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4 Schutzmaßnahmen
4.1 Organisatorische Maßnahmen
4.1.1 Unterweisung aller an den Arbeiten beteiligten Personen
4.1.1.1 Auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung hat der Unternehmer vor Aufnahme der Arbeiten alle beauftragten Personen über die Gefährdungen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen entsprechend dem Erlaubnisschein oder der Betriebsanweisung zu unterweisen
Siehe § 12 Arbeitsschutzgesetz und § 4 und 31 der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV A1).
4.1.1.2 Bei regelmäßig wiederkehrenden, gleichartigen Arbeiten genügt es, wenn die Unterweisung in angemessenen Zeitabständen, mindestens jedoch halbjährlich, erfolgt.
4.1.1.3 Die festgelegten Rettungsmaßnahmen sind von den für die Rettung vorgesehenen Personen zu trainieren.
Intensives Training ist vor allem erforderlich für
- die Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen zum Retten,
- die Benutzung von Atemschutzgeräten,
- die Handhabung von Feuerlöscheinrichtungen,
- spezielle Maßnahmen der Ersten Hilfe.
4.1.2 Aufsichtführender
4.1.2.1 Der Unternehmer hat vor Beginn der Arbeiten in Behältern und engen Räumen eine zuverlässige, mit den Arbeiten vertraute Person, welche die Aufsicht führt und weisungsbefugt ist, einzusetzen.
Geeignet sind Personen, die mit den möglichen Gefährdungen und Schutzmaßnahmen vertraut sind. Aufsichtführende können z.B. sein
- Unternehmer,
- Betriebsleiter,
- Schichtmeister/-leiter,
- Vorarbeiter.
4.1.2.2 Der Aufsichtführende kann im Auftrag des Unternehmers den Erlaubnisschein nach Abschnitt 4.1.4 ausstellen. Er hat die Einhaltung der festgelegten Schutzmaßnahmen zu überwachen.
Vom Aufsichtführenden sind die erforderlichen Kontrollen vor Beginn und während der Arbeiten in angemessenen Zeitabständen durchzuführen. Die Zeitabstände sind abhängig von
- dem Gefährdungspotenzial,
- der Zuverlässigkeit der Mitarbeiter,
- der Art der getroffenen Schutzmaßnahmen.
Der Aufsichtführende muss sich nicht ständig in unmittelbarer Nähe der Arbeiten, jedoch auf dem Betriebsgelände aufhalten und kurzfristig erreichbar sein.
4.1.3 Sicherungsposten
4.1.3.1 Der Unternehmer hat bei Arbeiten in Behältern und engen Räumen mindestens einen Sicherungsposten einzusetzen. Dieser hat mit den im Behälter oder engen Raum tätigen Versicherten ständige Verbindung zu halten.
Der Sicherungsposten muss zuverlässig sein und über die erforderlichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten verfügen.Ständige Verbindung besteht in der Regel bei einer Sichtverbindung. Ist Sichtverbindung nicht möglich, kann eine ständige Verbindung auch über andere Mittel, z.B. Sprechverbindung oder Signalleinen, aufrecht erhalten werden.
4.1.3.2 Der Sicherungsposten muss jederzeit Hilfe herbeiholen können. Er muss mit den festgelegten Rettungsmaßnahmen nach Abschnitt 5 vertraut sein.
4.1.3.3 Sicherungsposten sind nicht erforderlich, wenn sichergestellt worden ist, dass
Akute Gefährdungen durch Stoffe oder Einrichtungen können nicht auftreten, wenn insbesondere die Schutzmaßnahmen nach Abschnitt 4 getroffen wurden und über die auszuführenden Arbeiten Erfahrungen vorliegen.
4.1.4 Erlaubnisschein
4.1.4.1 Vor Beginn der Arbeiten in Behältern und engen Räumen hat der Unternehmer oder sein Beauftragter einen Erlaubnisschein auszustellen, in dem die erforderlichen Schutzmaßnahmen festgelegt sind. Der Aufsichtführende, der Sicherungsposten und - sofern vorhanden - der Verantwortliche eines Auftragnehmers (Fremdunternehmen) haben durch Unterschrift auf dem Erlaubnisschein die Kenntnis über die festgelegten Maßnahmen zu bestätigen.
Der Erlaubnisschein wird in der Regel vom Betreiber bzw. Nutzer des Behälters oder engen Raumes ausgestellt. In Ausnahmefällen kann der Erlaubnisschein auch vom Unternehmer des durchführenden Unternehmens ausgestellt werden. Solche Ausnahmen können z.B. sein
- nichtgewerbliche Nutzung eines Behälters oder engen Raumes, z.B. eines Öltanks in einem Wohnhaus,
- Arbeiten in Behältern und engen Räumen, deren Besitzer nicht bekannt sind, z.B. bei Sanierungsarbeiten in stillgelegten Unternehmen,
- Arbeiten, bei denen der Betreiber nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt.
Nach längeren Arbeitsunterbrechungen, z.B. Wiederaufnahme der Arbeit am nächsten Tag, oder nach Wechsel der an den Arbeiten beteiligten Versicherten, z.B. Schichtwechsel oder Wechsel des Fremdunternehmens, ist der Erlaubnisschein neu auszustellen bzw. zu verlängern.
4.1.4.2 Der Erlaubnisschein kann durch eine Betriebsanweisung ersetzt werden, wenn immer gleichartige Arbeitsbedingungen bestehen und gleichartige wirksame Schutzmaßnahmen festgelegt sind.
4.1.5 Arbeitsablauforganisation
In einer betrieblichen Arbeitsablauforganisation ist festzulegen, wer die organisatorischen Maßnahmen durchführen und wer als Aufsichtführender bzw. Sicherungsposten fungieren darf.
4.1.6 Beginn der Arbeiten
4.1.6.1 Arbeiten in Behältern und engen Räumen dürfen erst begonnen werden, nachdem der Unternehmer oder der Aufsichtführende festgestellt hat, dass die schriftlich festgelegten Schutzmaßnahmen getroffen und die Versicherten unterwiesen sind.
4.1.6.2 Auch nach Arbeitsunterbrechungen (Schichtwechsel, Wiederaufnahme der Arbeit am folgenden Tag) ist die Wirksamkeit der schriftlich festgelegten Maßnahmen durch den Aufsichtführenden festzustellen.
4.1.7 Aufhebung der Schutzmaßnahmen
Schutzmaßnahmen dürfen erst aufgehoben werden, wenn die Arbeiten in Behältern und engen Räumen abgeschlossen sind und alle Versicherten die Behälter und engen Räume verlassen haben.
4.2 Schutzmaßnahmen gegen Gefahrstoffe, gefährdende Medien und Sauerstoffmangel
4.2.1 Entleeren der Behälter und engen Räume
4.2.1.1 Behälter und enge Räume sind vor Beginn der Arbeiten zu entleeren und zu reinigen.
Nach Möglichkeit soll das Füllgut aus dem Behälter oder engen Raum entfernt werden, ohne dass sich dazu Versicherte darin aufhalten müssen, z.B. durch Ablassen, Absaugen, Abpumpen, Abziehen oder durch Fördereinrichtungen. Rückstände sollen durch auf das Füllgut abgestimmte Maßnahmen, z.B. durch Ausdämpfen, gegebenenfalls durch wiederholtes Füllen des Behälters mit Wasser (sofern die statischen Voraussetzungen dafür vorhanden sind), durch Ausspritzen oder Ausspülen mit geeigneten Flüssigkeiten, gegebenenfalls unter gleichzeitigem Durchrühren etwaiger schlammartiger Rückstände, oder durch Verdrängen mit geeigneten Gasen oder Spülen mit Luft, entfernt werden. Die durch Reinigungsmittel möglichen Brand-, Explosions- oder Gesundheitsgefahren sind zu berücksichtigen.Es muss gewährleistet sein, dass im Zuge des Entleerens Stoffe, Zubereitungen oder Rückstände gefahrlos gelagert, abgeleitet oder entfernt werden; auf die einschlägigen Umweltschutzbestimmungen wird hingewiesen.
Gegebenenfalls sind angrenzende Behälter und enge Räume und sonstige Bereiche mit zu berücksichtigen.
4.2.1.2 Auf Entleerung und Reinigung kann verzichtet werden, wenn von den Stoffen oder Zubereitungen keine Gefährdungen ausgehen oder sich die vom Inhalt ausgehenden Gefährdungen aus betriebstechnischen Gründen nicht beseitigen lassen und dagegen andere Schutzmaßnahmen getroffen werden.
Vom Inhalt gehen z.B. keine Gefährdungen aus, wenn die Stoffe und Zubereitungen weder gesundheitsgefährlich noch brennbar sind und ein Ertrinken, Ersticken oder Versinken nicht möglich ist.Gefährdungen, die sich nicht beseitigen lassen, können z.B. sein
- Anbackungen an Behälterwandungen, die sich nicht von außen entfernen lassen und die Gefahrstoffe enthalten, z.B. in Polymerisationskesseln,
- zur Entleerung bzw. Reinigung verwendete Stoffe, z.B. Spülgase oder -flüssigkeiten, Reinigungsmittel,
Behälter oder enge Räume, die aus betriebstechnischen Gründen oder als Folge von Betriebsstörungen nicht entleert oder gereinigt werden können.
Geeignete Schutzmaßnahmen können z.B. sein
- Be- und Entlüftung,
- die Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen.
4.2.2 Abtrennen der Behälter und engen Räume
4.2.2.1 Vor Beginn der Arbeiten in Behältern und engen Räumen ist sicherzustellen, dass alle Zu- und Abgänge an den Behältern und engen Räumen, aus denen oder durch die Gefahrstoffe oder erstickende Gase in gefährlicher Konzentration oder Menge oder mit gefährlichen Temperaturen oder Drücken in Behälter und enge Räume gelangen können, wirksam unterbrochen sind.
Zu- und Abgänge für Stoffe können z.B. durch folgende Maßnahmen wirksam unterbrochen werden:
- durch Herausnehmen von Zwischenstücken, Trennen von Flanschverbindungen und Blindflanschen der Öffnungen,
- durch zwei hintereinander liegende Absperreinrichtungen, wenn zwischen diesen eine geeignete Verbindung mit der Außenluft (Zwischenentspannung) hergestellt ist, die Betätigungseinrichtungen gegen unbeabsichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Öffnen gesichert sind und die Zwischenentspannung auf ihre Wirksamkeit überprüft wurde,
- durch zwei hintereinander liegende Absperreinrichtungen ohne Zwischenentspannung, wenn vor den Absperreinrichtungen kein Druckaufbau möglich ist und die Betätigungseinrichtungen gegen unbeabsichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Öffnen gesichert sind,
- durch dicht abschließende, deutlich erkennbare Steckscheiben, wenn Abmessungen und Werkstoff den auftretenden Temperaturen, stofflichen Beanspruchungen und Drücken angepasst sind,
- durch eine Absperreinrichtung, wenn Versicherte bei Undichtigkeiten nicht gefährdet werden können und die Betätigungseinrichtung gegen unbeabsichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Öffnen gesichert ist,
- durch eine Hilfsabsperrung, z.B. Blasen, Pfropfen aus Eis oder anderen Stoffen, wenn Versicherte bei Undichtigkeiten nicht gefährdet werden können.
4.2.2.2 Ist eine wirksame Unterbrechung aus betriebstechnischen Gründen nicht möglich, darf in Behältern oder engen Räumen nur gearbeitet werden, wenn die Versicherten auf andere Weise geschützt sind.
Betriebstechnische Gründe, die eine wirksame Unterbrechung nicht ermöglichen, liegen z.B. bei Kanälen und Schächten vor.Die Versicherten können z.B. durch Lüftung oder Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen auf andere Weise geschützt werden.
Abbildung 14.1: Abtrennen der Behälter (Entfernen von Zwischenstücken und Setzen von Blinddeckeln - vorher)
Abbildung 14.2: Abtrennen der Behälter (Entfernen von Zwischenstücken und Setzen von Blinddeckeln - nachher)
Abbildung 15: Zwei Absperreinrichtungen mit Zwischenentspannung
Abbildung 16: Abtrennen mittels Steckscheibe
4.2.3 Lüftung
4.2.3.1 Vor Beginn und während der Arbeiten in Behältern und engen Räumen muss durch Lüftung sichergestellt werden, dass keine Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube in gesundheitsgefährlicher Konzentration sowie keine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre oder Sauerstoffmangel auftreten können.
Es wird unterschieden zwischen technischer (künstlicher) und freier (natürlicher) LüftungFreie Lüftung, herbeigeführt durch Druck- oder Temperaturunterschiede, ist nur ausreichend, wenn die Luftgrenzwerte eingehalten sind und Sauerstoffmangel ausgeschlossen ist. Das trifft vor allem zu, wenn Arbeiten geringen Umfangs
- mit kleinen Mengen,
- mit Stoffen geringen Gefährdungspotenzials,
- in Räumen mit großen Raumvolumen
durchgeführt werden.
Die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre ist verhindert, wenn die Konzentration der Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube im Gemisch mit Luft 50 % der unteren Explosionsgrenze nicht überschreiten kann.
4.2.3.2 Zur Belüftung muss Frischluft benutzt werden.
Die Frischluft muss der freien Außenluft oder, wenn dies nicht durchführbar ist, Räumen entnommen werden, deren Luft frei von gesundheitsgefährlichen oder brennbaren Verunreinigungen ist. Diese Räume müssen mit der freien Außenluft durch große Öffnungen in Verbindung stehen.Die Luftzuführung ist so zu gestalten, dass der gesamte Raum durchspült wird und die Versicherten möglichst im Frischluftstrom arbeiten.
Bei der Absaugung verunreinigter Luft ist sicherzustellen, dass ausreichende Frischluft, gegebenenfalls durch Einsatz technischer Lüftung, nachströmen kann.
Lösemitteldämpfe sind in der Regel an der Entstehungsstelle abzusaugen. Bei der Absaugung ist dafür zu sorgen, dass die Lösemitteldämpfe nicht in die Atemluft von Beschäftigten gelangen.
4.2.3.3 Sauerstoff und Luft mit erhöhtem Sauerstoffanteil dürfen zur Belüftung nicht verwendet werden.
4.2.3.4 Ist damit zu rechnen, dass in der Abluft gesundheitsgefährliche Stoffe in gefährlicher Konzentration oder eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre vorhanden sind, ist die Abluft so abzuführen, dass Personen nicht gefährdet werden.
4.2.3.5 Die Wirksamkeit der Lüftung ist zu überwachen und gegen Schalthandlungen durch Unbefugte zu sichern.
Dies kann z.B. geschehen durch
- kontinuierliche Konzentrationsmessungen mit selbsttätigen Einrichtungen (direktanzeigende Geräte),
- wiederholte Einzelmessungen der Konzentrationen.
4.2.3.6 Bei Unwirksamwerden der Lüftung sind die Arbeiten im Behälter und in engen Räumen sofort einzustellen. Vor Wiederaufnahme der Arbeiten ist die Wirksamkeit der Lüftung zu sichern und zu prüfen.
4.2.4 Atemschutz
4.2.4.1 Kann das Auftreten von Gefahrstoffen in gefährlicher Konzentration oder Menge durch die Maßnahmen nach den Abschnitten 4.2.1 bis 4.2.3 nicht verhindert werden, haben die Versicherten bei den Arbeiten in Behältern und engen Räumen Atemschutz zu benutzen.
4.2.4.2 Der Einsatz von Filtergeräten ist nur zulässig, wenn sichergestellt werden kann, dass kein Sauerstoffmangel auftritt. Erforderlichenfalls ist die Sauerstoffkonzentration kontinuierlich zu messen und Sauerstoffmangel durch optische oder akustische Warngeräte anzuzeigen. Außerdem ist der Schutzfaktor des Atemschutzgerätes (Vielfache des Grenzwertes) zu berücksichtigen.
Siehe auch Abschnitt 5.3.2 der BG-Regel "Einsatz von Atemschutzgeräten" (BGR 190).
4.2.4.3 Bei gleichzeitiger Benutzung von Atemschutz und persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz sind beide Systeme so einzusetzen, dass eine gegenseitige Beeinträchtigung vermieden wird.
Eine Beeinträchtigung der Funktion des Atemschutzgerätes kann durch den Fangstoß erfolgen (z.B. Abreißen des Schlauches oder Herunterreißen des Atemanschlusses), deshalb ist bei gleichzeitiger Verwendung von Atemschutz und persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz der Anschlagpunkt und die Einstellung des Verbindungsmittels so auszuwählen, dass eine möglichst geringe Auffangstrecke wirksam wird.
4.2.5 Freimessen der Behälter und engen Räume
4.2.5.1 Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist festzustellen, welche Stoffe und Zubereitungen in welcher Konzentration im Behälter oder engen Raum enthalten sind oder im Verlauf der Arbeiten auftreten können und ob Sauerstoffmangel auftreten kann. In den meisten Fällen ist dazu Freimessen erforderlich.
Zum möglichen Auftreten von Gefahrstoffen bzw. Sauerstoffmangel; siehe Abschnitt 2 Nr. 2.Ist die Sauerstoffkonzentration niedriger als die natürliche Sauerstoffkonzentration von 20,9 % ist die Ursache hierfür zu ermitteln, um festzustellen, ob eine Gefährdung vorliegt.
4.2.5.2 Zum Freimessen sind geeignete Messverfahren zu benutzen.
Geeignete Messverfahren sind
- kontinuierliche Messungen, z.B. mit direktanzeigenden Geräten,
- wiederholte Einzelmessungen, z.B. mit Prüfröhrchen oder mit Probenahme und Laboranalyse.
Bei der Auswahl der Messverfahren sind die speziellen Eigenschaften der zu messenden Stoffe zu berücksichtigen, z.B. Querempfindlichkeiten gegen andere Stoffe.
Entscheidend für die Auswahl des Messverfahrens sind auch die Verhältnisse im Behälter oder engen Raum. Es muss unterschieden werden zwischen Behältern und engen Räumen,
- die vollständig entleert, gespült und gereinigt sind und in die ein Eindringen von Gefahrstoffen bzw. Stickgasen ausgeschlossen ist,
- die Verunreinigungen oder Rückstände aufweisen, die Gefahrstoffe freisetzen können,
- die nicht vollständig abgetrennt werden können und bei denen daher ein Eindringen von Gefahrstoffen bzw. Stickgasen möglich ist. In diesen Fällen sind direktanzeigende Messgeräte zu bevorzugen.
Abbildung 17: Probenahme mittels Gasmessgerät
Abbildung 18: Probenahme mittels Gassammelrohr
4.2.5.3 Der Unternehmer darf mit dem Freimessen nur Mitarbeiter beauftragen, die über die erforderliche Sachkunde verfügen.
Die Sachkunde bezieht sich auf
- die verwendeten Messgeräte bzw. Messverfahren,
- die zu messenden Gefahrstoffe,
- die betrieblichen Verhältnisse, z.B. Beschaffenheit der Behälter und engen Räume, mögliche Einbauten, welche die Probenahme beeinflussen können.
Vor Aufnahme der Arbeiten in Tanks und Räumen auf Wasserfahrzeugen und schwimmenden Anlagen sind die besonderen Bestimmungen der Unfallverhütungsvorschrift "Schiffbau" (BGV C28) zu beachten.
4.2.5.4 Die Messungen haben an repräsentativer Stelle zu erfolgen. Zur Sicherung der Qualität der Messergebnisse sind Betriebsanweisungen zu erstellen. Hierbei sind die Benutzerinformationen der Hersteller der Messgeräte zu berücksichtigen.
4.3 Explosionsschutzmaßnahmen
4.3.1 Vermeiden des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre
4.3.1.1 Die vorrangige Maßnahme des Explosionsschutzes ist das Vermeiden des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre durch Maßnahmen nach Abschnitt 4.2. (siehe hierzu auch Abschnitt E1 der "Explosionsschutz-Regeln" (BGR 104))
In vielen Fällen ist das Auftreten einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre schwer einzuschätzen. Eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre kann z.B. entstehen
- durch Rückstände, die bei Reinigungsarbeiten freigesetzt werden,
- durch Arbeitsverfahren, z.B. Schweißgase, Reinigungsmittel,
- durch Nachverdampfung brennbarer Dämpfe aus Verkrustungen oder Verunreinigungen in einem schlecht gereinigten Behälter,
- wenn aus betriebstechnischen Gründen brennbare Stoffe nicht aus den Behältern oder engen Räumen entfernt werden können,
- durch Aufwirbeln von Ablagerungen von Stäuben mit brennbaren Anteilen.
4.3.1.2 Lassen sich Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen nicht ausschließen (z.B. Rettung von Personen), so dürfen diese nur von besonders unterwiesenen Personen und nur mit Betriebsmitteln, Werkzeugen und persönlichen Schutzausrüstungen durchgeführt werden, die für den Einsatz in Zone 1 oder 21 zugelassen sind.
Bei Vorliegen explosionsfähiger Atmosphären werden die MAK- bzw. TW- Werte deutlich überschritten. Das Arbeiten in Behältern und engen Räumen, in denen sich gefährliche explosionsfähige Atmosphäre durch Gase, Dämpfe oder Nebel nicht vermeiden lässt, darf demzufolge nur mit Umgebungsluft unabhängigen Atemschutzgeräten erfolgen; siehe BG-Regel "Einsatz von Atemschutzgeräten" (BGR 190).
4.3.2 Vermeiden von Zündquellen
4.3.2.1 Kann aus betriebstechnischen Gründen das Vorhandensein einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre nicht vermieden werden, ist gemäß Abschnitt E2 der "Explosionsschutz-Regeln" (BGR 104) das Auftreten von Zündquellen konsequent zu vermeiden.
Als Zündquellen können z.B. auftreten
- offene Flammen, z.B. durch Schweißen, Schneiden oder Oberflächenbehandlungen mit heißen Medien,
- nicht explosionsgeschützte elektrische Betriebsmittel, z.B. Beleuchtungseinrichtungen, Gebläse, Ventilatoren, Mess- und Prüfgeräte,
- nicht elektrische Geräte, die zur Zündquelle werden können, z.B. PSA zum Retten, Kettenzug,
- mechanische erzeugte Funken, z.B. durch Benutzung von Werkzeugen,
- elektrostatische Entladungen, z.B. durch Aufladung der Person bei Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz,
- heiße Oberflächen,
- vorhandene pyrophore Stoffe, die sich bei Luftzutritt entzünden, z.B. in Anbackungen oder Ablagerungen.
4.3.2.2 Schweißtechnische Arbeiten dürfen nur durchgeführt werden, wenn eine explosionsfähige Atmosphäre ausgeschlossen ist.
4.4 Schutzmaßnahmen gegen biologische Gefährdungen
4.4.1 Zum Schutz gegen biologische Gefährdungen sind Behälter oder enge Räume vor Beginn der Arbeiten analog den Abschnitten 4.2.1 und 4.2.2 zu entleeren, zu reinigen und abzutrennen.
Siehe hierzu auch § 10 Biostoffverordnung.
4.4.2 Entsprechend der Gefährdungen, die durch biologische Arbeitsstoffe auftreten können, sind die Behälter oder engen Räume zu desinfizieren oder gegebenenfalls zu sterilisieren. Bei gezielten Tätigkeiten sind die Behälter oder engen Räume in der Regel zu sterilisieren.
Eine Infektionsgefährdung für Beschäftigte ist zu unterstellen, wenn biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 2 oder höher auftreten.Desinfizieren (Reduktion der Anzahl bestimmter unerwünschter Mikroorganismen um mindestens 5 Zehnerpotenzen) kann erreicht werden durch für die Keime zugelassenen oder empfohlenen Desinfektionsmittel und Verfahren. Sterilisieren (Abtötung aller vorhandenen, vermehrungsfähigen Mikroorganismen sowie Inaktivierung aller Viren) erfolgt in der Regel mittels physikalischen oder chemisch-physikalischen Verfahren, z.B. feuchter Hitze oder gespannter Dampf.
Geeignete Desinfektionsmittel und -verfahren sind z.B. diejenigen, die
- in der Liste gemäß § 18 Infektionsschutzgesetz,
- in der Liste der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie oder
- in Listen geeigneter Desinfektionsmittel und -verfahren, die für verschiedene Bereiche des Veterinärwesens vom Desinfektionsmittelausschuss der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft veröffentlicht wurden.
4.4.3 Ist ein Desinfizieren oder Sterilisieren nicht möglich, sind bei den Arbeiten geeignete persönliche Schutzausrüstungen zu benutzen.
Siehe hierzu § 11 Abs. 1 Biostoffverordnung.
4.4.4 Beschäftigten, die biologischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sein können, ist eine Impfung anzubieten, sofern für die vorkommenden biologischen Arbeitsstoffe ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht.
Siehe hierzu § 15 Abs. 4 Biostoffverordnung.
4.5 Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz
4.5.1 Besteht beim Arbeiten in Behältern und engen Räumen Absturzgefahr, hat der Unternehmer geeignete Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz zu treffen.
Auf Grund der besonderen Gefahren beim Arbeiten in Behältern und engen Räumen können Schutzmaßnahmen gegen Absturz bereits bei geringen Höhen erforderlich sein, z.B. bei Verunreinigungen der Steigleitern.Bei der Benutzung von Strickleitern sind in jedem Fall persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz zu benutzen. Strickleitern dürfen nicht in Silos benutzt werden.
4.5.2 Zum Schutz gegen Absturz sind technische Maßnahmen zu bevorzugen.
Technische Maßnahme kann z.B. ein Seitenschutz nach DIN 4420-1 "Arbeits- und Schutzgerüste" sein.
4.5.3 Sind auf Grund der örtlichen bzw. räumlichen Verhältnisse technische Maßnahmen nicht möglich, sind persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz zu benutzen. Die erforderlichen Anschlagpunkte und die zu verwendenden persönlichen Schutzausrüstungen sind durch den Aufsichtführenden festzulegen.
Persönliche Schutzausrüstungen zum Retten sind keine persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz!Für die Verwendung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz gilt die BG-Regel "Einsatz von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz" (BGR 198).
4.5.4 Arbeiten Versicherte auf Schüttgütern oder anderen Massen, in denen man versinken kann, ist die Benutzung von Höhensicherungsgeräten und frei mitlaufenden Auffanggeräten an beweglicher Führung als Absturzsicherung unzulässig.
Abbildung 19: Höhensicherungsgerät mit integrierter Hubeinrichtung
Abbildung 20: Kombination aus Rettungsgerät (Winde) und PSA gegen Absturz (Höhensicherungsgerät)
Höhensicherungsgeräte und frei mitlaufende Auffanggeräte an beweglicher Führung funktionieren nur bei bestimmten Auszugsgeschwindigkeiten, die beim Versinken in Stoffen nicht erreicht werden.
4.5.5 Arbeiten auf Schüttgütern dürfen nur ausgeführt werden, wenn die Versicherten als Schutz gegen Versinken am straffen Seil geführt werden, z.B. mittels Rettungswinde. Zum Erreichen der Arbeitsstelle darf als Absturzsicherung ein Höhensicherungsgerät benutzt werden (siehe Abb. 20).
4.6 Schutzmaßnahmen gegen mechanische Gefährdungen
4.6.1 Mit Arbeiten in Behältern und engen Räumen darf erst begonnen werden, nachdem Gefahr bringende Bewegungen durch bewegliche Teile von Einbauten zum Stillstand gekommen sind und ein unbefugtes, irrtümliches oder unerwartetes Ingangsetzen sicher vermieden ist.
Ein unbefugtes, irrtümliches oder unerwartetes Ingangsetzen Gefahr bringender Bewegungen ist z.B. vermieden, wenn - Zuleitungen abgeklemmt,
- abschließbare Schalter mit Trenneigenschaften abgeschaltet und verschlossen,
- Steckvorrichtungen getrennt und die Stecker gesichert oder
- Sicherungen entfernt und durch Blindeinsätze ersetzt sind.
Werden Sicherungen entfernt und durch Blindeinsätze ersetzt, ist ein zusätzliches Verbotszeichen nach DIN VDE 0105-1 "VDE-Bestimmungen für den Betrieb von Starkstromanlagen; Allgemeine Festlegungen" mit der Sachaussage "Nicht schalten" erforderlich.
4.6.2 Zusätzlich zu Abschnitt 4.6.1 muss ein in Gang kommen Gefahr bringender Bewegungen infolge gespeicherter Energie sicher vermieden werden.
Ein in Gang kommen Gefahr bringender Bewegungen infolge gespeicherter Energie ist z.B. vermieden, wenn
- bei Druckspeichern oder Systemen mit vergleichbarer Speicherwirkung, z.B. Hydraulik- und Pneumatikantrieben, die Energieleitungen und die Speicherflaschen abgetrennt,
- Teile, die ihre Lage verändern können, durch Stützen, Riegel oder ähnliche Sperreinrichtungen festgelegt,
- Systeme mit Lage- oder Bewegungsenergie abgesenkt oder bis zum Stillstand abgebremst
sind.
Es kann im Einzelfall erforderlich sein, mehrere Maßnahmen gleichzeitig zu treffen.
4.6.3 Besteht die Gefährdung, dass Versicherte bei Arbeiten in Behältern und engen Räumen durch herabstürzende Teile verletzt werden können, sind Schutzmaßnahmen zu treffen.
Die Gefährdung durch herabstürzende Teile können z.B. bestehen durch:
- Arbeiten in mehreren Ebenen,
- Materialtransport, z.B. Hochziehen oder Herablassen von Arbeitsgerät.
Schutzmaßnahmen gegen herabfallende Teile können sein:
- Vermeiden des Aufenthaltes unter Lasten,
- sichere und ausreichend dimensionierte Transportmittel, z.B. geschlossene Transportbehälter,
- Umlenkrollen, die ein Durchlaufen der Transportseile verhindern (Sicherheitslastrolle - Abb. 21),
- Spannen von Schutznetzen.
4.6.4 Strahl- und Spritzarbeiten sind so durchzuführen, dass sich Versicherte nicht selbst oder gegenseitig gefährden.
Abbildung 21: Sicherheitslastrolle
4.7 Schutzmaßnahmen gegen elektrische Gefährdungen
4.7.1 Schutzmaßnahmen in leitfähigen Bereichen mit begrenzter Bewegungsfreiheit
4.7.1.1 Ortsveränderliche Betriebsmittel dürfen nur unter Anwendung einer der folgenden Schutzmaßnahmen betrieben werden:
4.7.1.2 Handleuchten dürfen nur mit Kleinspannung SELV betrieben werden.
4.7.1.3 Ortsveränderliche Stromquellen für Kleinspannung SELV oder Schutztrennung müssen außerhalb des leitfähigen Bereiches mit begrenzter Bewegungsfreiheit aufgestellt werden. Ist dies aus technischen Gründen nicht möglich, z.B. bei sehr langen Rohrleitungen, Kanälen, darf im Einzelfall die Stromquelle innerhalb des leitfähigen Bereiches mit begrenzter Bewegungsfreiheit aufgestellt werden, wenn die Zuleitung
4.7.1.4 Bei der Auswahl von ortsveränderlichen elektrischen Betriebsmitteln ist anzustreben, nur solche der Schutzklasse II zu verwenden. Ortsveränderliche Trenntransformatoren müssen der Schutzklasse II entsprechen.
4.7.1.5 Ortsfeste elektrische Betriebsmittel dürfen nur unter Verwendung einer der folgenden Schutzmaßnahmen betrieben werden:
4.7.2 Schutzmaßnahmen in sonstigen Behältern und engen Räumen mit leitfähiger Umgebung
4.7.2.1 Neben den ortsveränderlichen Betriebsmitteln mit den in 4.7.1 beschriebenen Schutzmaßnahmen dürfen auch ortsveränderliche Betriebsmittel mit folgenden Schutzmaßnahmen betrieben werden:
4.7.2.2 Ortsfeste elektrische Betriebsmittel sind unter Anwendung der Schutzmaßnahmen nach DIN VDE 0100-410 zu betreiben. Es wird jedoch die Anwendung des zusätzlichen Schutzes durch RCDs nach Abschnitt 412.5 DIN VDE 0100-410 empfohlen.
4.7.2.3 Stromkreise mit Steckvorrichtungen d AC 32 A sind über RCDs mit IAN < 30 mA zu betreiben. Für diese Stromkreise ist auch ein IT - System mit Isolationsüberwachung zulässig.
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