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Regelwerk Arbeits- und Sozialrecht ILO
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Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 187 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 15. Juni 2006 über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz

Vom 26. Mai 2010
(BGBl II vom Nr. 13 vom 31.05.2010 S. 378)



siehe Fn. *

Übereinkommen über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,

die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 31. Mai 2006 zu ihrer fünfundneunzigsten Tagung zusammengetreten ist,

anerkennt das globale Ausmaß arbeitsbedingter Unfälle, Erkrankungen und Todesfälle und die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zu ihrer Reduzierung,

erinnert daran, dass der Schutz der Arbeitnehmer gegen allgemeine und Berufskrankheiten sowie gegen Arbeitsunfälle zu den Zielen der Internationalen Arbeitsorganisation gehört, wie sie in ihrer Verfassung dargelegt sind,

anerkennt, dass arbeitsbedingte Unfälle, Erkrankungen und Todesfälle sich negativ auf die Produktivität und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung auswirken,

verweist auf Absatz III (g) der Erklärung von Philadelphia, dem zufolge die Internationale Arbeitsorganisation die feierliche Verpflichtung hat, bei den einzelnen Nationen der Welt Programme zu fördern, die einen angemessenen Schutz für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer bei allen Beschäftigungen erreichen,

ist sich der Erklärung der IAO über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und ihre Folgemaßnahmen, 1998, bewusst,

verweist auf das Übereinkommen (Nr. 155) über den Arbeitsschutz, 1981, die Empfehlung (Nr. 164) betreffend den Arbeitsschutz, 1981, und andere Instrumente der Internationalen Arbeitsorganisation, die für den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz relevant sind,

erinnert daran, dass die Förderung des Arbeitsschutzes Teil der Agenda der Internationalen Arbeitsorganisation für menschenwürdige Arbeit für alle ist,

verweist auf die von der 91. Tagung (2003) der Internationalen Arbeitskonferenz angenommenen "Schlussfolgerungen über normenbezogene Tätigkeiten der IAO im Bereich des Arbeitsschutzes - Eine globale Strategie", insbesondere in Bezug darauf sicherzustellen, dass dem Arbeitsschutz in nationalen Agenden Vorrang eingeräumt wird,

betont die Bedeutung der ständigen Förderung einer innerstaatlichen präventiven Arbeitsschutzkultur,

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend den Arbeitsschutz, eine Frage, die den vierten Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und

dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 15. Juni 2006, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz, 2006, bezeichnet wird.

I. Begriffsbestimmungen

Artikel 1

Im Sinne dieses Übereinkommens

  1. bezieht sich der Begriff "innerstaatliche Politik" auf die innerstaatliche Politik auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes und der Arbeitsumwelt, die im Einklang mit den Grundsätzen von Artikel 4 des Übereinkommens (Nr. 155) über den Arbeitsschutz, 1981, entwickelt wird;
  2. bezieht sich der Begriff "innerstaatliches Arbeitsschutzsystem" oder "innerstaatliches System" auf die Infrastruktur, die den Hauptrahmen für die Umsetzung der innerstaatlichen Arbeitsschutzpolitik und innerstaatlicher Arbeitsschutzprogramme bietet;
  3. bezieht sich der Begriff "innerstaatliches Arbeitsschutzprogramm" oder "innerstaatliches Programm" auf jedes innerstaatliche Programm, das in einem vorher festgelegten Zeitrahmen zu erreichende Ziele, Prioritäten und Aktionsmittel, die ausgearbeitet worden sind, um den Arbeitsschutz zu verbessern, sowie Mittel zur Beurteilung von Fortschritten umfasst;
  4. bezieht sich der Begriff "eine innerstaatliche präventive Arbeitsschutzkultur" auf eine Kultur, in der das Recht auf eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt auf allen Ebenen geachtet wird, in der Regierung, Arbeitgeber und Arbeitnehmer aktiv daran mitwirken, durch ein System festgelegter Rechte, Verantwortlichkeiten und Pflichten eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt zu gewährleisten, und in der dem Grundsatz der Prävention höchste Priorität eingeräumt wird.

II. Ziel

Artikel 2

  1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert, hat zur Verhütung von arbeitsbedingten Unfällen, Erkrankungen und Todesfällen in Beratung mit den maßgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer die ständige Verbesserung des Arbeitsschutzes zu fördern durch die Entwicklung einer innerstaatlichen Politik, eines innerstaatlichen Systems und eines innerstaatlichen Programms.
  2. Jedes Mitglied hat aktive Maßnahmen zu ergreifen, um unter Berücksichtigung der Grundsätze in den Instrumenten der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), die für den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz relevant sind, durch das innerstaatliche Arbeitsschutzsystem und durch innerstaatliche Arbeitsschutzprogramme schrittweise eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt zu verwirklichen.
  3. Jedes Mitglied hat in Beratung mit den maßgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in regelmäßigen Abständen zu erwägen, welche Maßnahmen getroffen werden könnten, um die einschlägigen Arbeitsschutzübereinkommen der IAO zu ratifizieren.

III. Innerstaatliche Politik

Artikel 3

  1. Jedes Mitglied hat durch die Ausarbeitung einer innerstaatlichen Politik eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt zu fördern.
  2. Jedes Mitglied hat auf allen einschlägigen Ebenen das Recht der Arbeitnehmer auf eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt zu fördern und weiterzuentwickeln.
  3. Bei der Ausarbeitung seiner innerstaatlichen Politik hat jedes Mitglied im Licht der innerstaatlichen Bedingungen und Praxis und in Beratung mit den maßgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer grundlegende Prinzipien zu fördern, wie zum Beispiel die Evaluierung von arbeitsbedingten Risiken und Gefahren, die Bekämpfung von arbeitsbedingten Risiken und Gefahren an der Quelle und die Entwicklung einer innerstaatlichen präventiven Arbeitsschutzkultur, die Informationen, Beratung und Ausbildung umfasst.

IV. Innerstaatliches System

Artikel 4

  1. Jedes Mitglied hat in Beratung mit den maßgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer ein innerstaatliches Arbeitsschutzsystem einzurichten, zu unterhalten, fortlaufend weiterzuentwickeln und regelmäßig zu überprüfen.
  2. Das innerstaatliche Arbeitsschutzsystem hat unter anderem zu umfassen:
    1. Rechtsvorschriften, gegebenenfalls
      Gesamtarbeitsverträge und alle sonstigen relevanten Instrumente über den Arbeitsschutz;
    2. eine oder mehrere für den Arbeitsschutz verantwortliche und im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis bezeichnete Stellen oder Gremien;
    3. Mechanismen zur Sicherstellung der Einhaltung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, einschließlich Inspektionssystemen;
    4. Vorkehrungen zur Förderung der Zusammenarbeit auf Unternehmensebene zwischen Geschäftsleitung, Arbeitnehmern und ihren Vertretern als wesentliches Element von Präventionsmaßnahmen am Arbeitsplatz.
  3. Das innerstaatliche Arbeitsschutzsystem hat, soweit angemessen, zu umfassen:
    1. einen innerstaatlichen dreigliedrigen Beirat oder innerstaatliche dreigliedrige Beiräte, die sich mit Arbeitsschutzfragen befassen;
    2. Informations- und Beratungsdienste zum Arbeitsschutz;
    3. die Bereitstellung einer Arbeitsschutzausbildung;
    4. arbeitsmedizinische Dienste im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis;
    5. Arbeitsschutzforschung;
    6. einen Mechanismus zur Erhebung und Analyse von Daten über Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten unter Berücksichtigung der einschlägigen Instrumente der IAO;
    7. Vorkehrungen für eine Zusammenarbeit mit einschlägigen Versicherungs- oder Sozialversicherungssystemen, die Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten decken; und
    8. Unterstützungsmechanismen für eine fortschreitende Verbesserung der Arbeitsschutzbedingungen in Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben und in der informellen Wirtschaft.

V. Innerstaatliches Programm

Artikel 5

  1. Jedes Mitglied hat in Beratung mit den maßgebenden Verbänden der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer ein innerstaatliches Arbeitsschutzprogramm auszuarbeiten, umzusetzen, zu überwachen, zu evaluieren und regelmäßig zu überprüfen.
  2. Das innerstaatliche Programm:
    1. hat die Entwicklung einer innerstaatlichen präventiven Arbeitsschutzkultur zu fördern;
    2. hat, soweit praktisch durchführbar, durch die Beseitigung arbeitsbedingter Gefahren und Risiken oder ihre Herabsetzung auf ein Mindestmaß im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis einen Beitrag zum Schutz der Arbeitnehmer zu leisten, um arbeitsbedingte Unfälle, Erkrankungen und Todesfälle zu verhüten und den Arbeitsschutz in der Arbeitsstätte zu fördern;
    3. ist auf der Grundlage einer Analyse der innerstaatlichen Arbeitsschutzsituation, einschließlich einer Analyse des innerstaatlichen Arbeitsschutzsystems, auszuarbeiten und zu überprüfen;
    4. hat Ziele, Zielvorgaben und Fortschrittsindikatoren zu enthalten;
    5. ist nach Möglichkeit durch andere ergänzende innerstaatliche Programme und Pläne zu unterstützen, die dazu beitragen, schrittweise eine sichere und gesunde Arbeitsumwelt zu verwirklichen.
  3. Das innerstaatliche Programm ist weithin bekannt zu machen und, soweit es möglich ist, von den höchsten staatlichen Stellen zu unterstützen und in Gang zu setzen.

VI. Schlussbestimmungen

Artikel 6

Durch dieses Übereinkommen werden bestehende internationale Arbeitsübereinkommen oder -empfehlungen nicht neu gefasst.

Artikel 7

Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 8

  1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes eingetragen ist.
  2. Es tritt, zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind, in Kraft.
  3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.

Artikel 9

  1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Sie wird zwölf Monate nach der Eintragung wirksam.
  2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und binnen eines Jahres nach Ablauf der in Absatz 1 genannten zehn Jahre von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere zehn Jahre gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen innerhalb des ersten Jahres jedes neuen Zehnjahres-Zeitraums nach Maßgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel 10

  1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die von den Mitgliedern mitgeteilt worden sind.
  2. Der Generaldirektor macht die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die mitgeteilt worden ist, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam, zu dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Artikel 11

Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle nach Maßgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.

Artikel 12

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes erstattet der Allgemeinen Konferenz, wann immer er es für nötig erachtet, einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens und prüft, ob die Frage seiner Neufassung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 13

Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen neu fasst, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gilt Folgendes:

  1. Die Ratifikation des neu gefassten Übereinkommens durch ein Mitglied hat ungeachtet des Artikels 9 ohne weiteres die Wirkung einer sofortigen Kündigung des vorliegenden Übereinkommens, sofern das neu gefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.
  2. Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neu gefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.
  3. In jedem Fall bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt für diejenigen Mitglieder in Kraft, die dieses, nicht jedoch das neu gefasste Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 14

Der englische und der französische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise verbindlich.

*) Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 187 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 15. Juni 2006
über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz

Vom 26. Mai 2010
(BGBl II vom Nr. 13 vom 31.05.2010 S. 378)

Artikel 1

Dem in Genf am 15. Juni 2006 von der Allgemeinen Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation angenommenen Übereinkommen Nr. 187 über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz wird zugestimmt. Das Übereinkommen wird nachstehend mit einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.

Artikel 2

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

(2) Der Tag, an dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 8 Absatz 3 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden.

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