungsbetrieben;
Gaststätten und ähnlichen Betrieben, die Speisen, Getränke oder beides verabreichen.
Die Definition der vorstehend in den Buchstaben a) und b) genannten Kategorien ist von jedem Mitglied unter Berücksichtigung der innerstaatlichen Verhältnisse und nach Anhörung der in Betracht kommenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer festzulegen.
Jedes Mitglied, das das Übereinkommen ratifiziert, kann nach Anhörung der in Betracht kommenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestimmte Arten von Betrieben, die unter die oben genannte Definition fallen, bei denen jedoch besondere Probleme von erheblicher Bedeutung auftreten, von dessen Anwendung ausnehmen.
Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, kann nach Anhörung der in Betracht kommenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer seine Anwendung auf andere verwandte Betriebe ausdehnen, die Fremdenverkehrsleistungen erbringen.
Diese Betriebe sind in einer der Ratifikation beigefügten Erklärung anzugeben.
Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann überdies nach Anhörung der in Betracht kommenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer durch eine Erklärung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes die Anwendung des Übereinkommens nachträglich auf weitere Kategorien von verwandten Betrieben ausdehnen, die Fremdenverkehrsleistungen erbringen.
Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, hat in seinem ersten Bericht über die Durchführung des Übereinkommens, den es gemäß Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegen hat, die Arten von Betrieben anzugeben, die gemäß Absatz 2 ausgenommen worden sind, unter Angabe der Gründe für deren Ausnahme und unter Darlegung des jeweiligen Standpunkts der in Betracht kommenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer hinsichtlich einer solchen Ausnahme, und es hat in den folgenden Berichten den Stand seiner Gesetzgebung und Praxis hinsichtlich der ausgenommenen Betriebe anzugeben und mitzuteilen, in welchem Umfang dem Übereinkommen in bezug auf diese Betriebe entsprochen worden ist oder entsprochen werden soll.
Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet der Ausdruck "die betreffenden Arbeitnehmer" die Arbeitnehmer, die in den Betrieben beschäftigt sind, auf die das Übereinkommen gemäß den Bestimmungen von Artikel 1 Anwendung findet, unabhängig von der Art und Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses.
Jedes Mitglied kann jedoch unter Berücksichtigung des innerstaatlichen Rechts und der innerstaatlichen Verhältnisse und Gepflogenheiten und nach Anhörung der in Betracht kommenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestimmte besondere Gruppen von Arbeitnehmern von der Anwendung aller oder einiger Bestimmungen dieses Übereinkommens ausnehmen.
Jedes Mitglied, das dieses übereinkommen ratifiziert, hat in seinem ersten Bericht über die Durchführung des Übereinkommens, den es gemäß Artikel 22 der Verfassung der Internationalen Arbeitsorganisation vorzulegen hat, die Gruppen von Arbeitnehmern anzugeben, die gemäß Absatz 1 ausgenommen worden sind, unter Angabe der Gründe für deren Ausnahme, und hat in den folgenden Berichten rätzuteilen, welche Fortschritte im Hinblick auf eine umfassendere Anwendung erzielt worden sind.
Jedes Mitglied hat unter Wahrung der Autonomie der in Betracht kommenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und auf eine dem innerstaatlichen Recht und den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten entsprechende Weise eine Politik festzulegen und anzuwenden, die darauf abzielt, die Arbeitsbedingungen der betreffenden Arbeitnehmer zu verbessern.
Das allgemeine Ziel einer solchen Politik muß es sein, dafür zu sorgen, daß die betreffenden Arbeitnehmer nicht vom Geltungsbereich irgendwelcher Mindestnormen ausgenommen werden, die auf innerstaatlicher Ebene für die Arbeitnehmer allgemein angenommen worden sind, einschließlich solcher, die Ansprüche im Bereich der Sozialen Sicherheit betreffen.
Sofern die innerstaatliche Gesetzgebung oder Praxis nichts anderes bestimmt, bedeutet der Ausdruck "Arbeitszeit" die Zeit, während der ein Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung steht.
Die betreffenden Arbeitnehmer müssen Anspruch auf eine angemessene Normalarbeitszeit und angemessene Überstundenregelungen gemäß der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis haben.
Den betreffenden Arbeitnehmern sind angemessene tägliche und wöchentliche Mindestruhezeiten gemäß der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis zu gewähren.
Die betreffenden Arbeitnehmer sind, soweit möglich, rechtzeitig im voraus über die Einteilung der Arbeitszeiten zu unterrichten, damit sie ihr Privat- und Familienleben entsprechend einrichten können.
Falls von Arbeitnehmern verlangt wird, an Feiertagen zu arbeiten, müssen sie einen entsprechenden Ausgleich in Form von Freizeit oder Entgelt erhalten, der durch Kollektivverhandlungen oder gemäß der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis festgelegt wird.
Die betreffenden Arbeitnehmer müssen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub haben, dessen Dauer durch Kollektivverhandlungen oder gemäß der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis festzusetzen ist.
In Fällen, in denen ihr Vertrag ausläuft oder ihre ununterbrochene Dienstzeit für den Erwerb des Anspruchs auf den vollen Jahresurlaub nicht ausreicht, müssen die betreffenden Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Urlaub im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit oder auf Abgeltung haben, je nachdem, was durch Kollektivverhandlungen oder gemäß der innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis festgelegt wird.
Der Ausdruck "Trinkgeld" bedeutet einen Geldbetrag, den ein Kunde dem Arbeitnehmer freiwillig zusätzlich zu dem Betrag gibt, den er für die erhaltenen Leistungen zu zahlen hat.
Ungeachtet der Trinkgelder müssen die betreffenden Arbeitnehmer ein Grundentgelt erhalten, das in regelmäßigen Zeitabständen gezahlt wird.
Die Bestimmungen dieses Übereinkommens können durch die innerstaatliche Gesetzgebung, durch Gesamtarbeitsverträge, Schiedssprüche, gerichtliche Entscheidungen oder auf eine andere geeignete, den innerstaatlichen Gepflogenheiten entsprechende Weise durchgeführt werden.
In Mitgliedstaaten, in denen die Bestimmungen dieses Übereinkommens üblicherweise Sache von Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden und Arbeitnehmerverbänden sind oder üblicherweise auf anderem Wege als dem der rechtlichen Regelung durchgeführt werden, gelten diese Bestimmungen als erfüllt, wenn sie durch solche Vereinbarungen oder andere Mittel auf die überwiegende Mehrheit der betreffenden Arbeitnehmer Anwendung finden.
Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.
Es tritt, zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind, in Kraft.
In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.
Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen.
Die Kündigung wird von diesem eingetragen.
Sie wird erst ein Jahr nach der Eintragung wirksam.
Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und binnen eines Jahres nach Ablauf der in Absatz 1 genannten zehn Jahre von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere zehn Jahre gebunden.
In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf von zehn Jahren nach Maßgabe dieses Artikels kündigen.
Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.
Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, zu dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.
Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Maßgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.
Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes erstattet der Allgemeinen Konferenz, wann immer er es für nötig erachtet, einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens und prüft, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Neufassung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.
Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise neufaßt, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gilt folgendes:
Die Ratifikation des neugefaßten Übereinkommens durch ein Mitglied hat ungeachtet des Artikel 11 ohne weiteres die Wirkung einer sofortigen Kündigung des vorliegenden Übereinkommens, sofern das neugefaßte Übereinkommen in Kraft getreten ist.
Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefaßten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.
In jedem Fall bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt für diejenigen Mitglieder in Kraft, die dieses, nicht jedoch das neugefaßte Übereinkommen ratifiziert haben.