BGG/GUV-G 966 / DGUV Grundsatz 308-008 - Ausbildung und Beauftragung der Bediener von Hubarbeitsbühnen
Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGG/GUV-G)
(Ausgabe 04/2010)
1 Anwendungsbereich
Dieser Grundsatz findet Anwendung auf die Ausbildung und Beauftragung der Bediener von Hubarbeitsbühnen.
Zur Erreichung des Zieles, geeignete Personen zum Führen von Hubarbeitsbühnen auszubilden, werden in Abschnitt 3 Ausbildungszeiten angegeben.
Diese haben sich für Teilnehmer ohne Vorkenntnisse bewährt. Der Nachweis über aus reichende Kenntnisse und Fähigkeiten zum selbstständigen Führen einer Hubarbeitsbühne erfolgt durch eine in Abschnitt 3.3 beschriebene theoretische und praktische Prüfung.
2 Anforderungen
Die Benutzung von Arbeitsmitteln bleibt dazu geeigneten, unterwiesenen oder beauftragten Personen vorbehalten (Betriebssicherheitsverordnung). So ist das Führen von Hubarbeitsbühnen z.B. in Kapitel 2.10 Nr. 2.1 der Regel "Betreiben von Arbeitsmitteln" (BGR/GUV-R 500) geregelt.
Danach darf der Unternehmer mit dem selbstständigen Bedienen von Hubarbeitsbühnen Personen nur beauftragen, die
- das 18. Lebensjahr vollendet haben,
- in der Bedienung der Hubarbeitsbühne unterwiesen sind und
- ihre Befähigung gegenüber dem Unternehmer nachgewiesen haben.
Der Auftrag ist schriftlich zu erteilen.
Für die Auswahl der Bediener ergeben sich somit folgende Kriterien:
- Mindestalter 18 Jahre.
Im Rahmen der Berufsausbildung dürfen Jugendliche unter 18 Jahren nur Hubarbeitsbühnen bedienen, wenn dies unter fachlicher Aufsicht erfolgt und der Jugendliche entsprechend dieses Grundsatzes ausgebildet ist. Dabei sollte der Aufsicht Führende schriftlich festgelegt sein.
- Körperliche Eignung.
Sie wird zweckmäßigerweise durch eine ärztliche Untersuchung festgestellt.
Insbesondere wird Wert gelegt auf ausreichende Sehschärfe, seitliches Gesichtsfeld, räumliches Sehen, Hörvermögen, körperliche Beweglichkeit, gute Reaktionsfähigkeit.
Zur Beurteilung der körperlichen Eignung geben die Berufsgenossenschaftlichen Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen G 25 "Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten" (redakt.
Anmerk.: siehe auch BGI 504-25) sowie G 41 "Arbeiten mit Absturzgefahr" (redakt.
Anmerk.: siehe auch BGI 504-41) wichtige Anhaltspunkte.
- Geistige und charakterliche Eignung.
Von den ausgewählten Personen wird insbesondere erwartet:
- Verständnis für technische und physikalische Zusammenhänge,
- Eigenschaft, zuverlässig, verantwortungsbewusst und um sichtig zu handeln.
3 Ausbildung
Die Ausbildung besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil und endet mit einer Abschlussprüfung.
Beim praktischen Teil ist auf ein angemessenes Zahlenverhältnis von Ausbildern zu Teilnehmern zu achten.
Die Dauer der Ausbildung ist ab hängig vom Typ der Hubarbeitsbühne und der Art ihres Einsatzes.
Sie beträgt in der Regel mindestens einen Tag.
3.1 Theoretische Ausbildung
3.1.1 Rechtliche Grundlagen und Regeln der Technik
- Maschinenverordnung
(9. GPSGV) hinsichtlich Beschaffenheit, CE-Zeichen, EG-Konformitätserklärung
- DIN EN 280 "Fahrbare Hubarbeitsbühnen; Berechnung - Standsicherheit - Bau - Sicherheit - Prüfungen" hinsichtlich der Konkretisierung der Beschaffenheitsanforderungen der Maschinenverordnung
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) hinsichtlich der Verantwortung der Bediener von Hubarbeitsbühnen
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) hinsichtlich der Bereitstellung von Arbeitsmitteln durch Arbeitgeber, die Benutzung von Arbeitsmitteln durch Beschäftigte bei der Arbeit sowie die Prüfung der Arbeitsmittel
- Fahrerlaubnisverordnung (FeV), z.B. bzgl. der Gewichtsklassen der zu führenden Fahrzeuge
- Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) hinsichtlich des Betriebes im öffentlichen Verkehrs bereich
- Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA)
- Unfallverhütungsvorschrift BGV/GUV-V A1 "Grundsätze der Prävention"
- Unfallverhütungsvorschrift BGV/GUV-V A3 "Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" hinsichtlich Schutzabständen zu spannungsführenden Teilen
- Unfallverhütungsvorschrift der Gartenbau-BG GBB 1 "Baumpflege im Gartenbau"
- Unfallverhütungsvorschrift VSG 4.2 "Gartenbau, Obstbau und Parkanlagen" hinsichtlich der Verwendung von Motor sägen im Arbeitskorb
- BGR/GUV-R 500 "Betreiben von Arbeitsmitteln", Kap. 2.10 "Hebebühnen"
- BGR/GUV-R 198 "Einsatz von Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz"
- BGR/GUV-R 199 "Benutzung von Persönliche Schutzausrüstung zum Retten aus Höhen und Tiefen"
- BGI 720 "Sicherer Umgang mit fahrbaren Hubarbeitsbühnen"
- BGI 887 "Ausästarbeiten in der Nähe elektrischer Freileitungen"
- BGG/GUV-G 945 "Prüfung von Hebebühnen"
3.1.2 Aufbau, Funktion und Einsatzmöglichkeit verschiedener Bauarten
- Scherenhubarbeitsbühnen
- Teleskop-, Gelenkteleskophubarbeitsbühnen
- Lkw-Hubarbeitsbühnen
- Anhänger-Hubarbeitsbühnen
- Hubarbeitsbühnen auf Kettenfahrwerk
- Sonderbauarten
3.1.3 Betrieb allgemein
- Betriebshandbuch/Betriebsanleitung
- Kennzeichnung und Hinweise an der Maschine
- Bestimmungsgemäße Verwendung
- Einsatzgrenzen (z.B. Wind, Bodenverhältnisse, Neigung)
- Zulässige Korblast (Personen, Material)
- Reichweitendiagramm
- Windkräfte, andere Horizontalkräfte (z.B. Handkräfte)
- Tägliche Sicht- und Funktionsprüfung durch den Bediener
- Anordnung und Funktion der Bedienelemente/Stellteile
- Sicherheitseinrichtungen
- Gefährdung dritter Personen
3.1.4 Übernahme und Transport der Maschine
- Eignung des Zugfahrzeuges bzw. Transportmittels (Anhänger, Tieflader etc.)
- Eignung des Fahrers
- Ladungssicherung
- Höchstgeschwindigkeiten, Durchfahrtshöhen und -breiten
3.1.5 Aufstellung/Inbetriebnahme der Maschine am Arbeitsort
- Gesamtgewicht
- Stützen (A-Stützen, H-Stützen, Klappstützen)
- Maximales Gewicht auf einer Stütze/auf einem Rad
- Umrechnung von kN in kg oder t
- Belastbarkeit von Böden/Bodenabdeckungen
- Notwendige Fläche der Unterbauung
- Aufstellung allgemein
- Aufstellung im Gefälle, Reihenfolge des Ausfahrens der Stützen
- Unterbauung im Gefälle/im unbefestigten Gelände
- Zulässige Neigung der Bühne
- Gefahren in der Umgebung, z.B. Mindestabstände zu Frei-/Fahrleitungen
- Sicherung von Arbeitsstellen im öffentlichen Verkehrsraum/RSA
- Wenn notwendig, Benutzung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA zum Halten)
- Dosenlibelle, Wasserwaage
3.1.6 Arbeiten mit der Maschine
- In Bewegungsrichtung, Beobachtung der Bühnenumgebung
- Fahren über Abdeckungen
- Stillsetzen von Brückenkranen
- Koordinierung mit anderen Gewerken
- Übernahme von Lasten
- Be- bzw. Übersteigen des Geländers grundsätzlich verboten
- Benutzung als Kran verboten
3.1.7 Prüfung
- Tägliche Sicht- und Funktionsprüfung durch den Bediener
- Regelmäßige Prüfung durch befähigte Person
- Prüfung nach besonderen Vorkommnissen
- Prüfnachweis (Einsichtnahme durch den Bediener)
- Bedeutung der Prüfplakette
3.1.8 Unfallgeschehen
- Typische Unfälle
- Unfallhergänge
- Unfallmechanismen
- Schutzmaßnahmen
3.1.9 Sondereinsätze
- Arbeiten im öffentlichen Verkehrsraum
- Baum-/Ausästarbeiten
- Arbeiten in der Nähe spannungsführender Teile, z.B. Frei-/Fahrleitungen
- Arbeiten unter Spannung
3.2 Praktische Ausbildung
3.2.1 Einweisung an der Hubarbeitsbühne
- Bedienelemente/Stellteile für das Fahren
- Bedienelemente/Stellteile für die Korbbewegungen
- Bedienelemente/Stellteile für die Stützen
- Bedienelemente/Stellteile für den Notablass
- Bedienelemente/Stellteile für die Steuerung von unten
- Sonderstellteile
- Sicherung gegen unbefugte Benutzung
- Sicherheitseinrichtungen
- Not-Halt-Stellteil
- Signalgeber/Warneinrichtungen
- Neigungssensor
- Lastbegrenzer
- Lastmomentbegrenzer
- Wenn notwendig Auswahl und Benutzung der PSA (richtiges Anlegen)
3.2.2 Arbeitstägliche Sicht- und Funktionsprüfung
- Sichtprüfung
- Reifen (Schäden, Luftdruck, Profil, Fremdkörper, Radmuttern)
- Tragkonstruktion und Korb (Verformung, Risse, Verschleiß, Aufhängung, Sicherung der Tür gegen unbeabsichtigtes Öffnen)
- Stützen (Verformung, Risse, Verschleiß, Verriegelung, Endschalter)
- Unterlegplatten (Zustand, Größe, Aufbewahrung am Fahrzeug/Sicherung gegen Herausfallen)
- Hydraulik (Zustand der Schläuche und Einbindungen, Leckagen)
- Energieleitungen
- Notablass
- Batterie (Ladezustand, Abdeckung)
- Treibstoffvorrat
- Bedienungsanleitung
- Funktionsprüfung
- Bedienelemente/Stellteile (Funktionsfähigkeit und Beschriftung)
- Not-Halt (Funktionsfähigkeit und Kennzeichnung)
- Bremsen
- Hupe
- Warnleuchten
- Sicherheitskennzeichnung
- Vollständigkeit der Dokumentation vor Ort
3.2.3 Standsicherer Aufbau (nur bei Geräten mit Abstützung)
- Aufbau am Hang/Gefälle
- Aufbau auf unterschiedlichen Untergründen (befestigt/unbefestigt, bewachsene/unbewachsene Flächen)
- Ermittlung der maximalen Flächenpressung
- Beurteilung der Bodentragfähigkeit
- Positionierung der Unterbauplatten und waagerechte Ausrichtung
- Sicherung der Bühne, der Unterbauplatten gegen Wegrutschen
- Ausrichten der Hubarbeitsbühnen mittels Libelle/Wasserwaage
- Inspektion des Aufstellplatzes, Erkennen von Gefahrstellen (Gruben, Kanäle, ...)
3.2.4 Standsicheres Verfahren (ohne Abstützung)
- Ermittlung der maximalen Radlast
- Ermittlung der Tragfähigkeit von Decken und Abdeckungen
- Inspektion des Verfahrwegs, Erkennen von Gefahrstellen
- Sichern des Verfahrwegs
- Überfahren von Abdeckungen nur in Grundstellung
3.2.5 Einüben der Steuerungsfunktionen
- Erprobung aller Verfahrbewegungen
- Maximale seitliche Reichweite in Bodennähe bis Lastmomentbegrenzer anspricht
- Maximale Höhe
- Bei selbst fahrenden Geräten Verfahren und Rangieren mit abgesenktem und mit angehobenem Arbeitskorb
3.2.6 Einüben der Funktion des Notablass
- Verschiedene Möglichkeiten des Notablasses üben
- Nur Lastmoment senkende Bewegungen ausführen
- Bediener muss Dritte in die Funktion einweisen können
3.3 Abschlussprüfung
Die Ausbildung ist durch eine theoretische und eine praktische Prüfung abzuschließen.
Die Abschlussprüfung des theoretischen Teils soll schriftlich erfolgen.
Erfolgskontrollen sollten durch Prüfungsfragen, z.B. in Form eines Fragebogens, durchgeführt werden.
Bewährt haben sich hier Fragebögen mit vorgegebenen Antworten (Multiple-Choice-Verfahren). Die Prüfung sollte nicht mehr als 25 Fragen umfassen.
Wird eine zulässige Anzahl von Fehlerpunkten überschritten, gilt die betreffende Prüfung als nicht bestanden.
Die Prüfungen können wiederholt werden.
Die zulässige Anzahl der Fehlerpunkte richtet sich nach Art und Umfang der jeweiligen Prüfung und muss vom Ausbilder/Prüfer vor der Durchführung der Prüfung festgelegt werden.
Die Abschlussprüfung des praktischen Teils wird als Prüfungsfahrt durchgeführt. Hierbei soll auf den richtigen Umgang und das sichere Fahren der Hubarbeitsbühne geachtet werden.
Die Ergebnisse der Prüfungen sind zu dokumentieren.
Die Teilnehmer erhalten ein Zertifikat über die Teilnahme und über das Ergebnis der Abschlussprüfung (Ausbildungsnachweis). Dieses Zertifikat soll für die Bauarten ausgestellt werden, an denen die Ausbildung erfolgte.
Eine ergänzende Ausbildung sollte erfolgen, wenn der Bediener auf Hubarbeitsbühnen anderer Bauart eingesetzt werden soll.
4 Qualifikation der Ausbilder
Als Ausbilder für Hubarbeitsbühnen-Bediener kann tätig werden, wer
- aufgrund seiner fachlichen Ausbildung und Erfahrung umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet der Hubarbeitsbühnen hat,
- mit den einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften (z.B. Maschinenverordnung, Betriebssicherheitsverordnung), Unfallverhütungsvorschriften und den allgemein anerkannten Regeln der Technik (z.B. BG-Regeln, DIN-Normen) vertraut ist,
- mit den Betriebsanleitungen der eingesetzten Hubarbeitsbühnen vertraut ist,
- praktische Erfahrungen im Einsatz mit Hubarbeitsbühnen gesammelt hat,
- Ausbildungskonzepte vermitteln und eine Gruppe durch einen Lehrgang führen kann.
5 Beauftragung
Nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung können die Bediener mit der Bedienung von Hubarbeitsbühnen, die im Zertifikat ausgewiesen sind, vom Unternehmer beauftragt werden.
Diese Beauftragung ist schriftlich zu erteilen.
Die Form der schriftlichen Beauftragung ist nicht festgelegt.
Um den Unternehmer zu unterstützen, werden von einzelnen Berufsgenossenschaften und anderen Schulungsträgern speziell gestaltete Bedienerausweise für Hubarbeitsbühnen herausgegeben.
Der Bedienerausweis sieht außer den persönlichen Daten und dem Lichtbild des Bedieners vor, dass die ausbildende Stelle die Bauarten benennt, auf denen die Ausbildung erfolgte.
Darüber hinaus können zusätzliche Ausbildungsmaßnahmen eingetragen werden.
Bei der eigentlichen Beauftragung ist anzugeben, für welche Arbeiten die Beauftragung gilt.
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