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DGUV Information 213-104 - Branchen- oder tätigkeitsspezifische Hilfestellung "Recycling-Baustoff-Industrie"
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information

(Ausgabe 05/2017)



gemäß Kapitel 5 und Anhang 1 der TRGS 504 "Tätigkeiten mit Exposition gegenüber A- und E-Staub" zur Festlegung der Schutzmaßnahmen bei Inanspruchnahme der Übergangsregelung gemäß TRGS 900 Nr. 2.4.2


Vorwort

Diese branchen- oder tätigkeitsspezifische Hilfestellung wurde vom Ausschuss "Technik und Umwelt" der Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe für Baustoffrecycling-Betriebe erarbeitet und im Sachgebiet "Gesundheitsgefährlicher Mineralischer Staub" des Fachbereichs "Rohstoffe und Chemische Industrie" der DGUV weiter entwickelt. Gemäß TRGS 504 liegt der Schwerpunkt dabei auf einer Beschreibung der technischen Schutzmaßnahmen nach den branchenüblichen Verfahrens- und Betriebsweisen im Sinne einer Minimierung der Staubexposition. Es erfolgt eine Bewertung, ob der Arbeitsplatzgrenzwert für Staub der A-Fraktion in Höhe von 1,25 mg/m3 unter Anwendung branchenüblicher Verfahrens- und Betriebsweisen eingehalten werden kann oder nicht.

Zur Anwendung kamen dabei die in der TRGS 559 "Mineralischer Staub" (Stand Februar 2010) und im Report "Quarzexpositionen am Arbeitsplatz (BGIA-Report 8/2006)" der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) veröffentlichten Daten. Weiterhin wurden Messdaten der Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe verwendet und Experteneinschätzungen mit einbezogen.

Für den Fall der Überschreitung von 1,25 mg/m3 und Einhaltung des Beurteilungsmaßstabes von 3 mg/m3 werden Maßnahmen beschrieben, deren sinnvolle Auswahl zu einer weiteren Reduktion der Staubexposition führen und in einem gemäß TRGS 504, Abs. 3.4.2 und TRGS 900, Abs. 2.4.2 notwendigen Schutzmaßnahmenkonzept münden können 1). Das Schutzmaßnahmenkonzept selbst muss der einzelne Betrieb unter Berücksichtigung der betrieblichen Situation aufstellen.

Die vorliegende Handlungshilfe ist auf stationäre wie mobile Anlagen sowie auf die sonstigen im Folgenden beschriebenen Arbeitsplätze anwendbar.

Der einzelne Betrieb kann von der in dieser Handlungshilfe vorgeschlagenen Vorgehensweise abweichen. In diesem Fall muss der einzelne Betrieb die branchenüblichen Verfahrens- und Betriebsweisen und auch das Schutzmaßnahmenkonzept nach den Vorgaben der TRGS 504 selber ermitteln und festlegen. Die Wirksamkeit dieses Schutzmaßnahmenkonzeptes muss dann ebenfalls individuell überprüft werden.

1 Annahme, Aufbereitung und Lagerung von mineralischen Bau- und Abbruchabfällen - Beschreibung der staubrelevanten Tätigkeiten

Der Umgang mit mineralischen Bau- und Abbruchabfällen und daraus hergestellten Recycling-Baustoffen (rezyklierten Gesteinskörnungen und Baustoffgemischen) kann mit einer Staubentwicklung verbunden sein. Der mögliche Staubanfall wird durch Art und Menge des Materials, der Herstellverfahren und die maschinelle Ausstattung der Aufbereitungsanlagen sowie beweglicher Geräte und Maschinen (Radlader etc.) bestimmt.

Tätigkeitsbereiche von beschäftigten Personen mit möglicher Staubbelastung können nachfolgend aufgeführten Verfahrensschritten zugeordnet werden:

Annahme

Aufbereitung

Lagerung/ Verladung/ Versand

Instandhaltung

Die Dauer einer möglichen Exposition kann dabei nur wenige Minuten betragen, z.B. bei Kontrollgängen oder beim Durchschreiten von staubexponierten Betriebsbereichen, sich aber auch über die gesamte Arbeitsschicht erstrecken. Oftmals ist die Exposition auch von den vorherrschenden Witterungsverhältnissen stark beeinflusst, da es sich fast immer um Tätigkeiten im Freien handelt (siehe auch TRGS 402, Anhang 5 Nr. 7).

2 Technische Schutzmaßnahmen nach den branchenüblichen Verfahrens- und Betriebsweisen

Die im Folgenden dargestellten technischen Schutzmaßnahmen sind die in der Recycling-Baustoff-Industrie angetroffene Verfahrens- oder Betriebsweisen. Aus betriebsspezifischen Gründen sind die in den folgenden Aufzählungen beschriebenen jeweils höherwertigen technischen Schutzmaßnahmen nicht bereits in allen Betrieben umgesetzt. Branchenüblich ist deshalb die volle Bandbreite der im Folgenden beschriebenen Schutzmaßnahmen einschließlich derjenigen mit teilweiser Implementierung der entsprechenden Maßnahmen (siehe Übersicht 1).

Die Vorgaben des Anhangs I Nr.2.3 Absätze 1-7 "Partikelförmige Gefahrstoffe", GefStoffV, müssen umgesetzt werden.

Fahrzeuge, Erdbaumaschinen und fahrbare Geräte

Brech-, Sieb-, Sichter- und Förderanlagen

Filterstäube

Lagerung und Umschlag von rezyklierten Gesteinskörnungen und Baustoffgemischen

3 Expositionsniveau bei branchenüblichen Verfahrens- und Betriebsweisen

Übersicht 1 enthält eine Auflistung typischer Arbeitsbereiche der Recycling-Baustoff-Industrie, in denen Tätigkeiten ggf. unter Staubbelastung durchgeführt werden (Spalte 1).

Es wird dargelegt, wie der AGW von 1,25 mg/m3 eingehalten werden kann (Zuordnung Spalte 2 "grün") oder wo dies auch unter Anwendung der in Abschnitt 2 dieser Handlungshilfe beschriebenen technischen Schutzmaßnahmen gemäß branchenüblicher Verfahrens- und Betriebsweisen noch nicht (Spalte 3 "gelb") der Fall ist.

Grundlage für die Zuordnung der Arbeitsbereiche/Tätigkeiten zu Spalte 2 oder 3 in dieser Handlungshilfe sind die Ergebnisse verfügbarer Expositionsmessungen und Literaturauswertungen (TRGS 559 "Mineralischer Staub", Report "Quarzexpositionen am Arbeitsplatz (BGIA-Report 8/2006)" der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)), Daten eines Messprogramms 3) sowie Experteneinschätzungen.

4 Schutzmaßnahmenkonzept

In Übersicht 1 sind jeweils die in Abschnitt 2 dieser Handlungshilfe aufgeführten technischen Schutzmaßnahmen gemäß branchenüblicher Verfahrens- und Betriebsweisen tabellarisch dargestellt. Dabei sind in Spalte 2 diejenigen Schutzmaßnahmen grün markiert, deren Anwendung zu einer Einhaltung des AGW führt. Für die in Spalte 3 gelb markierten Arbeitsweisen kann die Übergangsregelung in Anspruch genommen werden. In der Übersicht 1 werden in Spalte 4 Hinweise zu technischen oder organisatorischen Schutzmaßnahmen gegeben, die in der Übersicht 2 erläutert werden.

Die Schutzmaßnahmen sind dabei unter Umständen kumulativ anzuwenden und im Hinblick auf die jeweils zu betrachtende Tätigkeit gezielt so auszuwählen, dass das Schutzziel erreicht wird. Je nach den betriebsspezifischen Umständen ist es zum Zweck der Einhaltung des AGW bzw. der Minimierung der Exposition nicht in jedem Fall erforderlich, alle beschriebenen Schutzmaßnahmen anzuwenden. Im Zweifelsfall ist eine Wirksamkeitskontrolle (TRGS 504 Nr. 3.5) durchzuführen.

Zusätzlich zur beschriebenen Auswahl der Schutzmaßnahmen aus Übersicht 1 und Übersicht 2 sind die im folgenden Absatz gelisteten übergeordneten Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen. Das Schutzmaßnahmenkonzept ist in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren.

Übergeordnete Schutzmaßnahmen und in Verbindung mit technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen einsetzbare persönliche Schutzmaßnahmen

Fahrwege sollten im Anlagenbereich (Annahme, Aufhaldung, Aufbereitung und Verladung) befestigt werden. Wo dies nicht der Fall ist, eignet sich eine der Witterung angepasste Befeuchtung der Fahrwege. Befestigte Flächen sind je nach Verschmutzungsgrad regelmäßig mit Staubsaugeinrichtungen, zum Beispiel Kehrsaugmaschinen (Staubklasse M), zu reinigen.

Der Aufenthalt von Mitarbeitern in staubbelasteten Bereichen ist auf ein Minimum zu reduzieren.

Schutzkleidung ist beim Verlassen stark staubender Tätigkeitsbereiche zu reinigen, zum Beispiel durch Absaugen (Absaugkabine) (siehe TRGS 504, Abs. 4.1.3. (9)).

Die übrigen Anforderungen der TRGS 504 (siehe Abs. 4.1.3. (8 und 10)) sind zu beachten. Schutzkleidung kann auch als "Einweg-Schutzkleidung" bereitgestellt werden.

Bei kurzfristigen Tätigkeiten in hoch staubexponierten Bereichen ist nach Durchführung aller technischen oder organisatorischen Schutzmaßnahmen auch die Verwendung von geeignetem persönlichem Atemschutz gemäß DGUV Regel 112-190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" vorzusehen. Dabei können Halbmasken mit Partikelfilter (mindestens P2), partikelfiltrierende Halbmasken (mindestens FFP2) oder gebläseunterstützte Atemschutzgeräte (Helm oder Haube mit Gebläse und Filter mindestens TH2P) verwendet werden. Letztere bieten eine bessere Schutzwirkung und insbesondere bei längeren Tragezeiten einen besseren Tragekomfort.

Übersicht 1: Tätigkeiten/Arbeitsbereiche in der Recycling-Baustoff-Industrie

Tätigkeiten/ Arbeitsbereiche in der Recycling-Baustoff-IndustrieAGW von 1,25mg/m3 eingehaltenAGW von 1,25 mg/m3 nicht eingehalten;
Inanspruchnahme der Übergangsregelung möglich
Technische und organisatorische Schutzmaßnahmen für ein Schutzmaßnahmenkonzept (siehe Übersicht 2)
1234
Annahme, Laden   
Aufhalden, Laden und Fördern mit Einsatz von Erdbaumaschinen, deren Fahrerkabinen eine Klimaanlage mit Frischluftzufuhr und ausreichendem, funktionierendem Staubfilter gegen alveolengängige Staubpartikel haben  
Aufhalden, Laden und Fördern mit Einsatz von Erdbaumaschinen mit Fahrerkabine ohne ausreichende Staubfilterung 1, 2, 3
Aufbereitung   
Brech-, Sieb- und Förderanlagen sowie Handsortierungsbänder, sofern sie in Teilen gekapselt und abgesaugt oder mit Bedüsungen ausgestattet sind  
Brech-, Sieb- und Förderanlagen sowie Handsortierungsbänder die nicht gekapselt oder mit Bedüsungen ausgestattet sind 4,5
Austrag- und Übergabestellen, die nicht gekapselt sind, an denen aber der Staub abgesaugt oder durch Bedüsung niedergeschlagen wird  
Austrag- und Übergabestellen, die nicht gekapselt sind und die nicht über eine Staubabsaugung oder Bedüsung verfügen 4,5
Kontinuierliche Förderung   
Fördereinrichtungen, die gekapselt sind  
Förderbandübergabestellen, die nicht gekapselt sind, an denen aber der Staub abgesaugt oder durch Bedüsung niedergeschlagen wird  
Förderbandübergabestellen, die nicht gekapselt sind und die die nicht über eine Staubabsaugung oder Bedüsung verfügen 4,5
Halden /Aufschüttungen   
Halden und Aufschüttungen, die durch Erdwälle, Windschutzbepflanzungen, Windschutzzäune oder Feuchthalten geschützt werden  
Halden und Aufschüttungen, die nicht durch Erdwälle, Windschutzbepflanzungen, Windschutzzäune oder Feuchthalten geschützt sind 6
Materialabwurfstellen an Halden und Aufschüttungen, an denen Materialschürzen angebracht sind und die mit Wasserberieselung oder -bedüsung ausgerüstet sind  
Materialabwurfstellen an Halden und Aufschüttungen, die nicht mit Materialschürzen und mit Wasserberieselung oder -bedüsung ausgerüstet sind 6,7,8
Lkw-Verladeeinrichtungen, die mit einer Entstaubung und/oder einer Wasserbedüsung oder -berieselung ausgerüstet sind  
Lkw-Verladeeinrichtungen, die nicht mit einer Entstaubung und/oder einer Wasserbedüsung oder -berieselung ausgerüstet sind 7,8
Leit- und Steuerstände   
Leitstände, die mit einer Klimatisierung und Fremdluftzufuhr mit Filteranlage ausgerüstet sind, so dass ein minimaler Überdruck vorherrscht, die aber auch über ein automatisches Tür-Verschlusssystem verfügen  
Leitstände, die nicht klimatisiert und fremdbelüftet sind und deren Türen sich nicht automatisch schließen 1, 2, 3


Übersicht 2: Schutzmaßnahmen 4)

Nr.SchutzmaßnahmenWeitere Hinweise
1Nachrüsten von Fahrerkabinen oder LeitständenAn Hersteller wenden
2Betriebsanweisung zur regelmäßigen Reinigung der Kabinen, Filteranlagen und LeitständeTRGS 504 Nr. 4.1.3
3Betriebsanweisung zum Betrieb nur bei geschlossenen Fenstern und TürenTRGS 504 Nr. 4.1.3
4Nachrüsten mit Kapselungs- oder TeilkapselungskomponentenTRGS 504 Nr. 4.1.1
TRGS 504 Nr. 4.1.2
5Nachrüsten mit Bedüsungs- oder BerieselungssystemenTRGS 504 Nr. 4.1.1
TRGS 504 Nr. 4.1.2
6Erdwälle, Windschutzbepflanzungen, Windschutzzäune anlegen und Feuchthalten der Halden 
7Nachrüsten mit Materialschürzen 
8Nachrüsten mit Abwurfhöhenregulierungen 


________


1) Die Überschreitung des Beurteilungsmaßstabes von 3 mg/m3 (A-Fraktion) erfordert gemäß GefStoffV sofortige Maßnahmen.

2) Der leckagefreie Einbau der Filter in die Belüftungs- bzw. Klimaanlage muss sichergestellt sein.

3) Abschlussbericht des Instituts für Gefahrstoff-Forschung (IGF) der BG RCI Nr. A 6051/05 vom 19.05.2005.

4) Maschinen, die Stäube freisetzen oder erzeugen können, müssen so konstruiert und gebaut sein, dass Gefahren durch diese Stäube vermieden werden oder die Stäube aufgefangen und gefahrlos beseitigt werden können (Anhang I Abschnitt 1.5.13 der RL 2006/42/EG; Maschinenrichtlinie). Ist die Maschine im Normalbetrieb nicht vollkommen geschlossen, so sind die Einrichtungen zum Auffangen und/oder Abführen so anzuordnen, dass sie die größtmögliche Wirkung entfalten.


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