Druck- und LokalversionFür einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I
Frame öffnen

BGI/GUV-I 8592 / DGUV Information 204-030 - Betriebliche Ersthelferinnen und Ersthelfer im öffentlichen Dienst
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information

(Ausgabe 05/2011; 03/2017)



Archiv: 05/2011


Einleitung

In der Bundesrepublik werden jährlich ca. 3 Millionen Personen in Erster Hilfe ausgebildet. Davon werden ca. 2 Million durch die Unfallversicherungsträger ausgebildet.

Die Erste-Hilfe-Ausbildung findet vor dem Hintergrund statt, dass in der Bundesrepublik Deutschland jährlich annähernd 8,5 Mio. verletzte Menschen statistisch erfasst werden (www.baua.de).

Rechtliche Grundlagen

Man unterscheidet im Wesentlichen zwei Rechtskreise im Erste-Hilfe-Bereich, aus denen sich Pflichten zur Leistung von Erster Hilfe bei Unglücksfällen ergeben können.


Im Allgemeinen (z.B. Haushalt, Straßenverkehr, Freizeit, Betrieb) gilt nach § 323c Strafgesetzbuch (StGB):

"Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."


Insofern besteht eine gesetzliche Pflicht zur Hilfeleistung für alle. Der Gesetzgeber verlangt nicht die Gefährdung des eigenen Lebens. Die Teilnahme an einer Erste-Hilfe-Ausbildung ist teilweise vorgeschrieben (z.B. für den Erwerb des Führerscheins), erfolgt ansonsten aber größtenteils auf freiwilliger Basis.


Bei einem Notfall, z.B. einem Unfall, einer lebensbedrohlichen akuten Erkrankung oder Vergiftung, erwarten wir alle von unseren Mitmenschen Hilfe. Wir sollten Erste Hilfe selbst beherrschen, nicht nur um unserer moralischen und ethischen Verpflichtung nachzukommen, sondern auch um unsere eigene Unsicherheit zu überwinden und vom hilflosen und ängstlichen Zuschauer zum aktiven Helfenden zu werden.

Am Arbeitsplatz verpflichtet § 10 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin zu einer geeigneten Organisation der Erste-Hilfe- und sonstiger Notfallmaßnahmen, einschließlich der Bereitstellung von Sachmitteln.

Diese Verpflichtung ist in Verbindung mit den anderen Grundpflichten des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin zu sehen. Auf Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber eine funktionierende Erste-Hilfe-Organisation zu schaffen.

Weitere Regelungen sind auch in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) enthalten. Hier sind insbesondere die Anforderungen an Erste-Hilfe-Räume sowie Mittel und Einrichtungen zur Ersten Hilfe geregelt.

§ 21 Abs. 1 SGB VII verpflichtet den Unternehmer, Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren durchzuführen sowie eine wirksame Erste Hilfe sicherzustellen.

Weiterhin ist im § 21 Abs. 3 SGB VII geregelt, dass Versicherte (Beschäftigte) alle Maßnahmen für eine wirksame Erste Hilfe unterstützen müssen und die entsprechenden Anweisungen des Unternehmers zu befolgen haben. Der Unternehmer hat für die erforderliche Anzahl sowie für die Aus- und Fortbildung der Ersthelfer oder Ersthelferinnen zu sorgen.

Durch § 15 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII werden die gesetzlichen Unfallversicherungsträger ermächtigt, als autonomes Recht Unfallverhütungsvorschriften (UVV) zur Sicherstellung einer wirksamen Ersten Hilfe durch den Unternehmer zu erlassen. Dies ist flächendeckend durch den Erlass der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" erfolgt und diese verpflichtet den Unternehmer oder die Unternehmerin noch konkreter, klare betriebliche Strukturen im Erste-Hilfe-Bereich zu schaffen.

Anmerkung: Auszüge aus Gesetzestexten siehe Anhang

Die Aus- und Fortbildung der Personen, die mit der Ersten Hilfe betraut sind, regelt § 26 DGUV Vorschrift 1.

Die hier beispielhaft aufgeführten Rettungszeichen für Erste-Hilfe-Einrichtungen sind in der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A1.3 Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung zu finden.


Rettungskette

Der Ablauf von Hilfeleistungen nach einem Unfall oder einer akuten Erkrankung ist auf das komplexe Hilfeleistungssystem und die medizinische Infrastruktur in Deutschland abgestimmt. Sie beginnt ohne Verzögerung mit den unmittelbar notwendigen Sofortmaßnahmen durch die Ersthelferinnen und Ersthelfer.

Sofortmaßnahmen sind:

Das Absetzen des Notrufs (Anforderung fachlicher Hilfe), kommt vor den weiteren Maßnahmen der Ersten Hilfe (Wundversorgung und psychische Betreuung). Die zwei ersten Glieder der Kette fallen der Ersthelferin oder dem Ersthelfer zu.

Der Rettungsdienst übernimmt die Betroffene oder den Betroffenen, versorgt sie oder ihn, ggf. mit notärztlicher Unterstützung, und führt den sachgerechten Transport ins Krankenhaus durch. Dort erfolgt die weitere Behandlung.

Jeder Laie, auch ohne Erste-Hilfe-Ausbildung, sollte sich diese Reihenfolge ein prägen, denn nur wenn jedes Glied der Kette schnellstmöglich in das nächste eingreift, ist der Erfolg der Rettung gesichert.

Ein Unfall (z.B. kleine Wunde) kann auch mit der Erstversorgung durch den Ersthelfer oder Ersthelferin abgeschlossen werden und ggf. der Arztbesuch durch die betroffenen Person selbst erfolgen. Damit kann die Rettungskette auch vorzeitig enden.

Ausbildung und Aufgaben der Ersthelferin oder des Ersthelfers

Für die Sicherstellung einer wirksamen Ersten Hilfe im Betrieb zu sorgen, ist Aufgabe der Unternehmerin oder des Unternehmers (§ 24 DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"). Diese Aufgabe kann auf nachgeordnete Führungskräfte (z.B. Behördenleitung) oder andere Vorgesetzte übertragen werden. Zur Sicherstellung der Ersten Hilfe müssen nicht nur eine ausreichende Anzahl von Ersthelferinnen oder Ersthelfern (§ 26 DGUV Vorschrift 1) zur Verfügung stehen, sondern auch die notwendigen Mittel, Einrichtungen und Gerätschaften (§ 25 DGUV Vorschrift 1) vorhanden sein.

Ersthelferinnen oder Ersthelfer müssen nach § 26 DGUV Vorschrift 1 mindestens in folgender Zahl zur Verfügung stehen:

  1. Bei 2 bis zu 20 anwesenden Versicherten ein Ersthelfer,
  2. bei mehr als 20 anwesenden Versicherten
    1. in Verwaltungs- und Handelsbetrieben 5 %,
    2. in sonstigen Betrieben 10 %.
    3. in Kindertageseinrichtungen ein Ersthelfer je Kindergruppe,
    4. in Hochschulen 10 % der Versicherten nach § 2 Abs. 1 Nummer 1 SGB VII. Von der Zahl der Ersthelfer nach Nummer 2 kann im Einvernehmen mit dem Unfallversicherungsträger unter Berücksichtigung der Organisation des betrieblichen Rettungswesens und der Gefährdung abgewichen werden.

Zur Ersthelferin oder zum Ersthelfer kann jede oder jeder bestellt werden, der die erforderliche Ausbildung bei einer so genannten ermächtigten Stelle besitzt, sofern keine persönlichen Gründe entgegenstehen. Nach der DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention" gibt es sogar eine Verpflichtung sich ausbilden zu lassen. Die Ersthelferin oder der Ersthelfer muss bereit sein, in regelmäßigen Abständen sein bzw. ihr in der Grundausbildung erworbenes Wissen aufzufrischen und zu vertiefen. Die Grundausbildung dauert 9, das Erste- Hilfe-Training ebenfalls 9 Unterrichtseinheiten. Die Inhalte sind bundesweit einheitlich festgelegt.

Zu den Aufgaben der Ersthelferin oder des Ersthelfers gehören:

Den Ersthelferinnen oder Ersthelfern können durch den Unternehmer auch weitere Aufgaben übertragen werden, z.B. die Überprüfung des Erste-Hilfe-Materials, der Meldeeinrichtungen und der Rettungsgeräte. Die Erste- Hilfe-Leistung ist zu dokumentieren. Die Unfallanzeige ersetzt nicht die Dokumentation. Von besonderer Wichtigkeit ist auch die Zusammenarbeit mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder der Betriebsärztin und dem Personal-/ Betriebsrat.

Die Ersthelferin oder der Ersthelfer in allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen

Nach § 10 Arbeitsschutzgesetz muss nicht nur für das Lehrpersonal, sondern auch für Schülerinnen und Schüler (Anwesenheit anderer Personen) eine wirksame Erste Hilfe sichergestellt werden. Dies ergibt sich auch aus § 21 (2) SGB VII. Danach ist der Schulhoheitsträger verpflichtet, im Benehmen mit dem zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger Regelungen zur Ersten Hilfe zu treffen.

In der Regel ist der Schulleitung die Verantwortung für die Organisation der Ersten Hilfe zu übertragen. Hierzu zählen die sachlichen (Meldeeinrichtungen, "Erste-Hilfe-Raum", Erste-Hilfe-Material) und die personellen Voraussetzungen (Anzahl und Ausbildung von Ersthelfer). Die Sachkosten trägt der Sachkostenträger der Schule (Städte, Gemeinden usw.).

Es ist anzustreben, dass Lehrkräfte, die bei schulischen Veranstaltungen in Situationen gelangen können, die Hilfeleistungen erfordern (z.B. Klassenfahrten, Besichtigungen) adäquat ausgebildet sind. Dies gilt insbesondere für Lehrkräfte des Faches Sport, der technisch naturwissenschaftlichen Fächer und der praktischen Ausbildung in beruflichen Schulen.

Die Ausbildung ist für die Ersthelferin oder den Ersthelfer kostenfrei. Die Ausbildungsinhalte und -dauer (zielgruppenorientiert) sowie die Kostenübernahme für die Aus- und Fortbildung werden in Absprache zwischen den zuständigen Unfallversicherungsträgern und dem Dienstherrn bzw. Arbeitgeberin oder Arbeitgeber ggf. auch dem verantwortlichen Organisator geregelt.

Rechtliche Stellung des Ersthelfers oder der Ersthelferin

Unfallversicherungsschutz

Für Beschäftigte, die auf Veranlassung der Unternehmerin oder des Unternehmers an einem Erste-Hilfe-Lehrgang teilnehmen oder als Ersthelferin oder Ersthelfer tätig werden, leitet sich der Unfallversicherungsschutz aus ihrem Beschäftigungsverhältnis ab (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII).

Die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung erfolgen von Amts wegen.

Rechtliche Stellung der Ersthelferin oder des Ersthelfers

Die Ersthelferin oder der Ersthelfer ist wie jeder Bürger und jede Bürgerin verpflichtet, Hilfe zu leisten. Führt er oder sie die Hilfeleistung mit der gebotenen Sorgfalt durch, d.h. entsprechend seinen Kenntnissen, Fähigkeiten und den sonstigen Umständen, kann sich eine Ersthelferin oder ein Ersthelfer grundsätzlich nicht strafbar machen. Er bleibt im Allgemeinen selbst dann straffrei, wenn ihm ein Fehler unterlaufen sollte.

Zivilrechtlich kann die Ersthelferin oder der Ersthelfer grundsätzlich auch nicht zum Schadensersatz herangezogen werden, es sei denn, er handelt grob fahrlässig oder vorsätzlich. Dies kann im Allgemeinen ausgeschlossen werden.

Im betrieblichen Bereich besteht sogar ein Haftungsprivileg, wonach eine Haftung nur bei Vorsatz möglich ist. Bei grober Fahrlässigkeit wäre Regressnahme durch den Unfallversicherungsträger denkbar, was in der Regel aber ausgeschlossen werden kann.
Auch arbeits- oder disziplinarrechtliche Maßnahmen können in der Regel ausgeschlossen werden.

Weitere Informationen sind in der Broschüre "Rechtsfragen bei Erster-Hilfe-Leistung" (weitere DGUV-Medien, Best. Nr. 10852) enthalten, Bezugsquelle siehe Literatur.


.

GesetzestexteAnhang


Auszug aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)

§ 10 Erste Hilfe und sonstige Notfallmaßnahmen

Auszug aus SGB VII

§ 15 Unfallverhütungsvorschriften

§ 21 Verantwortung des Unternehmers, Mitwirkung der Versicherten

§ 23 Aus- und Fortbildung

Auszug aus der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 1 "Grundsätze der Prävention"

§ 24 Allgemeine Pflichten des Unternehmers

Literatur

Gesetze, Verordnungen

Bezugsquelle:
Buchhandel und Internet: z.B.
www.gesetze-im-internet.de

Vorschriften, Regeln und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Bezugsquelle:
Bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger oder unter www.dguv.de/publikationen

Vorschriften

Informationen


UWS Umweltmanagement GmbHENDEFrame öffnen