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ZH 1/456 - Sicherheitsregeln für Zweihandschaltungen an kraftbetriebenen Pressen der Metallbearbeitung
(Ausgabe 02/1978 zurückgezogen)
nur zur Information
Umstrukturierung der Systematik (01.05.2014): nicht mehr im DGUV-Regelwerk enthalten
In den Unfallverhütungsvorschriften "Exzenter- und verwandte Pressen" (VBG 7n5.1), "Hydraulische Pressen" (VBG 7n5.2) und "Spindelpressen" (VBG 7n5.3) sind als Handschutzeinrichtungen Zweihandschaltungen aufgeführt. Ergänzend zu diesen Vorschriften legen diese Sicherheitsregeln die nach dem derzeitigen Stand der Technik bei Planung, Konstruktion, Verwendung und Prüfung von Zweihandschaltungen zu beachtenden Mindestforderungen fest.
Die Verwendung von Zweihandschaltungen setzt das Vorhandensein einer sicheren Pressensteuerung entsprechend den "Sicherheitsregeln für Steuerungen an kraftbetriebenen Pressen der Metallbearbeitung" (ZH 1/457) und die Erfüllung der Forderungen der oben genannten Unfallverhütungsvorschriften voraus.
1 Anwendungsbereich
Diese Sicherheitsregeln finden Anwendung auf Zweihandschaltungen, die an kraftbetriebenen Pressen der Metallbearbeitung zum Schutz gegen Handverletzungen durch gefährliche Schließbewegungen eingesetzt werden.
2 Begriffe
2.1 Zweihandschaltungen
Zweihandschaltungen sind Einrichtungen, die die Bedienungsperson zwingen, zur Vermeidung von Handverletzungen die Hände während der Gefahr bringenden Schließbewegung außerhalb der Gefahrstellen zu halten.
2.2 Gefahrbringende Schließbewegung
Eine Gefahr bringende Schließbewegung ist der Teil der Bewegung des sich schließenden Pressenwerkzeuges, in dem Verletzungen möglich sind. Sie ist beendet, wenn sich bewegte und feste Teile einander so weit genähert haben, dass ein Hineingreifen in das Werkzeug nicht mehr möglich ist (siehe DIN 31001-1 "Sicherheitsgerechtes Gestalten technischer Erzeugnisse; Schutzeinrichtungen; Begriffe; Sicherheitsabstände für Erwachsene und Kinder").
2.3 Gefahrstellen
Gefahrstellen sind die Stellen, an denen durch die Schließbewegung des Werkzeuges Verletzungen verursacht werden können.
2.4 Nachlauf
Nachlauf ist der Teil der Schließbewegung, der nach dem Loslassen eines oder beider Schaltorgane noch erfolgt.
2.5 Nachlaufweg
Nachlaufweg ist der vom Stößel während des Nachlaufes zurückgelegte Weg.
2.6 Nachlaufzeit
Nachlaufzeit ist die zeitliche Dauer des Nachlaufes.
2.7 Sicherheitsabstand
Sicherheitsabstand ist der für den Schutz vor Handverletzungen erforderliche Mindestabstand der Schaltorgane von der nächstgelegenen Gefahrstelle, der sich aus der Greifgeschwindigkeit und der Nachlaufzeit ergibt.
2.8 Durchlauf
Durchlauf ist eine durch eine Störung verursachte Schließbewegung, die unmittelbar auf eine beabsichtigte Schließbewegung folgt.
2.9 Fehlanlauf
Fehlanlauf ist eine durch eine Störung verursachte Schließbewegung, die aus dem Stillstand des Stößels erfolgt.
2.10 Übernahme des Steuerbefehls
Die Übernahme des Steuerbefehls ist die Stelle des Abwärtshubes, von der an die Schließbewegung bei Loslassen der Schaltorgane der Zweihandschaltung nicht mehr unterbrochen wird.
2.11 Sachkundiger
Sachkundiger ist, wer auf Grund seiner fachlichen Ausbildung und Erfahrung ausreichende Kenntnisse in Bauart, Schaltung und Anwendung von Zweihandschaltungen hat und mit den Unfallverhütungsvorschriften "Exzenter- und verwandte Pressen" (VBG 7n5.1), "Hydraulische Pressen" (VBG 7n5.2), "Spindelpressen" (VBG 7n5.3) sowie mit diesen Sicherheitsregeln und anderen allgemein anerkannten Regeln der Technik (z.B. "Sicherheitsregeln für Steuerungen an kraftbetriebenen Pressen der Metallbearbeitung" - ZH 1/457, VDE-Bestimmungen) soweit vertraut ist, dass er den arbeitssicheren Zustand von Zweihandschaltungen in Verbindung mit Pressen der Metallbearbeitung beurteilen kann.
3 Allgemeine Anforderungen an Zweihandschaltungen
3.1 Kennzeichnung
Zweihandschaltungen, die nicht vom Hersteller der Presse geliefert oder die nachträglich angebaut werden, müssen mit einem Fabrikschild versehen sein, das folgende Angaben enthält:
Hersteller oder Lieferer
Typ
Baujahr
Fabriknummer
Die Kennzeichnung muss gut sichtbar und dauerhaft angebracht sein.
3.2 Funktion
Zweihandschaltungen müssen so beschaffen sein, dass bei Loslassen auch nur eines der beiden Schaltorgane während der Gefahr bringenden Schließbewegung der Steuerbefehl aufgehoben wird. Die Fortsetzung der Schließbewegung darf erst eingeleitet werden können, wenn beide Schaltorgane in ihre Ausgangslage zurückgekehrt sind und erneut betätigt werden.
3.3 Gleichzeitigkeitsschaltung
Zweihandschaltungen dürfen nur wirksam werden, wenn beide Schaltorgane innerhalb eines Zeitabstandes von max. 0,5 s betätigt werden. Dies gilt nicht für Zweihandschaltungen an Pressen, die für mehr als Zwei-Personenbedienung vorgesehen sind.
3.4 Gestaltung und Anordnung der Schaltorgane
Die Schaltorgane der Zweihandschaltung sind so zu gestalten und anzuordnen, dass sie nicht unbeabsichtigt betätigt und nicht auf einfache Weise umgangen oder unwirksam gemacht werden können.
Zweihandschaltungen dürfen sich z.B. nicht mit einer Hand, mit dem Unterarm oder mit den Knien betätigen lassen.
3.5 Betriebsbedingungen
Die Bauteile der Zweihandschaltung müssen so ausgewählt, eingebaut und miteinander verknüpft sein, dass sie den zu erwartenden Betriebsbeanspruchungen genügen *), z.B. im Hinblick auf Schaltvermögen, Schalthäufigkeit und Fremdeinflüsse (s. auch Abschnitt 3.6).
Elektrische Bauteile müssen den für sie gültigen VDE-Bestimmungen entsprechen. Sie müssen so ausgewählt und angeordnet sein, dass die Kriech- und Luftstrecken, bezogen auf die Nennspannung des betreffenden Stromkreises, mindestens den für die Gruppe C nach VDE 0110 angegebenen Werten entsprechen.
Elektrische Bauteile, die nicht den Werten der Gruppe C entsprechen, müssen mindestens den Werten der Gruppe B entsprechen und in einem zusätzlichen Gehäuse mit einer Mindestschutzart von IP 51 untergebracht und über Klemmen oder Steckverbindungen, die nach VDE 0110 Gruppe C bemessen sind, angeschlossen sein, damit in einer vom Verwender nicht beeinflussbaren Weise dafür gesorgt ist, dass die Einsatzbedingungen dieser Betriebsmittel der niederen Isolationsgruppe entsprechen.
Schaltgeräte für Starkstrom- und Steuerstromkreise müssen VDE 0660 bzw. VDE 0435 entsprechen. Für die Bemessung der Kriech- und Luftstrecken bei elektronischen Steuerungen gilt VDE 0160.
3.6 Fremdeinflüsse
Fremdeinflüsse dürfen die Schutzwirkung der Zweihandschaltung nicht beeinträchtigen.
Zu den Fremdeinflüssen rechnen je nach Arbeitsprinzip der Zweihandschaltung u.a.
3.7 Selbstüberwachung
3.7.1 Zweihandschaltungen müssen so beschaffen sein, dass das Versagen eines Bauteiles der Zweihandschaltung weder zu einem Durchlauf noch zu einem Fehlanlauf führt.
Handtaster können z.B. versagen durch mechanische Zerstörung von Schaltelementen, Brückenbildung (durch Abrieb, Abbrand, eingedrungene Fremdkörper oder Flüssigkeiten) zwischen den verschiedenen Kontakten eines Tasters, im einzelnen Kontakt oder zwischen den Leitungen der Taster.
3.7.2 Nach dem Versagen eines Bauteiles im Sinne von Abschnitt 3.7.1 darf sich eine weitere Schließbewegung nicht auslösen lassen.
Deshalb ist bei Handtastern eine Kontaktüberwachung notwendig, die eine Brückenbildung jeglicher Art zwischen Kontakten eines jeden Zweihandtasters selbsttätig kontrolliert.
Die Forderung bedingt auch, dass z.B. auch nach Versagen des Bauteiles, das die "Gleichzeitigkeit" bewirkt, oder bei einem Versagen, das ein Schalten mit nur einer Hand ermöglicht, eine weitere Schließbewegung verhindert wird.
3.8 Betriebsart "Einrichten"
Die Forderungen der Gleichzeitigkeitsschaltung (siehe Abschnitt 3.3) und der Selbstüberwachung (siehe Abschnitt 3.7) gelten nicht für die Betriebsart "Einrichten". Ihre Erfüllung ist jedoch anzustreben.
4 Anforderungen an Pressen bei Verwendung von Zweihandschaltungen
4.1 Unterbrechen der Schließbewegung
Zweihandschaltungen dürfen nur an Pressen verwendet werden, die so beschaffen sind, dass beim Loslassen auch nur eines Schaltorganes die Gefahr bringende Schließbewegung an jeder Stelle unterbrochen werden kann.
4.2 Pressensteuerung
Zweihandschaltungen dürfen nur an Pressen verwendet werden, deren Steuerung den "Sicherheitsregeln für Steuerungen an kraftbetriebenen Pressen der Metallbearbeitung" (ZH 1/457) entspricht.
4.3 Übernahme des Steuerbefehls
Die Übernahme des Steuerbefehls darf erst an der Stelle des Abwärtshubes erfolgen, von der an die Bedienungsperson die Gefahrstellen nicht mehr während der Gefahr bringenden Schließbewegung erreichen kann.
Der Schaltpunkt für die Übernahme des Steuerbefehls darf nicht verändert werden können, wenn durch eine Änderung die Schutzwirkung der Zweihandschaltung aufgehoben wird. Das zugehörige Schaltorgan muss gegen selbsttätige und unbefugte Verstellung gesichert sein.
Bei Verwendung von Grenztastern müssen diese bzw. die zugehörigen Schaltnocken entweder zueinander in einem festen Abstand angeordnet werden oder gegen unbefugtes Verstellen gesichert werden können (z.B. durch ein Umstellschloss oder eine verschließbare Abdeckung).
Ist eine zeit- oder druckabhängige Umschaltung im unteren Totpunkt notwendig (z.B. bei hydraulischen Pressen), müssen andere Maßnahmen getroffen werden (z.B. Werkzeugkontakt, Druckschalter).
4.4 Angabe von Sicherheitsabstand und Nachlauf
Zweihandschaltungen dürfen nur an Pressen verwendet werden, an denen der Sicherheitsabstand und der Grenzwert für den Nachlauf dauerhaft und gut erkennbar angegeben sind (s. Abschnitt 5).
Bei der Festlegung des Nachlaufes sind diejenigen Betriebsverhältnisse (z.B. Hubhöhe, Hubzahl, Werkzeuggewicht) zu berücksichtigen, die jeweils zu dem größten Wert des Nachlaufes führen.
5 Sicherheitsabstand
Der Sicherheitsabstand muss so groß sein, dass beim Loslassen auch nur eines Schaltorganes der Zweihandschaltung die Gefahrstellen erst erreicht werden können, wenn die Gefahr bringende Schließbewegung entweder unterbrochen oder beendet ist (siehe Abschnitt 4.4).
Die Einhaltung des Sicherheitsabstandes muss auch bei Verwendung von ortsveränderlichen oder verstellbaren Schaltpulten durch geeignete Maßnahmen gewährleistet sein.
Der Sicherheitsabstand errechnet sich aus der Greifgeschwindigkeit und der Nachlaufzeit nach der Formel s = v * t.
s = Sicherheitsabstand
v = Greifgeschwindigkeit
t = Nachlaufzeit
Als Greifgeschwindigkeit ist ein Mindestwert von 1,6 m/s zu Grunde zu legen. Nachlaufzeit siehe Abschnitt 4.4
6 Prüfungen
Die Wirksamkeit der vorgenannten Maßnahmen ist nur gewährleistet, wenn folgende Prüfungen durchgeführt werden:
6.1 Prüfung vor der erstmaligen Inbetriebnahme und nach Änderungen
6.1.1 Vor der erstmaligen Inbetriebnahme einer Zweihandschaltung und nach Änderungen der Zweihandschaltung oder der Steuerung der Presse hat der Betreiber eine Prüfung von einem Sachkundigen durchführen zu lassen.
Das Auswechseln gleicher Austauschgruppen ist keine Änderung der Schaltung im Sinne dieser Sicherheitsregeln. Die Prüfung kann z.B. durch einen Sachkundigen des Herstellers der Zweihandschaltung oder der Presse oder durch einen Sachkundigen des Betreibers erfolgen. Sie kann entweder beim Hersteller der Presse oder, falls die Zweihandschaltung erst am Aufstellungsort der Presse angebaut wird, beim Betreiber erfolgen.
6.1.2 Der Sachkundige hat das einwandfreie Arbeiten der Zweihandschaltung im Zusammenwirken mit der Steuerung der Presse sowie die Erfüllung der Forderungen der Abschnitte 4 und 5 zu prüfen. Außerdem hat er bei Pressen ohne selbsttätige Nachlaufüberwachungseinrichtung festzustellen, dass der Grenzwert für den Nachlauf nicht überschritten wird.
6.1.3 Das Prüfergebnis ist in einem Bericht, der von dem Prüfer zu unterzeichnen ist, niederzulegen. Der Bericht ist aufzubewahren.
6.2 Regelmäßige Prüfung
6.2.1 Zweihandschaltungen sind durch einen Sachkundigen regelmäßig, mindestens doch einmal im Jahr zu prüfen. Die Prüfung hat sich zu erstrecken auf
6.2.2 Das Prüfergebnis ist in einem Bericht, der vom Prüfer zu unterzeichnen ist, niederzulegen. Der Bericht ist aufzubewahren.
6.3 Regelmäßige Prüfung des Nachlaufs
6.3.1 An Pressen ohne selbsttätige Nachlaufüberwachungseinrichtung ist in regelmäßigen Zeitabständen, mindestens jedoch alle 6 Monate, zu prüfen, ob der an der Presse angegebene Grenzwert für den Nachlauf (s. Abschnitt 4.4) nicht überschritten wird.
6.3.2 Das Prüfergebnis ist schriftlich niederzulegen und aufzubewahren.
Zum Prüfergebnis gehört auch die Angabe des gemessenen Wertes.
6.4 Sonstige Prüfungen
Nach jedem Wechsel der Arbeitsweise, z.B. Werkzeugwechsel, Umstellen auf Betätigungsart "Zweihandschaltung", Zuschalten einer weiteren Zweihandschaltung, ist festzustellen, ob
7 Gültigkeit
Diese Sicherheitsregeln gelten für Zweihandschaltungen, die nach dem 31. Dezember 1978 erstmalig in Betrieb genommen sind.
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*) Siehe auch
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